Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 184
Hardheim
(Neckar-Odenwald-Kreis)
Zehntscheune vor dem Schloß Hardheim
An diesen Gebäuden rings um den Schloß-Vorplatz begegnen uns keine Wappen der Hardheimer Ritter, sondern die der Würzburger Fürstbischöfe. Warum? 1607 verstarb der Ritter Georg Wolf von Hardheim ohne einen Erben. Damit waren die reformatorischen Bemühungen seines Vaters erledigt, denn Hardheim fiel wieder dem katholischen Würzburg zu. Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn zog die Würzburger Lehen der Hardheimer Ritter ein, wie er auch vorher beim Aussterben der Grafen von Wertheim auf Gewinn der Territorien aus war. Die mühsam durch geschicktes Taktieren faktisch erworbene Selbständigkeit der Hardheimer Ritter war damit beendet. Die Bewohner wurden mehr oder weniger freiwillig wieder zum katholischen Glauben zurückgeführt. Eigentlich hatte die Landeshoheit beim Erzbistum Mainz und dem dortigen Kurfürsten gelegen, darum gab es auch in Folge Erbauseinandersetzungen. Werner von Hardheim, einst Besitzer des oberen Schlosses, hatte nämlich einst zum Schutz vor Würzburg dieses samt Zubehör als Lehen dem Erzbischof von Mainz aufgegeben, was er eigentlich gar nicht gedurft hätte. Im Detail ist das alles noch viel komplizierter. Fürstbischof Johann Philipp Graf von Schönborn gelang eine "Lösung" des Konfliktes, denn er war zwischen 1647 und 1673 in Personalunion Bischof von Würzburg und gleichzeitig Erzbischof von Mainz. 1656 wurde die Hoheit über Hardheim auf das Hochstift und Fürstbistum Würzburg in einem Austauschvertrag übertragen. Das schon längst eingerichtete Würzburgische Oberamt Hardheim (man hatte schnell Tatsachen geschaffen) übernahm die volle Jurisdiktion. Unter Würzburger Hoheit blieb Hardheim bis zu Napoleon 1803, danach kam es zum Fürstentum Leiningen, 1806 zum Großherzogtum Baden, heute gehört es zu Baden-Württemberg.
"Schüttungsbau" (Zehntspeicher), Wappen von Conrad Wilhelm von Wernau
Das ins rohe Mauerwerk über der Tür eingelassene Wappen ist das eines Würzburger Fürstbischofs, der durch seine kurze Amtszeit relativ wenig heraldisch an Gebäuden in Erscheinung tritt. Die Inschrift lautet: Der hochwürdigste Fürst und Herr, Herr Conrad Wilhelm von Wernau, Bischof von Würtzburg, auch Hertzog in Francken, hat diesen Schüttungsbau machen lassen im Jahr 1683. Der Bauherr ist also Konrad Wilhelm von Wernau (1683-1684), Fürstbischof von Würzburg und Herzog von Ostfranken. Der Schild ist geviert. 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken. 2 und 3: von Wernau: In Silber ein schwarzer Schrägbalken, belegt mit drei goldenen Kugeln. 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Sein Wappen wird leicht mit dem von Julius Echter von Mespelbrunn verwechselt, insbesondere wenn die Tingierung fehlt, doch die von Wernau haben keine Ringe, sondern Kugeln. Die Familie von Wernau ist ein altes schwäbisches Adels-Geschlecht. Es erlosch um 1696.
De Lage der 67 m langen steinernen Zehntscheune ist Opposition pur. Genau gegenüber dem alten Schloß der ausgestorbenen Hardheimer Ritter zeigt der 1683 errichtete Bau, wer nun hier das Sagen im Ort hatte. Das Gebäude ist Symbol für die seit 1656 unangefochtene Herrschaft der Würzburger Fürstbischöfe. Allein die Dimensionen zeigen, daß es hier nicht nur um Getreide, sondern vor allem um Macht geht. Der Schüttungsbau wurde noch im 19. Jahrhundert als Getreidespeicher genutzt. In den Obergeschossen der alten Zehntscheune ist heute das Heimatmuseum untergebracht. Die beiden unteren Geschosse wurden 1955 zur Festhalle umgebaut.
Wappen von Julius Echter von Mespelbrunn
Das Wappen von Julius Echter von Mespelbrunn, hier auf dem Giebel des rechtwinklig an die Zehntscheune angebauten Gebäudes, ist geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: In Blau ein mit drei blauen Ringen belegter silberner Schrägrechtsbalken, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg.
Es taucht auch im heutigen Ortswappen der Gemeinde Hardheim als aufgelegtes Schildchen auf, ziemlich unheraldisch in einer Wappenkartusche, die der obigen Vorlage nachempfunden sein könnte. Blason des Gemeindewappens: In Rot eine silberne Kirche mit zwei sechseckigen Türmen mit spitzen Dächern und je einem silbernes Kreuz, zwischen den Türmen auf silberner liegender Mondsichel in goldenem Strahlenkranz thronend die blau gewandete, golden gekrönte und nimbierte Madonna, in der Rechten ein goldenes Zepter, mit der Linken den golden nimbierten Jesusknaben haltend, unten aufgelegt eine Kartusche mit geviertem Schildchen, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: In Blau ein mit drei blauen Ringen belegter silberner Schrägrechtsbalken, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Julius Echter von Mespelbrunn war Fürstbischof von Würzburg, als die Ritter von Hardheim ohne Erben ausstarben und Würzburg seine Hand nach dem Hardheimer Besitz austreckte.
Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Würzburger Fürstbischöfe:
Rudolf II. von Scherenberg
1466-1495
Lorenz von Bibra 1495-1519
Konrad II. von Thüngen 1519-1540
Konrad III. von Bibra 1540-1544
Melchior Zobel von Giebelstadt 1544-1558
Friedrich von Wirsberg 1558-1573
Julius Echter
von Mespelbrunn 1573-1617
Johann Gottfried von
Aschhausen 1617-1622
Philipp Adolf von Ehrenberg 1623-1631
Franz von Hatzfeld 1631-1642
Johann Philipp von Schönborn (desgl. Erzbischof von Mainz)
1642-1673
Johann Hartmann von Rosenbach1673-1675
Peter Philipp von Dernbach (desgl. Bischof von Bamberg) 1675-1683
Konrad Wilhelm
von Wernau 1683-1684
Johann Gottfried von
Guttenberg 1684-1698
Johann Philipp von Greiffenklau-Vollraths 1699-1719
Johann Philipp Franz von Schönborn 1719-1724
Christoph Franz von Hutten 1724-1729
Friedrich Carl von Schönborn (desgl. Bischof von Bamberg)
1729-1746
Anselm Franz von Ingelheim 1746-1749
Karl Philipp von Greiffenklau-Vollraths 1749-1754
Adam Friedrich von Seinsheim (dsgl. Bischof von Bamberg)
1755-1779
Literatur:
Eugen Schöler, Historische
Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Siebmachers Wappenbücher
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe.
Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer
Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger
Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und
Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag -
Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher
Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
http://www.erfatal-museum.de/Vortrag_BS.htm
Die Wappen der Fürstbischöfe von
Würzburg - Teil (1) - Teil (2) - Teil
(3) - Teil
(4)
Der Fränkische Rechen - Das
Rennfähnlein
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