Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2906
Böttigheim (zu Neubrunn, Landkreis Würzburg)
Die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt und St. Martin in Böttigheim
Mitten im Dorf südlich des Friedhofs befindet sich in Böttigheim die katholische Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt und St. Martin (Frankenlandstraße 9) nahe dem ehemaligen Rathaus; sie hat ein Doppelpatrozinium. Der barocke Bau ist ein Werk des Baumeisters Christian Ludwig Hermann (-9.5.1751, hauptsächlich in Hanau und Umgebung tätig) und wurde 1701-1704 (Datierung: 1704 am Chorbogen) errichtet, nachdem ein mittelalterlicher Vorgängerbau baufällig geworden war. Das Langhaus mit Satteldach ist ein einschiffiger Saalbau. Der Chor ist leicht eingezogen und wird dreiseitig abgeschlossen. Auf der Südseite ist die Sakristei an den Chor angebaut. Ebenfalls an der Südseite steht der einzige Turm der Kirche; er ist dreigeschossig und trägt über dem äußerst kräftigen Abschlußgesims einen Aufsatz mit oktogonalem Querschnitt und darauf eine welsche Haube mit Laterne. Über diesen Turm, der erst anläßlich eines Umbaus 1904-1907 errichtet wurde und einen bisher vorhandenen Chorturm in der Hauptachse ersetzte, gelangt man zur Westempore. Die Westfassade der Kirche besitzt in der Mittelachse das Hauptportal mit Segmentbogengiebel über dem Gebälk und darüber ein Fenster mit gesprengtem Dreiecksgiebel, welches von zwei Figurennischen begleitet wird, in denen eine Marienstatue und eine Herz-Jesu-Statue aus dem gleichen roten Buntsandstein wie die anderen Fassaden-Werksteine aufgestellt wurden; sie kamen aber erst 2001 hinzu. Unten beseiten zwei Ovalfenster das Hauptportal und geben der Vorhalle Licht. Das einzige Gesims der Giebelfassade ist über diesen Fenstern jeweils bogenförmig nach oben gezogen.
Im Inneren gibt es sehenswerte Ausstattung, einen Taufstein von 1630, einen Hochaltar von 1707 mit vier auf Konsolen gestellten Säulen und einem Gemälde mit der Darstellung der Himmelfahrt Mariens von Martin Bolster, einen Muttergottesaltar als linkem Seitenaltar und einen Nothelferaltar als rechtem Seitenaltar. Verschiedene Statuen stellen den hl. Sebastian (noch aus der Vorgängerkirche), den hl. Jakobus und Johannes Evangelist dar, die beiden letzteren stehen seitlich des Altarretabels.
In der Lücke des gesprengten Dreiecksgiebels über dem Fassadenfenster ist das Wappen des Würzburger Fürstbischofs Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths (13.2.1652-3.8.1719, amtierte 1699-1719) angebracht. Es ist geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: erneut geviert: Feld a und d: silbern-blau geteilt, darüber ein goldenes Glevenrad, Stammwappen der von Greiffenclau-Vollraths, Feld b und c: in Schwarz ein silberner Schräglinksbalken, Herrschaft Ippelbrunn (Eppelborn), Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine (von der Stange aus gesehen) rot-silbern gevierte, schräglinksgestellte und an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Auf dem oberen Kartuschenrand ruht der hermelingestulpte Fürsten- bzw. Herzogshut, und seitlich ragen hinter dem Kartuschenrand schrägrechts das gestürzte Schwert und schräglinks der Krummstab hervor. Ganz unten bildet eine groteske Maske den Abschluß, die weitgehend von der dreieckig hochgezogenen Hypotenuse des Dreiecksgiebels verdeckt wird.
Im Inneren der Kirche gibt es keine Heraldik. Jedoch ist außen auf der südlichen Langhauswand ein zweites Wappen zu finden, denn dort ist ein Kinderepitaph in die Mauer eingelassen. Die Sockelzone trägt eine ausgedehnte Inschrift des Wortlauts: "BEDENK O MENSCH DIE LE(T)ZTE(N) DING(E) DEI(N) LEBE(N) IST KVRZ VND GERI(N)G IA MERK MICH WAS / ICH SAGE(N) WIL(L) IN DI(E)SER WELT HAST (D)V KEI(N) ZIEL DER ICH GEDAVFT IN CHRISTI BLVT VON MEI(N)/EN LIEBEN ELTER(N) GVT GEHALTE(N) ZVR ZVCHT SCHVL(E) VND LEHR(E) ALHEI(R) ZV GOTTES LOB / VND EHR ALS MAN ZAE(H)LT FVNFZEHNHVNDERT IA(H)R VND NEVNZIG SI(E)BEN DA ES WAR 15 IA(H)R / MEIN(E)S ALTERS ZAHL VND 24 WOCHE(N) ÜBERAL(L) DEN 30. BRACHMONATS TAG / WART ICH GELEGET IN DAS GRAB OBWO(H)L DEN LEIB DIE ERDEN HAT MEIN(E) / SEEL(E) HOF(FE) ICH GOTT ÜBERSCHAT DV SEIST IVNG STARK ARM ODER REICH / SO MVST (D)V MIR DOCH WERDEN GLEICH ES HILFT KEIN REICHTVMB / EHR NOCH GELT WIR MÜSSEN AL(LE) AVS DI(E)SER WELT DRÜM SEY BERAIT VELTEN / DRACH DV MVST I(H)M FOLGEN BALT HERNACH // BIT".
Oben schließt ein Dreiecksaufsatz die Aedikula ab. Das von zwei Pilastern gesäumte Zentralfeld zeigt den verstorbenen Fünfzehnjährigen kniend vor dem Gekreuzigten, vor ihm ist sein Wappenschild mit dem Kopf eines Fabelwesens dargestellt, mit geschuppter Haut, Raubvogelschnabel, starken oberen Fangzähnen, herausgestreckter Zunge und mit kleinen Ohren. Auch wenn wir das Motiv eher als Greifenkopf ansprechen würden, legt die Inschrift nahe, daß ein Drachenkopf gemeint ist, ein redendes Wappen, denn die Inschrift nennt Velten (= Valentin) Drach. Ein Endres Drach taucht als Schultheiß zu Böttigheim auf. Die Tinkturen dieses bürgerlichen Wappens sind nicht bekannt; es ist nicht in den Standardsammlungen verzeichnet.
Böttigheim gehört heute zur Pfarreiengemeinschaft "Hl. Benedikt zwischen Tauber und Main", zu der auch Helmstadt (St. Martin), Holzkirchhausen (St. Ägidius), Holzkirchen (St. Maria Königin und St. Michael), Neubrunn (St. Georg) und Uettingen (Verklärung unseres Herrn Jesus Christus) gehören. Der Verwaltungssitz ist in Helmstadt.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.7050404,9.6548211,20.08z - https://www.google.de/maps/@49.7050404,9.6548211,81m/data=!3m1!1e3
Baudenkmäler in Böttigheim: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäer_in_Neubrunn#Böttigheim
Pfarrkirche auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Mariä_Himmelfahrt_und_St._Martin_(Böttigheim)
Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Franken, Die
Regierungsbezirke Oberfranken, Mittelfranken und Unterfranken,
Deutscher Kunstverlag, München 1999, S. 226
Pfarreiengemeinschaft: https://www.pg-hl-benedikt.de - Pfarreien: https://www.pg-hl-benedikt.de/pfarreien
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe, hrsg. vom
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Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein,
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Die Wappen der Hochstifte,
Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich
1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard
Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag
2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Johann Philipp von
Greiffenclau-Vollraths in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Philipp_von_Greiffenclau_zu_Vollraths
Familie von Greiffenclau in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Greiffenclau
Johannes Kreuzenbeck: Johann
Philipp von Greiffenclau-Vollraths, in:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 31, Bautz,
Nordhausen 2010, ISBN 978-3-88309-544-8, Sp. 537-538
Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths im Würzburg-Wiki: http://wuerzburgwiki.de/wiki/Johann_Philipp_von_Greiffenclau
Winfried Romberg (Bearb.): Die Würzburger Bischöfe von 1684 bis
1746, Germania Sacra. Dritte Folge Nr. 8, die Bistümer der
Kirchenprovinz Mainz, das Bistum Würzburg 8, De Gruyter,
Berlin/Boston 2014, https://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0023-9A8C-9 - https://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-0023-9A8C-9/3.F._8_Romberg_Bischoefe.pdf?sequence=1&isAllowed=y
Die Entwicklung der Wappen der
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Der Fränkische Rechen - Das Rennfähnlein
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