Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2408
Lauterbach (Vogelsbergkreis)
ev. Stadtkirche Lauterbach: Grabplatte für Hermann XII. Riedesel
Im Chorbereich der evangelischen Stadtkirche befindet sich rechterhand die rechteckige Grabplatte für den jung verstorbenen Hermann XII. Riedesel (2.10.1617-15.8.1632). Die Sandsteinplatte stammt noch aus der Ausstattung der Lauterbacher Marienkirche, dem Vorgängerbau der heutigen Stadtkirche, wo sie sich bereits im Chor befand. Die Umschrift lautet: "ANNO 1632 DEN 8. DECEMBRIS STARB SELIG DER WOHLEDLE VNDT VESTE HERMAN RIEDESEL ZV EISENBACH IOHANNEN SOHN SEINES ALTERS 15. IAHR 9 WOCHEN". Es gibt keine Darstellung des Verstorbenen. Ein Zentralfeld, rechteckig mit beiderseitigen halbrunden Auspfropfungen, enthält eine religiöse Inschrift. Acht Wappen der Ahnenprobe sind um das Zentralfeld gruppiert. Die oberen beiden werden von einem Engel getrennt; die unteren beiden von einem geflügelten Engelskopf.
Über seine Schwester, Anna Riedesel von Eisenbach (29.9.1626-26.2.1681), erhalten wir übrigens eine Verbindung zu einem Epitaph in der Stadtkirche von Schlitz mit einer identischen Ahnenprobe, kombiniert mit der ihres Mannes Johann Volpert von Schlitz genannt von Görtz (10.2.1602-3.6.1677). Die hiesigen Wappen sind identisch mit denen der heraldisch linken Seite besagten Schlitzer Epitaphs. Alle acht Vollwappen sind beschriftet, auf der Schwertseite in lateinischen Majuskeln, auf der Spindelseite oben rechts desgleichen, bei den unteren drei Wappen jedoch in deutscher Groß- und Kleinschreibung.
Die Inschrift im Zentralfeld lautet: "SAP. 4. ER GEFELLET GODT WOHL VND IST IHM LIEB VND WIRDT WEGGENOMMEN AVS DEM LEBEN VNTER DEN SÜNDERN VND WIRT HINGERÜCKET, DAS DIE BOSHEIDT SEINES VERSTADT NICHT VERKEHRE, NOCH FALSCHE LEHRE SEINE SEELE BETRIEGE". Das ist aus der Sapientia Salomonis (Weisheit), in der Einheitsübersetzung 4.10-11: Er gefiel Gott und wurde von ihm geliebt; da er mitten unter Sündern lebte, wurde er entrückt. Er wurde weggenommen, damit nicht Schlechtigkeit seine Einsicht verkehrte und Arglist seine Seele täuschte.
Das erste Wappen der Ahnenprobe heraldisch ganz oben rechts ist das der Riedesel von Eisenbach ("RIEDESEL") und zeigt in Gold einen schwarzen Eselskopf mit einem dreiblättrigen grünen Riedgras im Maule, auf dem schwarz-golden bewulsteten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein Flug, beiderseits mit einem goldenen Schildchen mit dem schwarzen Eselskopf und den grünen Riedgrasblättern belegt (Siebmacher Band: He Seite: 22 Tafel: 24, Band: NaA Seite: 34 Tafel: 56, Westfälisches Wappenbuch, Münchener Kalender 1917). Hier steht das Wappen für Hermanns Vater, Johann XI. Riedesel von Eisenbach (4.12.1588-29.12.1632), seinen Großvater Kurt Konrad II. Riedesel von Eisenbach (1546-12.3.1593) und seinen Urgroßvater Volprecht I. Riedesel von Eisenbach (1500-24.2.1563) zu Ludwigseck, Erbmarschall in Hessen, fürstlich hessischer Geheimrat, Amtmann der Grafschaft Katzenellenbogen.
Das zweite Wappen optisch rechts daneben ist das der von Wersabe ("....RS...."), von Silber und Schwarz gespalten, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein Paar Büffelhörner, das rechte silbern, das linke schwarz (Grote, Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und des Herzogtums Braunschweig; Siebmacher Band: MeA Seite: 116 Tafel: 66, Band: PrE Seite: 181 Tafel: 158). In der Ahnenprobe steht das Wappen für Hermanns Mutter, Anna Sidonia von Wersabe (8.12.1598-18.1.1649), und deren Vater, Hermann von Wersabe (20.6.1564-14.6.1641), sowie deren Großvater, Anton von Wersabe (ca. 1532-15.4.1594).
Das dritte Wappen der Ahnenprobe ist das der von Boineburg zu Hohenstein ("BEYNEBVRGK GENANDT VON HOINSTEIN"); es ist schwarz-silbern geviert, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein schwarz-silbern übereck geteiltes Paar Büffelhörner (Siebmacher Band: He Seite: 4 Tafel: 3, Band: Sa Seite: 8 Tafel: 7, Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 20 Seite 114, 102, Münchener Kalender 1931). In der Ahnenprobe steht es für die Großmutter väterlicherseits, Anna von Boineburg zu Hohenstein (20.6.1564-24.6.1641), Ehefrau von Kurt Riedesel von Eisenbach (1546-1593), Tochter von Walraf/Walrab von Boineburg (ca. 1529-27.7.1572). Für Anna von Boineburg gibt es in Lauterbach übrigens eine Ahnenprobe an dem Epitaph für ihren Mann, dessen erste Ehefrau und dessen zweite Ehefrau, besagte Anna (siehe dort).
Die von Boineburg sind ein bis ins 12. Jh. zurückverfolgbares Burgmannengeschlecht, das die Burg Boineburg bei Eschwege 1460 von den Landgrafen als Erblehen bekam. Es gab mehrere Stämme, von denen man zwei nach ihrer Farbreihenfolge als die von der schwarzen Fahne (schwarz-silbern geviert) bzw. als von der weißen Fahne (silbern-schwarz geviert) bezeichnete. Die von der weißen Fahne blieben in Besitz der Burg Boineburg und teilten sich in die Linien Stedtfeld und Wichmannshausen. Die von der schwarzen Fahne erwarben Güter in Thüringen und bildeten u. a. die Linie Weilar (Bez. Weimar), als Freiherren anerkannt, nannten sich ab 1911 Boineburg-Lengsfeld, teilweise als Grafen zu Boineburg und Lengsfeld, seit 1859 aufgrund einer hessischen Genehmigung zur Aufnahme des an Seitenverwandte 1697 verliehenen, aber 1717 wieder erloschenen Grafenstandes. Daneben gibt es noch eine dritte Boineburg-Gruppe, die von der blauen Fahne, da ihre Angehörigen seit ca. 1500 den Schild blau-silbern quadrierten.
Gegenüber ist das Wappen der von Berlepsch ("Berlebsch") zu sehen, in Gold fünf (2:2:1) grüne, rot behalsbandete Sittiche mit roten Augen und Füßen, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken zwei schräg nach außen geneigte Schäfte oder Stäbe ("Kürißprügel"), besetzt oben mit je einer Kugel, darauf je ein schwarzer Hahnenfederbusch (Siebmacher Band: He Seite: 4 Tafel: 2, Band: Sa Seite: 7 Tafel: 6, Band: Pr Seite: 34 Tafel: 39, Band: Pr Seite: 85 Tafel: 108, Münchener Kalender 1915, Niedersächsische Wappenrolle 2-928). Hier steht es für die Großmutter mütterlicherseits, Anna von Berlepsch (ca. 1579-4.9.1600), Ehefrau von Hermann von Wersabe (-28.2.1596) und Tochter von Hans von Berlepsch (2.9.1531-11.3.1593).
Das fünfte Wappen der Ahnenprobe ist das der Waldbott von Bassenheim (WALDTBODT VON ..A..ENHEIM"); es ist zwölffach rot-silbern geständert, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein sitzender silberner Schwan, dessen erhobene Flügel mit je einem 12fach rot-silbern geständerten Schildchen belegt sind (Siebmacher Band: Gf Seite: 69 Tafel: 113-114, Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 20 Seite 100, 125, Gruber Seite 12-13). Es steht in der Ahnenprobe für die Urgroßmutter Appolonia Waldbott von Bassenheim (1510-1571), Ehefrau von Volprecht Riedesel von Eisenbach (1500-24.2.1563) zu Ludwigseck. Für diese beiden gibt es ein weiteres Epitaph in der Lauterbacher Stadtkirche (siehe dort).
Das sechste Wappen der Ahnenprobe gegenüber ist erneut das der Riedesel von Eisenbach ("Riedesel", s. o.). Es steht für die Urgroßmutter Catharina Riedesel von Eisenbach (ca. 1547-21.2.1577), Ehefrau des Anton von Wersabe.
Das siebte Wappen der Ahnenprobe ist das der von Hundelshausen ("HVNDELSHAVSSEN"), von Rot, Silber und Schwarz zweimal geteilt, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein von Rot, Silber und Schwarz zweimal geteilter Flug (Siebmacher Band: He Seite: 14 Tafel: 15, Band: PrE Seite: 104 Tafel: 88, Band: PrE Seite: 201 Tafel: 175, Band: ThüA Seite: 60 Tafel: 46, Jahrbuch des Deutschen Adels, Bd. 3, 1898). Es steht für die Urgroßmutter Judith von Hundelshausen (-1588), Ehefrau von Walraf/Walrab von Boineburg.
Das letzte Wappen gegenüber ist das der von der Tann ("Thann"), in Rot eine nach oben gekrümmte, mit Kopf und Schwanz abwärts gebogene, silberne Forelle, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken eine golden gekrönte rote Säule, belegt mit einer nach oben gekrümmten, mit Kopf und Schwanz abwärts gebogenen, silbernen Forelle, und oben besteckt mit drei Straußenfedern, einer silbernen zwischen zwei roten (Siebmacher Band: He Seite: 27 Tafel: 31, Band: Bay Seite: 60 Tafel: 63, Band: Bay Seite: 119 Tafel: 146, Band: Sa Seite: 17 Tafel: 16, Band: Bad Seite: 25 Tafel: 16). Es steht für die Urgroßmutter Margarethe von der Tann (1530-), Ehefrau des Hans von Berlepsch.
Literatur,
Links und Quellen:
Stadtkirche Lauterbach: http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/66164
Stadtkirche Lauterbach: http://www.ev-kirche-lauterbach.de/stadtkirche.html
Stadtkirche Lauterbach: http://www.lauterbach-hessen.de/tourismus/stadtfuehrungen/ev-stadtkirche.html
Stadtkirche Lauterbach: https://de.wikipedia.org/wiki/Stadtkirche_Lauterbach
von Riedesel: https://de.wikipedia.org/wiki/Riedesel - http://www.riedesel.org/
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Denkmaltopographie Stadt Lauterbach, S. 253.
Hermann XII. Riedesel, gest. 1632, Lauterbach, in: Grabdenkmäler
http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1753
Veröffentlichung der Innenaufnahmen mit freundlicher Genehmigung
von Frau Pfarrerin Göbel und Herrn Dr. Berthold Riedesel
Freiherr zu Eisenbach vom 19./23.1.2017, wofür ihnen an dieser
Stelle herzlich gedankt sei.
Genealogie: https://gedbas.genealogy.net/person/ancestors/1173764852
Genealogie: http://geneagraphie.com/getperson.php?personID=I489809&tree=1 - http://geneagraphie.com/getperson.php?personID=I489811&tree=1 - http://geneagraphie.com/getperson.php?personID=I489811&tree=1 - http://geneagraphie.com/getperson.php?personID=I399267&tree=1 - http://geneagraphie.com/getperson.php?personID=I399268&tree=1 und abhängige Seiten
Boineburg: https://de.wikipedia.org/wiki/Boyneburg_(Adelsgeschlecht)
Wersabe: https://de.wikipedia.org/wiki/Wersebe
von der Tann: https://de.wikipedia.org/wiki/Tann_(Adelsgeschlecht)
Rudolf Buttlar-Elberberg: Stammbuch der Althessischen
Ritterschaft, Kassel 1888: http://gdz.sub.uni-goettingen.de/dms/load/img/?PID=PPN513401067 - http://gdz.sub.uni-goettingen.de/download/PPN513401067/PPN513401067___LOG_0001.pdf
ev. Stadtkirche, Georg Wolf von Rotenhan - ev. Stadtkirche, Hermann VII. Riedesel - ev. Stadtkirche, Hermann VIII. Riedesel - ev. Stadtkirche, Hermann V. Riedesel - ev. Stadtkirche, Volprecht I. Riedesel und Appolonia Waldbott von Bassenheim - ev. Stadtkirche, Hans Volpert Riedesel und Anna von Trümbach - ev. Stadtkirche, Hermann VI. Riedesel und Margarethe von der Malsburg - ev. Stadtkirche, Konrad II. Riedesel und Anna von Boineburg
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