Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 636
Wappen der Weser-Renaissance-Bauten

Alverdissen, Pfarrkirche

Grablege
Seitlich an die Pfarrkirche in Alverdissen ist eine kleine Grablege angebaut, unscheinbar, wäre da nicht das leuchtend farbig gefaßte Allianzwappen auf der Dachkante, von zwei grobschlächtigen Löwen als Schildhaltern vor dem Umfallen bewahrt, so scheint es, wenn man den schwergewichtigen Fürstenhut obendrüber betrachtet.

Hochadel zu Gast in der Dorfkirche: Wie die Inschrift verrät, ruhen hier der Graf und Herr Philipp Ernst zu Schaumburg-Lippe und Sternberg (1659-1723) wie auch seine Frau Dorothea Amalie geborene Herzogin zu Schleswig-Holstein-Sonderburg-Beck, 1686 vermählte Gräfin zu Schaumburg-Lippe (1656-1739).

Alverdissen: Ein neues Fürstenhaus entsteht
Alverdissen ist Zwischenstation eines Geschlechtes auf dem Weg in die Selbständigkeit: Einst waren die Alverdissener eine Seitenlinie der Grafen zur Lippe, dann wurden sie 1647 Grafen zu Schaumburg, was neue Wege eröffnete: Der Vater des hier Genannten begründete die neue Linie, er war der erste Graf zu Schaumburg, Lippe und Sternberg. Der Urenkel des hier Genannten ist ab 1807 Fürst und souverän mit eigener Herrschaft in Bückeburg, Zentrum einer kleinen, aber erfolgreichen Herrschaft, die als "Musterländchen" wirtschaftlich erfolgreich war und nie an das übermächtige Preußen angeschlossen wurde und zwischen 1918 und 1934 Freistaat war. Die zweite Residenz im Lande war Stadthagen. Was so großartig wurde, begann hier in diesem kleinen Ort als ganz bescheidene Lipper Nebenlinie.

Die Herren von Schaumburg begegnen uns zuerst im 11. Jh., als Adolf I von Schaumburg von Herzog Lothar von Süpplingenburg mit der Grafschaft Holstein belehnt wurde. Als Gründer der Städte Kiel, Hamburg, Rinteln und Lübeck schreiben die Grafen von Holstein und Schauenburg Geschichte, desgleichen mit der erfolgreichen Eindämmung der Dänen in der Schlacht von Bornhöved 1227. In Schleswig-Holstein werden sie schließlich vom Hause Oldenburg abgelöst. Zurück zum Land rechts und links der Weser: 1601 erhoben die Grafen von Holstein-Schaumburg Bückeburg zur Residenz. Der letzte Schaumburger Graf war Otto V, mit seinem Tod (Vergiftung aller evangelischen Teilnehmer bei einer Versammlung während des 30jährigen Krieges in Hildesheim) wurde das Territorium 1640 aufgeteilt zwischen den Häusern Lippe und Hessen (und Braunschweig-Lüneburg). 1647-48 wurden schließlich die letzten Unklarheiten der komplexen Teilung vertraglich geregelt. Eine Schwester von Graf Ernst von Holstein-Schaumburg namens Elisabeth war mit Graf Simon VI zur Lippe verheiratet, dies begründete den Anspruch durch das Haus Lippe. Den an Lippe gefallenen Teil der Grafschaft bekam Elisabeths Sohn Philipp (1601-1681), so wurde er der erste Graf von Schaumburg-Lippe. Ehebündnisse zwischen Schaumburg-Lippe und Hessen festigten die Zusammenarbeit bei der Verwaltung der Schaumburger Erbes.

Es ist hier vom Vater sowie vom Urenkel des hier Begrabenen die Rede - er selber hat nicht als Graf von Schaumburg-Lippe regiert, sondern sein Bruder Friedrich Christian, danach dessen Sohn Albrecht Wolfgang und dessen Enkel Wilhelm Friedrich Ernst. Doch danach kam der Urenkel des hier begrabenen Philipp Ernst an die Reihe, denn Graf Wilhelm hatte mit seiner Frau außer einer früh verstorbenen Tochter keine Nachkommen. Georg Wilhelm, Enkel des hier Begrabenen, Sproß der Alverdissener Nebenlinie, kommt nach gewissen Verwicklungen (Hessen-Kassel glaubte sich das Land einverleiben zu können) an die Regierung und wird zum Begründer einer neuen Stammfolge auf dem Bückeburger Fürstenthron.

Die Wappen im Detail:
Das Wappen der Grafen von Schaumburg-Lippe heraldisch rechts ist wie folgt aufgebaut:

Das Wappen der Herzöge von Schleswig-Holstein heraldisch links ist geviert mit eingebogener Spitze und im Detail wie folgt aufgebaut:

Damit zeigt dieses Wappen an, daß, als diese Linie der Schaumburger mit Adolf VIII, Graf von Holstein, Herzog von Schleswig 1459 ausstarb, der holsteinische Adel im Jahre 1460 den Neffen des letzten Grafen, König Christian I. von Dänemark, zum neuen Herzog von Schleswig und Graf von Holstein wählte, und daß damit das Haus Oldenburg die Nachfolge der Schaumburger in Schleswig und Holstein antrat.

Zwei Wappen, hier zufällig anläßlich einer Ehe vereinigt, beidesmal Erben der Schaumburger, einmal in Schleswig und Holstein, einmal im Stammland an der Weser.

Stammfolge des Hauses Schaumburg-Lippe

Literatur und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Hartmut Platte: Schaumburg-Lippe, Geschichte eines Fürstenhauses, Reihe Deutsche Fürstenhäuser, Heft 4, Börde-Verlag Werl 2007, ISBN 978-3-980-6221-9-6
Hartmut Platte: Das Haus Oldenburg, Reihe Deutsche Fürstenhäuser, Heft 20, Börde-Verlag Werl 2006, ISBN 3-9810315-4-7
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897, Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X

Grablege an der Pfarrkirche - Schloß

Die Entwicklung des Wappens der Herren, Grafen und Fürsten zur Lippe
Die Entwicklung des Wappens der Grafen von Schauenburg in Westfalen

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