Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 708
Paderborn (Westfalen)

Paderborn: Theodorianum - Gymnasialflügel

Am Kamp ist eine große zusammenhängende bauliche Einheit, die aus mehreren Flügeln besteht. Drei Flügel umgeben einen Hof und bilden die theologische Fakultät. Daran schließt ein 55 m hoher und sechsgeschossiger Turm von 1596-1602 mit welscher Haube und Laterne an, von dem aus sich der Aulaflügel von 1612-1614 nach Westen erstreckt, um dann nach Norden in den zeitgleich errichteten Gymnasialflügel abzuknicken. Noch weiter im Westen grenzt an die Rückwand des Gymnasialflügels die Universitäts- und Marktkirche. Diese bauliche Einheit ist die wichtigte Bildungseinrichtung in der Geschichte des Fürstbistums. Voraussetzung dafür war die Ansiedlung von Jesuiten (1580), denen der Baugrund mit darauf befindlichen Resten des Minoritenklosters zur Verfügung gestellt wurde. Selbiges wurde bis auf die Kirche abgerissen, um das neue Kolleggebäude im Stile der Weserrenaissance zu erbauen. 1605 konnte der Jesuitenorden in die neuen Gebäude einziehen und 1616 den Lehrbetrieb aufnehmen. Die Accademia Theodoricana entstand 1614 als erste Universität in Westfalen, und 1615 erhielt sie von Papst Paul V und Kaiser Matthias das Universitätsprivileg.

Der Neubau des Gymnasiums, dessen Vorgänger, die alte Domschule, die Jesuiten 1585 mit dem Amtsantritt des neuen Fürstbischofs übernommen hatten, paßte aus Platzgründen nicht in die Kolleggebäude, für dieses wurde wenige Jahre später der sog. Gymnasialflügel an die Westseite des Turmes angesetzt (1612-1614). Das Gymnasium galt später als dritte Fakultät der Universität. Der Gymnasialflügel hat zwei viereckige Treppentürme, die beides Stiftungen von wichtigen Amtsträgern im Fürstbistum waren: Der südliche Treppenturm wurde von dem damaligen Dompropst Walter von Brabeck gestiftet, der nördliche vom Domdechanten Arnold von Horst. Zwischen den beiden Treppentürmen ist ein prächtiges Renaissance-Portal, das obendrüber in einer Bogennische die Figur des Stifters in vollem Ornat trägt: Die Accademia Theodoriana ist nach dem Paderborner Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg (1585-1618) benannt, der in lateinischen Urkunden auch mit dem Namen Theodor oder Theodorus unterzeichnete. Seine Figur wird von zwei Putten flankiert.

Die stark abgekürzte Inschrift zu seinen Füßen lautet: "THEODORVS A FVRSTENBERG DEI AC SEDIS APOSTOL(ICAE) GRATIA ECL(ES)IAE PADERB(ORNENSIS) ANTISTES AC S(ACRI) R(OMANI) I(MPERII) PRINCEPS AFFECTV ZELOQ(VE) BONI PVBLICI QVA RELIGIONE QVA SAPIENTIA PROCVRANDI PROPAGANDIQ(VE) RELIGIONI QVIDEM TEMPLVM SAPIE(N)TIAE VERO GYMNASIVM ACADEMICVM COLLEGIVM PORRO PATRIB(VS) SOCIETATIS IESV TANQVAM FIDIS VTRIVSQ(VE) THESAVRI DISPENSATORIB(VS) AETERNV(M) CONSECRABAT". Darunter folgt direkt über dem Portal noch eine kleinere, zweiteilige Inschrift mit Chronogramm im linken Teil, die von den beiden freistehenden Säulen des Portalrahmens teilweise verdeckt wird. Ein späterer Einsatz mit einer Inschrift unter einem Engelskopf verkündet: "FERDINANDVS II EP(ISCOP)VS RENOVAVIT A(NN)O 1677". Das Gebäude wurde also unter Fürstbischof Ferdinand von Fürstenberg 1677 renoviert.

Drei Fürstbischöfe hat die Familie Fürstenberg hervorgebracht, der erste legte den Grundstein für das neue Gymnasium, der zweite renovierte es und der dritte führte 1791 die allgemeine Schulpflicht ein.

Dietrich von Fürstenberg führt hier ein Wappen als Fürstbischof von Paderborn. Es ist geviert:

Zu diesem Wappen gehören drei Helme:

Hinter dem Schild sind schräggekreuzt Schwert (heraldisch links) und Krummstab (heraldisch rechts, sehr filigran gearbeitet) als Zeichen weltlicher und geistlicher Herrschaft.

Lebensdaten des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg
geboren am 7.10.1546 auf Burg Waterlappe bei Werl als Sohn von Friedrich von Fürstenberg (1510-1567), kölnischer Rat, und Maria von Westphalen
1560 Jesuitengymnasium Tricoronatum in Köln
1563 Landdekanat von Wormbach, Domkanonikat in Paderborn
1564 Domkanonikat in Trier
1576 Propst von Meschede
1577 Dompropst von Paderborn
5.6.1585 Wahl zum Fürstbischof von Paderborn
7.10.1585 Bestätigung durch Papst Sixtus V.
Dietrich IV steht für katholische Konsolidierung, Rekatholisierung, Gegenreformation. Enge Zusammenarbeit mit den Jesuiten, Ansiedlung der Kapuziner.
1589 Erhalt der Subdiakonats-, Diakonats-, Priester- und Bischofsweihe in kürzestmöglichem Abstand im Augustinerchorherrenstift Böddeken
1590 Erweiterung der Residenz Schloß Neuhaus zur Vierflügelanlage, Bau der vier Eckbastionen
1600/1601 Hexenprozess gegen den Prior, den Subprior und zwei weitere Mönche des Augustiner-Chorherrenstiftes Dalheim - Dietrich ist einer der größten Hexenjäger, die Hexenverfolgung in Westfalen gedieh unter seiner Regierung.
1603 Kampf um Paderborn, Einnahme der Stadt durch Truppen von Graf Rietberg, Hinrichtung des Bürgermeisters Liborius Wichart
1604-1607 Bau des Schlosses Wewelsburg auf dreieckigem Grundriß
1614 Gründung der Universität - Fürstbischof Dietrich war einer der größten Förderer der Bildung und Ausbildung
1617 Aufforderung an die protestantischen Adeligen, das Land zu verlassen - Symbol für seine gegenreformatorische Härte gegen Protestanten
gestorben 4.12.1618 auf Schloß Neuhaus. Im Paderborner Dom steht sein gigantisches, 17 m hohes Grabmal, ein Epitaph der Superlative.

Zur Übersicht: Die Bischöfe und Fürstbischöfe von Paderborn
Wilbrand von Oldenburg, Bischof 1225–1228
Bernhard IV. zur Lippe, Bischof 1228–1247
Simon I. zur Lippe, Bischof 1247–1277
Otto von Rietberg, Bischof 1277–1307
Günther I. von Schwalenberg, Bischof 1307–1310
Dietrich II. von Itter, Bischof 1310–1321
Bernhard V. zur Lippe, Fürstbischof 1321–1341
Balduin von Steinfurt, Fürstbischof 1341–1361
Heinrich III. von Spiegel zum Desenberg, Fürstbischof 1361–1380
Simon II. von Sternberg, Fürstbischof 1380–1389
Ruprecht von Berg, Fürstbischof 1389–1394
Johann I. von Hoya, Fürstbischof 1394–1399
Bertrando d’Arvazzano, Fürstbischof 1399–1401
Wilhelm I. von Berg, Fürstbischof 1400–1414
Dietrich III. von Moers, Fürstbischof 1414–1463
Simon III. zur Lippe, Fürstbischof 1463–1498
Hermann I. von Hessen, Fürstbischof 1498–1508
Erich von Braunschweig-Grubenhagen, Fürstbischof 1508–1532
Hermann II. von Wied, Fürstbischof 1532–1547
Rembert von Kerssenbrock, Fürstbischof 1547–1568
Johann II. von Hoya, Fürstbischof 1568–1574
Salentin von Isenburg, Fürstbischof 1574–1577
Heinrich IV. von Sachsen-Lauenburg, Fürstbischof 1577–1585
Dietrich IV. von Fürstenberg, Fürstbischof 1585–1618
Ferdinand I. von Bayern, Fürstbischof 1618–1650
Dietrich Adolf von der Reck, Fürstbischof 1650–1661
Ferdinand II. von Fürstenberg, Fürstbischof 1661–1683
Hermann Werner von Wolff-Metternich zur Gracht, Fürstbischof 1683–1704
Franz Arnold von Wolff-Metternich zur Gracht, Fürstbischof 1704–1718
Clemens August I. von Bayern, Fürstbischof 1719–1761
Wilhelm Anton von der Asseburg, Fürstbischof 1763–1782
Friedrich Wilhelm von Westphalen, Fürstbischof 1782–1789
Franz Egon von Fürstenberg, Fürstbischof 1789–1802, Bischof 1802-1825
Friedrich Klemens von Ledebur-Wicheln, Bischof 1825–1841
Richard Dammers, Bischof 1841–1844
Franz Drepper, Bischof 1845–1855
Konrad Martin, Bischof 1856–1879, 1875 abgesetzt

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, erstellt von Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9

Dina van Faassen, Manfred Köllner, Roland Linde: Paderborn von A bis Z, Bonifatius GmbH Druck Paderborn 2006, ISBN 978-3-89710-332-0
http://www.theodorianum.de/, http://theodorianum.lspb.de/das_theo/geschichte.htm
http://www.bautz.de/bbkl/t/theodor_v_pa.shtml

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