Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 713
Paderborn (Westfalen)

Paderborn: Schloß Neuhaus - Marstall

Letzte Veränderungen unter Clemens August
Eine letzte Bauphase erlebte das Schloß unter Kurfürst Clemens August von Bayern (1719-61). Er veränderte am Schloß etwas, so ließ er den Eingangsflügel umbauen, verbreiterte den vorderen Schloßeingang, ließ 1730-1734 die hintere Durchfahrt zum Garten und die dortige Gräftebrücke errichten. Die wesentlichen Zutaten unter seiner Regierung waren aber Wache, Marstall und Barockgarten.

Der Marstall
Seitlich außerhalb dieser Gartenplanung steht der Marstall, in dem 200 Pferde Platz finden, in der Achsenflucht des Kiesweges, der entlang der Schmalseite der Schloßgräfte führt, einer der größenmäßig und architektonisch bedeutendsten Marställe in Deutschland. Warum wurde er erbaut? Letztendlich war es die Leidenschaft des Fürstbischofes Clemens August von Bayern zur Jagd. Die Senne war wildreich, und der Kurfürst weilte hier gerne, um seinem Hobby nachzugehen. Der Marstall bestelt aus drei um den Marstallhof hufeisenförmig angelegten Gebäuden, die durch geschwungene Viertelkreisbauten miteinander verbunden sind, durch den Baumeister Franz-Christoph Nagel in den Jahren 1729-1732 errichtet. Deutlich ist das ganz andere, sich öffnende, staffelnde, hinführende bauliche Konzept im Vergleich zur geschlossenen Renaissance-Anlage des Schlosses zu spüren. Heute sind in den Gebäuden nach der Restaurierung 1994 Museen für Naturkunde bzw. Geschichte, Galerien und ein Café untergebracht, und in der Freifläche des Marstallhofes ist ein Biergarten mit Schloßblick.

1825 wurde die historische Reithalle erbaut. Am linken Marstallgebäude befindet sich das Wappen des Bauherrn, Fürstbischof Clemens August von Bayern (1700-1761), am rechten Bau, der heute als Café genutzt wird (im Bild), sein Monogramm auf blau-weißem Rautengrund.

Clemens August Herzog von Bayern
Clemens August Herzog von Bayern wurde am 16.8.1700 in Brüssel geboren als Sohn des Kurfürsten Maximilian Emanuel von Bayern und der polnischen Prinzessin Sobieska, damit war er ein Enkel des Königs Johann von Polen. Priesterweihe 1727, Erzbischof von Köln (1723-1761), Bischof/Erzbischof von Münster (1719-1761), Osnabrück (1728-1761), Hildesheim (1724-1761) und Paderborn (1719-1761), Bischof von Regensburg (1716-1719), Deutsch- und Hochmeister des Deutschen Ordens (17.7.1732-6.2.1761). Diese selbst für einen barocken Kirchenfürsten außerordentliche Kumulierung kirchlicher Würden und Herrschaften über fünf geistliche Territorien, die ihn zum Herrn praktisch des gesamten katholischen Nordwestdeutschlands machte, war Anlaß für seinen Spitznamen "Herr von Fünfkirchen". Er verstarb am 6.2.1761 in Koblenz-Ehrenbreitstein.

Der wappengeschmückte Giebel ist datiert auf ANNO SALUTIS MDCCXXIX, 1729 AD. Der bayerische St. Michaels-Orden ist auf der Seite "Wache" erläutert.

Aufbau des Wappens (das einzige, was noch im Wappen fehlt, ist das Deutsch- und Hochmeistertum des Deutschen Ordens, das erhielt er erst wenige Jahre später):

Der Giebel mit dem Monogramm von Clemens August ist datiert auf das XI. Jahr seiner Regierung, 1730 AD. Der bayerische St. Michaels-Orden ist auf der Seite "Wache" erläutert.

Der barocke Garten auf der Schloßinsel
Hinter dem Schloß erstreckt sich jenseits des rechteckigen Wassergrabens ein weitläufiger Garten, der ursprünglich im barocken Geschmack von Fürstbischof Clemens August von Bayern (1700-1761) angelegt worden war. Martall und Garten wurden gemeinsam ab 1725 geplant und gebaut. In der Liborius-Festschrift 1736 ist ein Kupferstich von F. C. Nagel, der uns das damalige Aussehen dokumentiert. Eine weitere Quelle ist ein farbiger Lageplan aus dem Jahre 1753, den der Geometer (Landvermesser) Phielip Sauer angefertigt hatte. Das Gartenparterre war so groß, daß zum Bau die Flüsse Alme und Lippe umgelegt werden mußten. Der Hofkammerrat Hatzel aus Wien, ein berühmter Gartenkünstler, wurde für die Anlage des Gartens zu Rate gezogen.

Anfang des 19. Jh. verfiel der Garten, mit der Säkularisierung und der Annexion durch Preußen interessierte sich niemand mehr für den Garten und barockes Lebensgefühl. Das Schloß wurde über ein Jahrhundert als Militärstandort genutzt. Bauliche Anlagen wie das Bürgerhaus etc. zerstörten das Ensemble und standen auch einer vollständigen Rekonstruktion des Schloßgartens im Wege. Aber eine teilweise Rekonstruktion wurde anläßlich der Landesgartenschau Nordrhein-Westfalen 1994 geschafft: Die das Schloß umgebende rechteckige Gräfte ist wieder im Originalzustand hergestellt worden, das Parterre à l'angloise mit von kleinen Buchsbaumhecken eingefaßten Blumenrabatten, Kiesflächen, Brunnen, Rasenflächen und vegetablen Broderien konnte wiederhergestellt werden, desgleichen die Wegeachsen und die den gesamten Garten einfassenden doppelten Lindenalleen sowie die seitlichen Rasengürtel. Vor dem Bürgerhaus jedoch enden alle Rekonstruktionsbemühungen - der ursprüngliche Garten war doppelt so groß wie die heutige Rekonstruktion, ca. 3.5 mal so lang wie die Außenlängsseite der Schloßgräfte. Als Nachfolge der Gartenschau gibt es ab 1995 den "Paderborner Schloß-Sommer" mit vielen kulturellen und geselligen Veranstaltungen im Schloßpark und Marstallhof.

Zur Übersicht: Die Bischöfe und Fürstbischöfe von Paderborn
Hermann II. von Wied, Fürstbischof 1532–1547
Rembert von Kerssenbrock, Fürstbischof 1547–1568
Johann II. von Hoya, Fürstbischof 1568–1574
Salentin von Isenburg, Fürstbischof 1574–1577
Heinrich IV. von Sachsen-Lauenburg, Fürstbischof 1577–1585
Dietrich IV. von Fürstenberg, Fürstbischof 1585–1618
Ferdinand I. von Bayern, Fürstbischof 1618–1650
Dietrich Adolf von der Reck, Fürstbischof 1650–1661
Ferdinand II. von Fürstenberg, Fürstbischof 1661–1683
Hermann Werner von Wolff-Metternich zur Gracht, Fürstbischof 1683–1704
Franz Arnold von Wolff-Metternich zur Gracht, Fürstbischof 1704–1718
Clemens August I. von Bayern, Fürstbischof 1719–1761
Wilhelm Anton von der Asseburg, Fürstbischof 1763–1782
Friedrich Wilhelm von Westphalen, Fürstbischof 1782–1789
Franz Egon von Fürstenberg, Fürstbischof 1789–1802, Bischof 1802-1825
Friedrich Klemens von Ledebur-Wicheln, Bischof 1825–1841
Richard Dammers, Bischof 1841–1844
Franz Drepper, Bischof 1845–1855
Konrad Martin, Bischof 1856–1879, 1875 abgesetzt

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
G. Ulrich Großmann, Renaissance entlang der Weser, Du Mont Buchverlag Köln, 1989, ISBN 3-7701-2226-7
Dina van Faassen, Manfred Köllner, Roland Linde: Paderborn von A bis Z, Bonifatius GmbH Druck Paderborn 2006, ISBN 978-3-89710-332-0
Informationstafel auf dem Schloßgelände
http://www.i-basis.de/firmen/marstall-paderborn/haupt.phtml?a_id=1099011
Walter Becker: Schloß Neuhaus. Das ehemalige Wohngebäude der Paderborner Bischöfe. Paderborn 1982
Ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise zu Arnsberg an Herrn Ernst Müller

Paderborn (Westfalen): Theodorianum - Gymnasialflügel - Theodorianum - linker Treppenturm - Theodorianum - rechter Treppenturm - Busdorf-Kirche - Franziskaner-Kirche - Kapuziner-Kirche - Universitätskirche - Westphalenhof - Schloß Neuhaus - Schloß Neuhaus, Treppenturm - Schloß Neuhaus, Marstall - Schloß Neuhaus, Wache - Liborianum - Fürstenhof - Rathaus

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