Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 294
Mainz - Spuren
der Erzbischöfe und Kurfürsten
Alte Universität
Das über beiden Portalen als "DOMUS UNIVERSITATIS" bezeichnete Gebäude wurde 1615-1618 als Kollegienhaus der Jesuiten für die Mainzer Universität erbaut (Alte Universitätsstraße 17). Es ist ein stattliches vierstöckiges Gebäude mit zwei Renaissance-Portalen, über jedem ein farblich gefaßtes Wappen. Geplant wurde das Gebäude zur Aufnahme der philosophischen und der theologischen Fakultät. Daneben war hier noch das Jesuitengymnasium untergebracht. Doch ab 1783 wurde das Gebäude ausschließlich von der Universität genutzt. Es handelt sich um einen freistehenden, vierstöckigen Baukörper mit zwei Zwerchgiebeln und einem Dachreiter. Die Fassade ist regelmäßig gegliedert. Der einzige Schmuck des Putzbaus ist neben den Portalen eine Quaderung an den Gebäudekanten. Die unteren drei Geschosse haben Steinpfostenfenster. Im Gegensatz dazu finden wir im obersten Stockwerk, wo die Aula untergebracht war, Steinkreuzfenster von größerer Höhe als in den darunterliegenden Geschossen. Die Zwerchgiebel und Portale markieren die Lage der Treppenhäuser, so daß die innere Struktur mit einst je drei getrennten Hörsälen auch außen nachvollziehbar ist. Als die Alte Universität erbaut wurde, war sie das höchste profane Gebäude der Stadt Mainz.
Die heutige Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität, heute eine der 10 größten Universitäten Deutschlands mit ca. 34000 Studenten und 150 Instituten, wurde von Kurfürst Adolf II. von Nassau gegründet. Wegen der Dauer des Genehmigungsverfahrens in Rom konnte die Universität aber erst 1477 von seinem Nachfolger Diether von Isenburg tatsächlich eröffnet werden. Schon kurz nach der Gründung entwickelte sich die Universität beachtlich. Schon 1508 galt sie als hoch berühmt (Petrus Ravenna). 1561 wurde ein Jesuiten-Kolleg eröffnet. Dadurch sollte vor dem Hintergrund der Reformation die katholische Gegenreform unterstützt werden, zum anderen sollte die von drei Reformversuchen gebeutelte Universität erneuert und stabilisiert werden. Mit so großem Erfolg, daß ein Neubau nötig wurde: Die "Alte Universität". Die Jesuiten hatten sich 1577 gegenüber im einstigen Franziskanerkloster niedergelassen, und sie waren die treibende Kraft für den Neubau. Die Universität hat in ihrer Geschichte eine Lücke, denn 1798 wurde sie unter französischer Herrschaft aufgehoben und erst 1946 wiedereröffnet. Nur das Priesterseminar bestand durchgehend.
Das Gebäude mußte viel erleiden, ehe es heute wieder im alten Glanze strahlt: 1798-1889 diente die alte Universität als Kaserne, danach als Schul- und Amtshaus. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde es 1951-1955 als Institutsgebäude wiederaufgebaut. Einst hatte das Gebäude zwei Dachreiter, die in einer Linie mit den Portalen aufgesetzt waren. Davon wurde nur ein einziger rekonstruiert, nun in der Mitte. Die alten Dachreiter waren bereits 1793 verlorengegangen. Heute wird das Gebäude wieder von der Mainzer Uni genutzt.
Die von Giebelaufsätzen bekrönten Portale haben Säulen korinthischer Ordnung. Sie stammen aus der Werkstatt des Aschaffenburger Bildhauers Johannes Juncker. Das Wappen des Domkapitels Mainz ist in dem rechten Giebelaufsatz zu sehen (Abb. oben, Abb. unten rechts): In Silber vier rote Balken. Helmzier auf einem roten, golden bequasteten Kissen ein wie der Schild bez. sechseckiges Schirmbrett, an den fünf freien Ecken je mit einer Pfauenfeder besteckt. Die Komposition wird von zwei Puttenköpfen flankiert.
In dem linken Giebelaufsatz des zweiten Portals (Abb. oben links, Abb. unten) finden wir das fürstbischöfliche Wappen. Dieses Gebäude wurde unter Fürstbischof und Kurfürst Johann Schweikhard von Cronberg (reg. 1604-1626) gestiftet. Deshalb sind über beiden architektonisch gleichberechtigten Portalen auch quasi gleichberechtigt Kurfürst und Domkapitel vertreten, wobei die heraldisch rechte, höherrangige Position vom kurfürstlichen Wappen eingenommen wird.
Johannes Schweikhard, Erzbischof von Mainz und Kurfürst, hat einen aus dem Mainzer Rad und dem Kronenstamm-Stammwappen gevierten Schild. Dabei benutzt er charakteristischerweise ein Mainzer Rad mit 8 Speichen, obwohl das Mainzer Rad eigentlich - und in neuerer Zeit wieder - sechs Speichen hat. Sein Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein silbernes, achtspeichiges Rad (Fürsterzbistum Mainz), Feld 2 und 3: erneut geviert, Feld a: in Rot eine goldene Krone, Feld b und c: in Silber vier (2:2) blaue Eisenhütlein, Feld d: ledig und rot. Dazu werden drei Helme geführt, Helm 1 (Mitte): auf einem roten Kissen mit goldenen Quasten eine Bischofsmütze (Inful), Helm 2 (rechts): auf dem Helm mit eigentlich rot-silbernen Decken (hier falsch angestrichen) auf einem roten, hermelingestulpten Hut (Kurhut) ein aufrecht stehendes silbernes Rad mit 8 Speichen (Erzstift Mainz), Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit korrekterweise rot-silbernen Decken (hier falsch angestrichen) ein schwarzer Federbusch, auch als eine schwarze Zirbelnuß interpretiert.
Die Familie von Cronberg (Cronenberg, Kronberg, Kronenberg) ist ein altes Rittergeschlecht aus dem Taunus, das ursprünglich Eschborn hieß, nach dem gleichnamigen Ort am Südhang des Taunus unweit von Königstein. Zugleich waren die von Eschborn (Askeburne, Aschenburnen, Hescheburnen) Edelbürger von Frankfurt am Main, damals Reichsstadt. Es werden 1219 und 1238 Wigand von Eschborn, 1219 Hartmund von Eschborn, 1228 Frank, 1239 Otto erwähnt. Als Ritter werden sie ebenfalls urkundlich erwähnt, z. B. Hartmund (Hartmut) von Eschborn 1250. Die ersten, die sich nach ihrer neu erbauten Burg Cronberg (heute Kronberg im Taunus) nannten, waren die Brüder Hartmund und Otto fratres de Cronenberg. Die Burg besteht heute noch, mit einem älteren staufischen Teil (Oberburg) und einer wohnlicheren Anlage (Mittelburg), mit Blick auf die Frankfurter Skyline an den Hängen des Taunus gelegen. Der alte Wohnsitz in Eschborn blieb bis zur Zerstörung 1622 Nebensitz.
Schon zur Bauzeit der Burg Kronberg teilte sich die Familie Eschborn im frühen 13. Jh. in zwei Stämme, den Kronenstamm und den Flügelstamm. Eigentlich war die Teilung bereits 1219 vollzogen. Damit war die Burg Kronberg im Prinzip eine Ganerbschaft, eine Ganerbenburg, auf der ein 1339 und 1344 schriftlich geschlossener Burgfriede galt. Der Kronenstamm geht auf Otto I von Eschborn (1230, 1255) zurück, zog auf die Burg Kronberg und nannte sich ab da "von Cronberg". Aus diesem Kronen-Stamm kommt der Mainzer Kurfürst Johann Schweikhard von Cronberg. Dieser Stamm starb zuletzt (1704) aus, Cronberg kam zu Mainz, dann zu Nassau, dann an Preußen und zuletzt an Hessen. Der Familienzweig des Flügelstamms, der auf Hartmut II von Eschborn (1235 von Eschborn, 1250 von Cronberg, gest. vor 1253) zurückgeht, zog später ebenfalls auf die neue Burg. Aus diesem Stamm kommt der Deutschordenshochmeister Walther von Cronberg, die zweite Berühmtheit der Familie. Dieser Stamm starb mit Johann Eberhard von Cronberg, Burggraf von Friedberg, 1617 aus. Der Eselsohrenstamm (Ohrenstamm, Johannesstamm) entstand durch weitere Spaltung der Familie als Seitenlinie. Erloschen im 15. Jh. Der Kronenstamm hatte ab dem 16. Jh. zwei Unterlinien, die von Walter X und die von Hartmut XIII, wobei letztere die gräfliche Linie wurde.
Johann
Schweikhard von Cronberg - Lebensdaten des Kurfürsten
Geb. am 15.7.1553 als Sohn von
Hartmut von Cronberg, Kurmainzer Marschall, Großhofmeister und
Oberamtmann zu Höchst und Hofheim
1564 Domvikar
1566 Stiftsherr von St. Alban in Mainz
Ausbildung am Collegium Germanicum zu Rom
1576-1589 Propst des Stiftes St. Peter zu Aschaffenburg
1582 Domkapitular und Dechant
1588 war er Propst von St. Alban in Mainz
1599 Propst des Marienstiftes, Kämmerer des weltlichen Gerichtes
des Erzstiftes Mainz
17. Februar 1604 Wahl zum Erzbischof und Kurfürst von Mainz,
damit Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
1605 Belehnung mit dem Erzstift Mainz
zwar gemäßigter und um Ausgleich bemühter, aber konsequenter
Anhänger der Gegenreformation, Rekatholisierung, Förderung der
Jesuiten und der Kapuziner. Erbarmungsloser Hexen-Verfolger.
Gest. 17.09.1626, letzte Grabplatte im Westchor des Mainzer
Domes.
Zur
Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Mainzer Erzbischöfe
und Kurfürsten:
Berthold von Henneberg
(1484-1504)
Jakob von Liebenstein (1504-1508)
Uriel von Gemmingen (1508-1514)
Kardinal Albrecht von Brandenburg (1514-1545)
Sebastian von Heusenstamm (1545-1555)
Daniel Brendel von Homburg (1555-1582)
Wolfgang von Dalberg
(1582-1601)
Johann Adam von Bicken (1601-1604)
Johann
Schweikhard von Cronberg (1604-1626)
Georg Friedrich von
Greiffenclau (1626-1629)
Anselm Casimir Wambolt von Umstadt (1629-1647)
Johann Philipp von Schönborn (1647-1673)
Lothar Friedrich von Metternich-Burscheid (1673-1675)
Damian Hartard von der Leyen (1675-1678)
Karl Heinrich von Metternich-Winneburg (1679-1679)
Anselm Franz von Ingelheim (1679-1695)
Lothar Franz von Schönborn (1695-1729)
Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1729-1732)
Philipp Karl von Eltz (1732-1743)
Johann Friedrich Karl von Ostein (1743-1763)
Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim (1763-1774)
Friedrich Karl Joseph von Erthal (1774-1802)
Literatur:
Baedeker: Mainz, Karl
Baedeker-Verlag, 2004. ISBN 3-87954-074-8
Werner Schäfke: Der Rhein von Mainz bis Köln, eine Reise durch
das romantische Rheintal, DuMont Kunstreiseführer, DuMont
Verlag, Köln 2006, ISBN 978-3-7701-4799-1
Siebmacher
http://www.uni-mainz.de/universitaet/1116.php
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler
in Rheinland-Pfalz, Stadt Mainz, Band 2.2: Altstadt, bearb. von
Ewald Wegner, hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege
Rheinland-Pfalz 1988, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 3.
Auflage 1997, ISBN 3-88462-139-4, S. 120-122
Johann Schweikhard von Cronberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Schweikhard_von_Kronberg
Johann Schweikhard von Cronberg: http://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/texte/biographien/kronberg-johann-schweikard-von.html
Johann Schweikhard von Cronberg: http://www.deutsche-biographie.de/sfz37493.html
Wappen der Herren von Cronberg - Kronenstamm - Flügelstamm - Ohrenstamm
Die Wappen der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
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