Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1979
Kiedrich (Rheingau-Taunus-Kreis)

Der Bassenheimer Hof in Kiedrich

Der Bassenheimer Hof befindet sich am Bassenheimer Weg im nördlichen Teil von Kiedrich jenseits des Kiedricher Baches am Fuße des Burgberges, auf dem sich der Bergfried der alten Burg der Cratz von Scharfenstein erhebt. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Anwesen um alten Scharfensteiner Besitz, der danach an andere Familien überging. Die befestigte Hofanlage mit zweistöckigem Haupthaus, mit Wehrgang und Schießscharten über dem Tor hat ihr historisches Aussehen gut bewahren können. Dieses Haupthaus besitzt ein langes und hohes, verschiefertes Satteldach mit zwei vollverschieferten Zwerchhäusern, zu jeder Seite eines, und zwei Reihen kleiner Dachgauben. Im Nordwesten befindet sich ein moderner Anbau.

Der Hof wurde trotz seines geläufigeren Namens nicht von den Waldbott von Bassenheim erbaut, sondern im Jahr 1660 von Adolf Hund von Saulheim (-1668). Er war Domherr zu Würzburg und Dompropst in Mainz. Adolf Hund von Saulheim war der Sohn von Johann Christoph Hund von Saulheim, der auch erst eine kirchliche Laufbahn einschlug, Domherr zu Mainz und Speyer wurde, dann aber 1581 resignierte, fürstlich-Speyerischer Amtmann zu Mergentraut wurde und in erster Ehe Christina von Dienheim heiratete, die Tochter von Peter von Dienheim und Agatha von Reiffenberg, und in zweiter Ehe vermählte er sich 1605 mit Anna Praxedis von Partenheim, Tochter von Philipp von Partenheim und Maria von Stockheim. Von Adolfs Brüdern wurden zwei weitere geistlich, Johann Philipp Hund von Saulheim wurde Domherr in Mainz, und Johann Reinhard wurde Domdechant in Speyer (gest. 1630). Fünf weitere Geschwister des Erbauers starben jung und/oder ledig, lediglich ein weiterer Bruder, Philipp Adolf Hund von Saulheim, heiratete Dorothea Riedesel von Bellersheim.

Eine der schönsten Wappentafeln des Ortes befindet sich an der südöstlichen Stirnseite des Gebäudes. Die Inschrift nennt den Erbauer und seine Position in Fürsterzbistum Mainz und das Baujahr: "ADOLPHVS HVNDT A SAVLHEIM METROPOLITANAE ECCLESIAE MOGVNTINENSIS PRAEPOSITVS HAS AEDES FVNDITVS EXSTRVI(T) CVRAVIT ANNO MDCLX" - Adolf Hund von Saulheim, Propst der erzbischöflichen Kirche zu Mainz, hat diese Gebäude von Grund auf errichtet und sich darum gekümmert, im Jahre 1660.

Im Zentrum der Komposition befindet sich das von einem ovalen Laubkranz eingefaßte Vollwappen der Edlen Hund von Saulheim, dieses zeigt in Silber drei (2:1) rote, mit den Spitzen nach rechts gerichtete Mondsicheln, einen schwarzen sechsstrahligen Stern einschließend. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken wächst aus einer liegenden, mit den Spitzen nach oben gerichteten, roten Mondsichel ein schwarzer Hahnenfederbusch (Detailabbildung unten rechts). Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: NaA Seite: 44 Tafel: 74. Im Rietstap wird es unter "Hund de Salheim" geführt, im Zobel auf Tafel 289-291 nebst vielen anderen Varianten Saulheimer Familien. Saulheim liegt im Wormsgau, Nieder-Saulheim war ein Ganerbenbesitz (diese waren die Freiherren von Wallbrunn, von Langwerth, von Hund, von Horneck, von Dienheim, von Haxthausen und von Vorster) unter pfälzischer Landesherrschaft und blieb es bis zur Eroberung durch Revolutionstruppen Frankreichs. Die Ritter der Familie Hund von Saulheim gehörten ferner zur Burgmannschaft auf Burg Gutenfels über Kaub, weiterhin waren sie in St. Martin in der Pfalz ansässig (siehe auch dort). Das Geschlecht ist 1750 mit einem anderen Adolph Hund von Saulheim, Dompropst zu Fulda, erloschen. Die Herren von Saulheim teilten sich insgesamt in sechs Linien: Neben den Hund von Saulheim gab es die ähnlichen Hürth von Saulheim, diese führen nach Siebmacher Band: NaA Seite: 35 Tafel: 57 in Silber drei (2:1) schwarze, mit den Spitzen nach rechts gerichtete Mondsicheln, und keinen Stern. Auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken haben die Hürth (Hirth) von Saulheim ein silbernes Paar Büffelhörner, jedes mit drei schwarzen, aufrechten Lindenblättchen belegt. Neben der schwarzen Variante werden auch für die Hürth von Saulheim rote Varianten bei Zobel abgebildet. Die Hürth sind kurz nach 1500 erloschen. Weitere Familienlinien mit Varianten der drei Monde sind die Mohn von Saulheim (in Schwarz drei (2:1) silberne Mondsicheln), die Kreis von Saulheim (in Silber ein von drei (2:1) schwarzen Mondsicheln begleiteter schwarzer Balken), die Erlenhaupt von Saulheim (in Blau drei (2:1) goldene Mondsicheln) und die Salentin von Saulheim, alle bei Zobel auf Tafel 289-291 beschrieben nebst den vielgestaltigen Helmzier-Varianten. Die drei Monde sind das bleibende Grundmotiv der Saulheimer Familien, durch die Farben und durch die Beizeichen wie Stern, Kleeblatt o.ä. werden die einzelnen Familien im Schild differenziert.

In den vier Ecken sind vier Schilde einer Ahnenprobe zu sehen, wovon drei erhalten sind, bei dem heraldisch links unten jedoch die Inhalte zerstört sind. Wie weiter oben bereits ausgeführt wurde, war der Erbauer, Adolf Hund von Saulheim, der Sohn von Johann Christoph Hund von Saulheim und dessen erster Frau Christina von Dienheim. Seine Großeltern väterlicherseits waren Jakob Hund von Saulheim und dessen Frau Margaretha von Hattstein, und die Großeltern mütterlicherseits waren Peter von Dienheim und Agatha von Reiffenberg. Die acht Urgroßeltern waren Friedrich Hund von Saulheim, Ursula von Partenheim, Conrad von Hattstein (1517-35 nassauischer Amtmann zu Usingen, 1535-37 Frankfurter Amtmann, kurmainzischer Vizedom, Marschall und Hofrichter, 1542 kaiserlicher Kommissar, kaiserlicher und kurtrierischer Obrist), Agatha Schenk von Schweinsberg, Johannes von Dienheim, Ursula Cratz von Scharfenstein, Johannes von Reiffenberg und Agnes von Staffel. Und wenn wir noch eine Generation weiter zurückgehen, haben wir als Ururgroßeltern des Erbauers: Hermann Hund von Saulheim, Clara von Helmstatt, Philipp von Partenheim, Catharina Braun von Schmidtburg, Marquard von Hattstein, Anna Wais von Faurbach, Johann Schenk von Schweinsberg, Guta von Schwalbach verwitwete von Rheinberg, Paul Wigand von Dienheim, Anna von Eltz, Caspar Cratz von Scharfenstein, Agnes von Schönberg, Philipp von Reiffenberg, Wilhelm von Staffel und Margaretha Wolf von Sponheim.

In dieser Ahnenprobe sehen wir heraldisch oben rechts den Wappenschild für den Vater des Erbauers, Johann Christoph Hund von Saulheim, und den Großvater väterlicherseits, Jakob Hund von Saulheim, mit den bereits oben beschriebenen Inhalten (Abb. oben links). Johann Hund von Saulheim ließ übrigens zwischen 1587 und 1604 insgesamt drei Häuser in St. Martin in der Pfalz errichten, wovon sich zwei erhalten haben und an denen wir genau die gleichen Wappen finden (siehe dort). Heraldisch links oben befindet sich der Wappenschild für die Mutter des Erbauers, Christina von Dienheim, und den Großvater mütterlicherseits, Peter von Dienheim (Abb. oben rechts). Das Wappen der Edlen von Dienheim zeigt unter einem silbernen Schildhaupt in Rot einen gekrönten silbernen Löwen. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender silberner, gekrönter Löwenrumpf zwischen zwei silbern-rot geteilten Büffelhörnern. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: NaA Seite: 20 Tafel: 29, im Rietstap/Rolland sowie im Zobel auf Tafel 77. Die Herren von Dienheim waren den Hund von Saulheim eng benachbart, sie erbauten in Nieder-Saulheim ein kleines Schloß.

Heraldisch rechts unten befindet sich der Wappenschild für die Großmutter väterlicherseits, Margaretha von Hattstein (Abb. oben links). Das zerstörte Wappenbild heraldisch links unten (ohne vergrößerte Abb.) müßte dann für die Großmutter mütterlicherseits stehen, in unserem Fall für Agatha von Reiffenberg. Das Wappen der von Hattstein ist nach Siebmacher, Nassauer Adel, von Rot und Silber fünffach oder von Silber und Rot sechsfach schräg geteilt ist, hier ist es fünffach schrägrechts geteilt, die Variationsbreite ist bei diesem Wappen groß. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre ein wie der Schild bez. Flug zu rot-silbernen Decken. Nach Siebmacher, Nassauer Adel, laufen die Schrägteilungen des Fluges spiegelbildlich nach oben zur Mitte. Dieses rheinische Geschlecht gehört zum Hause Reiffenberg und spaltete sich als jüngerer Zweig ab. Das Geschlecht der von Hattstein blühte bis 1767, es starb mit Konstantin Philipp von Hattstein aus. Die von Reiffenberg führten das gleiche Wappen wie die von Hattstein in mehreren Linien, in der 1613 in den Freiherrenstand erhobenen und 1686 erloschenen Haupt-Linie aber abweichend den Schild mit einem dreilätzigen, blauen Turnierkragen belegt und als Helmzier zwei Eselsohren, rechts silbern, links rot, auch beide schwarz. Das Wappen wird beschrieben bei Zobel Tafel 132, im Siebmacher Band: NaA Seite: 24 Tafel: 36, Band: Lux Seite: 6 Tafel: 6, ferner bei Gruber S. 52-53.

Das Wappen der Hund von Saulheim finden wir noch mehrfach an steinernen und hölzernen Bauelementen des Herrenhauses (Abb. oben und unten), vorzugsweise an den Fenstereinfassungen am oberen oder am unteren Querstein. Die Abb. links oben zeigt das Wappen am Südostgiebel unter dem großen Wappenstein. Die Abb. rechts oben zeigt das Wappen auf dem hölzernen Torflügel.

Ein weiterer Schild befindet sich oben an dem auf das Anwesen führenden Torbogen. Alle zeigen den Schild ohne Oberwappen, in qualitativ ganz unterschiedlicher Ausführung. Zwei davon sind datiert, auf 1660 resp. 1667. Die Abb. unten links zeigt ein hofseitiges Fenster auf der Ostseite, die Abb. unten rechts das Wappen über der hofseitigen Tür.

An die Waldbott von Bassenheim, von denen der Hof seinen geläufigen Namen hat, kam er 1694 auf dem Erbweg über die Cousine des Erbauers, Maria Elisabeth Hund v. Saulheim (1595-22.9.1681), die mit Heiratsbrief vom 7.2.1612 Damian Freiherr Waldbott von Bassenheim (2.4.1577-21.11.1640) geheiratet hatte, den Sohn von Anton Waldbott v. Bassenheim (-25.4.1589) und dessen Ehefrau Maria Sophia v. Gymnich (-1584). Damian Freiherr Waldbott von Bassenheim wurde 14.9.1607 Amtmann zu Lahnstein und Lahneck und am 16.4.1638 Reichsfreiherr. Maria Elisabeth Hund v. Saulheim war seine zweite Frau. Aus erster Ehe mit Beata v. Cronberg (-11.6.1610) hatte er eine Tochter, aus zweiter Ehe die Söhne Anton, Johann Lothar (-21.2.1667), Adam Wilhelm (-1616), Johann Adolf (-21.11.1652) und Franz Emmerich Kaspar Waldbott v. Bassenheim (-1683, Bischof v. Worms) sowie die Tochter Maria Elisabeth Magdalena Freiin Waldbott v. Bassenheim (-1685). Maria Elisabeth Hund v. Saulheim war die Tochter von Marquard Hund v. Saulheim (2.2.1596) und dessen Frau Walburga v. Staffel. Nach dem Tod von Damian Freiherr Waldbott von Bassenheim heiratete sie in zweiter Ehe Lothar Freiherr v. Metternich-Winneburg und Beilstein (-1663). Der Kiedricher Besitz kam also an die Nachfahren Maria Elisabeths aus ihrer ersten Ehe.

Nach den Waldbott von Bassenheim wurde der Hof im 19. Jh. von Philipp von Liebler besessen, einem Major in österreichischen Diensten. Ihm gehörte ebenfalls der unweit ebenfalls am Fuß des Burgberges gelegene Gräflich Cratzische Hof. Nach diesem Besitzer trägt der Bassenheimer Hof auch im Volksmund den Namen "'s Majorsch Miehl (Mühle)". Der alte Adelshof gehört seit 1926 zum St. Valentinushaus, wurde aufwendig renoviert und bot ab 1927 Platz für eine Krankenstation und die Wohnung des Anstaltsgeistlichen. Als während des 2. Weltkrieges das St. Valentinushaus zum Reservelazarett gemacht wurde, wohnten im Bassenheimer Hof Ordensschwestern und Hausangestellte. Erst 1945 konnte der ursprüngliche Zweck des Krankenhauses wieder wahrgenommen werden, und heute ist der Bassenheimer Hof nach Renovierungen 1982 und 1988 ein Wohnheimbereich der Einrichtung für seelisch und geistig Behinderte.

Literatur, Links und Quellen:
Hinweistafel des Fördervereins Kiedricher Geschichts- und Kulturzeugen e. V. am Gebäude
Wolfgang Einsingbach, Kiedrich im Rheingau, Rheinische Kunststätten, Heft 4/1973, herausgegeben vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz.
Kiedrich:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kiedrich
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Genealogien nach Humbracht
Siebmachers Wappenbücher
Cäcilie Ziegler, St. Martin, Geschichte eines Dorfes. Pfälzische Verlagsanstalt GmbH, Landau, 1984. ISBN 3-87629-047-3.
Saulheim:
http://www.regionalgeschichte.net/rheinhessen/region/orte/orte-s/saulheim.html
Rietstap/Rolland
Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der 'landeskundlichen Vierteljahresblätter'
Bassenheimer Hof:
http://www.kiedrich-geschichte.de/cms/front_content.php?idcatart=66&lang=1&client=1
Genealogien: Gabriel Bucelin, Germaniae Topo-Chrono-stemmatographicae sacrae et profanae Pars Altera http://books.google.de/books?id=MLw_AAAAcAAJ, S. 171
Genealogie des Marquard von Hattstein:
http://www.deutsche-biographie.de/xsfz58493.html
Hans Kersting, Zu Saulheim steht der Ritter Hundt, zur Errichtung seines Denkmals am 8. Mai 1987:
http://www.saulheim.de/190/zu-saulheim-steht-der-ritter-hundt/
Bassenheimer Hof:
http://www.scivias-caritas.de/presse-details-st-valentinushaus-eingliederungshilfe/items/id-20-jahre-bassenheimer-hof.html

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