Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 295
Mainz - Spuren
der Erzbischöfe und Kurfürsten
Höfchen 4
Rings um den Mainzer Dom sind die sogenannten Domplätze: Marktplatz, Liebfrauenplatz und Höfchen. Das Höfchen war früher der Mittelpunkt der Stadt, benannt nach der erzbischöflichen Residenz, die sich bis zum 15. Jh. hier befand. Nach der Kriegszerstörung wurde vieles wiederhergestellt und geschickt mit moderner Platzgestaltung kombiniert. An der Fassade der Adresse Höfchen 4 ist über einem Juweliergeschäft an einem Neubau der Nachkriegszeit ein riesiges Spätrenaissance-Wappen des Fürstbischofs und Kurfürsten Johann Schweikhard von Cronberg in die Wand eingelassen, datiert auf 1611 AD (Inschrift: "M.DC.XI.").
Der Wappenstein, hier zwischen 1. und 2. Stock eingemauert, stammt vom ehemaligen Stadtgericht, dessen Gebäude bis 1834 an dieser Stelle stand. Der rechteckige Rahmen um das eigentliche Wappen besitzt seitlich zwei Pilaster ionischer Ordnung und oben eine bekrönende Figur der Justitia mit einer erhobenen Rechten und der Waage in der Linken. In einem ovalen Innenrahmenfeld befindet sich das kurfürstliche Wappen. Es handelt sich um den künstlerisch besten erhaltenen Wappenstein der Stadt, der zudem wegen der Kombination mit der Justitia auch rechtsgeschichtlich interessant ist.
Johannes Schweikhard, Erzbischof von Mainz und Kurfürst, hat einen aus dem Mainzer Rad und dem Kronenstamm-Stammwappen gevierten Schild. Dabei benutzt er charakteristischerweise ein Mainzer Rad mit 8 Speichen, obwohl das Mainzer Rad eigentlich - und in neuerer Zeit wieder - sechs Speichen hat. Sein Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein silbernes, achtspeichiges Rad (Fürsterzbistum Mainz), Feld 2 und 3: erneut geviert, Feld a: in Rot eine goldene Krone, Feld b und c: in Silber vier (2:2) blaue Eisenhütlein, Feld d: ledig und rot. Dazu werden drei Helme geführt, Helm 1 (Mitte): auf einem roten Kissen mit goldenen Quasten eine Bischofsmütze (Inful), Helm 2 (rechts): auf dem Helm mit eigentlich rot-silbernen Decken (hier falsch angestrichen) auf einem roten, hermelingestulpten Hut (Kurhut) ein aufrecht stehendes silbernes Rad mit 8 Speichen (Erzstift Mainz), Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit korrekterweise rot-silbernen Decken (hier falsch angestrichen) ein schwarzer Federbusch, auch als eine schwarze Zirbelnuß interpretiert.
Die Familie von Cronberg (Cronenberg, Kronberg, Kronenberg) ist ein altes Rittergeschlecht aus dem Taunus, das ursprünglich Eschborn hieß, nach dem gleichnamigen Ort am Südhang des Taunus unweit von Königstein. Zugleich waren die von Eschborn (Askeburne, Aschenburnen, Hescheburnen) Edelbürger von Frankfurt am Main, damals Reichsstadt. Es werden 1219 und 1238 Wigand von Eschborn, 1219 Hartmund von Eschborn, 1228 Frank, 1239 Otto erwähnt. Als Ritter werden sie ebenfalls urkundlich erwähnt, z. B. Hartmund (Hartmut) von Eschborn 1250. Die ersten, die sich nach ihrer neu erbauten Burg Cronberg (heute Kronberg im Taunus) nannten, waren die Brüder Hartmund und Otto fratres de Cronenberg. Die Burg besteht heute noch, mit einem älteren staufischen Teil (Oberburg) und einer wohnlicheren Anlage (Mittelburg), mit Blick auf die Frankfurter Skyline an den Hängen des Taunus gelegen. Der alte Wohnsitz in Eschborn blieb bis zur Zerstörung 1622 Nebensitz.
Schon zur Bauzeit der Burg Kronberg teilte sich die Familie Eschborn im frühen 13. Jh. in zwei Stämme, den Kronenstamm und den Flügelstamm. Eigentlich war die Teilung bereits 1219 vollzogen. Damit war die Burg Kronberg im Prinzip eine Ganerbschaft, eine Ganerbenburg, auf der ein 1339 und 1344 schriftlich geschlossener Burgfriede galt. Der Kronenstamm geht auf Otto I von Eschborn (1230, 1255) zurück, zog auf die Burg Kronberg und nannte sich ab da "von Cronberg". Aus diesem Kronen-Stamm kommt der Mainzer Kurfürst Johann Schweikhard von Cronberg. Dieser Stamm starb zuletzt (1704) aus, Kronberg kam zu Mainz, dann zu Nassau, dann an Preußen und zuletzt an Hessen. Der Familienzweig des Flügelstamms, der auf Hartmut II von Eschborn (1235 von Eschborn, 1250 von Cronberg, gest. vor 1253) zurückgeht, zog später ebenfalls auf die neue Burg. Aus diesem Stamm kommt der Deutschordenshochmeister Walther von Cronberg, die zweite Berühmtheit der Familie. Dieser Stamm starb mit Johann Eberhard von Cronberg 1617 aus, Burggraf von Friedberg. Der Eselsohrenstamm (Ohrenstamm, Johannesstamm) entstand durch weitere Spaltung der Familie als Seitenlinie. Erloschen im 15. Jh. Der Kronenstamm hatte ab dem 16. Jh. zwei Unterlinien, die von Walter X und die von Hartmut XIII, wobei letztere die gräfliche Linie wurde.
Johann
Schweikhard von Kronberg - Lebensdaten des Kurfürsten
Geb. 15.7.1553 als Sohn von
Hartmut von Cronberg, Kurmainzer Marschall, Großhofmeister und
Oberamtmann zu Höchst und Hofheim
1564 Domvikar
1566 Stiftsherr von St. Alban in Mainz
Ausbildung am Collegium Germanicum zu Rom
1576-1589 Propst des Stiftes St. Peter zu Aschaffenburg
1582 Domkapitular und Dechant
1588 war er Propst von St. Alban in Mainz
1599 Propst des Marienstiftes, Kämmerer des weltlichen Gerichtes
des Erzstiftes Mainz
17. Februar 1604 Wahl zum Erzbischof und Kurfürst von Mainz,
damit Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
1605 Belehnung mit dem Erzstift Mainz
zwar gemäßigter und um Ausgleich bemühter, aber konsequenter
Anhänger der Gegenreformation, Rekatholisierung, Förderung der
Jesuiten und der Kapuziner. Erbarmungsloser Hexen-Verfolger.
Gest. 17.09.1626, letzte Grabplatte im Westchor des Mainzer
Domes.
Zur
Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Mainzer Erzbischöfe
und Kurfürsten:
Berthold von Henneberg
(1484-1504)
Jakob von Liebenstein (1504-1508)
Uriel von Gemmingen (1508-1514)
Kardinal Albrecht von Brandenburg (1514-1545)
Sebastian von Heusenstamm (1545-1555)
Daniel Brendel von Homburg (1555-1582)
Wolfgang von Dalberg
(1582-1601)
Johann Adam von Bicken (1601-1604)
Johann
Schweikhard von Cronberg (1604-1626)
Georg Friedrich von
Greiffenclau (1626-1629)
Anselm Casimir Wambolt von Umstadt (1629-1647)
Johann Philipp von Schönborn (1647-1673)
Lothar Friedrich von Metternich-Burscheid (1673-1675)
Damian Hartard von der Leyen (1675-1678)
Karl Heinrich von Metternich-Winneburg (1679-1679)
Anselm Franz von Ingelheim (1679-1695)
Lothar Franz von Schönborn (1695-1729)
Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1729-1732)
Philipp Karl von Eltz (1732-1743)
Johann Friedrich Karl von Ostein (1743-1763)
Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim (1763-1774)
Friedrich Karl Joseph von Erthal (1774-1802)
Literatur:
Baedeker: Mainz, Karl
Baedeker-Verlag, 2004. ISBN 3-87954-074-8
Siebmacher
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler
in Rheinland-Pfalz, Stadt Mainz, Band 2.2: Altstadt, bearb. von
Ewald Wegner, hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege
Rheinland-Pfalz 1988, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 3.
Auflage 1997, ISBN 3-88462-139-4, S. 216
Johann Schweikhard von Cronberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Schweikhard_von_Kronberg
Johann Schweikhard von Cronberg: http://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/texte/biographien/kronberg-johann-schweikard-von.html
Johann Schweikhard von Cronberg: http://www.deutsche-biographie.de/sfz37493.html
Wappen der Herren von Cronberg - Kronenstamm - Flügelstamm - Ohrenstamm
Die Wappen der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
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