Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2880
Trennfeld (zu Triefenstein, Landkreis Main-Spessart)

Die Pfarrkirche St. Georg in Trennfeld

Die südlich des Friedhofs am nördlichen Rande des alten Ortskernes befindliche katholische Pfarrkirche St. Georg in Trennfeld ist eine Saalkirche im nachgotischen Stil mit einem ungegliederten Chorflankenturm mit Spitzhelm nördlich des nur wenig eingezogenen Dreiseitchores, letzterer mit kräftigen, ungegliederten Strebepfeilern. Der Turm enthält im unteren Geschoß die Sakristei. Vermutlich wurde unter der Regierung von Julius Echter von Mespelbrunn eine bestehende ältere Kirche umgebaut, von der Turm und Chor übernommen wurden, wofür insbesondere die Strebepfeiler des Chores sprechen, die zur Echterzeit gar nicht mehr üblich waren. Auch die fehlende Geschoßtrennung des Turmes spricht für eine Echter-zeitliche Umarbeitung eines älteren Turmes. Die Jahreszahl 1599 am Turm dokumentiert damit einen Umbau. Über dem in der südwestlichen Außenwand gelegenen Eingang ist das einschiffige Langhaus auf 1614 datiert, womit ein Umbau unter Vergrößerung der bestehenden Kirche dokumentiert wird. Tatsächlich wurde die neue Kirche aber schon am 21.9.1593 konsekriert, so daß entweder die Bautafel deutlich später angebracht worden sein muß oder einen zweiten Bauabschnitt markiert. Letzteres ist unwahrscheinlich, weil ein Visitationsbericht von 1601 von einer neu erbauten, also fertigen Kirche spricht. Die tatsächliche Bauzeit ist also 1590-1593 anzusetzen, und die programmatische Bautafel wurde später angebracht, kein Einzelfall.

Die spitzbogigen, zweibahnigen Fenster des 8,86 m breiten Langhauses mit drei Fensterachsen und des 6,78 m breiten Chores weisen nachgotisches Sandstein-Maßwerk auf, das für jedes Fenster individuell gestaltet ist und sich an traditionellen Formen wie Fischblasen und Drei- und Vierpässen etc. orientiert. Der Chor besaß ursprünglich noch ein Fenster mehr, doch dasjenige der östlichen Stirnseite wurde später vermauert. Der Chor ist nicht eingewölbt, und es sind auch keine Ansätze eines ehemaligen oder geplanten Gewölbes zu sehen, was die Strebepfeiler im Grunde funktionslos macht. Deutlich abgesetzt ist eine südwestliche Verlängerung des Langhauses aus dem Jahr 1948, wobei der Anbau die dortige Eingangssituation mit dem alten Westportal zerstört hat. 1934-1935 wurde gegenüber dem Turm auf der Südostseite der Kirche eine neue Sakristei angebaut. Im Inneren der Kirche gibt es mehrere sehr sehenswerte Epitaphien mit reichhaltiger Heraldik. Die historischen Grabplatten der auf Burg Homburg residierenden Herren und Damen sind sämtlich im Chor aufgestellt.

Außen an der Südostwand der Kirche befindet sich über dem rundbogigen Portal mit profiliertem Gewände eine typisch Echter-zeitliche Bautafel mit Rollwerkrahmung und mit folgender Inschrift: "Bischoff Julius auß Vatters treu / Zirt diese Kirch vnd Baut sie New / Ergentzt die Alt Religion / Dar zu hilfft im sein vnderthon / Wünscht also nunmehr disen Seegn / Das vleissig volg ohn strafflich lebn / Bleibe bei dieser ganzten Härdt / Mit rechtem eiffer vnuerkhärdt / 1614" (ganz unpräzise Lesung bei Schock-Werner unter Auslassung des ganzen Teiles "volg ohn strafflich lebn / Bleibe bei", falscher Lesung "Nach" statt "Mit" in der letzten Zeile etc.). Wie so viele andere Bautafeln dieses Typs beschwört auch diese den "Handel" zwischen Fürstbischof und Untertanen: Ersterer tut alles in seiner Macht Stehende, um seinen Untertanen eine gute Infrastruktur mit Kirchen, Pfarrhäusern, Schulen, Krankenhäusern, Speichergebäuden etc. zu bauen, und dafür (-> Wünscht ihr diesen Segen...) mögen letztere doch tunlichst zur alten Religion zurückfinden, bei der "ganzen Herde" bleiben und ein sündenfreies (ohne sträfliches) Leben führen und bitteschön dem Landesherrn keinen Ärger mehr machen (-> folgen, mit rechtem Eifer unverkehrt leben). Das ist erfolgreiche Gegenreformation, denn die Gemeinden sollen auch was davon haben, wenn sie dem religiösen Kurs des Landesherrn wieder folgen. Eine inhaltlich ganz ähnliche Bauinschrift ist an der Pfarrkirche in Marktsteinach angebracht.

Oberhalb der rechteckigen Inschriftenfläche befindet sich das Wappen des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (18.3.1545-13.9.1617, amtierte 1573-1617). Es ist in einer ovalen Kartusche angebracht und geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Schrägbalken, belegt mit drei blauen Ringen, Stammwappen der Echter von Mespelbrunn, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Die ovale Zierkartusche wird von zwei schräggelegten geflügelten Engelsköpfen flankiert. Ein dritter befindet sich unten an der Tafel, und ein vierter war früher einmal oberhalb der Wappenkartusche, dort ging allerdings der Kopf verloren.

 

Im Bereich des Friedhofs gibt es eine kleine Kapelle, die früher wohl einmal einen Ölberg enthalten hat. Der Bau ist auf das Jahr 1618 datiert. Beiderseits des breiten Rundbogens sind zwei Wappen eingehauen, dazu optisch links die Initialen "AOVO" und rechts "HSAS". Davon steht "AO" für den Amtskeller Adam Ott, der das kleine Gebäude als Ersatz für ein vorher dort befindliches Beinhaus gestiftet hat. Das Gebäude wird heute als Beinhaus bezeichnet und dient der Aufbewahrung von Gerätschaften zum Ausheben von Gräbern. Das Wappen Ott zeigt zwei erhöht schräggekreuzte Gerätschaften, unten von einem sechszackigen Stern begleitet. Der Schild ist durch die Initialen personalisiert. Als Kleinod wird der Stern zwischen zwei Büffelhörnern geführt. Das zweite Wappen (ohne Zuordnung, Hinweise willkommen) zeigt in Schild und Kleinod einen Löwen mit Brackenkopf und Halsband, der eine Doppelhenkelvase in den Vorderpranken hält.

Die Pfarrei Trennfeld (St. Georg) mit der Filiale Rettersheim (St. Ulrich) bildet zusammen mit den Pfarreien Lengfurt (St. Jakobus der Ältere), Homburg (St. Burkard) und Erlenbach (St. Burkard und Filiale St. Ägidius in Tiefenthal) die Pfarreiengemeinschaft Erlenbach-Triefenstein mit Sitz in Triefenstein.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.7952107,9.6160697,20.79z - https://www.google.de/maps/@49.7952107,9.6160697,81m/data=!3m1!1e3
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe, hrsg. vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein, Würzburg, 1974, 192 S.
Julius Echter von Mespelbrunn in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Echter_von_Mespelbrunn
Julius Echter von Mespelbrunn im Würzburg-Wiki:
https://wuerzburgwiki.de/wiki/Julius_Echter_von_Mespelbrunn
Rainer Leng: Julius Echter von Mespelbrunn, Fürstbischof von Würzburg, hrsg. vom Mainfränkischen Museum, Würzburg 2013, ISBN 978-3-932461-35-4
Rainer Leng, Wolfgang Schneider, Stefanie Weidmann (Hrsg.): Julius Echter 1573-1617, der umstrittene Fürstbischof, eine Ausstellung nach 400 Jahren,  Quellen und Forschungen zur Geschichte von Bistum und Hochstift Würzburg, Echter Verlag, Würzburg 2017, ISBN 978-3429043261
Götz Freiherr von Pölnitz: Julius Echter von Mespelbrunn, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 655 f. -
https://www.deutsche-biographie.de/gnd118528696.html#ndbcontent - https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016327/images/index.html?seite=669
Alfred Wendehorst (Bearb.): Das Bistum Würzburg 3: Die Bischofsreihe von 1455 bis 1617, Germania Sacra Neue Folge Nr. 13, De Gruyter, Berlin/New York 1978, ISBN: 978-3-11-007475-8 -
https://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0003-16E3-3 - https://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-0003-16E3-3/NF%2013%20Wendehorst%20W%c3%bcrzb.%20Bfsreihe%201455%e2%80%931617.pdf?sequence=1&isAllowed=y
Barbara Schock-Werner: Die Bauten im Fürstbistum Würzburg unter Julius Echter von Mespelbrunn, Struktur, Organisation, Finanzierung und künstlerische Bewertung, Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2005, ISBN 978-3795416232, S. 265
Pfarreiengemeinschaft Erlenbach-Triefenstein:
https://www.pg-erlenbach-triefenstein.de/
Erik Soder von Güldenstubbe: Zur Pfarrgeschichte von Trennfeld am Main, in: Edith Müller, Burkard Kuhn (Hrsg.): Trennfeld am Main, ein fränkisches Dorf im Wandel der Zeiten, Beiträge zur Geschichte des Marktes Triefenstein, 4, Triefenstein, o. J.

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