Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 3102
Passau (Niederbayern)
Stadttheater (ehem. fürstbischöfliches Opernhaus)
Unterhalb der Gebäude des Domberges befindet sich auf der Südseite zur Innpromenade hin eine Reihe von klassizistischen Gesellschaftsbauten aus der Zeit von 1783-1786, zu denen das Stadttheater gehört (Gottfried-Schäffer-Str. 4). Das Gebäude wurde ursprünglich 1645 unter Fürstbischof Leopold Wilhelm von Österreich als Ballspielhaus errichtet. Hier spielte die Hofgesellschaft das Jeu de paume, ein Vorläufer des Tennis. 1771-1774 wurde das Gebäude unter Fürstbischof Leopold Ernst Kardinal Graf von Firmian zum Hofkomödien- und Hofopernhaus umgewandelt, nachdem einerseits das Jeu de paume aus der Mode gekommen war und andererseits mit der Auflösung des Jesuitenordens das Ende des jesuitischen Theaters gekommen war. 1783 wurde der Bau unter Fürstbischof Joseph Kardinal Graf von Auersperg nach Plänen von Johann Georg Hagenauer unter Vereinigung dreier bisheriger Gebäude erneut zum fürstbischöflichen Opernhaus, einem dreigeschossigen Mansardwalmdachbau mit eingeschossigem Anbau, umgebaut und anschließend östlich durch das Redoutenhaus ergänzt, das ein zweieinhalbgeschossiger Verbindungsbau mit Attika ist, der zur bischöflichen Residenz überleitet und die bisher dort befindliche alte Hofbuchbinderei ersetzte. Die Flachputzgliederung beider Gebäude ist klassizistisch. Der Landesherr öffnete das Opernhaus als erster von allen Landesherren auch gegen Eintrittsgeld auch für die breite Öffentlichkeit und machte damit der bis dahin gesellschaftlich gepflegten Standes-Segregation ein Ende. Eingeweiht wurde das Opernhaus 1783 mit der Oper Alceste von Anton Schweitzer. Mit der Säkularisation fiel das Opernhaus als das Kurfürstentum Bayern und wurde zum Churfürstlichen Theater und 1806 zum Königlich-Bayerischen Theater. Im Jahre 1883 kaufte die Stadt Passau das Theater und ließ es 1893-1895 historistisch umbauen. Das Ensemble wurde im 19. und 20. Jh. mehrfach umgebaut, zeitweise als Kino und Sitz der Passauer Kammerspiele benutzt und erst 1959-1966 unter Wiederherstellung des baulichen Ursprungszustandes, dann wieder 1989-1991 und zuletzt nach den Hochwasserschäden von 2013 renoviert.
Abb.: im Vordergrund der westlichste Bau des Theaters, das sogenannte Intendantenstöckl, im Hintergrund links die ehemalige Domkapitelkurie und das Rentamt, jetzt Bischof-Altmann-Haus (Domplatz 3), rechts das ehemalige fürstbischöfliche Gästehaus, als "Sala Terrena" oder als "Neugebäude" bezeichnet (Domplatz 2), rechts lagen jenseits der Ballhausstiege über dem Redoutengebäude die "hängenden Gärten". Rechts angeschnitten der viergeschossige Hauptbau des Theaters.
Auf die vierachsige Inn-seitige Südfassade des Intendantenstöckls aufgemalt ist innerhalb eines Laubkranzes das Wappen des Passauer Fürstbischofs Sebastian Johann Graf von Pötting-Persing, Herr zu Aholming (1628-16.3.1689). Er amtierte 1673-1689, zuvor war er 1665-1673 Fürstbischof von Lavant und Dompropst in Passau. Er war der Sohn von Ortlieb Freiherr von Pötting und Persing, Freiherr von Reitpollenbach, Burggraf zu Lienz (18.7.1575-15.8.1640), erzherzoglicher Oberst-Stallmeister, und Anna Jakoba Freiin von Paumgarten auf Ering. Seine Großeltern waren väterlicherseits Sebastian von Pötting und Persing, Herr auf Waasen und Wagram (1522-1.1.1592) und Regina von Eck (Egkh) und Hungersbach. Unter diesem Fürstbischof wurde das Intendantenstöckl, also der Bau ganz im Westen, 1683 durch einen Zwischenbau an das Ballhaus angebunden.
Sein Wappen ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Rot ein mit den Stollen nach oben gerichtetes, goldenes, unten in der Mitte in zwei Teile zerbrochenes Hufeisen, zwei schräggekreuzte goldene Objekte mit langem, geradem Stiel und mit kreis- oder löffelförmigem Kopf einschließend (Hufnägel?) (Stammwappen Pötting), Feld 2 und 3: in Rot ein aufspringender silberner Hund (Windhund) mit schwarzem, beringtem Halsband (Schaul von Engelstein), Herzschild: in Silber ein linksgewendeter roter Wolf (Hochstift Passau). Dies ist eine andere Form als außen am Domchor und an den Fassaden der alten Bischofsresidenz, wo zwei separate Kartuschen nebeneinandergestellt werden, aber es ist die gleiche Form, wie sie im Inneren des Domes an der Brüstung der Orgelempore, über einer Tür, an zwei Altären und am Epitaph des Bischofs verwendet wird. Die ovale Kartusche trägt auf dem oberen Rand eine goldene Krone, dahinter ragen aufrecht ein Vortragekreuz, schrägrechts der Krummstab und schräglinks das gestürzte Schwert hervor.
Außen an der Fassade des Theaters befindet sich auf einem Schild diese moderne Darstellung des Wappens des Passauer Fürstbischofs Kardinal Joseph Franz Anton Graf von Auersperg (31.1.1734-21.8.1795). Er wurde 1747 Malteserritter, 1752 Domherr zu Passau, 1754 Domherr zu Salzburg, wurde 1757 zum Priester geweiht, war 1763-1772 Bischof von Lavant und 1772-1783 Bischof von Gurk, wurde am 19.5.1783 zum Fürstbischof zu Passau gewählt und am 30.3.1789 zum Kardinal mit nicht bekannter Titularkirche ernannt. Er war der Sohn von Heinrich Joseph Johann Fürst von Auersperg Herzog von Münsterberg und Frankenstein Graf zu Thengen Graf zu Gottschee und Wels (24.6.1697-9.2.1783), Geheimer Rat und Ritter des Goldenen Vliese, und Maria Franziska Anna Xaveria Antonia Susanna von Trautson Gräfin zu Falkenstein (1708-1761). Seine Großeltern waren väterlicherseits Franz Carl Fürst von Auersperg Herzog von Münsterberg und Frankenstein Graf zu Gottschee und Wels (22.11.1660-6.11.1713) und Maria Theresa von Rappach (-1714) sowie mütterlicherseits Johann Leopold Donatus Fürst von Trautson Graf zu Falkenstein (21.5.1659-18.10.1724) und Maria Theresia Antonia Christina Ungnad Gräfin von Weissenwolff (27.11.1769-). Dieser Fürstbischof war ein Vertreter der Aufklärung und unterstützte den Josefinismus. Er ließ Schloß Freudenhain als Sommerresidenz erbauen, wo er auch drei Jahre nach Fertigstellung verstarb.
Das Wappen ist unter einem Schildhaupt geviert mit Herzschild, Schildhaupt: in Silber ein linksgewendeter roter Wolf (Hochstift Passau), Feld 1 und 4: in Rot auf grünem Dreiberg oder grünem Boden ein einwärts schreitender goldener Auerochse mit goldenem Nasenring (Auersperg), Feld 2 und 3: in Gold ein schwarzer Adler, stehend auf einer schwarzen Bank (oder Hocker, modifiziertes Wappen der ausgestorbenen Schöner zum Stubenhart, bereichert um den Adler), Herzschild: in Silber ein golden gekrönter roter Löwe (Gottschee). Hinter dem von einem aus einem Fürstenhut herabfallenden Wappenmantel umhüllten Schild ein Vortragekreuz, dahinter schräggekreuzt Krummstab und gestürztes Schwert. Ein wesentlich besseres plastisches Wappen aus der Bauzeit befindet sich im Inneren am Bühnenportal (ohne Abb.). Auch dort sitzen zwei schwarze Adler seitlich auf den hochgerafften Stellen des Wappenmantels. Ein weiteres Wappen dieses Fürstbischofs finden wir im Giebelfeld des Mittelrisalits von Schloß Freudenhain.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@48.5736789,13.464363,21z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@48.5736789,13.464363,42m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Peter Morsbach, Irmhild Heckmann, Christian Later, Jörg-Peter
Niemeier: Kreisfreie Stadt Passau, Bd. 1 und Bd. 2, hrsg. vom
Bayerischen Amt für Denkmalpflege München, Denkmaltopographie
Bundesrepublik Deutschland, Denkmäler in Bayern, Bd. II. 25,
Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2014, ISBN 978-3-7917-2552-9,
S. 88-89
Stadttheater Passau auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Stadttheater_Passau
Stadttheater Passau: https://tourismus.passau.de/passau-sehen-erleben/baugestalten/die-14-objekte/fuerstbischoefliches-opernhaus-stadttheater/
Kardinal Joseph Franz Anton Graf von Auersperg auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Franz_Anton_von_Auersperg
Kardinal Joseph Franz Anton Graf von Auersperg auf Catholic
Hierarchy: https://www.catholic-hierarchy.org/bishop/bauer.html
Gustav Adolf Metnitz: Joseph Franz Anton Graf Auersperg, in: Neue
Deutsche Biographie, Bd. 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953,
ISBN 3-428-00182-6, S. 438 - https://www.deutsche-biographie.de/gnd116212772.html#ndbcontent - https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016233/images/index.html?seite=458
Kardinal Joseph Franz Anton Graf von Auersperg im Salzburg-Wiki: https://www.sn.at/wiki/Joseph_II._Franz_Anton_Graf_Auersperg
Kardinal Joseph Franz Anton Graf von Auersperg im
Niederbayern-Wiki: https://www.niederbayern-wiki.de/wiki/Joseph_Franz_Anton_Graf_von_Auersperg
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