Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 969
Coburg, St. Moriz

Bronzewappen in der St. Moriz-Kirche in Coburg (15a)
Johann Casimir Herzog von Sachsen-Coburg, 1. Teil

Die wohl prächtigste bronzene Grabplatte in St. Moriz zu Coburg ist die des Johann Casimir Herzog v. Sachsen-Coburg (12.6.1564 - 16.7.1633), vermählt in erster Ehe am 16.1.1586 in Dresden mit Anna v. Sachsen (16.11.1567 - 27.1.1613) und in zweiter Ehe am 16.9.1599 in Coburg mit Margareta v. Braunschweig-Lüneburg (6.4.1573 - 7.8.1643). Die Platte, 200 cm hoch und 110 cm breit, heute an der Nordwand des Chores von St. Moriz angebracht, wurde vom Coburger Erzgießer Georg Werther hergestellt. Sie besteht aus einer Bronze aus ca. 84% Kupfer mit Beimengungen von Zinn, Blei und Zink zu je 3-4 %, ca. 2% Antimon und 1% Nickel (ohne Minderkomponenten). Im Museum der Veste Coburg befindet sich das Lindenholzmodell, nach welchem offensichtlich das herzogliche Abbild geschaffen wurde. Unter dem Portät befindet sich ein ovales Inschriftenfeld, darunter das große Prunkwappen der ernestinischen Herzogtümer. An den beiden senkrechten Rändern sind die mit kleinen Tafeln beschrifteten Wappenschilde für die Vorfahren angebracht, auf jeder Seite 7 Stück. Rechts und links des sächsischen Prunkwappens sind am unteren Rand noch zwei Schilde, so daß wir auf die Gesamtzahl 16 kommen.

Um die genaue heraldische Komposition zu verstehen, müssen wir uns zunächst mit der Genealogie von Herzog Johann Casimir beschäftigen, denn in den 16 Wappen finden wir seine Ururgroßeltern und Urururgroßeltern wieder. Es sind nicht exakt seine 16 Ururgroßeltern, sondern es finden sich auch Wappen aus der nächstzurückliegenden Generation wieder, dafür fehlen andere, und wegen der engen Versippung des europäischen Hochadels können einige Wappenschilde auch für mehrere Vorfahren gleichzeitig stehen.

Eltern des Johann Casimir Herzog v. Sachsen-Coburg:

Großeltern des Johann Casimir Herzog v. Sachsen-Coburg:

Urgroßeltern des Johann Casimir Herzog v. Sachsen-Coburg:

Ururgroßeltern des Johann Casimir Herzog v. Sachsen-Coburg:

Urururgroßeltern des Johann Casimir Herzog v. Sachsen-Coburg:

Die Inschrift lautet: "D(EI) G(RATIA) IOHANNES CASIMIRUS DUX SAXON(IAE) IUL(IACI) CLIVI ET MONTIUM LANDGR(AVIUS) THUR(INGIAE) MARCHIO MISNIAE COMES IN MARCA ET RAVENSP(ERGA) DYN(ASTES) IN RAVENSTEIN PRINCEPS SENIOR FAMILIAE ET S(ACRI) ROM(ANI) IMPERII PATER PATRIAE Qui Religionis sincerae cultu justitiae constantia antiqua virtute et fide nulli secundus. Ecclesiae Scholarumque nutritius benignissimus, fidus Deo, quamvis vi et armis pressus fides Caesari juxta leges fundamentales, fidus Imperio. NATUS GOTHAE XII IUN(II) ANN(O) DOMINI MDLXIV MORTUUS COBURGI XVI IUL(II) AN(NO) MDCXXXIII Cum principatui belli flamma tandem per injuriam correpto bene ac laudabiliter praefuisset an(nos) 46 vixisset 69 m(enses) 1 d(ies) 3 EIUS ANIMA REQUIESCIT IN CHRISTO Cineres vero beatam et gloriosam corporis resurrectionem hic expectant."

Übersetzung: "Johann Casimir, durch Gottes Gnade Herzog zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg, Landgraf von Thüringen, Markgraf von Meißen, Graf von der Mark und Ravensberg, Herrscher in Ravenstein, Fürst, Oberhaupt der Familie, des Heiligen Römischen Reiches Vater des Vaterlandes, der in der Ausübung der Religion, in der Stetigkeit der Gerechtigkeit, in alter Tugend und im Glauben niemandem nachstand, der gütigste Ernährer der Kirche und der Schulen, Gott treu, obgleich durch Gewalt und Waffen unterdrückt, treu dem Kaiser ergeben nach den fundamentalen Gesetzen, treu dem Reich, geboren in Gotha am 12.6.1564, gestorben in Coburg am 16.7.1633, nachdem er dem von der Flamme des Krieges zu Unrecht mitgerissenen Fürstentum 46 Jahre lang gut und lobenswert vorgestanden hat, gelebt hat er aber 69 Jahre, 1 Monat und 3 Tage. Seine Seele möge in Christus ruhen, seine Asche erwartet hier die wahrlich glückliche und herrliche Auferstehung des Leibes."

Der Wappenschild des Herzogtums Sachsen-Coburg, zentral unten in der Mitte angebracht und das größte Wappen der ganzen Platte, enthält 19 verschiedene Elemente:

1. Zeile, von optisch links nach rechts: Landgrafschaft Thüringen: In Blau ein golden gekrönter und bewehrter Löwe, von Silber und Rot achtmal geteilt. Der Löwe ist hier gewendet. Herzogtum Kleve: In Rot mit silbernem Schildchen ein goldenes Glevenrad. Markgrafschaft Meißen: In Gold ein schwarzer Löwe, rot bewehrt, doppelschwänzig.

2. und 3. Zeile, von optisch links nach rechts: Herzogtum Jülich. In Gold ein schwarzer Löwe, silbern bewehrt. Hier gewendet. Darunter Pfalzgrafschaft Sachsen: In Blau ein golden gekrönter goldener Adler. Herzschild, der sich über beide Zeilen erstreckt: Herzogtum Sachsen: Von schwarz und Gold neunmal geteilt, darüber ein grüner schrägrechter Rautenkranz. Rechts: oben Herzogtum Berg: In Silber ein roter Löwe, blau gekrönt, doppelschwänzig. Unten Pfalzgrafschaft Thüringen: In Schwarz ein goldener Adler.

4. Zeile, von optisch links nach rechts: Grafschaft Orlamünde: In einem mit roten Herzen (Seeblätter) bestreuten goldenen Feld ein rot gekrönter und bewehrter schwarzer Löwe. Die Herzen fehlen hier. Der Löwe ist hier gewendet. Markgrafschaft (Herrschaft) Landsberg: In Gold zwei blaue Pfähle. Herrschaft Pleissen. In Blau ein von Gold und Silber geteilter Löwe.

5. Zeile, von optisch links nach rechts: Grafschaft Brehna: In Silber 3 (2:1) im Dreipaß ausgeschlagene rote Seeblätter. Burggrafschaft Altenburg: In Silber eine fünfblättrige rote Rose, golden bebutzt, mit grünen Kelchblättern. Herrschaft Eisenberg (Isenberg): In Silber drei blaue Balken.

6. Zeile, von optisch links nach rechts: Rotes, leeres Regalienfeld. Grafschaft Mark: In Gold ein silbern-rot geschachter Balken, wovon hier nur die breite geschachte Zone zwischen winzigen goldenen Zonen übriggeblieben ist. Grafschaft Ravensberg: In Silber drei rote Sparren.

7. Zeile, von optisch links nach rechts: Römhild/Colonna: In Rot eine goldgekrönte silberne Säule. Gefürstete Grafschaft Henneberg: In Gold auf grünem Dreiberg eine schwarze Henne mit rotem Kamm und ebensolchem Kehllappen.

Abb.: Die drei optisch linken Helme mit ihren Kleinoden

Helm 5 (optisch 1. von links): Herzogtum Cleve und Mark: Ein eigentlich in den Helmkopf beißender roter Büffelkopf mit silbernen Hörnern, hier abweichend zur Gänze über dem Helm positioniert und mit Nasenring versehen. Die Hörner sind von einem golden gekrönten, von Silber und Rot in 3 Reihen geschachten Reifen umschlossen. Diese Helmzier ist eine Komposit-Helmzier. Denn die Grafen von der Mark führen eigentlich einen goldenen Flug als Helmzier. Hier wurde der rote Stierkopf des Herzogtums Kleve mit der speziellen Krone der Grafschaft Mark kombiniert, der Flug der Grafen von der Mark wurde gestrichen. Den Nasenring erhielt der Stierkopf ebenfalls erst in der Kombination. Die Helmkrone ist dafür eine übliche Laubkrone.

Helm 3 (optisch 2. von links): Landgrafschaft Thüringen: zwei silberne Büffelhörner, die mit je fünf grünen Lindenzweigen besteckt sind, das jeweils fünfte in der Hornmündung.

Helm 1 (optisch 3. von links): Herzogtum Sachsen: ein gekrönter Spitzhut ("Säule"), wie der Schild bez., in der Hutkrone ein natürlicher Pfauenstoß Ursprünglich war das ein breitkrempiger Hut, der dann im Laufe der Zeit zum Spitzhut wurde und das Schildbild als Hilfskleinod wiederholte und sich immer mehr darstellerisch in Richtung einer Säule wandelte.

Abb.: Die drei optisch rechten Helme mit ihren Kleinoden

Helm 2 (optisch 4. von links): Markgrafschaft Meißen: ein rot-silbern gestreifter Mannesrumpf ohne Arme mit ebensolcher Mütze, an der eine natürliche Pfauenquaste hängt.

Helm 4 (optisch 5. von links): Herzogtum Jülich: Rumpf eines wachsenden goldenen Greifen mit schwarzen Flügeln, rot bewehrt, mit rotem Halsband, dieses hier in Form einer Krone um den Hals gelegt

Helm 6 (optisch 6. von links): Herzogtum Berg: Ein Pfauenstoß. Helmdecken rot-silbern.

Interessant ist, daß allein 3 Helmzieren reine Anspruchswappen darstellen, denn Sachsen ging damals bei der Aufteilung der Gebiete des Herzogtums Jülich-Kleve-Berg leer aus, denn die Gebiete wurden zwischen Pfalz-Neuburg und Brandenburg aufgeteilt. Sachsen erhielt nur Anspruch und Wappen. Natürlich sind die Anspruchs-Helme denen, deren zugehörige Gebiete tatsächlich beherrscht wurden, im Rang nachgeordnet.

Literatur, Links und Quellen:
St. Moriz in Coburg: http://www.morizkirche-coburg.de/, Kirche http://www.morizkirche-coburg.de/morizkirche/index.php
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Bände Bayern, Sachsen, Preußen, Thüringen, Landesfürsten.
Webseite von Paul Bellendorf:
http://www.grabplatten.de/index.htm
Paul Bellendorf, Metallene Grabplatten aus Franken und Thüringen aus dem 15. bis 18. Jahrhundert - eine interdisziplinäre Studie zum Denkmalbestand und seiner Gefährdung durch Umwelteinflüsse,
http://www.opus-bayern.de/uni-bamberg/volltexte/2008/136/, http://www.opus-bayern.de/uni-bamberg/volltexte/2008/136/pdf/1_Text_klein.pdf, http://www.opus-bayern.de/uni-bamberg/volltexte/2008/136/pdf/2_Katalog.pdf
Herzog Johann Casimir:
http://www.ulrich-goepfert.de/index.php?option=com_content&task=view&id=126&Itemid=82
Herzog Johann Casimir:
http://www.casimirianum.de/html/schule/casimir.htm
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9

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Verwendung der Aufnahmen aus St. Moriz zu Coburg mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Markus Merz vom 30.6.2008, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei.

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