Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1132
Meißen
(Sachsen)
Meißen,
Kirche St. Afra, Portal
St.
Afra
Die St. Afra-Kirche ist eine
ehemalige Augustiner-Chorherrenkirche. Der heutige,
dreischiffige, querschifflose Kirchenbau mit sehr langem Chor ist
gotisch und stammt aus der Zeit 1208-1480. Im Inneren ist
heraldisch besonders sehenswert die 1408 dem südlichen
Seitenschiff vorgebaute Grablege der Herren von Schleinitz mit
exquisiten Steinmetzarbeiten. Auch an den Hauptschiffspfeilern
befinden sich heraldisch reich gestaltete Epitaphien. Ebenfalls
südlich angebaut ist eine spätgotische, zellengewölbte
Eingangshalle in der von Arnold von Westfalen, dem Schöpfer der
Albrechtsburg, entwickelten rippenlosen Gewölbetechnik, mit
barockem Portal. Derzeit (2009) wird die Kirche restauriert, was
im November abgeschlossen sein wird.
Kurfürstlich
sächsisches Wappen
Über dem Portal der Kirche
befindet sich ein großes Wappen des Kurfürstentums Sachsen, wie
es ab 1661 zutraf, hier Kurfürst Johann
Georg III (20.6.1647 - 12.9.1691), 1681 - 1691 Kurfürst
(7. Kurfürst albertinischer Linie) zuzuordnen, Sohn von Johann
Georg II. Kurfürst v. Sachsen (31.5.1613 - 22.8.1680) und Vater
von Friedrich August I., Kurfürst v. Sachsen und König von
Polen (12.5.1670 - 1.2.1733), gen. August der Starke. Nach dem
Kleve-Jülichschen Erbfolgestreit 1609/1610/1614 wurden die
Elemente Kleve, Jülich, Berg, Ravensberg und Mark neu
aufgenommen, in der Mitte des 17. Jh. wurden die Elemente
Oberlausitz, Niederlausitz und Barby aufgenommen, wodurch der
kursächsische Schild seine maximale Felderzahl erhält. Der
Schild wird im vorliegenden Fall von zwei Palmzweigen gerahmt,
und über der respektablen Helmgalerie von acht Helmen befindet
sich ein riesiger hermelingestulpter Ranghut.
Das Wappen ist zweimal gespalten und
sechsmal geteilt mit gespaltenem Schildfuß und Herzschild. Die
Anordnung der Felder im einzelnen ist Variationen unterworfen.
Hier erweckt die Anordnung den Eindruck, daß dem üblichen
kursächsischen Wappen, wie es vor der Kleve-Erbschaft geführt
wurde, oben und unten eine komplette Zeile Jülich-Kleve-Berg
bzw. Ravensberg-Mark angesetzt worden sei, und entsprechend ist
hier die Zuordnung der untingierten Löwen getroffen. Im
folgenden wird die systematische Beschreibung mit Farbzuweisungen
gegeben, wobei aber betont sei, daß dieses Wappen hier nie
farbig gefaßt war, wie bei so vielen barocken
Wappendarstellungen auf eine Farbfassung verzichtet wurde.
- Hauptschild: zweimal gespalten und
sechsmal geteilt mit Schildfuß
- Feld 1: Herzogtum
Jülich. In Gold ein schwarzer Löwe,
silbern bewehrt.
- Feld 2: Herzogtum
Kleve: In Rot mit silbernem Schildchen
ein goldenes Glevenrad.
- Feld 3: Herzogtum Berg:
In Silber ein roter Löwe, blau gekrönt,
doppelschwänzig.
- Feld 4: Landgrafschaft
Thüringen. In Blau ein golden
gekrönter und bewehrter Löwe, von Silber und
Rot siebenmal geteilt.
- Feld 5: Herzogtum
Sachsen. Von Schwarz und Gold neunmal
geteilt, darüber ein grüner schrägrechter
Rautenkranz.
- Feld 6: Markgrafschaft
Meißen. In Gold ein schwarzer Löwe,
rot bewehrt.
- Feld 7: Pfalzgrafschaft
Thüringen: In Schwarz ein goldener
Adler.
- Feld 9: Pfalzgrafschaft
Sachsen. In Blau ein golden gekrönter
goldener Adler, einwärts gekehrt.
- Feld 10: Markgrafschaft
Nieder-Lausitz: In Silber ein
schreitender, roter Stier.
- Feld 8 und 11 vereinigt: Markgrafschaft
Oberlausitz. In Blau eine goldene
Zinnenmauer.
- Feld 12: Markgrafschaft
(Herrschaft) Landsberg: In Gold zwei
blaue Pfähle.
- Feld 13: Herrschaft
Pleissen. In Blau ein von Gold und
Silber geteilter Löwe.
- Feld 14: Grafschaft
Orlamünde: In einem mit roten Herzen
bestreuten goldenen Feld ein rot gekrönter und
bewehrter schwarzer Löwe.
- Feld 15: Burggrafschaft
Magdeburg, gespalten
- vorne: in Rot ein
halber, goldenbewehrter und -gekrönter
silberner Adler am Spalt
- hinten: siebenmal von
Silber und Rot geteilt
- Feld 16: Grafschaft
Brehna: In Silber 3 (2:1) im Dreipaß
ausgeschlagene rote Seeblätter.
- Feld 17: Burggrafschaft
Altenburg: In Silber eine
fünfblättrige rote Rose, golden bebutzt, mit
grünen Kelchblättern.
- Feld 18: Herrschaft
Eisenberg (Isenberg): In Silber drei
blaue Balken.
- Feld 19: Grafschaft
Ravensberg: In Silber drei rote Sparren.
- Feld 20: Grafschaft
Mark: In Gold ein in drei Reihen
silbern-rot geschachter Balken
- Feld 21: ledig und rot, Regalienfeld.
- Schildfuß: gespalten
- vorne: Grafschaft
Barby, in Blau zwei mit dem
Rücken gegeneinander gekrümmte goldene
Barben, bewinkelt von vier goldenen
Rosen. Fiel 1659 an Sachsen-Weißenfels,
1746 mit diesem an Kursachsen. In das
kursächsische Wappen fand die Komponente
nach kaiserlicher Bestimmung vom
21.6.1661 Eingang.
- hinten: Gefürstete
Grafschaft Henneberg: In Gold
auf grünem Dreiberg eine schwarze Henne
mit rotem Kamm und ebensolchem
Kehllappen.
- Herzschild (auf Feld 8 und 11): In von
Schwarz und Silber geteiltem Feld zwei schräggekreuzte
rote Schwerter (Kurschwerter, Zeichen
des Erzmarschallamtes
(Archimareschallus))
Das Wappen führt insgesamt acht Helme. Aus
Rücksicht auf diese imposante, aber nicht mehr ästhetische
Galerie wurde der Wappenschild in seinen Proportionen angepaßt,
so daß er sehr breit und in der Höhe gedrückt wirkt, was zu
einer rechteckigen Verzerrung aller Felder führt, ein Opfer der
Ästhetik zugunsten der Helmgalerie im Oberwappen. Hier aus
systematischen Gründen ebenfalls mit Farbzuweisungen, obwohl es
nie farbig gefaßt war:
- Helm 1 (Mitte rechts):
"gekrönt", Kombinationshelmzier aus zwei
Kleinoden: Ein gekrönter Spitzhut, von Schwarz und Gold
neunmal geteilt, darüber ein grüner schrägrechter
Rautenkranz, in der Hutkrone ein natürlicher Pfauenstoß
(Herzogtum Sachsen), zwischen zwei
schwarz-silbern geteilten Büffelhörnern, die außen mit
je fünf (hier vier) Fähnchen an Stangen besteckt sind (Kurwürde,
Erzmarschallamt).
- Helm 2 (Mitte links):
Markgrafschaft Meißen: ein rot-silbern
gestreifter Mannesrumpf mit bärtigem Haupte und mit
rot-silbern gestreifter Mütze, an der eine natürliche
Pfauenquaste hängt. Helmdecken rot-silbern.
- Helm 3 (Mitte rechts weiter außen),
"gekrönt": Landgrafschaft Thüringen:
zwei silberne Büffelhörner, die mit je fünf (hier
vier) grünen Lindenzweigen besteckt sind, der jeweils
fünfte in der Hornmündung (fehlt hier). Helmdecken
rot-silbern.
- Helm 4 (Mitte links weiter außen): Herzogtum
Jülich: Rumpf eines wachsenden goldenen Greifen
mit schwarzen Flügeln, rot bewehrt, mit rotem Halsband.
- Helm 5: Kombinationshelmzier aus zwei
Kleinoden: Herzogtum Kleve und Mark: Ein
in den Helmkopf beißender roter Büffelkopf mit
silbernen Hörnern und Nasenring. Die Hörner sind von
einem golden gekrönten, von Silber und Rot in 3 Reihen
geschachten Reifen umschlossen. Diese Helmzier ist eine
Komposit-Helmzier. Denn die Grafen von der Mark führen
eigentlich einen goldenen Flug als Helmzier. Hier wurde
der rote Stierkopf des Herzogtums Kleve mit der
speziellen Krone der Grafschaft Mark kombiniert, der Flug
der Grafen von der Mark wurde gestrichen. Den Nasenring
erhielt der Stierkopf ebenfalls erst in der Kombination.
Die Helmkrone ist dafür eine übliche Laubkrone (fehlt
im Beispiel).
- Helm 6: Herzogtum Berg:
Ein Pfauenstoß. Helmdecken rot-silbern.
- Helm 7 (rechts ganz außen), gekrönt:
Ein blauer, mit einer goldenen Zinnenmauer belegter Flug.
Helmdecken blau-golden. Hier nicht ganz korrekt
wiedergegeben (Oberlausitz).
- Helm 8 (links ganz außen): ein roter,
mit Pelz gestulpter Fürstenhut, aus dem ein silberner
Adlerkopf hervorwächst (Niederlausitz),
Helmdecken rot-silbern.
Dies ist ein Beispiel
exzessiver Felder- und Helmvermehrung, wie sie zu Lasten der
Ästhetik und vor lauter Details auch zu Lasten korrekter und
schöner Wiedergabe geht.
Literatur
Siebmachers Wappenbücher
Claus-Dirk Langer: Architekturführer Meißen: Die Bauten von A
bis Z, Meißen 2006, ISBN 978-3-00-018806-0
Günter Naumann: Stadtführer Meißen, Sehenswürdiges,
Wissenswertes und Unterhaltsames, 6. Auflage 2005, Edition
Lerchl, Meißen, ISBN 3-9803364-2-5
Herrn Georg Krause, Meißen, ein herzliches Dankeschön für
wertvolle Hinweise
C. Gurlitt: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und
Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 39. Heft, Meißen
(Stadt, Vorstädte, Afrafreiheit und Wasserburg), ISBN
3-89557-163-6
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