Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2134
Lorch (Rheingau-Taunus-Kreis)

St. Martin, Johann III. Marschall von Waldeck

Dieses Epitaph, an der Ostwand des Presberger Schiffes links seitlich vom Altar aufgestellt, ist eines der ältesten in der katholischen Pfarrkirche St. Martin und wirkt am archaischsten. Die hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mißt 2.72 m x 1.38 m. Die figürliche Reliefdarstellung des am 5.6.1364 verstorbenen Johannes III. Marschall von Waldeck in voller Rüstung im Zentralfeld wird überhöht von einem gotischen Kielbogen, der seitlich außen mit Krabben besetzt ist und oben in eine Kreuzblume ausläuft (Abb. zeigt nur den inneren Ausschnitt). Ein über die Schultern reichender Kragen mit rechteckigen Zaddeln bekleidet den Ritter über einem figurbetonten, auf der Brust mit dem Wappenbild belegten Waffenrock, darüber ist eine Kettenhaube gelegt, und auf dem Kopf sitzt eine offene Spitzhaube. Johann Marschall von Waldeck trägt das Schwert auf seiner rechten Seite und hat die Rechte an den Griff gelegt. Seine herabhängende Linke hält den Schild in Höhe der Oberschenkel. Zu Füßen des Ritters liegt ein nach oben blickender Hund. Johann entstammte einem der vielen auf der Burg Waldeck im Wispertal ansässigen und sich nach ihr nennenden Zweige der Ganerbengemeinschaft, die sich alle sehr hinsichtlich ihrer Wappen ähnelten.

 

Die umlaufende Inschrift in gotischen Majuskeln lautet: "ANNO D(OMI)NI M CCC LXIIII O(BIIT) JOHANNES MARSCHALL(VS) MILES DE WALDECKE IP(S)O DIE BONIFACII E(PISCO)PI CVI(VS) A(N)I(M)A REQ(VI)ESCAT I(N) PACE AMEN". Eine zweite, kürzere und wohl aufgrund einer weiteren, späteren Bestattung ergänzte Inschrift am linken oberen Plattenrand ist in gotischen Minuskeln ausgeführt und lautet: "ioh(ann)es nat(us) sh(ul)ttis iac(et) h(ic)...." Das Wappen der Marschall von Waldeck zeigt in Schwarz einen gesenkten goldenen Flügel, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarzer Turnierhut, in dessen goldenem Stulp zwei schwarz-golden übereck geteilte Federstöße stecken (Gruber, siehe auch Zobel Tafel 354 und Siebmacher Band: NaA Seite: 40 Tafel: 66). Interessanterweise hängt der Helm gestürzt von seiner Befestigung an des Ritters Schulter herab.

 

Der gesenkte Flügel ist auch auf der Brust des Ritters auf dem Waffenrock zu sehen (Abb. unten links). Dazu ein Detail der Schwerthand (Abb. unten rechts).

 

Vier weitere Wappen in den Ecken der Platte bilden die Ahnenprobe. Heraldisch rechts oben befindet sich noch einmal der Schild der Marschall von Waldeck, des Verstorbenen Vater war Johannes II. Marschall von Waldeck (-1353), welcher 1319-1352 Schultheiß von Lorch und 1350-1352 Viztum war. Auch Johann III. hatte ab 1354 das Rheingauer Viztumamt inne und folgte darin seinem Vater. Schultheiß war er nicht, wohl aber sein gleichnamiger Halbbruder 1368-1402, und auf diesen könnte sich die zweite Inschrift beziehen. Heraldisch links oben ist der Schild der von Steinkallenfels, golden mit grünem Schildhaupt, darin ein schreitender silberner Löwe. Des Verstorbenen Mutter war eine geborene von Steinkallenfels und die erste Ehefrau von Johannes II. Marschall von Waldeck.

 

Unten ist rechts der Schild der Brömser von Rüdesheim, aber Details wie die zu erwartenden Lilien sind im Seitenlicht mit viel Phantasie gerade noch zu erkennen. Auf der anderen Seite, etwas von einer Altarstufe verdeckt, ist der Schild der Stumpf von Waldeck, dieser zeigt einen Balken, oben und unten von drei hängenden Flügeln begleitet, also prinzipiell eine Variation des Waldecker Wappens.

 

Literatur, Links und Quellen:
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter".
Jürgen Kaiser, St. Martin, Lorch am Rhein, Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 1. Auflage 2000, ISBN 3-7954-6303-3
Veröffentlichung der Innenaufnahmen mit freundlicher Genehmigung von Herrn Pfarrer H. Daniel, Kath. Pfarramt St. Martin, vom 10.11.07, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Die Inschriften des Rheingau-Taunus-Kreises. Gesammelt und bearbeitet von Yvonne Monsees (Die Deutschen Inschriften 43), 1997, S. 91 f., Nr. 97.
„Johannes III. Marschall von Waldeck 1364, Lorch“, in: Grabdenkmäler
http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1834 (Stand: 14.3.2006)

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