Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1732
Königheim (Main-Tauber-Kreis)
Das Rathaus von Königheim
Die kunstgeschichtliche Attraktion von Königheim ist sicherlich die Barockkirche eines Balthasar Neumann-Schülers, aus heraldischer Sicht viel interessanter ist jedoch das malerische alte Rathaus des Ortes, das gemeinsam mit dem Waltertschen Haus von 1659 den Kirchplatz, das Vorfeld der Kirche flankiert. Dieses Rathaus von 1707 besteht aus zwei rechtwinklig aneinanderstoßenden Flügeln, beide mit steinernem Untergeschoß und Fachwerk-Obergeschoß. Der parallel zum Brehmbach stehende, an den Ecken mit Sandsteinquadern verzierte Flügel ist der ältere, er hat links einen kleinen Dachreiter mit Schallöffnungen. Hier befindet sich der altehrwürdige Bürgersaal. Der rechte Teil, das ehemalige Gasthaus "zum Grünen Baum", mit dem ockerfarben gestrichenen Fachwerk war der Flut des Brehmbaches 1984 zum Opfer gefallen. Nach dem Wiederaufbau wurde es dem Rathaus zugeschlagen.
Das Kellergeschoß hat archaisch anmutende Fensteröffnungen mit schragenkreuzartig gestalteten, verschiebbaren Verschlußplatten aus Stein. Das erste richtige Geschoß hat zur Brehmbachseite hin sechs Fenster in regelmäßigen Abständen, und das Fachwerkgeschoß darüber ist von unregelmäßiger Aufteilung und Fenstergestaltung. Zwischen den beiden mittleren Fenstern der unteren Reihe ist ein Wappenstein mit Bauinschrift eingelassen.
Die Inschrift lautet: "LOTHARI FRANTZ IN DI(E)SEM JAHR CHVRF(VERST) ZV MAYNTZ GLORWVRTIGST WAR JOH(ANN) CASP(AR) VON BICKEN WAR (AN)VERTRAVT DAS OBERAMBT DA ICH WVRD(E) GEBAVT GOTT HALTE MICH IN GVTEM STAND BEWA(H)R VOR KRI(E)G V(ND) BRAND 1707". Drei Schilde bilden die heraldische Komposition darüber, in der Mitte der des Fürstbischofs, heraldisch rechts der des Oberamtmannes Johann Caspar von Bicken, und gegenüber das Ortswappen.
Das Hochstift Mainz, schon Besitzer einiger Güter in Königheim, bekam im Jahre 1585 vom Würzburger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn die Rechte des Nachbarhochstiftes im Ort übertragen. Weitere Eigentümer im Ort waren die Klöster Amorbach und Bronnbach und das Stift Aschaffenburg, und das Adelsgeschlecht von Riedern, und die Grafen von Wertheim. Königheim kam 1565 an Graf Ludwig von Stolberg-Königstein, dieser wiederum verzichtete in einem Tausch auf Königheim zugunsten des Erzstifts Mainz, unter dessen Herrschaft Königheim bis 1803 blieb.
Lothar Franz von Schönborn (gest. 1729), seit 1701 Reichsgraf, war in zwei Bistümern Bischof: In Bamberg ab 1693 und in Mainz ab 1695. Kombinierte Wappen mit den beiden Hochstiften Bamberg und Mainz finden wir also nur 1695-1729. Hier ist eine seltene Variante zu sehen, die weder das Feld für Reichelsberg noch das für Heppenheim enthält und damit von dem sonst allgemein zu findenden Aufbau seines Wappens abweicht.
Die Ausführung entspricht auch in anderen Details nicht dem Normalfall, so sollte der Schönborn-Löwe gekrönt sein, und die Schrägleisten des "Bamberger Stangenreiters" sollten durchgehen. Und auch die Reihenfolge von Mainz und Bamberg wird in seinen üblichen Wappen andersherum gehandhabt, eine weitere Unregelmäßigkeit. Als Oberwappen findet man wie stets einen Kurhut und einen Krummstab sowie ein Schwert hinter dem Schild schräggekreuzt.
Der Dragonerhauptmann, kurmainzische Kammerherr und Oberamtmann Johann Caspar von Bicken führt einen gevierten Schild, Feld 1 und 4: in Schwarz zwei silberne Balken (Stammwappen v. Bicken, schwarzer Stamm), Feld 2 und 3: von Rot und Silber viermal geteilt, die roten Streifen mit goldenen oder silbernen Lilien belegt (Hain, kam Im Jahre 1664 hinzu, als das Geschlecht in den Freiherrenstand erhoben wurde). Zum vermehrten Wappen würden zwei hier nicht dargestellte Helme gehören. Der untere Teil der Kartusche ist leider zerstört. Im oberen Teil ist hier die Anzahl der Lilien 2:3:3, im unteren Teil vermutlich invers, diese Abweichung ist der ovalen Form geschuldet. Die von Bicken, eines der ältesten Adelsgeschlechter im Nassauischen, erloschen im Mannesstamm am 21.5.1732 mit Friedrich Wilhelm von Bicken, Domherr zu Mainz und Trier, kaiserlicher Reichshofrat, Geheimrat und Statthalter zu Erfurt, Bruder des hier erwähnten Oberamtmannes. Das in der Inschrift genannte Oberamt hatte natürlich nicht in Königheim, sondern in Tauberbischofsheim seinen Sitz. Johann Caspar von Bicken, gest. 1.8.1733, hatte Maria Anna von Dalberg geheiratet, gest. 18.1.1738, die Tochter von Friedrich Dietrich Kämmerer v. Worms gen. v. Dalberg (-7.7.1712) und dessen Frau Maria Klara v. Schönborn (26.9.1647-1716). Sie hatten eine Tochter, Maria Philippine Franziska von Bicken, Ehefrau von Philipp Karl Anton v. Groschlag. |
Das dritte Wappen, auf der heraldisch linken Seite und das Pendant zu dem v. Bicken-Wappen, stellt das Gemeindewappen von Königheim (früher "Chennenkeim" oder "Kennencheim") dar, in Rot eine goldene Kanne mit Henkel, Tülle und leicht geöffnetem Deckel. In den alten Ortsbezeichnungen wird die lautliche Nähe zum Motiv deutlicher. Diese Kanne taucht auch im Wappen der v. Riedern auf, die im Ort Besitz hatten; sie führten aber in Silber eine rote Kanne. Das Rathaus wurde zwar unter den obengenannten Personen erbaut, gehörte aber von Anfang an der Gemeinde.
Das gleiche Gemeindewappen befindet sich auch an einem neuzeitlichen Arkadensturz im rechts anschließenden Gebäude. Ein zweiter Sturz trägt das Wappen des Main-Tauber-Kreises, es ist rot-silbern mit drei Spitzen geteilt (sog. Fränkischer Rechen), oben ein sechsspeichiges silbernes Rad (für das Hochstift Mainz), unten ein schwarzes Kreuz mit Tatzenenden (für den Deutschen Orden). Das Wappen wurde dem Landkreis in dieser Form am 19.3.1974 verliehen.
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers Wappenwerk,
insbes. Band Bistümer
Die Wappen der Hochstifte,
Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich
1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard
Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag
2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Geschichte von Königheim: http://www.taubertal.de/staedteinfo/koenigheim/geschichte/
Bicken: http://www.hgv-bicken.de/3.html
Genealogie der von Bicken (schwarzer Stamm): http://www.hgv-bicken.de/resources/R+-+Haincher+Linie+1+mit+Wappen.pdf
Genealogie der von Bicken (Westerwälder Linie): http://www.hgv-bicken.de/resources/Westerw$C3$A4lder+Linie.pdf
Genealogie der von Bicken (Wolkersdorfer Linie): http://www.hgv-bicken.de/resources/Ahnentafel+Wolkersdorfer+Linie.pdf
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan,
Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag
ISBN 978-3-7686-2515-9
Sehenswürdigkeiten im Main-Tauber-Kreis: http://www.pro-region.de/web/media/pro-region/pdf/sehenswuerdigkeitengesamtuebersicht/sehenswuerdigkeitengesamt.pdf
Die Wappen der Erzbischöfe und
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Die Wappen der Fürstbischöfe von Bamberg - Teil
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Der Bamberger Löwe
Die Entwicklung des Wappens der von Schönborn
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