Bernhard Peter
Die Wappen der Herren und Freiherren von der Tann

Stammwappen
Der Wappenschild der von der Tann zeigt in Rot eine rechts gewendete, nach oben gekrümmte, silberne Forelle, auf dem Helm zu rot-silbernen Decken ein roter Schaft belegt mit einer nach oben gekrümmten, mit Kopf und Schwanz abwärts gebogenen, silbernen Forelle und oben besteckt mit drei Straußenfedern (Siebmacher Band: He Seite: 27 Tafel: 31, Band: Bay Seite: 60 Tafel: 63, Band: Bay Seite: 119 Tafel: 146, Band: Sa Seite: 17 Tafel: 16, Band: Bad Seite: 25 Tafel: 16; Schöler, Familienwappen: S. 104-105, Tafel 57; Rahrbach S. 261-264).

 

Abb. links: Tann, ehem. Spital, Rhönstraße 1, Abb. rechts: Tann, Rotes Schloß, über der Durchfahrt zum Innenhof

 

Abb. links: Gößweinstein, Mengersdorf-Epitaph, 1588 vom Bischof Ernst von Mengersdorf zum Andenken an seine Eltern gestiftet. Abb. rechts: evangelische Stadtkirche Schlitz, Ahnenprobe am Epitaph für Johann Volpert von Schlitz gen. von Görtz.

 

Abb. links: Propstei Wechterswinkel, Wappenstein für Johann Hartmann von Rosenbach (15.12.1609-19.4.1675) mit Ahnenprobe. Abb. rechts: Kronach. Festung Rosenberg, Schieferturm, Ahnenprobe des Fürstbischofs Veit II. von Würtzburg von 1564.

 

Abb. links: Schloß Homburg am Main, Ahnenprobe auf dem Wappenstein für Philipp von Gebsattel. Abb. rechts: Nordheim vor der Rhön, Weißes Schloß, Wappen für Otto Hermann von der Tann, Ritterhauptmann des Ritterkantons Rhön-Werra und Direktor.

 

Abb. links: Tann, Knottenmühle, Wappen für Eberhard von der Tann (1495-9.6.1574). Abb. rechts: Tann, Blaues Schloß, Wappen der Ahnenprobe von Christoph von der Tann (15.3.1514-1575), Begründer der Christophischen Linie.

 

Beide Abb.: Wappen von 1617 am Stadttor von Tann. Eberhard von der Tann (1495-9.6.1574) ließ in Tann Stadtmauer, Stadttor und evangelische Kirche erbauen. Hintergrund des gesteigerten Sicherheitsbedürfnisses war, daß er 1534 in seiner Herrschaft die Reformation eingeführt hatte und deshalb in Opposition zum Stift Fulda geraten war. Die rundbogige Durchfahrt des Tores erhielt 1617 ihre Fugenrustikagliederung und den feldseitigen Wappenstein.

 

Abb.: Zeichnung des Wappens von Otto Hupp, Münchener Kalender, Jahrgang 1914, Verlagsanstalt, München und Regensburg, 1914

Erste Wappenvermehrung
Die hier gezeigte Vermehrung betraf nur die Konradische Linie (Gelbes Schloß), aus der am 7.6.1704 Heinrich von und zu der Tann (21.5.1650-8.7.1714), fürstlich-fuldaischer Geheimrat, Obersthofmarschall und Ritterhauptmann des Ritterkantons Rhön und Werra, einen entsprechenden Freiherrenbrief für sich und seine Nachkommen erhielt.

Abb.: Tann, Rotes Schloß, in der Tordurchfahrt

Das vermehrte Wappen der Freiherren von der Tann ist wie folgt aufgebaut: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Silber ein grüner Tannenbaum auf grünem Boden (Rasen), Feld 2 und 3: in Gold ein blauer, gekrönter doppelschwänziger Löwe, Herzschild: in Rot eine silberne, mit dem Rücken nach oben gekrümmte Forelle (Stammwappen). Das vermehrte Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: PrGfN Seite: 24 Tafel: 18, Band: Bad Seite: 25 Tafel: 16, Band: Bay Seite: 60 Tafel: 63 und Band: SchlA3 Seite: 60 Tafel: 36.

Abb.: Tann, Gelbes Schloß

Dazu werden drei Helme geführt: Helm 1 (Mitte): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken eine golden gekrönte rote Säule, davor quer die silberne, nach oben gekrümmte Forelle, die Säule oben besteckt mit drei Straußenfedern, silbern-rot-silbern (Stammkleinod), Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken eine wachsende rot gekleidete Jungfrau, auf dem Kopf einen blauen Reichsapfel mit goldenem oder silbernem Kreuz tragend und eine silberne, golden gestielte Sichel haltend, die auf der äußeren Biegung mit fünf Straußenfedern besteckt ist, Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit blau-goldenen Decken wachsend ein Geharnischter, auf dem Helm mit offenem Visier drei Straußenfedern, je nach Quelle eine rote zwischen zwei silbernen oder eine blaue zwischen zwei goldenen, in der Rechten ein silbernes Schwert emporhaltend, die Linke eingestemmt.

Abb.: Tann, Gelbes Schloß

Dabei sind die vier neuen Felder, also zwei neuen Inhalte und die beiden neuen Helme, keine ererbten, bei der Rangerhöhung berücksichtigten Geschlechterwappen wie bei anderen historisch vermehrten Wappen, sondern eine bloße willkürliche Zugabe aus Anlaß des Freiherrendiploms. Die neuen Felder und Helme haben schlicht keine inhaltliche Bedeutung außer der Vermehrung um der Vermehrung willen. Man nahm das Aneinanderstoßen von Silber und Gold als Feldfarbe, das bei historisch gewachsenen Wappen unvermeidbar ist, denn man kann sich sein Erbe nicht aussuchen, seitens der kaiserlichen Kanzlei billigend in Kauf, obwohl es bei einer solchen Neuschöpfung ohne Hintergrund wirklich vermeidbar gewesen wäre. Als Schildhalter dienen ein wilder Mann und eine wilde Frau, beide mit einem langen Stab, um den Kopf laubbekränzt.

Zweite Wappenvermehrung
Seit 1868 zeigt das freiherrliche Wappen eine weitere Vermehrung. Neu ist die Namens- und Wappen-Vereinigung mit den von Rathsamhausen. Diese elsässische, dann auch in Baden verbreitete Familie führte in Rot ein silbernes Schildchen, mit einem grünen Balken belegt, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender silberner Brackenrumpf mit rotem Halsband. Das Wappen wird beschrieben im Alten Siebmacher I, 192, Nr. 4 sowie im Neuen Siebmacher Band: Bad Seite: 68 Tafel: 41, Band: Els Seite: 17 Tafel: 21, ferner im Berliner Wappenbuch ("ratzenhusen"). Im Rietstap ist das Wappen wie folgt verzeichnet: "D'argent à la fasce de sinople à la bordure de gueules. Cimier une tête et col de chien braque d'argent". Es gibt Varianten im Detail bei der Helmzier: Im Codex Reiber fol. 32 trägt der Hund ein rotes Halsband mit goldenem Ring, im Codex Büheler fol. 14 ein schwarzes Halsband und im Wappenbuch Grünenberg fol. 149 ein rotes Halsband, dazu grün-silberne Decken. Aber es kommen auch Varianten mit Straußenfederstößen oder Flügen anstelle des Brackenrumpfes vor und viele andere Varianten; eine eindrucksvolle Auflistung der Vielfalt gibt Kindler von Knobloch im Oberbadischen Geschlechterbuch.

Die nach der Familie benannte Burg Rathsamhausen, eine ursprünglich romanische Burganlage mit eindrucksvollem, aber einsturzgefährdetem und daher gesperrtem Turmpalas, liegt bei Ottrott und gehört mit der benachbarten Lützelburg zu den sogenannten Ottrotter Schlössern. Die Familie von Rathsamhausen kam in der Mitte des 16. Jh. in den Besitz der Burg, die vorher seit 1424 den von Hohenstein und seit 1477 den von Müllenheim gehört hatte. Conrad-Dietrich von Rathsamhausen hatte die Burg 1553/57 gekauft. Vor der Übernahme durch die von Rathsamhausen hieß die ursprünglich von den von Lützelburg errichtete Burg einfach nur Hinterburg. Im Verlauf des 30jährigen Krieges wurde die 1633 zerstörte Burg aufgegeben und verfiel. Sie blieb aber dennoch bis zur französischen Revolution im Eigentum der Familie.

Im 14. Jh. schon teilte sich die Familie in die zwei Hauptlinien zum Stein und zu Ehnweyer. 1578 war die Familie in der Reichsritterschaft des Nieder-Elsasses und des Kantons Ortenau immatrikuliert. Am 6.8.1773 erhielt die Familie eine Anerkennung des Freiherrenstandes durch König Ludwig XV. Das letzte männliche Mitglied der Familie war Johann Baptist Leopold Freiherr von Rathsamhausen (19.12.1754-15.11.1828), ein Großcousin der beiden Schwestern, die in die Familie von der Tann einheirateten. Die Herrschaft Nonnenweyer gelangte durch Erbtöchter an die Familien von der Tann (dazu siehe unten) und Böcklin von Böcklinsau (Christine Luise Friederike von Rathsamhausen hatte Friedrich Wilhelm Karl Leopold Freiherr Böcklin von Böcklinsau geheiratet, und nach ihrem Tode 1799 hatte ihre Schwester, Christine Wilhelmine Caroline von Rathsamhausen, ihren Schwager geheiratet).

Abb.: Tann, Marktplatz, Denkmal für Ludwig Arthur Samson Freiherr von der Tann-Rathsamhausen (18.6.1815-26.4.1881)

Eine Schlüsselfigur ist hier Ludwig Samson Freiherr von Rathsamhausen (26.12.1740-25.9.1819), der in Straßburg geborene Sohn von Leopold Samson von Rathsamhausen (1699-1779) und Eleonore Sidonie Joham von Mundelsheim (1712-1788). Der Sproß der elsässischen Familie war Mitherr auf Grussenheim und Ehnweyer im Elsaß. Er trat in großherzoglich-hessische Dienste und wurde Wirklicher Geheimer Rat, Regierungsdirektor in Buchsweiler und schließlich Regierungspräsident in Darmstadt. Mit seiner 1790 geehelichten Frau, Franziska Sophia von Rathsamhausen zu Ehnweyer (1767-9.11.1833), hatte er zwei Töchter, die beide einen von der Tann heirateten, Brüder: Sophia Freiin von Rathsamhausen (24.5.1791-2.12.1833) heiratete am 10.5.1812 in Darmstadt General Heinrich Freiherr von und zu der Tann-Rathsamhausen (1784-1848), und Auguste Marie Luise Friederike Freiin von Rathsamhausen (1802-1890) heiratet 1820 Friedrich Freiherr von und zu der Tann (1793-1849). Der Vater der beiden Schwestern starb in München, die Mutter in Tann. Mit dem Erlöschen der elsässischen Familie gingen Namen und Wappen am 21.5.1868 zu Berg mit königlich-bayerischer Erlaubnis auf die von der Tann über. Da waren die beiden Brüder, die je eine von Rathsamhausen geheiratet hatten, schon längst verstorben. Diese Namens- und Wappenvereinigung galt für Freiherr Ludwig Samson Heinrich Arthur von und zu der Tann und seine Brüder Hugo und Rudolph sowie für seine Cousins, die Brüder Otto und Arthur.

Abb.: Tann, Marktplatz, Denkmal für Ludwig Arthur Samson Freiherr von der Tann-Rathsamhausen (18.6.1815-26.4.1881)

Im einzelnen ist das vermehrte Wappen der von der Tann-Rathsamhausen nun wie folgt aufgebaut: Geteilt und zweimal gespalten sowie mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Silber ein grüner Tannenbaum auf grünem Boden (Rasen), Feld 2 und 6: in Gold ein blauer, gekrönter doppelschwänziger Löwe, Feld 3 und 4: in Rot ein silbernes Schildchen, mit einem grünen Balken belegt (Rathsamhausen; Schraffur des Balkens hier falsch, denn die müßte diagonal verlaufen), Herzschild: in Rot eine silberne, mit dem Rücken nach oben gekrümmte Forelle (Stammwappen von der Tann). Dabei stehen der Herzschild und die Felder 3 und 4 für echte Inhalte, während die Felder 1 und 4 sowie 2 und 6 bei der Freiherrenstandserhebung 1704 willkürlich und ohne geschichtlichen oder familiären (Hinter-) Grund verliehen wurden und für nichts stehen außer für den Wunsch nach einem angemessen vermehrten Wappen, wie man es zu der Zeit eben gerne hatte, wenn man einen entsprechenden Adelsrang besaß. Die Rathsamhausen-Vermehrung ist jedoch eine echte, durch Heirat und Aussterben des anderen Geschlechts begründete Wappenvermehrung.

Abb.: Tann, Marktplatz, Denkmal für Ludwig Arthur Samson Freiherr von der Tann-Rathsamhausen (18.6.1815-26.4.1881)

Dazu werden drei Helme geführt: Helm 1 (Mitte): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken eine golden gekrönte rote Säule, belegt mit der silbernen, nach oben gekrümmten Forelle, die Säule oben besteckt mit mehreren Straußenfedern, abwechselnd silbern-rot (Stammkleinod von der Tann), zwischen denen ein silberner Brackenrumpf hervorwächst (Rathsamhausen), der oben wiederum mit rot-silbernen Federn besteckt ist, Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken eine wachsende rot gekleidete Jungfrau, auf dem Kopf einen blauen Reichsapfel mit goldenem oder silbernem Kreuz tragend und eine silberne, golden gestielte Sichel haltend, die auf der äußeren Biegung mit fünf Straußenfedern besteckt ist, Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit blau-goldenen Decken wachsend ein Geharnischter, auf dem Helm mit offenem Visier drei Straußenfedern, je nach Quelle eine rote zwischen zwei silbernen oder eine blaue zwischen zwei goldenen, in der Rechten ein silbernes Schwert emporhaltend, die Linke eingestemmt. Dabei steht nur das mittlere Kleinod als Kombinationshelmzier für echte, in den Familien weitergegebene Inhalte, während die beiden anderen, äußeren Kleinode bei der Freiherrenstandserhebung 1704 als leere Vermehrung beigegeben wurden. Als Schildhalter dienen ein wilder Mann und eine wilde Frau, beide mit einer langen, auf den Boden aufgestützten Keule, um den Kopf und um die Hüften laubbekränzt.

Genealogie:
Ausschnitt aus der Genealogie der Herren von der Tann, fett sind für die Familiengeschichte besonders relevante Personen, rot sind Wappen-Fundstellen, fett und blau sind die einzelnen Linien und wichtigen Ereignisse:

Literatur, Links und Quellen:
Genealogie Heinrich Freiherr von der Tann: https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&n=von+der+tann&oc=0&p=heinrich
Franz Menges: von und zu Tann, in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 781-782
https://www.deutsche-biographie.de/pnd119530031.html#ndbcontent http://daten.digitale-sammlungen.de/0008/bsb00085894/images/index.html?fip=193.174.98.30 ff.
Ludwig Samson Freiherr von Rathsamhausen, in: Hessische Biographie
https://www.lagis-hessen.de/pnd/1080958398
Ludwig Arthur Samson Freiherr von und zu der Tann-Rathsamhausen, in: Hessische Biographie
https://www.lagis-hessen.de/pnd/119411954
Heinrich Friedrich Konrad Freiherr von und zu der Tann, in: Hessische Biographie
https://www.lagis-hessen.de/pnd/117200441
Epitaph des Melchior von der Tann 1608 und seiner Frau, in: Grabdenkmäler
https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/767
Germania Sacra NF 40 - Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Würzburg 6. Die Benediktinerabtei und das Adelige Säkularkanonikerstift St. Burkard in Würzburg, S. 219, S. 267-268
Germania Sacra NF 26 - Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Würzburg 4. Das Stift Neumünster in Würzburg, S. 554-556
Genealogische Datenbank des Christoph Graf von Polier, z. B.
https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&n=von+der+tann+rathsamhausen&oc=0&p=ludwig - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=eberhardt&n=von+der+tann - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=fritz&n=von+der+tann - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=conrad&n=von+der+tann&oc=1 - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=christoph&n=von+der+tann und jeweils abhängige Seiten
Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser, 1855, Fünfter Jahrgang, Freiherrliche Häuser:
http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/periodical/pageview/8416837 - http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/periodical/pageview/8398771 ff.
Biedermann, Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Rhön und Werra
http://books.google.de/books?id=j9JDAAAAcAAJ, 1749, Tf. 182-185 (CLXXXII-CLXXXV) - völlig erratisch und irreführend, da darf man bei dieser Familie nichts für bare Münze nehmen, das ist schlicht NICHTS verläßlich..
Otto Hupp, Münchener Kalender, Jahrgang 1914, Verlagsanstalt, München und Regensburg, 1914

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