Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 637
Wappen der
Weser-Renaissance-Bauten
Alverdissen,
Schloß
Eine
Provinzresidenz
In den Jahren 1662-1663 wurde
das Schloß in Alverdissen als bescheidene höfische Residenz
einer lippischen Nebenlinie erbaut. Schicksal der
Nicht-Erstgeborenen: Abgeschoben und versorgt mit einer kleinen
Provinzherrschaft, aber ohne Landesherrschaft, nicht die
schlechteste Variante im Vergleich mit sonstigen üblichen
Optionen zwischen Kirche und Militär. Hier wurde das Warten in
Bescheidenheit im wahrsten Sinne des Wortes jedoch fürstlich
belohnt: Diese Alverdissener Nebenlinie wurde zur Keimzelle des
Fürstenhauses Schaumburg-Lippe.
Das Schloß präsentiert
sich uns heute nicht mehr im ursprünglichen Aussehen, denn ein
bekrönendes Fachwerkgeschoß und ein vorgebautes Treppenhaus
wurden später im Zuge von Umbaumaßnahmen beseitigt. Das
Zwerchhaus und dessen Giebel über dem Portal wurden sogar erst
Anfang des 20. Jh. hinzugefügt. Im Giebel des Zwerchhauses ist
ein Allianzwappen, in dem große Geschichte steckt. Heute ist
hier eine Außenstelle des Staatsarchivs Detmold untergebracht.
Alverdissen: Keimzelle eines neuen
Fürstenhauses
Der letzte Graf war Otto V,
mit seinem Tod (Vergiftung aller evangelischen Teilnehmer bei
einer Versammlung während des 30jährigen Krieges in Hildesheim)
wurde das territorium 1640 aufgeteilt zwischen den Häusern Lippe
und Hessen. 1647-48 wurden schließlich die letzten Unklarheiten
der komplexen Teilung vertraglich geregelt. Eine Schwester von
Graf Ernst von Holstein-Schaumburg namens Elisabeth war mit Graf
Simon VI zur Lippe verheiratet, dies begründete den Anspruch
durch das Haus Lippe. Den an Lippe gefallenen Teil der Grafschaft
bekam Elisabeths Sohn Philipp (1601-1681), dessen Wappen wir im
Zwerchgiebel sehen, so wurde Philipp der erste Graf von
Schaumburg-Lippe. Ehebündnisse zwischen Schaumburg-Lippe und
Hessen festigten die Zusammenarbeit bei der Verwaltung der
Schaumburger Erbes - siehe heraldisch linke Seite des
Allianzwappens.
Bestes Photolicht:
Mittagszeit
Allianzwappen
Schaumburg-Lippe und Hessen-Kassel
Das Wappen ist das
Allianzwappen der Eheleute Philipp Graf und Edelherr zur Lippe,
Herr von Alverdissen, Lipperode und Uhlenburg, geb. 1601, gest.
1681, seit 1647 Graf zu Schaumburg, Lippe und Sternberg, und
Sophia Landgräfin von Hessen-Kassel (1615-1670). Hier wird
Schaumburg übrigens noch "Schauwenburg" geschrieben.
Hier sind beide Erben der Schaumburger heraldisch und ehelich
vereint, obwohl Hessen hier Schaumburg noch nicht im Wappen
führt.
Die
Wappen im Detail:
Das Wappen der Grafen
von Schaumburg-Lippe heraldisch rechts ist wie folgt
aufgebaut:
- Hauptschild: geviert:
- Feld 1 und 4: In Silber eine
rote Rose mit goldenem Samen und Kelchblättern
(Bart) (Stammwappen zur Lippe). In alten
Darstellungen können die Kelchblätter auch
fehlen.
- Feld 2 und 3: In Rot ein
6-strahliger goldener Stern, darauf eine
natürliche (schwarz-silberne) Schwalbe sitzend
(Grafschaft Swalenberg/Schwalenberg)
- Herzschild: In Rot ein silbernes
Nesselblatt, je nach Darstellung an den drei Ecken zu
einem Nagel ausgezogen (Stammwapen Schaumburg), in der
Mitte ein silbern-rot geteiltes Schildchen
Dazu gehören folgende 3
Helme:
- Helm 1 (Mitte): Mit einer goldenen
Dornenkrone gekrönt. Zwei goldgestielte Pfauenwedel
(Schleswig) und dazwischen ein Stoß von sieben goldenen
Lanzen mit Fähnchen, die das holsteinische Wappenbild
zeigen (Holstein). Helmdecken rot-silbern.
- Helm 2 (optisch links): Zwischen einem
offenen, rechts silbern-rot geteilten und links
rot-silbern geteilten Flug eine rote Rose mit goldenem
Samen und Kelchblättern, Helmdecken rot-silbern
(Stammkleinod Lippe)
- Helm 3 (optisch rechts): Zwischen zwei
gold-rot übereck geteilten Büffelhörnern ein goldener
achtstrahliger Stern (Grafschaft Schwalenberg)
Das Wappen
der Landgrafen von Hessen-Kassel heraldisch
links ist geviert mit Herzschild:
- Herzschild:
Landgraf von Hessen (Stammwappen)
- Hauptschild: geviert
- Feld
1: Grafen von Katzenelnbogen: In Gold ein roter
Löwe, blau bewehrt und blau bekrönt. Der Löwe
kann hersehen (gelöwter Leopard, d. h. er wird
wie ein Löwe steigend, nicht schreitend
dargestellt, ist aber hersehend wie ein Leopard).
Auf alten Darstellungen an Gebäuden und auf
Siegeln sieht er her, in neuerer Zeit hat man ihn
aber eher wie einen normalen Löwen mit Kopf im
Profil dargestellt.
- Feld
2: Grafen von Ziegenhain:
Schwarz-gold geteilt, oben ein silberner
sechsstrahliger Stern.
- Feld
3: Grafen von Nidda:
Schwarz-gold geteilt, oben zwei achtstrahlige
silberne Sterne.
- Feld
4: Grafen von Diez (Dietz): In Rot zwei goldene,
blau bewehrte schreitende Löwen (gelegentlich
hersehend dargestellt, also Leoparden)
übereinander.
Dazu gehören folgende 3 Helme:
- Helm 1 (Mitte): Helmkrone. Helmzier
zwei Büffelhörner, außen besteckt mit je 7
Lindenzweigen (auch als Kleestengel bezeichnet).
Helmdecken rot-silber. Die Zahl der
Lindenzweige/Kleestengel variiert je nach Zeit der
Darstellung von je 3 bis 7. Als man später die
Büffelhörner mit offenen Mundlöchern darstellte, wurde
auch jedes Mundloch mit einem der sieben
Lindenzweige/Kleestengel besteckt. Landgraf von Hessen.
- Helm 2 (optisch links): Helmzier ein
schwarzer Flug, beiderseits belegt mit einer wie der
Schild tingierten Scheibe. Helmdecken rot-golden. Grafen
von Katzenelnbogen.
- Helm 3 (optisch rechts): Helmzier ein
springender Ziegenrumpf zwischen einem wie der Schild
tingierten und mit je einem silbernen sechstrahligen
Stern belegten Flug (auch als ein geflügelter
schwarz-gold geteilter Ziegenbock beschrieben).
Helmdecken schwarz-golden. Grafen von Ziegenhain.
Achtung:
Verschiedene Kleinode!
Die Helmzieren der
Fürstentümer Schaumburg-Lippe und Lippe unterscheiden sich:
- Stammkleinod Lippe:
- Fürstentum Schaumburg-Lippe:
Zwischen einem offenen, rechts silbern-rot
geteilten und links rot-silbern geteilten Flug
eine rote Rose mit goldenem Samen und
Kelchblättern, Helmdecken rot-silbern
- Fürstentum Lippe: Zwischen
einem offenen, rechts silbernen und links roten
Flug eine rote Rose mit goldenem Samen und
Kelchblättern, Helmdecken rot-silbern
- Stammkleinod Schwalenberg:
- Fürstentum Schaumburg-Lippe:
Zwischen zwei gold-rot übereck geteilten
Büffelhörnern ein goldener achtstrahliger Stern
ohne Schwalbe
- Fürstentum Lippe: Zwischen
einem offenen, rechts goldenen und links roten
Flug ein goldener Stern, auf dem eine natürliche
(schwarz-silberne) Schwalbe sitzt
Die Lippesche Helmzier
war ganz früher ohne die Flügel, in alten Siegeln der edlen
Herren zur Lippe sitzt die Rose direkt dem Helm auf oder ist kurz
gestielt. Dieses Kleinod wurde ca. 1240-1450 unverändert
geführt. Erst im 15. Jh. trat der Flug hinzu, silbern, später
rot, auch silbern-rot, eine Bandbreite, die auch in der Neuzeit
fortbestand.
Die
Stammfolge des Hauses Schaumburg-Lippe
- Graf Simon VI, geb. 1554, reg.
1563-1613, vermählt mit 1.) Ermgard von Rietberg und 2.)
Elisabeth von Holstein-Schaumburg. Graf Simon war eine
bedeutende Herrscherpersönlichkeit der Renaissance. Er
residierte auf Schloß Brake. Unter seiner Herrschaft
erlebte Lippe eine Blüte, wirtschaftlich und kulturell.
Graf Simon war kaiserlicher Kammerherr, Reichshofrat,
Obrist des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises.
Und er ist Stammvater aller Linien des Gesamthauses.
Unter seinen Söhnen beginnt die Verzweigung in das
Haupthaus der Grafen und späteren Fürsten zur Lippe
unter Graf Simon VII einerseits und die Nebenlinie
Alverdissen, den späteren Grafen und Fürsten von
Schaumburg-Lippe. War bis hierhin die Stammfolge
identisch mit dem Hause der Fürsten zur Lippe, so
beginnt hier die neue Linie.
- Philipp Graf und Edelherr zur
Lippe, Herr von Alverdissen, Lipperode und Uhlenburg,
geb. 1601, gest. 1681, vermählt mit Sophia Landgräfin
von Hessen-Kassel (1615-1670). Seit 1647 ist er Graf zu
Schaumburg, Lippe und Sternberg. Deren beider
Allianzwappen sehen wir hier im Giebel.
- Friedrich Christian Graf zu
Schaumburg, 1655-1728, reg. 1681-1728, vermählt mit
Johanna Sophia Gräfin zu Hohenlohe-Langenburg
(1673-1743)
- Albrecht Wolfgang Graf zu Schaumburg,
1699-1748, reg. 1728-1748, vermählt mit Margarete
Gertrud von Oeynhausen (1701-1726)
- Wilhelm Friedrich Ernst, 1724-1777,
reg. 1748-1777, vermählt mit Maria Gräfin zur
Lippe-Biesterfeld, ohne männliche Nachkommen, nur eine
einzige früh verstorbene Tochter. Diskontinuität! Georg
Wilhelm, ein Sproß aus der Linie von Philipp Ernst, des
Bruders von Friedrich Christian (s. o.), übernimmt die
Regierung und nimmt den Fürstentitel an.
- Georg Wilhelm Graf zu Schaumburg,
Lippe und Sternberg, 1784-1860, reg. 1807-1860,
begründet die Linie neu, Fürst ab dem Jahre 1807,
vermählt mit Ida Prinzessin zu Waldeck und Pyrmont
(1796-1869) (zunächst unter Vormundschaft seiner Mutter
Juliane Wilhelmine Louise Landgräfin von
Hessen-Philippsthal und danach von Johann Ludwig
Reichsgraf von Wallmoden-Gimborn)
- Adolf Georg Fürst zu
Schaumburg-Lippe, 1817-1893, reg. 1860-1893, vermählt
mit Hermine Prinzessin zu Waldeck und Pyrmont (1827-1910)
- Georg Fürst zu Schaumburg-Lippe,
1846-1911, reg. 1893-1911, vermählt mit Maria Anna
Prinzessin von Sachsen-Altenburg, Herzogin zu Sachsen
(1864-1918)
- Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe,
1883-1936, reg. 1911-1918, letzter regierender Fürst,
mußte abdanken, vermählt mit Elisabeth Bischoff
(1884-1936)
- Wolrad Fürst zu Schaumburg-Lippe,
Bruder von Fürst Adolf, 1887-1962, vermählt mit
Bathildis Prinzessin zu Schaumburg-Lippe (1903-1983,
böhmische Linie)
- Philipp Ernst Fürst zu
Schaumburg-Lippe, 1928-2003, vermählt mit Dr. Eva-Benita
Freiin von Tiele-Winckler, geb. 1927
- Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe,
geb. 1958, vermählt mit und geschieden von Marie-Louise
Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, 2007 neu
vermählt mit Nadja Anna Zsoeks
- Heinrich Donatus Prinz zu
Schaumburg-Lippe, geb. 1994, aus erster Ehe
Literatur
und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Hartmut Platte: Schaumburg-Lippe, Geschichte eines
Fürstenhauses, Reihe Deutsche Fürstenhäuser, Heft 4,
Börde-Verlag Werl 2007, ISBN 978-3-980-6221-9-6
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897,
Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
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