Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 293
Mainz - Spuren der Erzbischöfe und Kurfürsten

Brunnen des Albrecht von Brandenburg

Der Marktbrunnen von Mainz ist einer der schönsten und zeitlich frühesten Renaissance-Ziehbrunnen von Deutschland. Er wurde 1526 von Erzbischof und Kurfürst Albrecht von Brandenburg zur Erinnerung an Kaiser Karls V. Sieg bei Pavia über Franz I. von Frankreich unter Gefangennahme des Königs ein Jahr zuvor einerseits und die Niederwerfung der Bauern und damit dem Ende des fürchterlichen Bauernkrieges andererseits errichtet und ersetzte einen verfallenen Vorgänger. Er wurde 1974-1975 restauriert und wieder im Stile der Renaissance farblich gefaßt. Die Außenseiten der Pfeiler sind mit Reliefs geschmückt.

Der Brunnen hat einen runden Trog aus Sandstein und eine dreiseitige Bekrönung, die von drei flach reliefierten Pfeilern getragen wird. Die Pfeiler stehen auf entsprechenden Postamenten, die den runden Trog gliedern. Das ist eine witzige Lösung, denn einerseits steckt hier der gotische Zweischenkelbrunnen drin, andererseits hat man die Anzahl der Pfeiler auf drei erhöht, also eine Art aufgeklappten Zweischenkelbrunnen geschaffen, denn die hintere Seite ist anders behandelt als die beiden Schauseiten. Eine Anspielung auf die Dreizahl der göttlichen Ordnung? Zufall ist die Wahl der Zahl drei sicher nicht in einem kirchlichen Fürstentum, zumal der Brunnen von drei Bischofsfiguren bekrönt wird: Ulrich, Martin, Bonifatius. Haben wir noch eine Dreiheit? Honni soit qui mal y pense - Albrecht von Brandenburg war in drei Bistümern Bischof: Magdeburg, Mainz und Halberstadt. Auch diese Symbolik könnte sich anbieten.

 

Spende von hohem erzieherischen Wert für die geliebten Bürger: Das komplexe Bildprogramm versinnbildlicht Sieg, Tugendliebe und Vergänglichkeit - victoria, virtus, vanitas. Rüstungsteile beispielsweise verweisen auf den Sieg bei Pavia. Ein Totenkopf mit Sanduhr versinnbildlicht die Vergänglichkeit. Natürlich erinnert vordergründig der Brunnen an die beiden historischen Ereignisse. Ihn allein so zu sehen, ist aber engstirnig und wird der Bedeutung des Bauwerks nicht gerecht. Die beiden Ereignisse könnten auch einfach der historischen Einordnung dienen. Der Brunnen ist vor allem auch Gedenkmonument für den Stifter. Und er ist auch Zeichen seines Herrschaftsverständnisses. Auf der einen Seite die fürsorgliche Liebe zu seinen Untertanen gemäß seinem Wahlspruch "OMNIA VINCIT AMOR", auf der anderen Seite kann die deutsche Inschrift "O BEDENCK DAS END" nicht nur im Sinne von Jesus Sirach 7,40 "Bei allem, was Du tust, bedenke das Ende" gelesen werden, sondern auch als Hinweis, sich nicht gegen die Ordnung im Kurstaate aufzulehnen, weil man so am besten fährt. Ein Hinweis, wie der Bauernaufstand ausgegangen ist? Sicher sehr spekulativ. Eines aber ist gewiß: Der Brunnen ist landesherrliches Hoheitszeichen, Symbol des Herrschaftsverständnisses von Albrecht von Brandenburg und steingewordene Lobpreisung des Kurfürsten zugleich.

Abb.: optisch linker Schildhalter auf der dem Dom abgewandten Seite, ein Mann mit Fischunterleib, der in eine ornamentale Volute ausläuft.

Abb.: optisch rechter Schildhalter auf der dem Dom abgewandten Seite, ein Mann mit Fischunterleib, Flossen wie Blattwerk, zwei Köpfe erscheinen in der Schwanzflosse.

Im Jahre 1767 wurde der Brunnen restauriert; dabei wurden dem barocken Zeitgeist entsprechend die Putten an den Ecken des baldachinartigen Überbaus hinzugefügt. Im Jahre 1890 wurde der Brunnen versetzt und dabei erneuert. Die abschließende Madonnenfigur von Valentin Barth kam neu hinzu. Bei der letzten Restaurierung setzte man den Brunnen 1975 wieder an seinen alten Standort vor der ehemaligen Alten Münze, die seit 1526 als Rathaus diente.

Die Wappen an der Stirnseite

An der Stirnseite des von Kurfürst Albrecht von Brandenburg gestifteten Brunnens befinden sich in der Mitte übereinander die Wappen des Erzstifts Mainz (Abb. rechts unten, in Rot ein silbernes, sechsspeichiges Rad) und des Domkapitels (Abb. links unten, eigentlich in Silber vier rote Balken, hier nur drei).

 

Die Inschrift auf dem Gebälk auf der dem Dom abgewandten Seite

Die Inschrift auf dem dreiseitig umlaufenden Gebälk lautet: "Nachdem Kaiser Karl V, allzeitiger Mehrer des Reiches, triumphiert hatte, als nämlich nach dem Sieg in Frankreich (Gallien) der König selbst bei Pavia besiegt und gefangengenommen worden ist, und die unglückselige Bauernverschwörung in Deutschland niedergeworfen worden ist, hat der Kardinal und Erzbischof von Mainz, Albrecht, diesen durch Alter verfallenen Brunnen zum Gebrauch seiner Bürger und ihrer Nachfahren wiederherstellen lassen."

Das Wappen an der dem Dom abgewandten Seite

Das Wappen des Albrecht von Brandenburg hat 8 Felder und drei Herzschildchen. Die Felder des Hauptschildes sind das Familienwappen mit allen territorialen Ansprüchen der Markgrafen, die drei Herzschildchen demonstrieren seine kirchlichen Würden, zwei Erzbischofsstühle und ein Bischofsstuhl.

 
Abb. links: Feld 1: Burggrafschaft Nürnberg, innerhalb eines silbern-rot gestückten Bordes in Gold ein schwarzer doppelschwänziger Löwe, eigentlich rot gekrönt und bewehrt, hier einwärts gewendet.
Abb. rechts: Feld 2: Markgrafschaft Brandenburg, in Silber ein roter Adler, auf den Saxen belegt mit goldenen sog. Kleestengeln, golden bewehrt. Die Belehnung der Markgrafen mit Brandenburg erfolgte im Jahre 1417.
 
Abb. links: Feld 3: Herzogtum Stettin, in Blau ein roter Greif, gekrönt, hier golden bewehrt. Die Belehnung erfolgte 1465. Man beachte die Besonderheit eines gegen die Farbregel verstoßenden Wappens.
Abb. rechts: Feld 4: Herzogtum Pommern, in Silber ein roter, golden bewehrter Greif. Die Belehnung erfolgte 1465. Hier ist der Inhalt gewendet.
 
Abb. links: Feld 5: Herzogtum Wenden, in Silber ein von Rot und Grün eigentlich sechsmal schräglinksgeteilter, hier vereinfachter Greif, golden bewehrt. Das Herzogtum Wenden liegt in Pommern links der Peene und an der Tollense, etwa die Gegend um Stralsund (ohne Rügen) und um Demmin. Es handelt sich um einen modifizierten pommernschen Greifen.
Abb. rechts: Feld 6: Herzogtum Kassuben (Cassuben, Kaschubei), in Gold ein schwarzer Greif. Es handelt sich um die östlichen Teile Hinterpommerns (Köslin, Lauenburg, Bütow etc.). Hier ist das Feld gewendet.
 
Abb. links: Feld 7: Stammwappen Hohenzollern, silbern-schwarz geviert.
Abb. rechts: Feld 8: Fürstentum Rügen, golden-blau geteilt, oben ein wachsender schwarzer Löwe, rot gekrönt und ebenso bewehrt, unten ein aus roten Steinen gemauerter Stufengiebel (von dem hier nur die eine Hälfte sichtbar ist). Rügen kam im frühen 16. Jh. ins Wappen. 1648 mußte nach dem 30jährigen Krieg Rügen an Schweden abgegeben werden, entsprechend flog das Feld wieder aus dem Wappen der Brandenburger raus.
 
Abb. links: Herzschildchen 1: Erzstift bzw. Fürsterzbistum Mainz, in Rot ein silbernes Rad, normalerweise sechsspeichig, hier achtspeichig. Herzschildchen 2: rot-silbern geteilt für das Erzstift Magdeburg (968 gegründet und während der Reformation untergegangen). Herzschildchen 3: silbern-rot gespalten für das Hochstift Halberstadt.
Abb. rechts: Detail des optisch rechten Schildhalters.

Das Wappen an der dem Dom zugewandten Seite:

Auf der dem Dom zugewandten Seite ist das selbe Wappen wie auf der anderen Seite, die Zuordnung ist identisch. Die Schildhalter sind jedoch ganz anders geformt, bärtig, mit anderer Kopfbedeckung und mit zusätzlichen Löwen-Hinterläufen, dafür getrennt von dem Fischleib, der einen eigenen Kopf wie von einem Delphin bekommt.

Einzige Unterschiede: Im Rügen-Feld ganz links (heraldisch) unten fehlt hier der gemauerte Treppengiebel unter dem schwarzen Löwen. Der Löwe der Burggrafen von Nürnberg sowie der kaschubische Greif sind nicht gewendet.

Die Wappenschilde im Stile der Renaissance sind Kartuschen mit Rollwerk an den Rändern, die ganz im Stile der Zeit stark konkav gewölbt sind. In der Mitte heben sich die drei Herzschildchen plastisch ab.

Die Inschrift: "Nachwelt, empfange diese Denkmäler, die Fürst Albrecht selbst für seine Bürger errichtet hat, die er als eifriger Beschützer der Ehrwürdigen von Herzen liebt, auf daß sie immer Liebe mit Liebe vergelten mögen. 1526".

Seltsamer Kontrast. Noch kurz vorher wütete im Rheinland der Bauernkrieg, an dessen blutiger Niederschlagung die Kurfürsten keinen geringen Anteil hatten, und jetzt feiert man die Liebe zu seinen Untertanen, Friede -Freude - Eierkuchen. Wie auch immer, mit diesem Brunnen begann eine Reihe großzügiger Verschönerungen der Stadt zum Wohle der Bürger und zum Ansehen des Kurstaates. Albrecht von Brandenburg wurde einer der wichtigsten Mäzene der Kunst im Zeitalter der Renaissance.

Abb.: optisch linker Schildhalter auf der dem Dom zugewandten Seite, ein Mann mit Löwen-Hinterläufen; die große Volute wird von einem selbständigen Delphin gebildet.

Abb.: optisch rechter Schildhalter auf der dem Dom zugewandten Seite; der Delphinschwanz läuft in einen geflügelten Engelskopf aus..

Symbole geistlicher und weltlicher Herrschaft

Abb.: Über dem Wappen Priesterhut (Galero), Kordeln mit Fiocchi, gestürztes Schwert als Zeichen weltlicher Gewalt in einem Fürstentum des Reiches (Landesherrschaft) und Krummstab als Zeichen geistlicher Herrschaft (Bischofsstuhl).

 

Abb.: Bischofsfiguren im Aufsatz.

Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten:

Berthold von Henneberg (1484-1504)
Jakob von Liebenstein (1504-1508)
Uriel von Gemmingen (1508-1514)
Kardinal Albrecht von Brandenburg (1514-1545)
Sebastian von Heusenstamm (1545-1555)
Daniel Brendel von Homburg (1555-1582)
Wolfgang von Dalberg (1582-1601)
Johann Adam von Bicken (1601-1604)
Johann Schweikhard von Cronberg (1604-1626)
Georg Friedrich von Greiffenclau (1626-1629)
Anselm Casimir Wambolt von Umstadt (1629-1647)
Johann Philipp von Schönborn (1647-1673)
Lothar Friedrich von Metternich-Burscheid (1673-1675)
Damian Hartard von der Leyen (1675-1678)
Karl Heinrich von Metternich-Winneburg (1679-1679)
Anselm Franz von Ingelheim (1679-1695)
Lothar Franz von Schönborn (1695-1729)
Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1729-1732)
Philipp Karl von Eltz (1732-1743)
Johann Friedrich Karl von Ostein (1743-1763)
Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim (1763-1774)
Friedrich Karl Joseph von Erthal (1774-1802)

Literatur:
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897, Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
Siebmacher, die Wappen der Souveräne der deutschen Bundesstaaten, 1. Band, 1. Abt. Markgrafen von Brandenburg
Siebmacher, Bistümer und Klöster, Bi 1.5.1, Deutscher Orden, Albrecht von Brandenburg, Erzbistum Magdeburg
Stefan Heinz, Barbara Rothbrust, Wolfgang Schmid: Die Grabdenkmäler der Erzbischöfe von Trier, Köln und Mainz, Kliomedia, Trier 2004, ISBN 3-89890-070-3
Baedeker: Mainz, Karl Baedeker-Verlag, 2004. ISBN 3-87954-074-8
Werner Schäfke: Der Rhein von Mainz bis Köln, eine Reise durch das romantische Rheintal, DuMont Kunstreiseführer, DuMont Verlag, Köln 2006, ISBN 978-3-7701-4799-1
Manfred von Roesgen, Kardinal Albrecht von Brandenburg, ein Renaissancefürst auf dem Mainzer Bischofsthron, Steigen Verlag, Moers, 1980/81
Horst Reber, Berthold Roland (Hrsg.), Albrecht von Brandenburg, Kurfürst-Erzkanzler-Kardinal 1490-1545, Landesmuseum Mainz / Katalog-Handbuch Verlag Ph.v.Zabern, Mainz 1990.
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Stadt Mainz, Band 2.2: Altstadt, bearb. von Ewald Wegner, hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz 1988, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 3. Auflage 1997, ISBN 3-88462-139-4, S. 264
Mainzer Inschriften, Heft 1: 800-1350, Heft 2: Mitte des 14. Jh. bis 1434, Heft 3: 1435-1508, Heft 4: 1509-1626, aus: Die Inschriften des Mainzer Doms und des Dom- und Diözesanmuseums von 800 bis 1626, bearbeitet von Susanne Kern, herausgegeben von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e. V., Dr. Ludwig Reichert-Verlag Wiesbaden, 2010, ISBN 978-3-95490-333-7, hier insbesondere Band 4, S. 29-33

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