Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 925
Wörth am Main
(Unterfranken)
Wörth am Main: Historisches Rathaus
Das größte in Wörth erhaltene historische Zivilgebäude ist das ehemalige Rathaus von 1600. Es handelt sich um einen Fachwerkbau auf steinernem Erdgeschoß. Auf der mainseitigen Rückseite ist ein das Gebäude überragender Treppenturm angebaut, zwei Stockwerke hoch von rundem Querschnitt und aus Stein gemauert, darüber aus Fachwerk und polygonal gebaut. Das untere Geschoß war einst eine offene Halle, zugänglich von der Hauptsraße durch zwei nebeneinanderliegende Torbögen, zur Seite befanden sich Bogenöffnungen, die mit Läden verschlossen sind.
Die Hauptfront ist asymmetrisch gestaltet, das untere Geschoß hat zwei Torbögen, wovon der rechte mit einem prächtigen Renaissancerahmen und Wappen geschmückt ist, was den Akzent nach rechts legt, während das Obergeschoß durch seinen eleganten Fachwerkerker auf steinerner, spitz zulaufender Konsole den Akzent nach links legt. Der Giebel ist mit Schiefer verkleidet.
Über dem Portal befinden sich zwei exquisite Renaissance-Wappen von Franz von Cronberg (ca. 1545 - 22.2.1605), Sohn von Hartmut XIII, und seiner Frau Katharina von Hattstein, Tochter von Dieter von Hattstein und Margarete Rüdt von Collenberg. Warum Cronberg? Seit 1438 war die Stadt zwar Besitz des Hochstiftes Mainz, das seit 1298 hier belegt ist. Der Mainzer Fürstbischof Johann Schweikhard von Cronberg (reg. 1604 bis 1626) belehnte seine Verwandten 1624 mit der Herrschaft Wörth. Genau genommen war das so: Mainz hatte Wörth damals an die Rüdt von Collenberg zu Pfand gegeben und versprochen, das Pfand frühestens 15 Jahre nach dem Tod von Eberhard Rüdt von Collenberg einzulösen. Das wäre im Jahre 1582 der Fall gewesen. Doch Fürstbischof Daniel Brendel von Homburg (mit den Cronberg verschwägert) verlängerte am 25.5.1575 diese Frist bis 1592 und danach nocheinmal. Aber wann kommen die Cronberg jetzt ins Spiel? Katharina von Hattstein, Ehefrau des Franz von Cronberg, war eine Enkelin besagten Rüdt von Collenberg. So kam es, daß der Mainzer Kurfürst erst die Familie Rüdt von Collenberg, vor Ort vertreten durch die Enkelin, ausbezahlte, und dann Wörth den Cronberg am 20.5.1624 noch dazu zu Lehen gab, ein doppelter Vorteil für die Familie. Aber die Nachkommen des Belehnten hatten geringeres Interesse an Wörth und Graf Adolf Otto von Cronberg tauschte es 1660 gegen andere Mainzer Güter, die besser zu seinen anderen Ländereien paßten, in Münster bei Kelkheim sowie in Lieberbach, Stierstadt, Schönberg und Oberhöchstadt.
Genealogie
des Bauherrenehepaares
(Ausschnitt aus der Genealogie
des Kronenstammes, geb. = Geburtsdatum, gest. = Sterbedatum,
sonstige sind Erwähnungsdaten)
Das
Cronberg-Wappen (Kronenstamm)
Geviert. Feld 1: In Rot eine
goldene Krone. Feld 2 und 3: in Silber 4 (2:2) blaue
Eisenhütlein (silbern-blauer pfahlförmig angeordneter
Eisenhutfeh), Feld 4: Rot. Helmzier ein schwarzer Federbusch,
auch als eine schwarze Zirbelnuß interpretiert. Helmdecken
rot-silbern. Es variiert, wo die Eisenhütlein und wo die roten
Felder zu finden sind. Die Krone ist das vorrangige
Unterscheidungsmerkmal zu Wappenschilden der anderen Stämme, die
Position der Felder ist weniger wichtig, wie die Praxis zeigt.
Wahrscheinlich hat man das früher einfach mit einer größeren
Toleranz gehandhabt, denn wir finden auch Grabplatten, an denen
das gleiche Wappen in beiden Formen auftritt.
Das
Hattstein-Wappen
Das Wappen der von Hattstein
ist nach Siebmacher, Nassauer Adel, von Rot und Silber fünffach
(wie hier) oder von Silber und Rot sechsfach schräg geteilt
(hier schräglinks geteilt). Helmzier ein wie der Schild bez.
Flug. Nach Siebmacher, Nassauer Adel, laufen die Schrägteilungen
des Fluges spiegelbildlich nach oben zur Mitte, hier ist der
ganze Flug insgesamt von Rot und Silber fünfmal
schrägrechtsgeteilt. Helmdecken rot-silbern. Im Siebmacher
Luxemburg wird von der dortigen Linie (Linay und Borne) ein Flug
rechts silbern, links rot beschrieben. Dieses rheinische
Geschlecht gehört zum Hause Reiffenberg und spaltete sich als
jüngerer Zweig ab, Hatto von Reiffenberg baute Anfang des 13.
Jh. die Stammburg Hattstein bei Usingen, nach der sich das neue
Geschlecht nun nannte, und von der heute nur noch ein tiefer
Halsgraben im Gelände vor einer Erhebung und wenige Mauerreste
im dichten Wald übrig sind. Philipp Georg von Hattstein
verkaufte die lehensfreie Hälfte der Burg aber wieder 1614 an
Johann Heinrich von Reiffenberg, die andere Hälfte war Trierer
Lehen. Das Geschlecht der von Hattstein blühte bis 1767, es
starb mit Konstantin Philipp von Hattstein aus. Die von
Reiffenberg führten das gleiche Wappen wie die von Hattstein in
mehreren Linien, in der 1613 in den Freiherrenstand erhobenen und
1686 erloschenen Haupt-Linie aber abweichend den Schild mit einem
dreilätzigen, blauen Turnierkragen belegt und als Helmzier zwei
Eselsohren, rechts silbern, links rot, auch beide schwarz. Obwohl
nah verwandt, waren die beiden Familien, die Reiffenberger und
die Hattsteiner, in erbitterte Fehden untereinander verwickelt.
Die "Hattsteiner Fehde" war die wichtigste, sie dauerte
von 1428-1435 und führte zur Einnahme und Zerstörung der Burg
Hattstein durch die Reiffenberger. Fast 150 Jahre dauernder Zank
erhob sich zwischen beiden Familien um die Bezahlung des
erwähnten Verkaufes 1614. Auch mit den von Reiffenberg waren die
von Cronberg durch Heirat verbunden.
Das
Stadtwappen
An dieser Flagge sehen wir,
wie stark die Stadt auch heute noch in der Tradition der von
Cronberg steht: Das Stadtwappen ist das alte Cronberg-Wappen des
Kronenstammes, differenziert durch ein die Felder separierendes
Kreuz. Aus dieser Flagge ist ein schwarzes, silbern bordiertes
Leistenkreuz zu sehen, in anderen Quellen wird das Kreuz aber als
"rot" blasoniert ("geviert durch ein schmales
rotes Kreuz, ..."). Bis zur Säkularisierung war die Stadt
in Mainzer Hand, zeitweilig verpfändet an die von Cronberg. Seit
1819 ist die Führung eines neuen, eigenen städtischen Siegels
belegt, und davon ist das heutige Wappen abgeleitet. So trägt
das heutige Stadtwappen der Tatsache Rechnung, daß die Familie
von Cronberg über Jahrhunderte das Geschick und die Geschichte
des Ortes prägte.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
M. Müller-Hillebrand: Cronberg, Geschichte eines
Rittergeschlechtes und seiner Burg, Verlag Waldemar Kramer
Frankfurt 1950, 3. Auflage 1984, ISBN 3-7829-0084-7
Jutta und Wolfgang Ronner: Die Herren von Kronberg an Nahe,
Neckar, Rhein und Main, Selbstverlag Wolfgang Ronner 1980, ISBN
3-9800322-0-5
Wolfgang Ronner, Stammtafel der Ritter, Herren und Grafen von
Kronberg, Selbstverlag Wolfgang Ronner 1981, ISBN 3-9800322-1-3
Wolfgang Ronner, Kronberger Geschichtsblätter, hrsg. v. Verein
für Geschichte und Heimatkunde Kronberg e.V., Heft 11: Über die
Familie von Kronberg in Krieg und Frieden, 2002
Wappengeschichte des Ortes: http://www.ngw.nl/int/dld/w/worthm.htm
Heinz Peter Mielke, Die Niederadligen von Hattstein, ihre
politische Rolle und soziale Stellung. Zur Geschichte einer
Familie der mittelrheinischen Reichsritterschaft von ihren
Anfängen bis zum Ende des Dreissigjährigen Krieges, mit einem
Ausblick auf das Jahr 1767. Wiesbaden, Historische Kommission
für Nassau, 1977.
Beatrice Träger und Eugen Ernst: Die Herren von Hattstein und
ihre Fehden, in: Ingrid Berg (Hrsg.): Heimat Hochtaunus,
Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-7829-0375-7.
Wappen der Herren von Cronberg - Kronenstamm - Flügelstamm - Ohrenstamm
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