Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 211
Freie Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber (Franken)

Wappen in Rothenburg ob der Tauber - Wappenstein dreier Ratsherren von 1701

 

Die Inschrift unter dem gegenüber dem Reichstadtmuseum am Klosterhof 12 in eine ansonsten schmucklose Wand eingelassenen Wappenstein lautet: "IUSSU INCLYTI HUIUS CIVITATIS SENATUS, SUMPTIBUS COENOBY AEDIFICIUM HOCCE EST EXSTRUCTUM A.C, MDCCI CURATORIBUS CONSULIBUS DN. IOHANNE BERNHARDO DE WINTERBACH DN. NICOLAO WILHELMO DE SEYBOTHEN PRAEFECTO JOH: DANIELE RENGERO". Darüber befinden sich drei (2:1) Vollwappen Rothenburger Ratsherren.

 

Optisch oben links ist das Wappen der von Winterbach, in Blau (hier verblichen) ein silberner schrägrechter Wellenbalken, oben und unten begleitet von zwei nach der Figur gelegten, voneinander abgewandten goldenen gesichteten Mondsicheln. Das Kleinod auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ist ein offener blauer Flug, eigentlich gemäß der Abbildung bei Schrag beiderseits belegt mit einem silbernen Schrägwellenbalken (Wellenschrägbalken), rechts schräglinks und links schrägrechts, und dazwischen wachsend ein geharnischter Arm, in der Hand ein silbernes, golden gegrifftes Schwert haltend. Das Ursprungswappen der Winterbachs hatte die Monde noch nicht, es war ein einfacher silberner schrägrechter Wellenbalken in Rot (!). Erst später kamen die Mondsicheln hinzu und änderte sich die Schildfarbe. Die Mondsicheln sollen auf das Wappen der erloschenen Schauenburg hinweisen, die drei davon im Schilde führten (Band: Bay Seite: 124 Tafel: 154). Die Familie Winterbach wurde 1695 geadelt: Georg Ludwig von Winterbach und Schauenburg (1630-1696), Doktor der Medizin und Arzt zu St. Veit in Kärnten, hatte am 13.1.1695 von Kaiser Leopold I. einen Adelsbrief erhalten. Ein weiteres Mal kann man dieses Wappen unten im Taubertal am Topplerschlößchen sehen, dort sind die Mondsicheln jedoch dem Schrägbalken zugewendet. Bei Schrag sind die Mondsicheln voneinander abgewendet. Das Wappen wird weiterhin beschrieben im Siebmacher Bay 124 und Tafel 154 sowie bei Schöler, Familienwappen 115 und Tafel 38 Nr. 2.

 

Optisch oben rechts ist das Wappen der von Seyboth, geviert, Felder 1 und 4: in Blau einwärts eine Jünglingsbüste, in eine rote Tunika gewandet, ein grüner Lorbeerkranz um das Haupt. Felder 2 und 3: in Schwarz einwärts ein goldener Greif, auf dem gekrönten Helm mit rechts rot-silbernen, links schwarz-goldenen Decken ein Flug, rechts blau-rot, links golden-schwarz geteilt, und dazwischen eine silberne Jünglingsbüste in roter Tunika und mit grünem Lorbeerkranz auf dem Kopf. Sein Vorfahr, Philipp Seyboth, Altbürgermeister von Rothenburg und Landvogt, wurde 1661 geadelt, dann Freiherren von Seyboth. Das Wappen wird bei Schrag beschrieben, ebenso im Siebmacher WüA Seite: 63 Tafel: 41 und Band: Wü Seite: 18 Tafel: 24, im Alberti S. 730 und bei Schöler, Familienwappen Seite 92 und Tafel 125 Nr. 1. Ein entsprechender Wappenbrief wurde am 1.4.1625 vom Hofpfalzgrafen Sebastian Hornoldt von Tübingen für den Magister Johann Seyboth aus Rothenburg ob der Tauber zu Heilbronn ausgestellt.

 

Unten befindet sich das Wappen der Renger, in Silber aus rotem Dreiberg wachsend ein schwarzgekleideter, barhäuptiger Jüngling mit silbernem Haar, silbernem Krauskragen, goldenem Gürtel und ebensolchen Knöpfen, den rechten Arm abgewinkelt, den linken eingestemmt, in der Rechten eine Waage mit zwei goldenen Schalen, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein silberner Flug. Das Wappen wird bei Schrag abgebildet, ferner wird es im Siebmacher Si3 127 Fränckische, im Band BayA3 Seite: 39 Tafel: 24 im Band Bg1 Seite: 40 Tafel: 54 und bei Schöler, Familienwappen Seite 87 und Tafel 119 Nr. 6 geführt. Die Linie der ursprünglich aus Adelshofen bei Rothenburg stammenden Familie beginnt mit Heinz Renger zu Detwang 1428. Dr. Friedrich Renger (BayA3 39) bekam einen entsprechenden Wappenbrief von Kaiser Maximilian II. am 22.6.1576 zu Regensburg.

Abb.: Gesamtansicht des aus dem 16. Jh. stammenden Hauses am Klosterhof 12 - der betreffende Wappenstein von 1701 ist an der nördlichen Schmalseite des zweigeschossigen Eckbaus eingemauert. Das Haus besitzt ein steiles Satteldach mit einem Kranausleger im Nordgiebel. Das Obergeschoß und die Giebelgeschosse sind in teilverputztem Fachwerk ausgeführt. An der Westseite befindet sich mittig ein Rundbogenportal.

Wappen in Rothenburg ob der Tauber - Wappensteine im Spitalbezirk

Einer der größten zusammenhängenden Baukomplexe Rothenburgs ist das Spital zum Heiligen Geist im Süden der Stadt am Ende des langen Vorstadtzipfels. Zwischen der westlichen Stadtmauer zum Taubertalweg hin und der Spitalgasse umstehen mehrere große Gebäude den Spitalhof. Seit ca. 1280 begann man mit der Anlage des Spitalkomplexes auf dem sog. Kappenzipfel, damals noch außerhalb der Stadtmauer, erst rund 100 Jahre später wurden das Spital und die Spitalkirche in die neue, erweiterte Stadtmauer als Stadterweiterung eingebunden. Heraldisch von Interesse ist der Trakt an der Nordseite des Areals (Spitalhof 6). Bei diesem langgestreckten, zweigeschossigen Satteldachbau mit nur in der rechten Hälfte verputztem Fachwerk-Obergeschoß und mit zwei dreigeschossigen Krangauben und vielen Dachgauben in zwei Reihen handelt es sich um das ehemalige Wasch- und Bräuhaus. Im rechten Teil des Gebäudes kann man einen Wandbrunnen mit reichem Gitter, bez. 1619 und 1661, sehen, doch im Kern ist dieses Haus älter. An jedem der beiden Gebäudehälften befindet sich ein Wappenstein mit je drei Wappen für die Spitalpfleger.

Der Wappenstein an der linken Gebäudehälfte mit dem verputzten Fachwerkobergeschoß ist restauriert und farbig gefaßt. Am unteren Rand ist ein hübsches Steinmetzzeichen mit den Initialen HW zu sehen. Alle drei Schilde der Spitalpfleger sind im Schild durch Initialen personalisiert, und im unteren Bereich steht die Jahreszahl 1633/4. Die Schilde stehen 2:1, der untere wird von zwei Rosen flankiert. Der Schild heraldisch oben rechts mit den Initialen HV zeigt das Wappen Völcker, silbern-schwarz geteilt mit einer grünen Distel mit einem roten Blütenstand mit grünem Blütenstandsboden zwischen zwei grünen Blättern. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein Flug, rechts silbern, links schwarz, und dazwischen ein rot-silbern geteiltes Hexagramm. Das Wappen wird im Schragschen Geschlechterbuch abgebildet, genau genommen sogar zweimal mit leichten Unterschieden in den Helmdeckenfarben. Weiterhin findet sich dieses Wappen im Siebmacher BayA3 Seite: 124 Tafel: 83, im Alberti S. 924 und bei Schöler, Familienwappen Seite 110 u. Tafel 40 Nr. 6. Die Stammreihe bei Schrag beginnt mit Valentin Völcker, Glaser zu Mergentheim, der in der ersten Hälfte des 16. Jh. lebte. Johann Völcker aus Rothenburg bekam von Kaiser Ferdinand II. einen Wappenbrief, ausgestellt in Wien am 19.1.1626, formuliert aufgrund des Vidimus eines Wappenbriefes von Kaiser Friedrich III. aus dem Jahr 1465. Sowohl von den Jahreszahlen als auch von den Initialen könnte es sich dabei um den Träger der Initialen H(ans) Völcker) handeln.

Der zweite Wappenschild heraldisch oben links mit den Initialen HB zeigt das Wappen der Familie Bezold / von Bezold, über einem hier schwarzen, auch als blau dargestellten Schildfuß (vgl. am Hotel Eisenhut in der Herrngasse 4, siehe dort), belegt mit einem hier roten (an anderen Stellen golden dargestellten, nach Schrag schwarzen) Tatzenkreuz, in Gold ein aus der Teilung hervorkommender blau gewandeter barhäuptiger Mann mit einer naturfarbenen (braunen) Tuchmacherbürste in der Rechten. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre auf dem blau-golden bewulsteten Helm mit blau-goldenen Decken wachsend der Mann mit der Tuchmacherbürste. Das dritte Wappen unten mit den Initialen ICK ist das redende Wappen Krebs (Vergleichsdarstellung am Hotel Eisenhut in der Herrngasse 4, siehe dort), in Silber ein roter aufrechter Krebs. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre nach dem Schragschen Geschlechterbuch auf dem Helm mit rot-silbernen Decken zwei rote Krebsscheren.

 

Ein zweiter, ebenso aus drei Wappen zusammengesetzter Stein befindet sich in der rechten Gebäudehälfte mit dem unverputzten Fachwerkobergeschoß. Er ist auf 1661 datiert. Wieder sind drei Wappen der Spitalpfleger 2:1 gestellt, nun sind aber alle drei als Vollwappen dargestellt, und die Initialen befinden sich außerhalb der Schilde. Das Wappen heraldisch oben rechts mit den Initialen GN ist das der Familie Nusch, in Silber auf einer roten Zinnenmauer stehend ein roter Hahn mit goldenem Halsband. Hier ist das in der rechten Abb. vergrößerte Wappen aus Courtoisie komplett gewendet. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken steht auf einer goldenen Zinnenmauer der rote Hahn mit dem goldenen Halsband. Das Wappen wird im Schragschen Geschlechterbuch abgebildet, ferner im Siebmacher Si5 244 unter den Rothenburgischen, weiterhin im Siebmacher Band Bg1 Seite: 28 Tafel: 34 und bei Schöler, Familienwappen Seite 78 und Tafel 68 Nr. 7, dort das Halsband anscheinend rot wie der Hahn. Die Stammreihe beginnt bei Schrag mit Leonhard Nusch, Mitglied des Äußeren Rates und Gastgeber zum Roten Hahn (vgl. Wappenbild!) in Rothenburg in der ersten Hälfte des 16. Jh.

Das Wappen heraldisch oben links mit den Initialen NG ist das der Familie Göttlingk oder auch Göttling, in Rot auf einem silbernen Dreiberg ein goldener, gezinnter Turm mit einem Tor und einem Fenster darüber, beseitet von zwei goldenen Sternen, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein stehender silberner, rotbewehrter Schwan. Das Wappen, das sich ebenfalls am Hotel Eisenhut in der Herrngasse 4 (siehe auch dort) wiederfinden läßt, wird bei Schrag abgebildet, nach dieser Vorlage findet es sich auch im Siebmacher Band: Bg1 Seite: 24 Tafel: 27 und im Band: BayA2 Seite: 52 Tafel: 34, ferner bei Schöler, Familienwappen Seite 50 und Tafel 30 Nr. 11. In Rothenburg ansässig war Nikolaus Göttlingk, zu dem die Initialen "NG" am Haus passen. Unten befindet sich das Wappen der Renger, in Silber aus rotem Dreiberg wachsend ein schwarzgekleideter, barhäuptiger Jüngling mit silbernem Haar und silbernem Krauskragen, den linken Arm abgewinkelt, den linken eingestemmt, in der Linken eine Waage mit zwei goldenen Schalen, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein silberner Flug. Das Wappen wurde bereits weiter oben am Haus am Klosterhof besprochen, im Vergleich zu diesem ist der Mann im Schild mit der Waage hier seitenverkehrt.

Ein drittes Wappen im Spitalbezirk finden wir am sog. Hegereiterhaus (Spitalhof 2), einem solo stehenden Massivbau von fast quadratischem Grundriß mit einem malerischen Zeltdach und angebautem rundem Treppenturm, der das Obergeschoß mit seinen eigenen vier Geschossen weit überragt. Diese Bezeichnung ist irreführend, denn es handelt sich um das Haus des Spitalbereiters und es wurde erbaut als Küche für das Spital und als Wohnung für den Spitalbereiter obendrüber. Dieser war nicht einfach nur ein Koch, er beaufsichtigte vielmehr die Abgabenleistung der Bauern, die dem Spital Dienste und Naturalienabgaben schuldeten. Außerdem kontrollierte er die Waldungen, Schäfereien und Fischteiche, die das Heilig-Geist-Spital in Eigenwirtschaft betrieb. Der falsche Name Hegereiterhaus entstand erst im 19. Jh.

 

An der Nordseite dieser ehemaligen Spitalküche befindet sich ein weiterer Wappenstein mit den drei Schilden der Spitalpfleger, datiert auf 1591. Alle drei Schilde sind mit Initialen über dem Schild personalisiert. Lediglich die Inhalte der beiden oberen sind erhalten, das Motiv des unteren, mit den Initialen MD bezeichneten Schildes ist zerstört.

Der mit den Initialen EC bezeichnete Schild heraldisch oben rechts zeigt in Rot zwei Doppelhaken (Wolfsangeln), die kreuzweise gestellt sind, die eine pfahlweise, die andere balkenweise, alle Haken im Uhrzeigersinn (Hinweise zur Identität willkommen). Der Schild heraldisch oben rechts mit den Initialen LS zeigt das Wappen der Rothenburger Familie Schwartz, in Gold über einer schwarzen Zinnenmauer wachsend ein schwarzgekleideter Mann, der Gürtel golden, beide Arme eingestemmt. Das Wappen wird im Schragschen Geschlechterbuch abgebildet, dort hat der Mann noch auf dem Kopf eine schwarze Rundmütze mit golden-schwarzer Zindelbinde, deren beide Enden golden und schwarz abflattern. Dort wird auch die Helmzier angegeben, auf dem schwarz-golden bewulsteten Helm mit schwarz-goldenen Decken wachsend ein schwarzgekleideter Mann, Gürtel, Revers und die Ärmelaufschläge golden, der abstehende Kragen silbern, auf dem Haupt eine schwarze Rundmütze mit golden-schwarzer Zindelbinde, deren beide Enden golden und schwarz abflattern, beide Arme eingestemmt. Die Stammreihe beginnt mit Ludwig Schwarz, Senator (= Ratsherr) zu Rothenburg 1516, seßhaft in der Gebsattler Gasse. Auch wenn die Initialen zu passen scheinen, entstand dieser Stein 75 Jahre später, es kann sich also nur um einen Nachfahren oder Verwandten handeln. Das Wappen wird auch im Siebmacher Si5 245, 250 Rothenburgische und bei Schöler, Familienwappen Seite 100 und Tafel 122 Nr. 6 beschrieben.

Literatur:
Siebmachers Wappenbuch
Aschaffenburger Wappenbuch
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Willi Sauer, Wolfgang Kootz, Rothenburg ob der Tauber, Stadtführer, Edm. von König-Verlag Heidelberg 1981
Karl Borchardt, Rothenburger Wappenb
uch. Patrizier und Ehrbare: Die Wappen im Geschlechterbuch des Johann Friedrich Christoph Schrag (1703–1780) zu Rothenburg ob der Tauber. J. Siebmachers großes Wappenbuch, Neue Folge: Die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Bd. 3; 2007. 208 S. mit 402 farb. und 1 s/w-Abb., Festeinband, ISBN: 978-3-87947-117-1
Liste der Baudenkmäler:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Rothenburg_ob_der_Tauber/Kernstadt
Spital:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Rothenburg_ob_der_Tauber#Spital_Zum_Heiligen_Geist

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