Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 992
Regensburg

Schloß St. Emmeram, Neuer Marstall

Der Neue Marstall, Waffnergasse 6-8, einst fürstlicher Marstall und Hofmarschallamt, beherbergt heute das fürstliche Brauhaus. Es handelt sich um eine mehrflügelige Anlage, deren Gebäudetrakte sich um zwei Höfe gruppieren. Das Haus Waffnergasse Nr. 8 ist zugleich das Eckhaus, das im Süden an das Helenentor und die ehemalige Stadtbefestigung anschließt. Das Ensemble wurde 1904-1911 im Stil der Neo-Renaissance von Max Schultze errichtet. Das Gebäude beherrscht praktisch die ganze Waffnergasse, besonders auffällig der markante Uhrturm an der Einfahrt zum größeren der beiden Höfe.

Der Vorgängerbau, der Alte Marstall, befindet sich auf der anderen Seite der Waffnergasse, allerdings öffnet er sich nicht zu dieser, sondern zum Vorplatz des fürstlichen Schlosses St. Emmeram. Der Alte Marstall war ein Werk des königlich-bayerischen Baumeisters Jean-Baptiste Métivier, königlich bayrischer Hofbaurat und Hofbaudekorateur, welcher ihn in den Jahren 1829-1832 im Auftrag von Fürst Maximilian Karl von Thurn und Taxis (1802-1871) im klassizistischen Stil errichtete. Heute ist die Dreiflügelanlage Marstallmuseum, damals beherbergte es Pferde und Kutschen, Sänften, Schlitten und Geschirre, und natürlich auch entsprechende Werkstätten. Boxen für bis zu 80 Pferden waren in zwei Stallflügeln vorhanden. Allein die Reithalle in der Mitte der Anlage war 600 m2 groß.

Doch das reichte offensichtlich nicht aus, und so wurde der Neue Marstall in Auftrag gegeben. Hier konnten nocheinmal 85 Pferde untergestellt werden. Und zu der Zeit waren es nicht nur Pferde, sondern auch die damals neumodischen ersten Automobile, die ihren Unterstellplatz in den Marställen fanden. Weitere Einrichtungen in diesem Ensemble waren Schmiede, Werkstätte, Sanitäranlagen für die Angestellten und Kutscher, Marstall-Amt. Eine ganz besondere Einrichtung war ein elektrischer Aufzug, der drei Stockwerke verband und das Unterstellen von Wagen im Obergeschoß oder im Keller ermöglichte. Was man selten brauchte, wie die Prunkkarossen, kam ins Obergeschoß, die reinen Nutzfahrzeuge kamen in den Keller, und zu ebener Erde waren die täglich genutzten Gefährte untergestellt. Es war damit einer der modernsten Marställe seiner Zeit. Im Norden wurde der Innenhof 1912 mit einer Konstruktion aus Stahl und Glas überdacht, auch dies einzigartig und modern, denn so konnte man bei schlechtem Wetter im Trrockenen anspannen.

Dieses Wappen befindet sich am nördlichen Quertrakt unter dem 1912 von Max Schultze errichteten Wetterdach. Das fürstlich Wappen der Thurn und Taxis ist gespalten und zweimal geteilt, Feld 1 und 4 in Silber ein dreizinniger roter Turm mit blauem Tor und ohne Fenster, hinter welchem zwei blaue Glevenzepter (ursprünglich auch: blaue Stäbe, goldene Gleven) gekreuzt sind (della Torre, Thurn), Feld 2 und 3 in Gold ein golden (Variante: blau) gekrönter roter Löwe (Valsassina), 5. in Silber eine schwarze Schafschurschere, mit der Öffnung nach oben gelegt (Scheer, Scherenberg), 6. in Gold ein ungekrönter roter Löwe (Friedberg). Herzschild blau, darin ein schreitender silberner Dachs (Stammwappen de Taxis).

Dieses Wappen gleichen Aufbaus und Inhalts befindet sich außen am Uhrturm des Neuen Marstalls, der Waffnergasse zugewandt. Bestes Photolicht ist am frühen Vormittag. Links Gesamtaufnahme, rechts Detail.

Linke Abb.: Steile Perspektive des Uhrturmes zur Waffnergasse. Rechte Abb.: Fürstliches Wappen der Thurn und Taxis am südlichen Quertrakt, dem großen Innenhof zugewandt, identischen Inhalts wie oben beschrieben.

Blick von den Parkanlagen auf das Eckhaus und die Rückseite des südlichen Teiles des Neues Marstalls. An der Fassade prangt zwischen den Fenstern des ersten und zweiten Obergeschosses ein Wappen identischen Aufbaus wie oben beschrieben. Rechts grenzt an dieses Gebäude das Helenentor an.

Detailaufnahme. Auch wenn der erste Eindruck der eines höheren Alters sein mag - entstanden sind alle diese Wappensteine in den Jahren 1904-1911. Bestes Photolicht ist nachmittags.

Mit dem Siegeszug des Automobils war die Nutzpferdehaltung bald zu Ende. 1935 wurde das Marschallamt aufgelöst, der Neue Marstall wurde 1936 zum Museum für Kutschen, welches dann aber nach wenigen Jahrzehnte in den Alten Marstall umzog und den Weg freimachte für die Nutzung des Neuen marstalls als Fürstliche Brauereigebäude.

Abb.: Grundriß von Schloß St. Emmeram in Regensburg, Markierung der Position der hier besprochenen Wappen am Neuen Marstall

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Siebmacher, Band FstA, S. 261, T. 349 und 350, Band FstM, S. 20, T. 40, Band Kro, S. 189, T. 138, Band Un, S. 668, T. 463.
Hartmut Platte, Das Haus Thurn und Taxis in Vergangenheit und Gegenwart, Deutsche Fürstenhäuser Heft 16, Börde-Verlg Werl 2006, ISBN 3-9809107-7-6
Familie der Fürsten von Thurn und Taxis:
http://www.thurnundtaxis.de/willkommen/willkommen.html
Stadtplan von Regensburg mit abrufbaren Einzelinformationen:
http://stadtplan.regensburg.de/stadtplan.html
Fürstliches Brauhaus:
http://www.fuerstlichesbrauhaus.de/
Karl Bauer, Regensburg – Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte, Mittelbayerische Druck- und Verlagsanstalt, 5. Auflage 1997, ISBN 3-931904-19-9, S. 273 ff
Baedeker Stadtführer Regensburg, Karl Baedeker Verlag 2002, ISBN 3-87954-026-8
Sigfrid Färber, Regensburg – Ratisbona – das mittelalterliche Wunder Deutschlands, Stadtführer, Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1972, ISBN 3-7917-0793-0

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