Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2144
Lorch (Rheingau-Taunus-Kreis)
St. Martin, Philipp IV. Hilchen von Lorch und Elisabeth von Bicken
Dieses aus rötlichem Sandstein gefertigte, 2.85 m x 1.50 m messende Epitaph steht heute an der Südwand des Langhauses der kath. Pfarrkirche St. Martin neben der Kanzel, was nicht der ursprüngliche Aufstellungsort ist. Das Epitaph ist für Philipp IV. Hilchen von Lorch und seine Frau Elisabeth von Bicken. Die hochrechteckige Platte ist in ein Hauptfeld mit umlaufender Inschrift und eine Wappenzone darüber aufgeteilt. Die in gotischen Minuskeln ausgeführte Inschrift lautet: "Ann(o) d(omi)ni xv xvii starbe der ernveste philipps hilchin von lorche her(r)e (zu) dernbache v(nd) m cccc lxxx Jungfrauwe elizabeth vo(n) bicke(n) s(e)y(n) e(he)liche h(a)uschf(raw) welche(n) se(e)le(n gott gnade amen)." Das Anfertigungsjahr ist vermutlich 1517 oder danach, wobei das Datum aus den lateinischen Zahlzeichen für 15 und 17 separat gebildet wird. Eine Tagesangabe des Ablebens wie sonst üblich fehlt. Philipp Hilchen von Lorch trat erst eine geistliche Karriere an, resignierte jedoch und heiratete.
Die beiden Personen stehen ohne jede weitere Rahmung nebeneinander, ganz leicht einander zugewandt, der Ehemann ist in voller Rüstung mit Schaller dargestellt, mit hochgeschobenem Visier, die detailreich gepanzerten Hände zum Gebet zusammengelegt, in der rechten Armbeuge eine Hellebarde als Stechwaffe haltend, deren Spitze bis weit in die Wappenzone reicht. Ein Rosenkranz hängt aus den betenden Händen herab. Seine in Fache, Haube und weiten Mantel gehüllte Frau nimmt die gleiche betende Pose ein, ebenfalls mit Rosenkranz. Beide Gesichter sind faltenreich und tief gefurcht, hier wurde versucht, ein Abbild der Personen im Alter zu schaffen. Vielleicht wurde das Epitaph später von den Nachfahren als Memorialgrabdenkmal in Auftrag gegeben.
In der oberen Zone befinden sich zwei Wappen, als Vollwappen ausgeführt, und unten befinden sich in den Ecken zwei weitere Schilde, so daß jeder Ehepartner mit zwei Ahnenwappen vertreten ist. Heraldisch oben rechts ist das Wappen der Hilchen von Lorch, in Schwarz ein silberner Balken, beiderseits von goldenen Lilien begleitet. Hier ist die Anzahl der Lilien 7 (4:3). Die Helmzier ist zu schwarz-silbernen Decken ein schwarzer, silbern gestulpter Hut, oben mit einer hahnenfederbesteckten silbernen Kugel besetzt. Philipps Vater war Friedrich IV. Hilchen von Lorch. Gegenüber ist das Wappen der Elisabeth von Bicken bzw. ihres Vaters Philipp d. Ä. von Bicken zum Hain dargestellt, in Schwarz zwei silberne Balken. Als Helmzier sind hier nicht die üblichen zwei wie der Schild bez. Büffelhörner zu schwarz-silbernen Helmdecken zu sehen, sondern ein Streitkolben. Philipp d. Ä. von Bicken, Sohn von Konrad von Bicken und Berta von Schönborn, war Oberamtmann der Grafschaft Nassau-Dillenburg, und er war Eigner von Burg und Tal zum Hain.
Die letzten beiden Abb. zeigen die unteren Wappenschilde, mit Seitenblitz aufgenommen. Der Wappenschild heraldisch unten rechts ist das der Herren von Grenzau, sie führten in rotem Schild drei silberne, anstoßende Rauten nebeneinander. Das hier nicht dargestellte Kleinod wäre zu rot-silbernen Decken ein beiderseits wie der Schild bez. Flug. Adelheid von Grenzau war die Mutter von Philipp IV. Hilchen von Lorch, und sie war die Erbin von Dernbach, weshalb ihr Sohn diesen Herrschaftstitel in der Inschrift führt. Der vierte und letzte Schild steht für die von Gudensberg (Gudenberg) oder Wolf von Gudenberg und zeigt in Silber einen natürlichen Wolf; Elisabeths Mutter war Liese von Gudensberg (Gudenberg). Klar ist ein Wolf zu erkennen und kein Löwe, weshalb der in der Literatur getroffenen Zuordnung zu den Herren von Itter nicht gefolgt werden kann. Die Verwechslung kommt daher, daß die Wolff von Gudenberg die Herrschaft Itter zeitweise als Pfand innehatten, nachdem die letzten Herren von Itter den Großteil ihrer Herrschaft an Mainz und Hessen verkauft hatten. Deshalb nahmen die Herren von Gudenberg im 15. Jh. auch den Löwen der Herren von Itter zu ihren angestammten Wolf in ihr nun geviertes Wappen auf. Das Stammwappen ist jedoch der Wolf, und als solcher wird er auch auf diesem Wappenschild dargestellt.
Literatur,
Links und Quellen:
Otto Gruber: Wappen
des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965,
incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in
verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen
Vierteljahresblätter".
Jürgen Kaiser, St. Martin, Lorch am Rhein, Verlag Schnell &
Steiner GmbH Regensburg, 1. Auflage 2000, ISBN 3-7954-6303-3
Veröffentlichung der
Innenaufnahmen mit freundlicher Genehmigung von Herrn Pfarrer H.
Daniel, Kath. Pfarramt St. Martin, vom 10.11.07, wofür ihm an
dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands
GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung
des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V.,
Aschaffenburg 1983
Die Inschriften des
Rheingau-Taunus-Kreises. Gesammelt und bearbeitet von Yvonne
Monsees (Die Deutschen Inschriften 43), 1997, S. 320 f., Nr. 375.
Philipp IV. Hilchen von Lorch und Elisabeth von Bicken,
Lorch, in: Grabdenkmäler http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1977 (Stand: 4.10.2006)
von Bicken: http://www.hgv-bicken.de/3.html
Genealogie der von Bicken (schwarzer Stamm): http://www.hgv-bicken.de/resources/R+-+Haincher+Linie+1+mit+Wappen.pdf
Genealogie der von Bicken (Westerwälder Linie): http://www.hgv-bicken.de/resources/Westerw$C3$A4lder+Linie.pdf
Genealogie der von Bicken (Wolkersdorfer Linie): http://www.hgv-bicken.de/resources/Ahnentafel+Wolkersdorfer+Linie.pdf
Möller, Stammtafeln AF III Taf. CXIV.
St. Martin, Vorhalle - St. Martin, Schlußsteine der Vorhalle - St. Martin, Johann Hilchen II. von Lorch und Elisabeth von Walderdorff - Johann von Eschbach und Anna von Rossau - Johann III. Marschall von Waldeck - Johann von Breidbach und Loretta von Schöneck - Marquard vom Stein - Carl Heinrich Frhr. v. Hausen - Hilchenhaus
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