Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2496
Tann (Rhön, Landkreis Fulda)

Knottenmühle, Hospital, Samtbau etc. - sonstige Wappen in Tann

Knottenmühle:
Die Knottenmühle ist die ehemalige Schloßmühle und liegt im Nordwesten des Schlosses unten in der Ulsteraue (Straße Am Unsbach Ecke Brunnengasse). Der Erbauer der Mühle war Eberhard von der Tann (1495-9.6.1574), der Begründer der wieder erloschenen Eberhardischen Nebenlinie, vermählt am 4.1.1529 mit Maria Anna Schenk von Schweinsberg (-8.8.1567). Das Baujahr 1557 ist in den Türsturz eingeschlagen. Von der Talaue aus hat man hier einen schönen Blick auf den wuchtigen Baukörper des Schloßkomplexes, dominiert vom Gelben Schloß, das es zur Bauzeit der Mühle noch gar nicht gab.

Am hofseitigen Portal der Mühle sind rechts und links der Jahreszahl zwei Wappenschilde angebracht, optisch links für Eberhard von der Tann (1495-9.6.1574), in Rot eine hier gewendete, nach oben gekrümmte, silberne (nicht blaue, wie hier die falsche Farbe in die Irre führt) Forelle, optisch rechts für seine Frau, Maria Anna Schenk von Schweinsberg (-8.8.1567), geteilt, oben in Blau ein schreitender goldener Löwe, unten eigentlich in Silber vier (3:1) rote Rauten, die aneinander und an den Rand anstoßen, hier im unteren Teil farblich invertiert im Vergleich zu den üblichen Darstellungen, die lieber das Silber an das blaue obere Feld stoßen lassen. Die gleiche Wappenkombination ist noch zweimal am Treppenturm des Roten Schlosses zu finden.

 

Abb.: Genealogie zu den Wappen an der Knottenmühle

Claß, Clashaus, Klashaus, Hospital:
Direkt gegenüber der Friedhofskirche befindet sich ein zweistöckiges Haus (Rhönstraße 1) mit mansarddachähnlich abgeknicktem Satteldach, straßenseitig drei Zwillingsfenstern und drei Dachgauben darüber, im Erdgeschoß das Portal in der mittleren Achse. Bei diesem 1617 erbauten und noch gut erhaltenen Gebäude, das auch "Claß" oder "Klashaus" genannt wird unter Verballhornung des Namens des heiligen Nikolaus, also eigentlich St.-Nikolaus-Haus heißt, handelt es sich um das ehemalige Spital (Hospital) und spätere Armenhaus der Freiherren von der Tann.

Das Portal selbst ist auf dem Türsturz in einem Beschlagwerkfeld auf das Jahr 1617 datiert. Darüber ist ein auf das gleiche Jahr datierter Wappenstein im Stil der Renaissance in die Wand eingelassen mit der Inschrift rechts und links des Wappens: "ANNO DOMINI 1617 Hospital zu S(anct) Claus".

Darunter befindet sich in einer rechteckigen, von Rollwerk eingefaßten Tafel eine zweite Inschrift des Wortlauts: "QVOD VOS IN OPI PARITER MIHI FECISTIS" in der ersten Zeile, was als Chronogramm V + D + V + I + I + I + M + I + I + C + I + I = 5 + 500 + 5 + 1 + 1 + 1 + 1000 + 1 + 1 + 100 + 1 + 1 = 1617 ergibt. Darunter stehen zwei Zeilen aus dem Matthäus-Evangelium, die zum Zweck des Gebäudes passen.

Im Hauptfeld ist unter dem dreieckig nach oben gezogenen Gesims das Wappen der von der Tann angebracht, in Rot eine nach rechts gewendete, nach oben gekrümmte, silberne Forelle, auf dem Helm zu rot-silbernen Decken ein roter Schaft belegt mit einer nach oben gekrümmten, mit Kopf und Schwanz abwärts gebogenen, silbernen Forelle und oben besteckt mit drei Straußenfedern.

 

St. Nikolaus-Kirche:
Die St. Nikolaus-Kirche (Niklaskirche) wurde 1741-1746 von den Freiherren von der Tann im Stil des Barock als schlichter Putzbau errichtet. Sie ersetzte eine baufällig gewordene alte Fachwerkkirche und wurde nun aus Stein massiv errichtet. Das heute als Friedhofskirche genutzte Gotteshaus bildete eine Einheit mit dem auf der anderen Straßenseite liegenden St.-Nikolaus-Haus, dem ehemaligen Spital, und war lange Zeit die Hospitalkirche. Im Inneren befindet sich ein sehr schönes Renaissance-Epitaph aus Sandstein für Melchior Anhard (Anark) von der Tann (14.2.1533-5.6.1608), fürstlich-fuldischer Amtmann zu Rockenstuhl, dann fürstbischöflich-würzburgischer Amtmann in Bischofsheim, vermählt mit Agnes Schutzbar gen. Milchling (Schwester des Wolfgang Schutzbar gen. Milchling, Fürstabt von Fulda). Insgesamt 16 Ahnenwappen schmücken das Kunstwerk (ohne Abb.), jeweils außen spaltenweise 6 Stück jenseits der Säulen und vier zeilenweise oben quer innerhlb der Säulen. Weitere Grabsteine sind im Chorbereich an der Wand aufgestellt, teilweise ebenfalls mit Wappendarstellungen. Über dem im Westen gelegenen Haupteingang befindet sich eine von einer Laubkrone überhöhte Kartusche mit der Forelle der von der Tann.

 

Das Tanner Stadttor:
Eberhard von der Tann (1495-9.6.1574) ließ in Tann Stadtmauer, Stadttor und evangelische Kirche erbauen. Hintergrund des gesteigerten Sicherheitsbedürfnisses war, daß er 1534 in seiner Herrschaft die Reformation eingeführt hatte und deshalb in Opposition zum Stift Fulda geraten war. Von dieser Mauer hat sich im Süden der Stadt noch ein einziges Tor aus der Zeit 1557-1563 erhalten, das aufgrund seiner hübschen, stilreinen Renaissance-Formen mit seinen beiden flankierenden Türmen mit Schießscharten und dem warmtonigen roten Sandstein als Material zu einem Wahrzeichen der Stadt Tann geworden ist. Ein Teilstück der Stadtbefestigung kann man noch im Nordwesten des Ortes sehen unterhalb des Schloßparks. Die rundbogige Durchfahrt des Tores erhielt 1617 ihre Fugenrustikagliederung und den feldseitigen Wappenstein. Die beiden hohen, in ihrer Form an Negerküsse erinnernden Hauben auf den Türmen entstanden noch später; sie sind barock im Stil und wurden 1767 aufgesetzt. Neben seiner Funktion als Verteidigungsbau und Kontrollstation dienten die Räume des Tores als Arrestzelle für Straftäter.

Die ernsteste Belastungsprobe, die dieses Tor erleben mußte, war 1945 ein amerikanischer Panzer, der mit dem Kanonenrohr am Rundbogen hängenblieb und Steine aus dem Mauerwerk riß. Zeitweise nutzte eine Jugendherberge die Räume. Das lange Jahre ungenutzte Bauwerk wurde 1904 aus dem Dornröschenschlaf gerissen und vor dem Verfall gerettet, indem der Tanner Kultur- und Geschichtsverein zum Anlaß des Tanner Klasmarktes die Sanierung des historischen Gebäudes in Angriff nahm, um es als Museum herzurichten. Seitdem sind in der ehemaligen Wachstube acht bebilderte Informationstafeln über die Baugeschichte des Tores und der Stadtmauern, über berühmte Persönlichkeiten der Stadt, über bedeutende Bauwerke innerhalb der Stadt, über die Geschichte der jüdischen Einwohner Tanns und wichtige historische Ereignisse aus der Stadtgeschichte aufgestellt. Auch den ehemaligen Kerker im Seitenturm kann man besichtigen. Weiterhin kann man die historische Wachstube auch als Trauraum mieten.

 

In der Mitte über der Tordurchfahrt ist feldseitig das Wappen der Herren von der Tann wie beschrieben angebracht (Abb. oben), auf dem Schriftband hinter der Helmzier auf das Jahr 1617 datiert. Der gegenwärtige Stein ist eine anläßlich der Sanierung angebrachte Kopie. Auch stadtseitig ist ein Wappen angebracht (Abb. unten), nur als Schild ausgeführt und von den Jahreszahlen 1557, 1617 und 1767 begleitet, dem Baubeginn, der Umgestaltung und der Neufassung der Turmhauben entsprechend.

Samtbau:
An der nördlichen Ecke des Marktplatzes befindet sich der sogenannte Samtbau, ein barockes Gebäude, das zum Marktplatz hin zweigeschossig über einem Sockelgeschoß ist, mit fünf Fensterachsen Breite und einem kleinen Zwerchgiebel. Zum mittig angeordneten Portal führt eine doppelläufige Freitreppe hoch. Fenstergewände, Portal und Ecklisenen sind aus Sandstein gefertigt. Zur B278 hin ist der zu dieser Seite hin neunachsige Bau dreistöckig mit einem großen Rundbogenportal in der Mitte. Es handelt sich bei diesem Bau um das 1722 erbaute ehemalige Gerichtsgebäude der von der Tann für die niedere und die hohe Gerichtsbarkeit. Bis 1832 diente das Gebäude besagtem Zweck; heute ist hier die Tann'sche Forstverwaltung untergebracht.

Es gibt an diesem Gebäude sowohl an dem marktplatzseitigen Rechteckportal (Abb. unten links) als auch über dem Rundbogenportal der Westseite (Abb. unten rechts) einen Schlußstein mit einem von je zwei gekreuzten Palmzweigen eingefaßten und mit einer Laubkrone gekrönten Schild der Freiherren von der Tann mit der silbernen Forelle auf roten Feld, hier beide linksgewendet.

 

Evangelische Stadtkirche Tann:
Die evangelische Stadtkirche ist zwar ein neugotischer Bau aus dem Jahre 1889, doch auch hier sind Wappen der Herren von der Tann zu finden, zum einen an Teilen der für die Herrschaft reservierten Bestuhlung, zum anderen an dieser Bronzegußplatte, die im Chor an der rechten Wand in der Nähe der Herrschaftsbestuhlung angebracht ist. Heraldisch rechts befindet sich das aus Courtoisie gewendete Wappen der von der Tann wie beschrieben, auf der anderen Seite dasjenige der von Schutzbar gen. Milchling, in Silber drei dreipaßförmig zusammengestellte schwarze Blätter bzw. ein Kleeblatt, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit drei dreipaßförmig zusammengestellten schwarzen Blättern bzw. einem Kleeblatt (Siebmacher Band: He Seite: 25 Tafel: 28, Band: Bad Seite: 75 Tafel: 45, Wolfert Tafel 62 Seite 122, 143).

Diese Wappenkombination paßt zu Melchior Anhard (Anark) von der Tann (14.2.1533-5.6.1608), fürstlich-fuldischer Amtmann zu Rockenstuhl, dann fürstbischöflich-würzburgischer Amtmann in Bischofsheim, vermählt mit Agnes Schutzbar gen. Milchling (Schwester des Wolfgang Schutzbar gen. Milchling, Fürstabt von Fulda), deren Epitaph sich in der evangelischen Friedhofskirche Tann befindet mit je 8 Ahnenwappen für ihn und seine Frau, und deren Wappenpaar auch auf dem größeren gußeisernen Brunnen auf dem Bischofsheimer Marktplatz zu sehen ist.

Literatur, Links und Quellen:
Clashaus: https://www.rhoenfuehrer.de/ausflugsziele/sehenswuerdigkeiten/klashaus-st-nikolaus-haus/578
Niklaskirche
http://www.tann-rhoen.de/smap---1207--tann-.html
Niklaskirche:
https://de.wikipedia.org/wiki/Niklaskirche_Tann
Stadttor:
http://www.tann-rhoen.de/smap---922--tann-.html
Tann:
https://de.wikipedia.org/wiki/Tann_(Rhön)
Stadttor:
https://www.rhoenfuehrer.de/ausflugsziele/sehenswuerdigkeiten/stadttor-tann/575
Sehenswürdigkeiten in Tann:
http://tanner-netz.de/stadtfuehrung-sehenswuerdigkeiten-tann-rhoen/
Franz Menges: von und zu Tann, in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 781-782
https://www.deutsche-biographie.de/pnd119530031.html#ndbcontent http://daten.digitale-sammlungen.de/0008/bsb00085894/images/index.html?fip=193.174.98.30 ff.
Tannsche Forstverwaltung:
http://www.tann-forst.de/
Michael Imhof, Burghard Preusler, Gregor Stasch: Barockkirchen in Fulda und im Fuldaer Land mit dem Geisaer Amt, Dermbach, Hammelburg und Hünfelder Land, mit einem Beitrag von Gerd Weiß, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2020, 496 S., ISBN-10: 3731908050, ISBN-13: 978-3731908050, S. 408-411

Schloß der Herren von der Tann, Blaues Schloß - Rotes Schloß - Gelbes Schloß - Schloßstraße 1 (Neuer Bau) und Schloßstraße 2 - Denkmal auf dem Marktplatz

Wappen der Herren und Freiherren von der Tann

Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2018
Impressum