Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2221
Landeshauptstadt Mainz

Wohn- und Geschäftshaus in der Schönbornstraße 13

An der Ecke Schönbornstraße 11-13 zum Kirschgarten befindet sich ein 1881-83 entstandener Wohn- und Geschäftskomplex in Blankziegelbauweise. Zwischen Badergasse und Kirschgarten bildet der von Stadtbaumeister Eduard Kreyßig in städtischer Regie errichtete Komplex einen geschlossenen, dreistöckigen Baublock einheitlicher Gestaltung. Das Erdgeschoß war für handwerkliche Betriebe vorgesehen, die Obergeschosse für Wohnungen. Im Erdgeschoß befindet sich heute der Raumausstatter Länge und Daum.

Von heraldischem Interesse ist hier der kantige Erker der abgeschrägten Ecke der Haus-Nr. 13 zum Kirschgarten hin, denn hier wurde 1883 ein älterer Wappenstein als Spolie in den Neubau eingefügt. Die Inschrift lautet: "ILLVSTRI ELECTORIS MAGNIFICI BENEFICIO CEREVISIAE IVS TECTA ISTA HABENT". Der Stein stammt von einem Vorgängerbau, dem Brauhaus "Zum Grünen Wald", daher die Erwähnung des Bierprivileges in der Inschrift, welches der Kurfürst Damian Hartard von der Leyen gewährt hatte. Die Erteilung des Privilegs war so wichtig, daß man die Urkunde in Stein schlug, und laut Balkoninschrift heißt dieses Haus auch heute noch "Im grünen Wald". Zugleich birgt die Inschrift ein Chronogramm: I + L + L + V + I + L + C + I + M + I + I + C + I + I + C + I + C + V + I + I + I + V + C + I = 1 + 50 + 50 + 5 + 1 + 50 + 100 + 1 + 1000 + 1 + 1 + 100 + 1 + 1 + 100 + 1 + 100 + 5 + 1 + 1 + 1 + 5 + 100 + 1 = 1677.

Damian Hartard von der Leyen-Hohengeroldseck wurde 1675 gleichzeitig Fürstbischof von Worms und Fürsterzbischof von Mainz (amtierte bis 1678). Alle seine Wappen enthalten folglich beide Bistümer, wovon das wichtigere und reichspolitisch bedeutsamere in den Feldern 1 und 4 zu finden ist: Der Hauptschild ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein sechsspeichiges, silbernes Rad, Erzstift Mainz, Feld 2 und 3: in Schwarz ein schräg aufwärts gerichteter silberner Schlüssel, begleitet von 4:4 goldenen Schindeln, Hochstift Worms, Herzschild: in Blau ein silberner Pfahl, Stammwappen der Reichsfreiherren von der Leyen. Auf dem Schild ruht der Kurhut, schrägrechts ist das gestürzte Schwert zu sehen, schräglinks der Krummstab.

Damian Hartard von der Leyen (1624-6.12.1678) war der Sohn von Damian von der Leyen auf Adendorf (1583-1639), kurtrierischer Geheimer Rat und Statthalter, und dessen Frau, Anna Katharina Waldbott von Bassenheim (1587-1666). Vater Damian hatte zunächst selbst eine kirchliche Laufbahn eingeschlagen und war zuerst Domherr zu Trier, aber 1585 resignierte er. Neben Adendorf saß er "zu Artzdorff, Creuzberg, Rheinheim und Münchweilerthal". Er wurde 1600 kurtrierischer Amtmann zu Cochem, Daun und Ulmen, 1609 Amtmann zu Boppard, 1612 kurtrierischer Landhofmeister, 1612 zu Boppard, Wesel und Wellmich, 1615 Amtmann zu Pfalzel und Grimburg, er war außerdem noch kaiserlicher Rat und Statthalter von Trier. Unter seinen Söhnen gab es gleich zwei Fürstbischöfe, denn Damian Hartards Bruder war Karl Kaspar von der Leyen, der 1623 Domherr zu Trier, 1630 Kapitular, 1650 Koadjutor und schließlich 1652 Erzbischof und Kurfürst von Trier wurde. Und sein Großonkel väterlicherseits war Johann von der Leyen, ebenfalls Fürstbischof von Trier, und sein Neffe war Johann Hugo von Orsbeck, ebenfalls Fürstbischof von Trier.

Zurück zu Damian Hartard von der Leyen: Er trat 1631 in das Mainzer Domkapitel ein, war 1648 Domherr in Mainz und in Trier und ab 1652 Propst von St. Alban in Mainz. Er wurde 1654 zum Priester geweiht. Danach wurde er 1660 Trierer Dompropst, und er wurde am 3.7.1675 im Alter von 51 Jahren zum Erzbischof von Mainz gewählt und am 12.7.1675 zum Bischof von Worms gemacht. Beide Wahlen wurden am 24.2.1676 bestätigt, aber erst am 8.9.1676 wurde er zum Bischof geweiht. Die enge Verbindung zum Trierer Fürstbischof führte dazu, daß er für seinen Bruder 1655 die Verhandlungen auf dem Reichsdeputationstag in Frankfurt führte und 1663/64 seines Bruders Interessen auf dem Regensburger Reichstag als Gesandter vertrat. Er regierte zwar nur dreieinhalb Jahre, doch in dieser Zeit vollendete er das Mainzer Schloß und die Befestigung seiner Landeshauptstadt.

Literatur, Quellen und Links:
Werner Schäfke: Der Rhein von Mainz bis Köln, eine Reise durch das romantische Rheintal, DuMont Kunstreiseführer, DuMont Verlag, Köln 2006, ISBN 978-3-7701-4799-1
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Stadt Mainz, Band 2.2: Altstadt, bearb. von Ewald Wegner, hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz 1988, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 3. Auflage 1997, ISBN 3-88462-139-4, S. 312
Mainzer Bischöfe:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Bischöfe_von_Mainz
Damian Hartard von der Leyen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Damian_Hartard_von_der_Leyen
Anton Philipp Brück: Damian Hartard von der Leyen, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 499 f. - online:
http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016319/images/index.html?seite=513
Damian Hartard von der Leyen:
http://www.catholic-hierarchy.org/bishop/bleyden.html
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9

Bickenbau - Altes Zeughaus - Neues Zeughaus - Löwenapotheke am Dom - St. Peter - Rochusspital - Römischer Kaiser - Arkadenhalle vor dem Dom - Waisenhaus (ehem. Hof "Zum Homberg") - Der Turm von St. Quintin - Relief an der Reichklarakirche

Die Wappen der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)

Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2015
Impressum