Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2222
Landeshauptstadt Mainz
Das Waisenhaus (ehem. Hof "Zum Homberg")
In der Kappelhofgasse 8 lag der mittelalterliche Hof "Zum Homberg". Im Jahre 1665 richtete Kurfürst Johann Philipp von Schönborn ein Waisenhaus ein, das erste seiner Art im Kurstaat. Zuvor hatte Dompropst Johann von Heppenheim gen. vom Saal den Hof zum Homberg gekauft und ihn seinem Landesherrn mit entsprechender Zweckbestimmung übereignet, welcher die Stiftung bestätigte und Mittel zum Unterhalt bereitstellte. Das im Kern mittelalterliche, anläßlich der Stiftung entsprechend umgebaute Anwesen besteht aus zwei parallelen, mit dem Giebel zur Kappelhofgasse ausgerichteten Bauten, zwischen denen eine hohe Mauer mit Tor die Verbindung herstellte. Der westliche Giebelbau (im linken Photo) besitzt hofseitig einen polygonalen Treppenturm aus der zweiten Hälfte des 16. Jh., der aus Backstein gemauert und mit Sandsteingewänden verziert ist. Bis 1922 diente der Bau als Waisenhaus. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Hof zerstört. Das Anwesen blieb lange Ruine, bis sich 1977 die Kolpingfamilie für das Grundstück interessierte. Beim Wiederaufbau 1982-1985 wurde das alte Aussehen im nördlichen Bereich zur Straße hin nach Abriß rekonstruiert, während der südliche Bereich völlig modern als Kolpinghaus gebaut wurde. Nur der Treppenturm und die Außenmauern des Westflügels sind noch originale Bausubstanz und wurden nicht beim Umbau niedergelegt. Der Ostflügel hingegen war total zerstört und ist nach Abriß der Reste vollständig neu entstanden. Im Südosten der Baugrube wurden römische Lastkähne gefunden, die sich heute im Museum für antike Schiffahrt befinden.
Über dem rekonstruierten Tor befindet sich ein Wappenstein für den Stifter des Waisenhauses, Kurfürst Johann Philipp von Schönborn, mit Gründungsinschrift: Der Hauptschild ist geteilt und zweimal gespalten, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt (hier falsch dargestellt, nämlich zwei ganze zwischen zwei halben Spitzen), Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 5: in Rot ein silbernes sechsspeichiges Rad (Erzstift Mainz), Feld 3 und 6: in Schwarz ein schräg aufwärts gerichteter und schräggestellter silberner Schlüssel, begleitet von hier 3:3 (eigentlich 4:4) goldenen Schindeln, Hochstift Worms, Feld 6: "Rennfähnlein" = in Blau eine eigentlich rot-silbern gevierte und an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, hier abweichend dargestellte, schräglinksgestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg, Herzschild: in Rot auf drei silbernen Spitzen ein schreitender goldener Löwe mit blauer Krone, Stammwappen der Grafen von Schönborn. Hinter dem Kurhut ragt ein Prozessionskreuz auf, schrägrechts ist das gestürzte Schwert zu sehen und schräglinks der Krummstab.
Da Johann Philipp von Schönborn in Würzburg ab 1642, in Mainz ab 1647 und in Worms ab 1663 Fürstbischof war, sehen wir hier die Form, wie sie nur zwischen 1663 und 1673 geführt wurde, passend zum Jahr der Gründung des Waisenhauses.
Auf der Innenseite der Tormauer ist ein modernes Wappen als Malerei auf einer ins Mauerwerk eingelassenen Tafel angebracht. Es handelt sich um das Wappen des Mainzer Bischofs während der Zeit des Umbaus zum Kolpinghaus, Karl Lehmann. Sein Wappen ist halbgespalten und geteilt, oben rechts in Rot ein silbernes, sechsspeichiges Wagenrad für das Bistum Mainz, oben links in Schwarz ein silberner, schräggelegter Schlüssel mit dem Bart nach rechts, begleitet von sechs (3:3) goldenen Kreuzchen für das 1803 aufgelöste frühere Hochstift Worms, unten in Gold ein aufgeschlagenes rotes Buch mit den griechischen Majuskelbuchstaben Alpha und Omega. Die Devise lautet: State in Fide - stehet im Glauben. Hinter dem Schild befindet sich ein goldenes Vortragekreuz. Der grüne Galero wird mit je sechs (1:2:3) grünen Fiocchi zu beiden Seiten geführt, dem Rang eines Bischofs entsprechend. Seit 2001 ist Karl Lehmann Kardinal, seitdem führt er Galero und Fiocchi rot und die Fiocchi in größerer Anzahl, nämlich 2x 15 (1:2:3:4:5). Da der Umbau zum Kolpinghaus in den 1980ern erfolgte, ist die Kennzeichnung als "nur" bischöfliches Wappen korrekt. Die Einweihung des neuen Kolpinghauses fand in Karl Lehmanns Beisein am 19.4.1985 statt.
Literatur,
Quellen und Links:
Werner Schäfke: Der Rhein von
Mainz bis Köln, eine Reise durch das romantische Rheintal,
DuMont Kunstreiseführer, DuMont Verlag, Köln 2006, ISBN
978-3-7701-4799-1
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler
in Rheinland-Pfalz, Stadt Mainz, Band 2.2: Altstadt, bearb. von
Ewald Wegner, hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege
Rheinland-Pfalz 1988, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 3.
Auflage 1997, ISBN 3-88462-139-4, S. 230
Hinweistafel am Objekt
Mainzer Bischöfe: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Bischöfe_von_Mainz
Johann Philipp von Schönborn: http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Philipp_von_Schönborn
Friedhelm Jürgensmeier: Johann Philipp von Schönborn
(1605-1673) Erzbischof - Kurfürst - Erzkanzler des Reiches,
online: http://www.1000-jahre-mainzer-dom.de/fileadmin/Superportal/Bibliothek/Autoren/Juergensmeier/juergensmeier_JohannPhilippvonSchoenborn.pdf
Karl Georg Bockenheimer: Johann Philipp von Schönborn
(Erzbischof und Kurfürst von Mainz), in: Allgemeine Deutsche
Biographie, Bd. 32, Duncker & Humblot, Leipzig 1891,
S. 274-276, online: http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Johann_Philipp_(Erzbischof_und_Kurfürst_von_Mainz)
Friedhelm Jürgensmeier: Johann Philipp von Schönborn
(1605-1673) und die Römische Kurie: ein Beitrag zur
Kirchengeschichte des 17. Jahrhunderts. Quellen und Abhandlungen
zur mittelrheinischen Kirchengeschichte Bd. 28, Ges. f.
Mittelrhein. Kirchengeschichte, Mainz 1977, online: http://www.dilibri.de/rlb/content/titleinfo/269087
Winfried Romberg (Bearb.): Die Würzburger Bischöfe von 1617 bis
1684, Germania Sacra, Dritte Folge 4, Das Bistum Würzburg 7,
Berlin 2011, De Gruyter, XIII, 599 Seiten, 11 Tafeln, online: http://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0023-999A-2 - http://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-0023-999A-2/3.F.%204%20Romberg%20Bischoefe.pdf?sequence=1
Alfred Wendehorst: Johann Philipp von Schönborn, in: Neue
Deutsche Biographie, Bd. 10, Duncker & Humblot, Berlin
1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 497-499, online: http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016327/images/index.html?seite=511
Karl Lehmann: http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Lehmann
Karl Lehmann: https://www.bistummainz.de/bistum/bistum/kardinal/tableb.html - https://www.bistummainz.de/bistum/bistum/kardinal/leben/index.html
Karl Lehmann: http://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/texte/biographien/lehmann-karl.html
Karl Lehmann: https://www.bistummainz.de/bistum/bistum/kardinal/index.html - https://www.bistummainz.de/bistum/bistum/kardinal/leben/stationen/index.html
Karl Lehmann: http://www.adwmainz.de/es/mitglieder/profil/prof-dr-phil-dr-theol-karl-lehmann.html
Bickenbau - Altes Zeughaus - Neues Zeughaus - Löwenapotheke am Dom - St. Peter - Rochusspital - Römischer Kaiser - Arkadenhalle vor dem Dom - Wohn- und Geschäftshaus Schörnbornstraße 13 - Der Turm von St. Quintin - Relief an der Reichklarakirche
Die Wappen der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2015
Impressum