Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 795
Stadthagen
Stadthagen, Landsberger Hof (Freihof)
Der Landsberger Hof (Obernstraße 44) ist ein typisches Beispiel für die sog. Freihöfe. Im Dienste des Landesherrn stehende Ministerialen bauten sich diese Freihöfe am Rande der Altstadt, geschützt von Mauer und Wall. Dieser Freihof wurde 1532 im Stile der Weserrenaissance errichtet, schlicht mit nur wenigen Verzierungen, aber gut proportioniert, Bauherr war Otrave von Landsberg. Eine Erneuerung fand 1731 durch Johann Friedrich von Landsberg statt, aus dieser Zeit stammt die heutige Fensteraufteilung. Heute ist in diesem Gebäude, das die Stadt 1960 übernahm und nach einem Brand 1998/1999 neu ausbaute, die Stadtbücherei untergebracht, in der auf dem selben Gelände stehenden Fachwerkscheune das Stadtarchiv.
Das Hauptportal befindet sich auf der Hofseite, zu erreichen über eine doppelläufige Freitreppe. Das darüber befindliche Wappen stammt von 1731, als der Freihof erneuert und das Haus umgestaltet wurde. Zwei Löwen halten die asymmetrischen Kartuschen, die interessanterweise nicht das Schildbild, sondern das ganze Vollwappen enthalten, Zeichen einer noch weiteren Entfernung von heraldischen Ursprüngen. Die zugehörigen Personen sind Johann Friedrich von Landsberg (1695-1754), Oberstlieutenant, sowie Charlotte von Oheimb a. d. H. Enzen, Tochter von Christian Ludwig von Oheimb und Juliane Christine von Morstein.
Das Wappen von Landsberg (heraldisch rechts) ist geteilt, oben in Silber ein roter, laufender Fuchs, unten in Rot ein silbernes, verflochtenes Schräggitter. Auf dem rot-silbern bewulsteten oder wie hier gekrönten Helm ein laufender, roter Fuchs vor einer goldenen, oben mit Pfauenfedern besteckten Säule. Helmdecken rot-silbern. Die Ministerialen-Familie stammt aus Landsbergen in der Grafschaft Hoya.
Das Wappen von Oheimb (heraldisch links) zeigt ein nicht alltägliches Motiv: In Silber ein schwarzes Gemsgehörn mit Grind und Ohren, an dem Grind sieben rote Blutstropfen hängend. Auf dem Helm dasselbe Bild. Helmdecken schwarz-silbern. Die von Oheimb sind eine westfälisch-schaumburgische Familie, die früher auch Ohm oder Om hieß und 1250 urkundlich auftritt. Früher war die Form des Schildbildes eine andere, nämlich zwei Hörner mit Ohren nebeneinander und mit einem abgerissenen Stück Stirnhaut, ohne die Blutstropfen.
Für die Eltern der Juliane Charlotte von Oheimb gibt es weiterhin Wappendarstellungen in der St. Martini-Kirche, datiert auf 1700, jeweils mit einem Vollwappen, Namens-Schriftband, Lorbeerkranz und zwei sehr großen Schildhaltern.
Rechts und links des Portalbogens zum Gelände sind die Wappensteine vom seligen Christof (Christoph) von Landsberg auf Wormsthal, schauenburgischer Landrat, und seiner Witwe Fredeke von Landsberg, geborene Klencke a. d. H. Schlüsselburg, datiert auf AD 1600. Fredeke von Klencke war die Tochter von Ludolf von Klencke und Anne von Reden. Der Wappenstein für Christophs Eltern wird weiter unten beschrieben.
Das Wappen von Landsberg (Abb. links) wie oben beschrieben, das Wappen Klencke (Abb. rechts) zeigt in Silber ein schwarzes Kammrad. Auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein aufrecht stehendes schwarzes Kammrad vor einer silbernen, mit Pfauenfedern besteckten Säule. Das Kleinod kann variieren, so kann sich auch das Kammrad zwischen schwarz-silbern oder silbern-schwarzen übereck geteilten Büffelhörnern befinden (Stammbuchblatt des Dyderich Klencke um 1570), auch kann das Kammrad alleine oben mit einem Pfauenwedel besteckt vorkommen. Die Linie zu Hämelschenburg führt nur das Kammrad, mit Pfauenfedern besteckt; die Linie zu Thedinghausen das Kammrad zwischen zwei silbernen Stierhörnern. Die Familie Klencke ist Uradel im Gebiet von Hannover, der Grafschaft Hoya und des Herzogtums Lüneburg, wo sich Gutsbesitz seit dem 13. Jh. nachweisen läßt. Weiterhin ist sie im Calenbergischen und Braunschweigischen ansässig und begütert. In Hannover gehörten sie zur Calenberg-Grubenhagen'schen Ritterschaft. Die Klencke zu Thedinghausen gehörten zur Ritterschaft von Hoya-Diepholz.
In der Kirche St. Martini befindet sich ein Epitaph für die beiden Eheleute. Beiderseits des Gemäldes im Zentralfeld ist noch innerhalb der flankierenden, kannelierten Säulen je eine Spalte mit acht Ahnenwappen gemalt. Dort finden wir an oberster Stelle die genannten Wappen wieder, wobei die Farben allerdings teilweise stark verändert sind. Auf das Wappen Landsberg folgen in der Ahnenprobe die Wappen von dem Werder, von Ruschepol, von Ilten, von Münchhausen, von Oberg, von Oldershausen und von Quernheim. Auf das Wappen Klencke folgen in der Ahnenprobe die Wappen von Reden, von Münchhausen, von Schwichelt, von Bodendick, von Barner, von Korff gen. Schmising und von Veltheim.
In die Gebäudewand eingemauert befindet sich an der südöstlichen Gebäudeecke neben der Toreinfahrt ein weiterer, sehr gut erhaltener Wappenstein aus der Erbauungszeit (1532) mit einer sehr interesanten Gestaltung der Tartschen: Was einmal eine mehr oder weniger halbrunde Aussparung für die eingelegte Lanze war, ist hier zu einem schneckenförmig eingerollten Zipfel geworden. Dieses Wappenpaar gehört zu Anna von dem Werder a. d. H. Bisperode und Ottrabe von Landsberg. Anna von dem Werder war die Tochter des Jobst von dem Werder und einer Frau von Ilten. Ottrabe von Landsberg (auch: Otto Rabe von Landsberg), Sohn des Dietrich von Landsberg und dessen Frau Metta von Ruschepol, war Braunschweig-Grubenhagener Oberst und Burghauptmann (die Beszeichungen sind unterschiedlich; Ledebur: "Berghauptmann", Valentin König: "Burghauptmann", Anton Fahne: "Schloßhauptmann"). Ungewöhnloich ist an diesem Wappenstein, daß er nicht der klassischen Anordnung in einem zusammengestellten Ehewappen folgt, vielmehr ist das Wappen der Ehefrau heraldisch rechts zu sehen anstatt auf der anderen Seite.
Das Wappen der von dem Werder zeigt in Blau ein schreitendes, rotgezäumtes und gesatteltes silbernes Pferd. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu blau-silbernen Decken ein blauer Schaft, oben mit Pfauenschwanz besteckt, davor ein schreitendes, rotgezäumtes und gesatteltes silbernes Pferd. Später wurde dieses Wappen geviert, Feld 1 und 4 in Blau ein schreitendes, rotgezäumtes und gesatteltes silbernes Pferd, Feld 2 und 3: in Blau ein verflochtenes silbernes Schräggitter (Alter Siebmacher von 1605, Sächsische, T. 168, Grote: Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und des Herzogtums Braunschweig, Siebmacher Band: Pr Seite: 443 Tafel: 484, Band: AnhA Seite: 65-66 Tafel: 38, Band: Han Seite: 17 Tafel: 19, siehe auch Band: Ha Seite: 22 Tafel: 21).
Das Wappen der von Landsberg ist geteilt, oben in Silber ein roter Fuchs, unten in Silber ein verflochtenes rotes Schräggitter. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein laufender roter Fuchs vor einer goldenen Säule (Schaft), oben mit einem Busch Pfauenfedern besteckt (Alter Siebmacher von 1605, Braunschweigische, T. 183, Wappenbuch des Westfälischen Adels, Siebmacher Band: Pr Seite: 227 Tafel: 277).
Dieses Ehepaar waren die Eltern des oben genannten Christoph von Landsberg. Für die beiden Eheleute gibt es ein Epitaph in der St. Martini-Kirche: Beiderseits des Gemäldes im Zentralfeld ist noch innerhalb der flankierenden, kannelierten Säulen je eine Spalte mit acht Ahnenwappen gemalt. Dort finden wir an oberster Stelle die genannten Wappen wieder, allerdings in einer Farbgebung, die nichts mit den Literaturangaben zu tun hat, was sich übrigens bei etlichen der anderen 14 Wappen fortsetzt. Hier sehen wir auch die Wappen der oben genannten Eltern aus den Familien Ruschepol und Ilten. Die anderen Wappen sind heraldisch rechts von Münchhausen, von Oldershausen, von Barfeld, von Steinberg, von Haus und von Bortfeld, heraldisch links von Oberg, von Quernheim, von Saldern, von Ruttenberg, noch einmal von Steinberg und von Cappel.
Literatur,
Quellen und Links:
Hinweis-Tafel am Gebäude
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Grote: Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und
des Herzogtums Braunschweig
Max von Spießen: Wappenbuch des Westfälischen Adels
ein herzliches Dankeschön an Herrn Robert Krätschmar für die
Identifizierung des Wappens Werder/Landsberg
Robert Krätschmar: Wappendarstellungen im Zusammenhang mit der
Familie "v. Landsberg" in Stadthagen - Versuch einer
Zuordnung anhand der Stammreihe, Ergebnisse eines heraldischen
Spaziergangs im Dezember 2018, Manuskript 2019
Stammreihe der v. Landsberg nach J. Graf von Oeynhausen, in:
Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen, 1881, S.
160 ff. https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/52875/385/?tx_dlf[pointer]=151&cHash=7d4ce61c40cc1f1537192985bc511e7d
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