Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2000
Reichmannsdorf (zu Schlüsselfeld, Landkreis Bamberg, Oberfranken)

Pfarrkirche St. Sebastian in Reichmannsdorf

Die erste Pfarrkirche in Reichmannsdorf, das zu Schlüsselfeld eingemeindet wurde, stammte aus dem 15. Jh. und war eine Chorturmkirche. Auf diesen ersten Bau verweist die Steintafel mit Wappen, die über dem Türsturz in die Außenwand eingelassen ist. Sie wurde jedoch erst später angefertigt. Das Langhaus wurde ca. 1528 verbreitert. Nach den Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg wurde 1664 die Kirche neu gebaut. Markant ist der achteckige Kirchturm mit seiner nadelförmigen Spitze. 1921 wurde der Kirchenraum durch den Architekten Fritz Fuchsenberger (1876-1945) zur Seite hin erweitert.

 

Die Steintafel über dem Eingang trägt das Datum 1473, in zwei Ziffernpaaren rechts und links des Wappenschildes. Der Stil des Reliefs entspricht aber nicht dieser Jahreszahl, vielmehr wird eine spätere Entstehung um ca. 1520 angenommen, und möglicherweise wurde das äußerst qualitätvolle Relief sogar vom Bildhauer Loy Hering angefertigt. Vermutlich wurde diese Bautafel im Zuge der Erweiterung der Kirche angefertigt und erinnert an den ursprünglichen Bauherrn der ersten Kirche. Zu dieser nachträglichen Anfertigung paßt auch der Nimbus hinter der Mitra, der nicht zu Lebzeiten verwendet worden wäre. Hinter dem Wappenschild wächst eine frontale Darstellung des Bischofs empor, in kirchlichem Ornat, mit Mitra auf dem Haupt, in der Rechten schrägrechts das Schwert, in der Linken schräglinks den Krummstab als Insignien seiner weltlichen und geistlichen Macht. Die Darstellung wird eingerahmt von zwei reichverzierten, im oberen Abschnitt gedrehten Säulen, auf deren oberen Abschlüssen zwei geflügelte Drachen hocken, die einwärts Feuer in Richtung auf den Nimbus hinter der Mitra speien.

 

Der Wappenschild von Fürstbischof Rudolf II. von Scherenberg (amtierte 1466-1495) ist geviert, Feld 1 und 4: in Gold eine rote nach oben geöffnete Schere, Stammwappen der von Scherenberg, Feld 2: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 3: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte schräglinksgestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Gegenüber den üblichen Darstellungen, die immer den Fränkischen Rechen in Feld 1 zeigen, ist dieser Wappenschild komplett gespiegelt. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Ein Oberwappen wird nicht dargestellt. Unten erkennt man den Anfang einer Inschrift: "RVDOLPHO EP(ISCOP)O HERB(IPOLENSIS)......", dem Bischof Rudolf von Würzburg (oder auch: durch Rudolph Bischof von Würzburg)....., der untere Teil ist jedoch verwittert. Auch die Verwendung des ungewöhnlichen Falles, je nach Lesart Dativ oder Ablativ, weist auf eine nachträgliche Widmung der Tafel hin. Rudolf von Scherenberg erhob den Ort zur eigenständigen Pfarrei.

In den beiden unteren Ecken ist jeweils ein Wappenschild der Truchseß von Pommersfelden zu sehen, in Silber ein blauer Löwe, gekrönt, belegt mit zwei roten Balken. Das erinnert daran, daß Melchior Truchseß von Pommersfelden im Jahr 1473 durch Stiftung die Grundlage für diese Pfarrei gelegt hatte, und daß in dieser Kirche einst die Familiengrablege der Truchseß von Pommersfelden war, von der leider nichts mehr zu sehen ist.

Literatur, Links und Quellen:
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Kirchen in Schlüsselfeld:
http://www.schluesselfeld.de/Kirchen-Vereine/Kirchen.aspx
Reichmannsdorf:
http://www.franken-wiki.de/index.php/Reichmannsdorf_%28Schl%C3%BCsselfeld%29
St. Sebastian:
http://www.foracheim.de/cms.php?cmspid=228
Werner Dettelbacher, Stefan Fröhling, Andreas Reuß, DuMont Kunst Reiseführer Franken, 352 Seiten, DuMont Reiseverlag, Ostfildern, 5. Auflage 2010, ISBN-10: 3770141865, ISBN-13: 978-3770141869, S. 182

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