Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2220
Landeshauptstadt Mainz

Arkadenhalle vor dem Mainzer Dom

Die Schöfferstraße verläuft westlich des Westchores des Mainzer Domes und ist die Ende des 18. Jh. angelegte Verlängerung der Alten Universitätsstraße. Früher stand hier der alte Bischofshof. Mit der Aufgabe des nun durch die Straße zerschnittenen Bischofshofes zog der Bischof 1802 an den Bischofsplatz um. Die Straße hieß zuerst noch Bischofsgasse und bekam den neuen Namen erst im 19. Jh. zu Ehren des Gutenberg-Zeit- und Werkgenossen Peter Schöffer.

In der Schöfferstraße 6 steht ein 1832-1833 nach Plänen von Georg Moller errichtetes Arkadengebäude. Der Architekt war hessisch-darmstädtischer Oberbaurat und eher ein Vertreter des Klassizismus; nur wenige seiner Bauten orientieren sich wie dieser an mittelalterlichen Vorbildern. Die in Formen der Neoromanik gestaltete Halle mit aufwendig gestalteter Pfeilerbogenwand zur Straße hin war als Kaufhaus errichtet worden, und je zwei Arkaden waren pro Ladenlokal vorgesehen. Die Kämpferlinie kaschiert eine Zwischendecke, über der halbgeschossige Lagerräume vorgesehen waren. Romanisierend sind insbesondere die Vollsäulen aus rotem Sandstein mit den Korbkapitellen. Die mittlere Einheit mit der Tordurchfahrt ist baulich hervorgehoben. Sie springt leicht vor wie ein Risalit, besitzt einen dreieckigen Giebel, der das Traufgesims seiner Form folgen läßt, und der hier größer dimensionierte Bogen hat eine mit vegetabilen Formen ornamentierte Archivolte. Dieser Bau gilt als der früheste Handelsbau in neoromanischen Formen und ist ein Meilenstein der Entwicklung historistischer Architektur im 19. Jh.

Im Giebelfeld ist ein auf 1833 datierter, oben rund zugeschnittener Wappenstein des Bauherrn zu sehen, Bischof Joseph Vitus Burg (amtierte 1830-1833). Sein Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein silbernes, sechsspeichiges Rad, Bistum Mainz, Feld 2 und 3: in Schwarz ein silberner Zinnenturm, redendes persönliches Wappenbild. Auf dem Schild ruht die Inful; schrägrechts steht das Vortragekreuz dahinter, schräglinks der Krummstab.

Bischof Joseph Vitus Burg hat ausdrücklich gewünscht, daß die Kaufhalle sich dem darüber aufragenden Dom architektonisch unterordnet und stilistisch den mittelalterlichen Formen anpaßt, wobei seine stilistischen Vorstellungen sehr undifferenziert waren: "so sollte .... dieser Bau in dem nemlichen bizantinischen oder doch im gothischen Stil aufgeführt werden..." Es wurde nicht byzantinisch, es wurde nicht gotisch, sondern Neoromanik.

Joseph Vitus Burg stammte aus Offenburg (Baden). Er wurde am 27.8.1768 geboren als Sohn des Kaufmannes Joseph Burg und dessen Frau Franziska Huber. Eigentlich hieß er Joseph Anton Burg. 1787 trat er in Speyer in den dortigen Franziskanerkonvent ein und nahm den Ordensnamen Vitus an. Er studierte Philosophie in Regensburg und Theologie in Würzburg, wobei er sich auf kanonisches Recht und Kirchengeschichte spezialisierte. Am 26.9.1791 wurde er zum Priester geweiht. Seine erste Stelle hatte er als Lehrer am Franziskaner-Gymnasium in Überlingen. Doch nachdem die Franzosen Speyer eingenommen hatten und der Orden 1799 säkularisiert worden war, war Joseph Vitus Burg seiner dortigen Wurzeln und seines Rückhaltes im Orden beraubt und war als quasi säkularisierter Pfarrer in der Seelsorge tätig, in Pfaffenhofen und ab 1802 in Herten bei Basel. Außerdem war er Kaplan der Deutschordenskommende Mainau. 1809-1821 war er bischöflicher Vikar, Geistlicher Rat und Bischöflicher Kommissär der rechtsrheinischen Pfarreien des aufgelösten Bistums Straßburg. Im Jahre 1810 wurde er badischer Dekan und Schulinspektor. Im Jahre 1812 promovierte er in Freiburg zum Dr. theol.

In seine badische Zeit fiel der Wiener Kongreß, bei dem auch die Stellung von Kirche und Staat zueinander neu ausbalanciert wurde. Zwischen den Ansprüchen des Staates einerseits und denen der römischen Kurie andererseits mußte ein realistischer Kompromiß gefunden werden, und der dem Staatskirchentum gegenüber positiv eingestellte Vitus Burg, ein rationaler, fortschrittlicher aufgeklärter Theologe, hatte diplomatisch an der Schaffung der Landesbistümer mitgewirkt. Seine kirchenpolitischen Ansichten waren manchmal wenig romkonform, aber gerade das empfahl ihn bei den deutschen Landesherren für seine Positionen. 1824 wurde er päpstlicher Subdelegierter für die Ausstattung des neu gegründeten Erzbistums Freiburg. Er wurde Großherzoglicher  Badischer Ministerialrat und zum Ritter des Großherzoglichen Ersten Badischen Ordens vom Zähringer Löwen ernannt.

In Freiburg war Vitus Burg 1827-1829 Domdekan und vom 28.8.1828 bis 1829 Weihbischof (Titularbischof von Rhodiapolis); seine Bischofsweihe erfolgte am 28.9.1828 in Limburg. Am 29.9.1829 wurde er vom Großherzog von Hessen-Darmstadt zum ersten Bischof des neuen Landesbistums Mainz berufen und am 12.1.1830 in sein Amt eingeführt. Vitus Burg wurde als Mainzer Bischof zugleich Mitglied der Ersten Kammer der Landesstände des Großherzogtums Hessen. Er verstarb am 22.5.1833 nach einer über 41jährigen Priesterlaufbahn, aber einer nur kurzen Bischofslaufbahn.

Literatur, Quellen und Links:
Werner Schäfke: Der Rhein von Mainz bis Köln, eine Reise durch das romantische Rheintal, DuMont Kunstreiseführer, DuMont Verlag, Köln 2006, ISBN 978-3-7701-4799-1
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Stadt Mainz, Band 2.2: Altstadt, bearb. von Ewald Wegner, hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz 1988, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 3. Auflage 1997, ISBN 3-88462-139-4, S. 310
Vitus Burg:
http://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/texte/biographien/burg-josef-vitus.html
Vitus Burg:
http://www.historie-kappel-grafenhausen.de/persönlichkeiten/2-pfarrer-bischof-dr-joseph-vitus-burg/
Vitus Burg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Vitus_Burg
Vitus Burg:
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Burg,_Josef_Vitus
Vitus Burg:
http://www.catholic-hierarchy.org/bishop/bburgjv.html
Joseph Vitus Burg, in: Hessische Biographie
http://www.lagis-hessen.de/pnd/117164208
Mainzer Bischöfe:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Bischöfe_von_Mainz

Bickenbau - Altes Zeughaus - Neues Zeughaus - Löwenapotheke am Dom - St. Peter - Rochusspital - Römischer Kaiser - Wohn- und Geschäftshaus Schörnbornstraße 13 - Waisenhaus (ehem. Hof "Zum Homberg") - Der Turm von St. Quintin - Relief an der Reichklarakirche

Die Wappen der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)

Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2015
Impressum