Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 700
Liebliches
Mittelrheintal: Wappen im Weinort Lorch
Lorch am Rhein: Pfarrkirche St. Martin, Schlußsteine in der Vorhalle
Die Pfarrkirche St. Martin in Lorch ist ein Werk der Gotik. Es existierte zwar ein romanischer Vorgängerbau, von dem sich Spuren erhalten haben, doch um 1270/80 begann der Neubau, wovon zuerst der Chor in Angriff genommen wurde. Um 1304 kam das dreijochige Langhaus an die Reihe, und ein zweites Schiff wurde im Norden um 1398/1400 angebaut, was der Kirche einen ungewöhnlichen Grundriß beschert: Das zweite Schiff ist schmäler als das Hauptschiff, aber zu breit, um ein Seitenschiff zu sein, eigentlich entsteht dadurch ein zweischiffiger Raum. An der Südwestecke des Langhauses steht der massive Turm.
Die zum Vorplatz angebaute Vorhalle wurde nach der Mitte des 15. Jh. errichtet, zur Treppe und zu beiden Seiten offen, vier Gewölbejoche breit. Diese Vorhalle mit Blick auf den Marktplatz, zu dem eine steile Treppe hinabführt, diente früher vermutlich auch zu Gerichtszwecken. Die einzelnen kreuzrippengewölbten Joche tragen plastische Schlußsteine mit drei Wappendarstellungen, deren Farbigkeit 1980 wieder freigelegt wurde.
Durch das Wappen des Erzbischofs und Kurfürsten von Mainz, Dieter von Isenburg, kann die Vorhalle in seine Amtszeit datiert werden. Das Wappen ist geviert:
Dieter von Isenburg wurde ca. 1412 geboren und war der zweite Sohn von Graf Diether von Isenburg-Büdingen und seiner Frau Elisabeth von Solms-Braunfels. Abstammung:
Von Anfang an war er dazu auserkoren, die geistliche Laufbahn einzuschlagen, und so wurde er schon früh mit Pfründen an den Bischofssitzen in Mainz, Trier und Köln ausgestattet. 1427 wird er Domherr in Mainz. 1430 ist er Student zu Köln. 1430-1461 ist er Domherr zu Trier. Seine Studien führten ihn ferner 1432-1434 nach Erfurt, man sieht ihn diese mit dem Baccalaureus der Freien Künste abschließen, 1434 wird er dort sogar Rektor. 1436 ist Dieter von Isenburg-Büdingen Domscholasticus zu Köln. 1442 wird er Propst zu St. Paulin in Trier, 1442-1451 sieht man ihn als Propst zu St. Victor. Ferner wird Diether von Isenburg in Mainz Propst der beiden Stiftskirchen St. Martin und St. Johann, 1453 - 1458 ist er am Dom Custos. Schon 1456 ist er erstmalig als Erzbischofskandidat (Elekt) für Trier im Gespräch, unterliegt aber Johann von Baden. Am 18.6.1459 schließlich wird er in Mainz zum Erzbischof gewählt, als Nachfolger des Dietrich von Erbach. Wer wird schon zweimal hintereinander Erzbischof auf dem selben Thron? Diether von Isenburg schaffte das innerhalb eines Lebens: 1459-1463 und 1475-1482. Möglich oder sagen wir lieber nötig wurde das vor dem Hintergrund komplexer politischer Verflechtungen. Der Quell allen Übels war eine Vereinbarung, durch die sich der neue Erzbischof in Opposition zu jeweils einer Macht, Papst, Kaiser oder Verbündete, bringen mußte. Sein Vorgänger im Amte hatte einen Bund mit Albrecht Markgraf von Brandenburg und mit Ulrich Graf von Württemberg geschlossen, der gegen Friedrich von der Pfalz gerichtet war, und dem Bund mußte der neue Bischof auch entsprechen und er trat ihm wenige Tage nach seiner Wahl bei. Das sollte ihm Nähe zu Kaiser und Papst bringen. Mitnichten, denn der Papst war verstimmt über Dieters Nichterscheinen auf einem von ihm einberufenen Konvent in Mantua und stellte lästige Bedingungen für die Bestätigung der Mainzer Wahl. Erst durch Eingreifen von Albrecht Markgraf von Brandenburg wurden die Wogen geglättet, und Pius II bestätigte die Wahl Dieters zum Erzbischof, allerdings unter der Forderung sehr hoher Annaten, was neues Zerwürfnis zwischen Dieter und Papst verursachte. Weitere Anlässe päpstlicherseits für Konflikte waren die Bulle Execrabilis, die Besteuerung Geistlicher und die Maßregelung europäischer Fürsten. Zwischen dem Bündnis und dem Pfalzgrafen kam es zum Krieg, in dessen Folge Dieter am 4.7.1460 bei Pfeddersheim vernichtend geschlagen wurde. Der Pfalzgraf zwang Dieter zur Bundesgenossenschaft. Hintergrund war auch der vom Papst geplante Türkenfeldzug, und Pfalzgraf Friedrich und Dieter waren bald die Speerspitze der Opposition gegen die Vereinnahmung der deutschen Reichsfürsten für päpstliche Interessen. Die Woge des Unmutes über die päpstlichen Einmischungen in Reichsangelegenheiten führte sogar zu einer Diskussion über die Reform des Reiches auf einer Versammlung 1461 in Nürnberg, die sich hauptsächlich gegen Pius II richtete, aber auch den Kaiser mit Kritik nicht verschonte. Leider hatte sich Dieter im Zuge dieser Reformbestrebungen so exponiert, daß er nach dem Rückzug wichtiger Fürsten von den Reformideen fast allein gegen Papst und Kaiser stand, die ihn durch geschicktes Taktieren politisch isoliert hatten. Am 21.8.1461 wurde Dieter vom Papst abgesetzt. Adolf von Nassau wurde sein Nachfolger, derselbe Adolf, der 1459 bei der Wahl unterlag. Dieter war nicht bereit, diesen neuen Akt päpstlicher Verfügung über Reichsangelegenheiten hinzunehmen, und er kaufte sich das Bündnis mit Friedrich von der Pfalz mit Gebieten an der Bergstraße. Der Krieg begann, auf der einen Seite Dieter, Pfalzgraf Friedrich, der Landgraf von Hessen und der Graf von Katzenelnbogen, auf der anderen Seite der Graf von Nassau-Wiesbaden, der Markgraf von Baden, der Graf von Königstein etc. Adolf von Nassau beraubte die Stadt Mainz im Verlauf des Krieges durch Eroberung der Reichsunmittelbarkeit. 1463 kam es in Idstein zu einem Vertrag, in dem Dieter gegen Abfindung (er bekam die mainzischen Ämter Höchst, Steinheim und Dieburg als eigene Herrschaft, seine Residenz war das erzbischöfliche Höchster Schloß) auf sein Amt verzichtete. Der 5.10.1463 markiert seinen Amtsverzicht, auch wenn er de facto schon zwei Jahre zuvor abgesetzt worden war. Dieter wurde vom päpstlichen Bann freigesprochen. Nach dem Tode von Adolf von Nassau wählte das Mainzer Domkapitel erneut Dieter von Isenburg zum Erzbischof. Die zweite Amtszeit wurde ruhiger, aber es gab keine Revision der Unterjochung der Stadt Mainz, im Gegenteil, er ließ sich vom Papst die ewige Zugehörigkeit der Stadt zum Stift bestätigen und setzte Philipp von Königstein als Befehlshaber der Stadt ein. Auf der anderen Seite geht Dieter von Isenburg als der Gründer der Mainzer Universität in die Geschichte ein; am 1.10.1477 war die Eröffnung. Er starb 7. Mai 1482 in Aschaffenburg.
Abb. links: Blick von Süden in die zu beiden Seiten offene Vorhalle. Im Vordergrund der Schlußstein mit dem Wappen des Dieter von Isenburg. Abb. rechts: Blick von Norden nach Süden, im Vordergrund der Schlußstein mit dem Wappen der Hilchen von Lorch.
Zwei weitere Schlußsteine der Vorhalle, der unten abgebildete mit dem Wappen der Hilchen von Lorch.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Jürgen Kaiser, St. Martin, Lorch am Rhein, Verlag Schnell &
Steiner GmbH Regensburg, 1. Auflage 2000, ISBN 3-7954-6303-3
Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage
2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
http://mdz.bib-bvb.de/digbib/lexika/adb/images/adb005/@ebt-link?target=idmatch(entityref,adb0050166)
http://polonius.bibliothek.uni-ulm.de:8080/Meyers2/seite/werk/meyers/band/4/seite/0960/meyers_b4_s0960.html#Diether%20von%20Isenburg
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