Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2032
Stadtlauringen (Landkreis Schweinfurt, Unterfranken)
Amtskellerei und Zehnthof Stadtlauringen
Zunächst mag die Bezeichnung irreführen: Stadtlauringen ist keine Stadt, sondern ein Markt. Der Würzburger Fürstbischof Rudolf von Scherenberg hatte zwar dem Ort Lauringen 1484 das Stadtrecht und das Marktrecht verliehen, und entsprechend änderte man stolz den Namen in Stadtlauringen. Doch 1818 ging das Stadtrecht wieder verloren, das Marktrecht jedoch blieb. Der Ort wurde weiterhin aufgewertet, als im Jahr 1579 der Sitz des Amtes Rotenstein nach Stadtlauringen und im Jahr 1595 auch die ganze fürstbischöfliche Kellerei des Amtes Rotenstein mit der Lagerhaltung nach Stadtlauringen verlegt wurde, was die Errichtung neuer Verwaltungsgebäude notwendig machte, was 1606 geschah. Stadtlauringen spielte einst eine wichtige Rolle für die Würzburger Fürstbischöfe als Vorposten gegen die Grafen von Henneberg. Später wurde Stadtlauringen ein eigenständiges Amt. Das rechteckige Ensemble (Kellereistraße 8-12) ist eine der vollständigsten, zusammenhängendsten und besterhaltenen Amtskellereien im ehemaligen Herrschaftsbereich des Hochstifts Würzburg und besteht aus insgesamt fünf Gebäuden, die in einem sich nach Westen zur Straße hin öffnenden Hufeisen den Hof umstehen. Der Hof selbst ist zur Kellereistraße hin mit einer Mauer abgetrennt, welche die Tordurchfahrten enthält. Der Markt Stadtlauringen hatte den Komplex in der Mitte des 19. Jh. erworben. Alle historischen Gebäude, die im 20. Jh. zwischenzeitlich in sehr heruntergekommenem und verwahrlostem Zustand waren, wurden in letzter Zeit über einen Zeitraum von fünf Jahren für fast 4 Mio. Euro bis zum Jahr 2006 renoviert und einer neuen Nutzung durch die Gemeinde zugeführt. Im Uhrzeigersinn umstehen folgende Gebäude den durch eine Trennmauer unterteilten Hof: Die Nordwestecke bildet das eigentliche Amtshaus, einst Dienstsitz und Wohnung des fürstbischöflichen Amtmannes. Heute ist im Amtshaus die Gemeindebücherei und ein Jugendzentrum untergebracht. Ein kleiner Zwischenbau setzt im Osten des Amtshauses an, dessen Räume dienten dem Landesherrn als Logis, wenn er mal vorbeikam. Im Osten verläuft in Nord-Süd-Richtung das größte Gebäude des Ensembles, der Schüttbau, an den im Nordwesten der zuvor erwähnte Fürstenbau anstößt. An den Schüttbau (heute Veranstaltungsbau mit riesigem Kellergewölbe und mit Säulenhalle im Hochparterre) setzt auch im Südwesten ein kleiner Zwischenbau (heute WC) an, der zur Zehntscheune (heute Heizzentrale) überleitet, welche die südliche Randbebauung des Hofes bildet, um im Westen wieder an die straßenseitige Mauer zu stoßen. Die Zehntscheune ist ein 1606 zusammen mit dem Amtshaus errichteter eingeschossiger Fachwerkbau mit Satteldach. Für diese beiden ersten Gebäude des über 400 Jahre alten Ensembles sind die ursprünglichen Baukosten überliefert: 2182 fl. Der Schüttbau und die beiden Zwischenbauten kamen später dazu.
Der älteste Teil der Amtskellerei ist das eigentliche Amtshaus, ein heute zweistöckiges, zur Straße hin giebelständiges Gebäude aus dem Jahre 1606 mit Krüppelwalmdach in der Nordwestecke des Kellereikomplexes. Einst war das Gebäude dreigeschossig, wurde jedoch später verändert und um ein Geschoß vermindert. 1796 waren in diesem Gebäude die französischen Generäle Soult und Kleber in Quartier. 1880 wurde das ehemalige Amtshaus als Armenhaus genutzt. Von 1908 bis 1965 war hier die Volksschule des Ortes untergebracht. Auf der Südseite des Amtshauses befindet sich der erhöhte, über eine Freitreppe zugängliche Eingang, über dem sich die Bauinschrift befindet. Die Inschrift lautet: "Gros(s) Werck in Francken gott vollfuhrt / Als Bischoff Julius do(rt) Regi(e)rt / Erst adelt Die Religion / Zu Friedt Erheidt (erhält) Die Underthon (Untertanen) / Fü(h)rt Beides Wo(h)ll den (Bischofs-)Stab (und) diss schwert / Wacht als ein Hirt ob seiner Herdt / Baut Spitall(er) Schul(en) Kirchen Klöster Schlo(e)s(ser) / Wie Auch Dieß(es) Ambtshaus Ni(ch)t ohn(e) Kost(en)". Ein modernes Glasdach unter dem Inschriftenstein erschwert seit der Renovierung die Lesung.
Oben in der Mitte zwischen den beiden Engeln befindet sich das Wappen des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (reg. 1573-1617), Bauherr des ehemaligen Amtshauses. Das Wappen ist geviert: Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, für das Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Schrägbalken, belegt mit drei blauen Ringen, Stammwappen der Echter von Mespelbrunn, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, für das Hochstift Würzburg.
Zwischen der Amtskellerei (links) und dem Schüttbau (rechts) gibt es einen schmalen, zweistöckigen Verbindungsbau, den sog. Fürstenbau (Mitte). Er wurde 1626 im Zusammenhang mit dem Schüttbau unter dem Würzburger Fürstbischof Philipp Adolf von Ehrenberg errichtet, und er diente dem Landesherrn als Unterkunft bei Kurzbesuchen in der Stadt. 1639 nahm jedoch ein Anführer der Gegenpartei hier Quartier, der schwedische Oberst Hans Christoffer von Königsmarck. Kriegsschauplatz zu sein ist leider auch ein Bestandteil der Stadtlauringer Geschichte: Stadtlauringen wurde weder im Bauernkrieg, noch im Markgräflerkrieg, noch im 30jährigen Krieg verschont, und selbst im März 1945 wurde ein Großteil der historischen Bebauung des Ortes Opfer britischen Bombardements.
Im vorherigen Bild hat man die östliche Rückseite der Amtskellerei gesehen, die hier drei einst offene Arkadenbögen besitzt. Alle drei Arkaden tragen im Scheitel mehr oder weniger mittig einen Wappenschild des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (reg. 1573-1617) wie oben beschrieben. Einer dieser Steine ist auf 1606 datiert. Die Ausführung ist schlicht, die Schildformen sind unterschiedlich.
Der größte Einzelbau des Amtskellereikomplexes ist der 1628 errichtete Schüttbau. Der dreistöckige Bau in strenger Gliederung der Spätrenaissance nimmt die ganze Ostseite des Komplexes ein und bildet den rückwärtigen Abschluß des Hofes. Der massive Satteldachbau mit geschweiften Giebeln an den Schmalseiten im Norden und im Süden diente als Zehntspeicher für Getreide, Wein und Rüben. Seit 2006 wird das renovierte Gebäude als Veranstaltungsgebäude für öffentliche, kommerzielle, kulturelle und private Anlässe genutzt.
Im gesprengten, verkröpften Segmentbogengiebel befindet sich das Wappen des Würzburger Fürstbischofs Philipp Adolf von Ehrenberg (reg. 1623-1631), welcher der Bauherr des Schüttbaus (und auch des Fürstenbaus) war. Das Wappen ist geviert: Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, für das Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Silber ein roter (hier fälschlicherweise ockerfarbener) Adlerflügel, die Saxen nach oben gekehrt, links in einen golden geschnäbelten Vogelkopf endend, Stammwappen der von Ehrenberg, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, für das Hochstift Würzburg.
Auf der Schildkartusche ruht ein Fürstenhut, schrägrechts hinter dem Wappen ist das gestürzte Schwert für die weltliche Macht als Reichsfürst, schräglinks hinter dem Schild der Krummstab als Symbol für die geistliche Macht. Zwei gelockte Engel stehen zu beiden Seiten des Wappens, in silbernem, auf der Brust mit einem goldenen Knopf zusammengehaltenem Gewand. Der Sockel trägt die Jahreszahl 1628.
Hoch über diesem Wappen befindet sich in der Portalachse dieses querovale Inschriftenfeld zwischen der obersten und der zweitobersten Fensterreihe. In der Mitte bilden die beiden Vornamen des Würzburger Fürstbischofs Philipp Adolf von Ehrenberg ein farblich abgesetztes Kreuz aus den Majuskelbuchstaben PHILIPPS und ADOLPH. Die Buchstaben sind sehr wohl gleichzeitig Bestandteil der sich auf Genesis 41 beziehenden Inschrift: "Gleich wie Pharaon dem Kön(i)g zart / Von Gott durch Joseph gerath(e)n wardt / Frücht(e) zu sam(m)blen bei rechter Zeit / Also Philip(p)s Adolph berühmt weit / Bischoff zu Wirtzburg und Hertzog / Zu Francken Paut di(e)s (Ge)Traidthaus hoch / Zu Nutz und Pfleg der armen schar / Aus Gottes rath in diesem Jahr MDCXXVIII (1628)". Diese Inschrift bestimmt den Zweck des Schüttbaus als Getreidespeicher und stellt die fürsorgliche Vorratshaltung des Fürstbischofs in direkten Zusammenhang mit der alttestamentarischen Vorratshaltung Josephs in Ägypten, als auf sieben Jahre des Überflusses sieben Jahre der Hungersnot kamen und er der einzige war, der vorgesorgt hatte und das Überleben der Bevölkerung sicherstellen konnte. Im Jahre 1628, mitten im 30jährigen Krieg, war das eine absolut berechtigte Sorge.
Abb.: Blick auf die Rückseite des Schüttbaus (Ostseite) zur Lindenstraße hin, eine Ansicht, die die ganze Länge dieses Speichers und die Größe der Schüttböden deutlich macht. Links ist im Vordergrund ein Rundturm der ehemaligen Stadtbefestigung zu sehen, denn die Amtskellerei befand sich in der südöstlichen Ecke des einstigen Mauerrings der Stadt.
Literatur,
Links und Quellen:
Die
Wappen der
Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im
Heiligen
Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens
Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell
& Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Peter Kolb: Die Wappen der
Würzburger
Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken,
Freunde
Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und
Würzburger
Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974, 192 Seiten.
Liste der Baudenkmäler in Stadtlauringen: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Stadtlauringen
Schlösser und Burgen in Unterfranken, von Anton Rahrbach,
Jörg
Schöffl, Otto Schramm. Hofmann Verlag Nürnberg 2002,
ISBN
3-87191-309-X, S. 199-200
Stadtlauringen: http://de.wikipedia.org/wiki/Stadtlauringen
Barbara Schock-Werner, Die Bauten im Fürstbistum
Würzburg unter
Julius Echter von Mespelbrunn, 536 S., Schnell & Steiner
Verlag 2005, ISBN-10: 379541623X, ISBN-13: 978-3795416232, S.
331.
Hinweistafeln an den Gebäuden
Amtskellerei: http://www.stadtlauringen.de/Die_Amtskellerei_im_Markt_Stadtlauringen.html
Hannes Helferich, Amtskellerei Stadtlauringen: Wo einst Getreide,
Wein und Rüben lagerten, Artikel in der Mainpost, http://www.mainpost.de/freizeit/burgenschloesser/burgen/Amtskellerei-Stadtlauringen-Wo-einst-Getreide-Wein-und-Rueben-lagerten;art29157,5773676
Renovierung der Amtskellerei: http://bildungsklick.de/pm/33417/amtskellerei-in-stadtlauringen-in-neuem-glanz/
kath. Pfarrkirche - Schloß Birnfeld
Die
Wappen der Fürstbischöfe von
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Der
Fränkische Rechen - Das
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