Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2889
Schnackenwerth (zu Werneck, Landkreis Schweinfurt)

Pfarrkirche St. Andreas in Schnackenwerth

Die katholische Pfarrkirche St. Andreas in Schnackenwerth ist eine kunstgeschichtlich interessante Kirche von überregionaler Bedeutung. Deutlich kann man drei verschiedene Bauphasen unterscheiden: Die erste Kirche war eine Wehrkirche des 14. Jh. Auch heute noch ist die Kirche auf rechteckigem Grundriß auf drei Seiten von zweistöckigen Gaden umgeben, im Norden (33 m) und Osten (27 m) auf ganzer Länge und im Süden zu ca. zwei Dritteln (26 m, jeweils äußere Länge). Acht Gaden befinden sich im Eigentum des Marktes, sieben Gaden sind in privater Hand. Nach Westen und  Südwesten ist das Gaden-Rechteck offen, so daß man die Kirchenfassade freier wahrnehmen kann. Die heute vorhandenen Gaden stammen aus dem 17. und 18. Jh. Auf der Innenseite ist nur das Erdgeschoß aus Stein, der Aufbau ist aus Fachwerk. Nachdem der Wehrcharakter verloren gegangen war, wurden die Gaden dennoch von den Bauern weiter als Keller und Speicher genutzt. Die Renovierung dieser Gaden in drei Bauabschnitten zwischen 1994 und 2000 wurde 2008 mit der Denkmalschutzmedaille des Bezirks Unterfranken gewürdigt. Diese Gaden werden heute für Festlichkeiten der Pfarrgemeinde genutzt. Aus der zweiten Bauphase stammt der Echter-zeitliche Kirchturm in typischer Form; er stammt von 1612.

Die dritte Bauphase liegt im späten Barock; 1749-1750 wurde ein neues Langhaus als Saalbau errichtet. Der Baumeister war Johann Müller aus Eßleben. Der Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau-Vollraths konsekrierte die neue Kirche 1750. Im Westen ist eine doppelstöckige Empore mit Balustradenbrüstung eingebaut. Die untere Empore reicht bis jenseits des ersten Langhausfensters in den Raum hinein und hat in der Mitte eine bogenförmige, balkonartige Ausbuchtung. Dahinter hat der Organist seinen Platz; die Orgel unterbricht die zweite Empore, die wenig in das erste Langhausfenster hineinragt. Besonders hervorhebenswert ist die prächtige Rokoko-Innenausstattung. Die auf einem aus Holz geschnitzten und mit Stuckmarmor überzogenen Beichtstuhl ruhende Kanzel mit ihren theatralisch raumgreifenden Figuren am Kanzelkorb ist eine Arbeit von Johann Weber aus dem Jahr 1752. Die beiden Seitenaltäre sind schräg in die Ecken gestellt. Das Deckengemälde zeigt die Himmelfahrt Mariens. Diese Kirche bildet quasi einen Prototyp der fränkischen Rokoko-Kirche, der wegweisend für die nachfolgenden Kirchenbauten wurde. Die Kirche wurde außen 1990-1992 und innen 1995-1999 renoviert, 2015 gab es eine erneute Außenrenovierung für 478000 €, geleitet vom Architekten Harald Scheckenbach aus Hambach.

Das Wappen des Bauherrn, des Würzburger Fürstbischofs Karl Philipp von Greiffenclau-Vollraths (1.12.1690-25.11.1754, regierte 1749-1754), befindet sich über dem westlichen Hauptportal oberhalb der zu einem Segmentbogen ausgezogenen Verdachung. Es ist geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: erneut geviert: Feld a und d: silbern-blau geteilt, darüber ein goldenes Glevenrad, Stammwappen der von Greiffenclau-Vollraths, Feld b und c: in Schwarz ein silberner Schräglinksbalken, Herrschaft Ippelbrunn (Eppelborn), Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine (von der Stange aus gesehen) rot-silbern gevierte, schräglinksgestellte und an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Die Teilfelder b und c sind hier zu einem das ganze Viertel durchziehenden, durchgehenden Balken verbunden, heraldisch nicht korrekt, aber eine künstlerische Lösung. Auf der ovalen Kartusche ruht der Fürsten- bzw. Herzogshut, hinter der Kartusche ragen schrägrechts das gestürzte Schwert und schräglinks der Krummstab hervor. Den gewellten Kartuschenrand begleiten außen  gefensterte Muschelornamente und unten ein weiteres Muschelornament als Kontrapunkt zum Ranghut.

Unter dem Bogen ist eine Inschrift mit Hinweis auf die Familie von Greiffenclau (Grypha = Greif, Unguis = Klaue) mit Chronogramm angebracht: "SVrgens perfICItVr feLIXqVe ECCLesIa perstat / aC ConseCratVr Magna sVb VngVe GryphIs" (fertiggestellt sich erhebend steht die Kirche und wird groß geweiht unter der Klaue des Greifen) = V + I + C + I + V + L + I + X + V + C + C + L + I + C + C + C + V + M + V + V + V + I = 5 + 1 + 100 + 1 + 5 + 50 + 1 + 10 + 5 + 100 + 100 + 50 + 1 + 100 + 100 + 100 + 5 + 1000 + 5 + 5 + 5 + I = 1750, das Jahr der Weihe durch den Fürstbischof. Auf den geraden Seitenteilen der Verdachung stehen rechts und links zwei ornamentierte Vasen oder Urnen, aus denen oben Flammen schlagen.

Die Pfarrei Schnackenwerth gehört seit 2010 zusammen mit Eckartshausen (Mariä Heimsuchung), Egenhausen (St. Johannes der Täufer), Ettleben (St. Michael), Rundelshausen (St. Petrus von Alcantara), Schleerieth (Mariä Himmelfahrt), Stettbach (St. Leonhard), Vasbühl (St. Jakobus der Ältere) und Werneck (Mariä Himmelfahrt) zur Pfarreiengemeinschaft Maria im Werntal.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.014642,10.1291409,20z - https://www.google.de/maps/@50.014642,10.1291409,83m/data=!3m1!1e3
Pfarreiengemeinschaft Maria im Werntal:
https://www.kirchen-werneck.de/ - Schnackenwerth: https://www.kirchen-werneck.de/über-uns/informationen-über-uns#schnackenwerth-pfarrei-st-andreas
Geschichte von Schnackenwerth:
https://www.schnackenwerth.info/geschichte/historie/
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe, hrsg. vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein, Würzburg, 1974, 192 S.
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Karl
Philipp von Greiffenclau-Vollraths in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Philipp_von_Greiffenclau_zu_Vollrads
Karl Philipp von Greiffenclau-Vollraths im Würzburg-Wiki:
https://wuerzburgwiki.de/wiki/Karl_Philipp_von_Greiffenclau
Karl Philipp von Greiffenclau-Vollraths auf Catholic Hierarchy:
https://www.catholic-hierarchy.org/bishop/bgrzv.html
Erwin Gatz (Hrsg.), unter Mitarbeit von Stephan M. Janker: Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1803, ein biographisches Lexikon, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-06763-0
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