Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 284
Wertheim
(Mainfranken) - Teil (4)
Ehemalige
Hofhaltung zu Wertheim,
Wappen über dem Portal:
Dieses Gebäude, in dem sich jetzt die Stadtverwaltung Wertheim befindet, ist die ehemalige Hofhaltung (bis 1781) der fürstlichen Linie Löwenstein-Wertheim. Das opulente Portal in barockem Stil aus dem Jahre 1749 zeigt das Wappen des Fürsten Carl zu Löwenstein-Wertheim aus der Linie Löwenstein-Wertheim-Rochefort.
Die
Details des Wappens von Löwenstein-Wertheim
(im Siebmacher als apokryphes
Wappen der Linie von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg abgebildet):
Wie kommen
die Löwensteiner zu dem Löwensteiner Wappen?
Eigentlich sind diese
Löwensteiner nämlich gar keine echten Löwensteiner, sondern
Wittelsbacher. Der Stammvater war Kurfürst Friedrich I. der
Siegreiche von der Pfalz (1.8.1425-12.12.1476), der aufgrund
gewisser politischer Umstände zum Verzicht auf Ehe und Erben
gezwungen wurde und die Münchner Hofdame Clara Tott (auch: Dett,
evtl. von Dettingen) aus Augsburg liebte und offensichtlich auch
heiratete, wobei der Zeitpunkt unklar ist. Daß sie vom
Heiratsverbot entbunden wurden und heimlich geheiratet haben,
ergibt sich daraus, daß ihr Sohn Friedrich (1461-1474) im Jahr
1472 zur Aufnahme in Domstifte Speyer und Worms eheliche Abkunft
nachwies. Die Ehe war auf jeden Fall nicht standesgemäß,
sondern morganatisch. Ihr zweiter gemeinsamer Sohn, Ludwig der
Ältere (29.9.1463-28.3.1524, genannt Ludwig der Bayer) erhielt
vom Nachfolger seines Vaters, Kurfürst Philipp von der Pfalz,
zunächst die Herrschaft Scharfeneck (bei Landau) als Lehen. 1488
wurde ihm die Herrschaft Scharfeneck wieder entzogen, dafür
bekam er das Amt Löwenstein in Schwaben mit der Burg Löwenstein
(Landkreis Heilbronn), außerdem die Burg Wildeck bei Abstatt
(Landkreis Heilbronn). Er wurde am 24.2.1494 von Maximilian I. in
den Reichsgrafenstand erhoben und begründete das Fürstenhaus
Löwenstein-Wertheim. Ein Intermezzo gab es 1504-1510: Im
Landshuter Erbfolgekrieg wurde die Grafschaft Löwenstein von
Württemberg eingesackt und erst ein paar Jahre später als Lehen
wieder zurückgegeben, nicht mehr reichsunmittelbar. Nachdem die
Löwensteiner aber an die Reichsgrafschaft Wertheim gekommen
waren und ihre Residenz verlegten, wurde die Grafschaft
Löwenstein für sie weniger wichtig.
Nacheinander gab es drei verschiedene Familien, die sich Grafen von Löwenstein nannten. Die ältesten Besitzer der Grafschaft Löwenstein stammen aus dem Hause der Grafen von Calw. Das Geschlecht erlosch im 13. Jh. Gottfried Graf von Löwenstein war der letzte seines Stammes und verkaufte die Grafschaft 1277 an den Bischof von Würzburg. Dieser verkaufte sie 1281 weiter an König Rudolf von Habsburg, der daraus ein Reichslehen machte, das sein unehelicher Sohn Albrecht von Schenkenberg bekam. Dieser übernahm auch das Wappen der Grafen von Calw-Löwenstein. Das war die zweite Familie. Kurfürst Friedrich hatte diese Grafschaft dann für 14000 Rheinische Gulden von Nachkommen im 3. Glied dieses "natürlichen Sohnes" von Rudolf von Habsburg mit Lucardis von Bolanden gekauft. Vom Kaiser kam die Erlaubnis, den Namen und das Wappen der alten Grafen von Löwenstein fortzuführen.
Wie kamen
jetzt die neuen Löwensteiner an Wertheim?
Sein Enkel, Graf Ludwig der
Jüngere von Löwenstein (28.2.1530-13.2.1611), Sohn von
Friedrich Graf von Löwenstein (gest. 1541), heiratete 1567 Anna
von Stolberg-Königstein-Wertheim und Rochefort, Erbtochter (auf
Umwegen, unter Verzichtleistung ihrer Schwester) des Grafen
Ludwig von Stolberg-Königstein-Wertheim und Rochefort (gest.
24.8.1574). Da damit die Linie erlosch, nahm Graf Ludwig den
Beinamen Wertheim an und nannte sich fortan Graf Ludwig der
Jüngere von Löwenstein-Wertheim. Dadurch erhielt das Haus
Löwenstein bedeutenden Gebietszuwachs:
Condominium
Im Detail ist das alles noch
wesentlich komplizierter. Das Haus Löwenstein-Wertheim spaltete
sich 1611 in zwei Linien: Die Linie Löwenstein-Wertheim-Virneburg,
später Löwenstein-Wertheim-Freudenberg
(evangelisch) hatte ihren Sitz in Kreuzwertheim; die im frühen
17. Jh. abgesplitterte und von Graf Johann Dietrich
begründete Linie Löwenstein-Wertheim-Rochefort,
später Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (seit
1621 katholisch) hatte ihren Sitz erst in Kleinheubach, ab 1806
in Bronnbach, nach dessen Verkauf 1986 wieder in Kleinheubach.
Weil aber gemäß Hausvertrag von 1597 alle Linien
gleichberechtigte Erben waren, ergaben sich daraus in der Praxis
sehr komplizierte Regierungsgeschäfte. Im Westfälischen Frieden
von 1648 wurde festgelegt, daß die beiden Linien in der
Grafschaft Wertheim gemeinschaftlich zu regieren hätten
(Condominium). An solche Konstruktionen war Wertheim gewöhnt, es
sei an das Condominium der Wertheimer Grafen mit den Erbacher
Grafen in Breuberg erinnert. Es ergab sich eine Zusammenarbeit,
die logischerweise nicht ganz einfach war. Im Wiener Kongreß
wurde die ehemalige Grafschaft Wertheim wieder aufgeteilt, der
nördliche Teil ging an Bayern, der südliche Teil mit der Stadt
Wertheim an Baden. Die katholische Linie, hier in Kleinheubach
relevant, schaffte 1711 den Aufstieg in den Reichsfürstenstand,
die evangelische Linie erst 1812, erstere durch Nähe zum Kaiser,
letztere durch Bayern. Der Wechsel im Namen beider Linien kam
durch den Verlust linksrheinischer Territorien zustande;
Rochefort in den belgischen Ardennen und Virneburg in der Eifel;
statt dessen nannte man sich nun nach Rosenberg im
Neckar-Odenwald-Kreis (ehem. Herrschaft Rosenberg,
zwischenzeitlich Besitz der von Hatzfeld) resp. Freudenberg im
Main-Tauber-Kreis (ehem. Herrschaft Freudenberg). Aber der
katholischen Linie ging nicht nur Rochefort verloren, betroffen
waren ebenso die linksrheinischen Besitzungen Chassepierre,
Herbeumont, Agimont, Neufchâteau, Cugnon, Scharfeneck und
Püttlingen. Dafür bekam die Linie im
Reichsdeputationshauptschluß als Entschädigung aus mainzischem
Territorium die Ämter Wörth und Trennfurt und aus
würzburgischem Territorium die Ämter Rothenfels und Homburg,
dazu die Klöster Neustadt, Bronnbach und Holzkirchen. Die
evangelische Linie wurde im Reichsdeputationshauptschluß mit dem
Amt Freudenberg, den Dörfern Mondfeld, Rauenberg, Wessental und
Trennfeld sowie mit den Klöstern Triefenstein und Grünau
entschädigt.
Literatur:
Werner Dettelbacher, Franken,
DuMont Kunstreiseführer, 9. Auflage Köln 1980, ISBN
3-7701-0746-2
Eugen Schöler, Fränkische
Wappen erzählen Geschichte und Geschichten. Verlag Degener 1992.
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag
Degener 3. Aufl. 1999
Aschaffenburger Wappenbuch.
Siebmachers Wappenbuch, A 1,3 3A Fürsten. Die Fürsten des
Heiligen Römischen Reiches, 1. Band, 3. Abteilung, 3. Reihe A.
Siebmachers Wappenbuch, M 1.3.1 Fürsten. Die mediatisierten
Fürstengeschlechter in Deutschland, 1. Band, 3. Abteilung, Hoher
Adel I
http://www.wertheim.de/stadtinfo/bilder/wertheim.html
Löwenstein-Wertheim: https://de.wikipedia.org/wiki/Löwenstein-Wertheim
Burg, Treppenturm - Detail: Stolberg-Königstein-Wertheim - Detail: Wied-Runkel - ehem. Hofhaltung - Grafschaftsmuseum - Stiftskirche - Kilianskapelle
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