Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 520
Kulmbach
(Oberfranken)
Die Plassenburg in Kulmbach (Teil 1)
Die
Plassenburg: Eines der wichtigsten Kulturdenkmäler Frankens
Die Plassenburg ist ein ganz
großes Highlight in der fränkischen Kulturlandschaft. Zum einen
wegen ihrer historischen Bedeutung, denn sie war vom Mittelalter
bis in die Neuzeit einer der geschichtlichen Mittelpunkte
Frankens, gleichzeitig wichtige und stärkste Festung und
kultureller Mittelpunkt der Herrschaft, die dort ihren Hof
unterhielt. Dazu Kulisse für den beispiellosen Aufstieg einer
Familie, eines schwäbisch-fränkischen Geschlechts, das über
das Burggrafentum von Nürnberg zu Markgrafen, Kurfürsten,
Herzögen und schließlich zu Königen aufstieg. Entsprechend ist
der janusköpfige Charakter der Plassenburg: Einerseits eine
selbst in nicht mehr vollständigem Zustand Ehrfurcht gebietende
Festung, andererseits eine der repräsentativsten und
schmuckfreudigsten Herrschaftsarchitekturen. Hier vereinigen sich
Abwehr und Repräsentation, Tragik und Verschwendung, Festung und
Schloß, Monumentalität und Lebensfreude. Und es ist eine
Wehranlage, die vom Mittelalter bis in die Neuzeit durchgehend
fortifikatorische Bedeutung hatte und dennoch nie mit
Waffengewalt eingenommen wurde.
Das Wappen
der Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach über dem Tor zum
Hochschloß, Innenseite
Über der Tordurchfahrt zum
Hochschloß befindet sich innen wie außen ein exquisites
Renaissance-Portal, das jeweils ein zwölffeldriges Wappen mit
drei Helmen zeigt. Es handelt sich jeweils um das Wappen der
Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach in einer Form, die zwischen
der ersten Hälfte des 16. Jh. und dem Ende des Dreißigjährigen
Krieges Gültigkeit hatte.
Im einzelnen ist die Bedeutung der zwölf Felder wie folgt zuzuordnen, wobei festgestellt werden muß, daß die Felder ihre Plätze bei verschiedenen Darstellungen auch wechseln und bei nicht farblich gefaßten Darstellungen die Zuordnung der vier Adler und vier Greifen innerhalb einer gewissen Variationsbreite austauschbar ist:
In dieser Form oder auch in anderer Verteilung der Felder (insbesondere Austausch der Felder 8 und 11) war das Wappen von ca. Mitte des 16. Jh. bis 1648 in Gebrauch. Veränderungen gegenüber den Vorgängerwappen sind: Rügen, Regalienfeld, Preußen, Jägerndorf, Schlesien, Herzogtum Wenden kamen ins Wappen hinzu. Das darauf folgende Wappen ab 1648 wird ergänzen: Herzogtum Magdeburg, Herzogtum Kassuben, Fürstentum Halberstadt, Fürstentum Minden, Fürstentum Camin - diese Ansprüche fehlen hier noch. Und das darauf folgende Wappen wird Rügen aus dem Schild entfernen, denn 1648 mußte nach dem 30jährigen Krieg Rügen an Schweden abgegeben werden, entsprechend flog das Feld wieder aus dem Wappen der Brandenburger raus.
Insofern zeigt das Wappen eine Etappe im beispiellosen Aufsteig einer Familie an, die schon vieles erreicht hat, aber noch höher hinaus will. Waren die bisherigen Wappen zusammengesetzt aus Stammwappen und tatsächlich existierenden Ämtern, Besitzungen und Lehen, so enthalten dieses und die zukünftigen Wappen auch Ansprüche auf Gebiete, die eigentlich von der Hauptlinie regiert werden oder gar einfach nur als Anspruch gesichert werden sollten. Vor allem werden in diesem Wappen stolz die Regalien gezeigt, auch dies sichtbares Zeichen der gesellschaftlichen Erfolges.
Drei Helme trägt das Wappen:
Der silbern-schwarz gevierte Brackenrumpf (Stammkleinod Hohenzollern) mit schwarz-silbernen Helmdecken taucht gar nicht mehr auf.
Entwicklung
des Wappens der Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach
Wappen 1: Die
fränkische Linie der Hohenzollern führt das Stammwappen der
Hohenzollern: einen silbern-schwarz gevierten Schild.
Wappen 2: Später, als sie Burggrafen von
Nürnberg wurden, führten sie bis 1415/1417 einen gevierten
Schild: Feld 1 und 4: Innerhalb eines silbern-rot gestückten
Bordes in Gold ein schwarzer doppelschwänziger Löwe, rot
gekrönt (Burggrafen von Nürnberg), Feld 2 und 3:
silbern-schwarz geviert (Stammwappen Hohenzollern).
Wappen 3: 1415 (erblicher Besitz) / 1417
(Belehnung durch Kaiser) Belehnung mit der Mark Brandenburg.
Übertragung der Kurwürde. Das Wappen wurde um den Brandenburger
Adler bereichert (in Silber ein roter Adler, golden bewehrt, auf
den Saxen belegt mit sog. Kleestengeln (Kleeblattsichel)).
Wappen 4: 1465 Belehnung mit dem Herzogtum
Stettin und dem Herzogtum Pommern. Das Wappen hat vier Felder:
Burggrafen, Hohenzollern, Brandenburg, Pommern.
Wappen 5: Das Wappen hat vier Felder:
Burggrafen, Hohenzollern, Brandenburg, Pommern. Herzschild mit
einem goldenen Zepter in blauem Feld, symbolisiert die
Reichserzkämmererwürde.
Wappen 6: 1486 geht die Reichserzkämmererwürde
an die Hauptlinie Brandenburg-Preußen. Die Ansbacher Markgrafen
gehen dieser Würde verlustig, entsprechend fliegt sie aus dem
Schild. Dafür wird jetzt Stettin reingenommen. Das Wappen hat
vier Felder: Burggrafen, Hohenzollern, Stettin, Pommern.
Brandenburg als Herzschild.
Wappen 7: Der Greif des Herzogtums Wenden findet
Eingang in das Wappen. Weiterhin wurde Rügen ins Wappen
aufgenommen (getreppte Mauer/Stufengiebel und Löwe).
Wappen 8: In der ersten Hälfte des 16. Jh.
kamen gleich drei Adler neu in das zusammengesetzte Wappen,
welches immer mehr Felder bekam: Preußen, Schlesien,
Jägerndorf. Die meisten Neuerungen sind jetzt Anspruchswappen
für Gebiete, die eigentlich von der Hauptlinie regiert werden.
Das ist der Zustand wie hier an der Plassenburg verwirklicht.
Wappen 9: 1648 mußte nach dem 30jährigen Krieg
die Hauptlinie Rügen an Schweden abgeben, entsprechend flog das
Anspruchswappen Rügen auch aus dem Wappen der Markgrafen. Dafür
werden Zugewinne wie Magdeburg und Halberstadt, ehemalige
Bistümer, aufgenommen. Das Fürstentum Camin fand ebenfalls 1654
Eingang in das Wappen, aber erst fehlerhaft, das wurde erst ca.
1703/1704 korrigiert. Man hatte versehentlich das Wappen von Kiew
genommen, nicht von Camin.
Wappen 10: 1703/1704 erhält das Wappen die hier
zu sehende Form. Wie oben schon erwähnt, wird das Feld für das
Fürstentum Camin korrigiert. Die wichtigsten Neuerungen sind,
daß Mecklenburger Ansprüche Eingang in das Wappen finden. Das
sind sehr alte Ansprüche, denn schon 1442 wurde vereinbart, daß
für den Fall des Aussterbens der Mecklenburger die Brandenburger
Ansprüche auf die Titel hätten. Neue Elemente sind Meckenburg,
Schwerin, Stargard etc.
Wappen 11: 1742 weiterer Gebietszuwachs:
Ergänzung um Sayn-Altenkirchen, Freusburg, Homburg und Schenk
von Limpurg
Wappen 12: 1769 Erlöschen der Bayreuther Linie
der Markgrafen, entsprechende Erweiterung des Wappens
Brandenburg-Ansbach-Kulmbach auf 33 Felder und Herzschild.
Beispielsweise tauchen jetzt die gesamten Anspruchswappen Kleve,
Jülich, Berg, Mark, Moers, Ravensberg auf.
Geschichte
Teil 1: Anfänge unter den Andechs-Meraniern und den
Grafen von Orlamünde
Um 1135 wird eine erste
Plassenburg (Blassenburg) im Besitz von Graf Berthold von Andechs
erwähnt. Nach ihr nannte er sich auch Graf von Blassenberg.
Diese erste Blassenburg lag oberhalb der heutigen Plassenburg auf
dem Buchberg und kontrollierte den Berg nahe der Vereinigung der
beiden Mainläufe (Altblassenberg). Damals war das
Herrschaftsgebiet der Andechs-Meranier, einem seit der Mitte des
12. Jh. erstarkenden Geschlecht, ehemals Grafen von
Andechs-Dießen, später Herzöge von Andechs-Meranien, die durch
geschickte Heirat an die reichen Güter am oberen Main kamen und
zu einem der mächtigsten Geschlechter Süddeutschlands
aufstiegen. Sie beherrschten ca. ein Jahrhundert lang große
Teile von Oberfranken. Die wichtigsten Burgen und tragenden
Pfeiler ihrer Herrschaft waren die Orte Kulmbach und die
Blassenburg, Hof und Bayreuth. Einer der Nachfolger von Graf
Berthold, Otto Herzog von Meranien, baute eine zweite, neue Burg
an der Stelle der heutigen Plassenburg, aber ohne ihre
Fertigstellung zu erleben. Der Stern der Andechs-Meranier sank
mit der angeblichen Beteiligung an der Ermordung Philipps von
Schwaben. 1248 erlosch das Geschlecht im Mannesstamm mit Herzog
Otto VIII von Meranien. In Franken wurden sie von den Burggrafen
von Nürnberg, den Grafen von Orlamünde, den Bamberger
Bischöfen und den Grafen von Truhendingen beerbt. Die
Plassenburg kommt an die Grafen von Orlamünde. Nicht
unangefochten, denn die Grafen müssen mit den Bamberger
Bischöfen 1248-1260 um die Burg kämpfen. Aber auch die
Orlamünder herrschen nur eine begrenzte Zeit, 1338 vermachen
Graf Otto VII von Orlamünde und seine Gemahlin Kunigunde,
kinderlos, all ihre Herrschaften und Güter durch Erbvertrag
(eher eine Erbverpfändung, denn 40000 Pfund Heller werden dabei
auch erwähnt) den Burggrafen von Nürnberg. Nur zwei Jahre
später tritt der im Voraus geregelte Erbfall ein, 1340 stirbt
der letzte Graf von Orlamünde, und die Zollern, Burggrafen von
Nürnberg, treten die Herrschaft über die Plassenburg an.
Detailaufnahme der Portalbekrönung im Schönen Hof
Geschichte
Teil 2: Die Plassenburg wird Zentrum der Burggrafen
Von 1340 bis 1810 ist Kulmbach
mit der Plassenburg im Besitz der Zollern, Burggrafen,
Markgrafen. Deren Geschichte ist die eines faszinierenden
gesellschaftlichen Aufstiegs. Erst ein ganz normales gräfliches
Geschlecht, dann Burggrafen, 1273 von Rudolf von Habsburg den
Herzögen, Land- und Markgrafen gleichgestellt, 1363 in den
Reichsfürstenstand erhoben und 1417 mit der Kurwürde
ausgestattet: In etwas mehr als 200 Jahren vom kleinen Grafen zum
Königsmacher, eine beispiellose Erfolgsstory einer Familie, die
schließlich später selber Könige und Kaiser stellen sollte. Im
14. Jh. wird die Plassenburg Verwaltungszentrum für die
zollernschen Besitzungen in Franken und entsprechend stark
ausgebaut. Nürnberg tritt gegen Brandenburg ganz zurück, 1427
gar wird die Nürnberger Burg, der alte Burggrafensitz, an die
Stadt Nürnberg verkauft. Die mächtige Festung widersteht 1430
unter dem Verteidiger Hartung von Egloffstein der Belagerung der
Hussiten-Scharen unter ihrem Anführer Andreas Prokop. Von 1397
bis 1604 ist die Plassenburg Sitz der fürstlichen Hofhaltung,
danach siedelt der Hof nach Bayreuth über. Eine neue Phase des
militärischen Ausbaus erlebt die Plassenburg unter Markgraf
Albrecht Alcibiades ab 1541. Pausenlos ließ er bis 1553 an
seiner Burg arbeiten, um die Verteidigungsanlagen auf den
neuesten Stand zu bringen. Dabei werden auch 1552 italienische
Baumeister auf der Burg erwähnt.
Detailaufnahme vom Portal
Geschichte
Teil 3: Zerstörung im Markgräflerkrieg
Jener Markgraf ist als
Anzetteler des Markgräflichen Krieges bzw. Bundesständischen
Krieges in die Geschichte eingegangen. Die Idee seines
Kriegszuges war, von der Plassenburg aus ein fränkisches
Herzogtum zu begründen, der alten Idee Realität zu geben,
Oberland und Unterland zu vereinen. Er scheiterte am vereinigten
Widerstand der geistlichen Fürstentümer Würzburg und Bamberg
sowie am Widerstand des aufsteigenden städtischen Bürgertums,
vertreten durch die Reichsstadt Nürnberg. Im Juli 1553 wird die
Plassenburg von den vereinigten Heeren der aufgebrachten
bundesständischen Truppen belagert, nachdem sich der
kriegerische Markgraf dorthin zurückgezogen hatte. Nach drei
Wochen wurde die Belagerung abgebrochen, aber aufgeschoben war
nicht aufgehoben: Im November desselben Jahres beginnt die zweite
Belagerung der Plassenburg durch die bundesständischen Truppen,
diesmal länger, intensiver und vor allem erfolgreicher: Am
22.7.1554 kapituliert die mächtige Festung. Sie kapituliert, sie
wurde nicht mit Waffengewalt eingenommen, denn dafür war sie zu
stark. Damit so etwas nie wieder passiert, wird die Plassenburg
von den bundesständischen Truppen ab Oktober 1554 zerstört.
Eigentlich schade, denn sie war noch nicht mal fertig ausgebaut,
so wie der Markgraf sich seine Festung vorgestellt hatte.
Markgraf Albrecht Alcibiades wurde mit der Reichsacht belegt und
floh. Er stirbt im Pforzheimer Exil, gerade mal 36jährig, nach
einem kurzen, wilden, heftigen Leben. Seine Besitzungen gingen
1557 an den Markgrafen Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach,
der nun eine zerstörte Burg übernimmt.
Blick auf die Innenseite der Schildmauer im Schönen Hof
Literatur
und Links:
Siebmachers Wappenbücher
Eugen Schöler, Fränkische
Wappen erzählen Geschichte und Geschichten. Verlag Degener 1992.
Alexander von Reitzenstein, Herbert Brunner, Reclams Kunstführer
Deutschland I, 2, Bayern Nord, Franken, Oberpfalz, 9. Auflage,
Philipp Reclam Verlag Stuttgart, 1956, ISBN 3-15-010318-5, S. 260
ff.
Erich Bachmann, Lorenz Seelig, Horst H. Stierhof: Plassenburg ob
Kulmbach, amtlicher Führer, 1996, hrsg. von der Bayerischen
Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen,
München.
Kulmbach: Plassenburg, Portal innen - Plassenburg, Portal außen
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