Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1103
Weimar
(Thüringen)
Wappen am Residenzschloß Weimar (2)
Baugeschichte
(2)
Die zweite Bauphase der Burg
Weimar beginnt ca. 1535 ff: Aus der mittelalterlichen Burg wird
ein wohnliches Schloß der Renaissance. Unter den Baumeistern
Conrad Krebs und Nicol Gromann, dem bedeutendsten thüringischen
Baumeister des 16. Jh., geht der Umbau vonstatten. Was und wie
geändert wurde, können wir heute noch gut am im Kern
spätgotischen Torhaus nachvollziehen, dem einzigen noch
erhaltenen Gebäudekomplex aus jener Zeit (sog.
"Bastille"). Die Gebäude selbst zeigen die gewachsene
unregelmäßige Struktur, der ca. 1535-1540 entstandene Dekor und
die Schmuckelemente folgen Musterbüchern der
Renaissance-Ornamentik mit floralen Arabesken, Delphinen etc.
Hintergrund dieses Ausbaues war die Teilung sächsischer Länder
in die ernestinische und die albertinische Linie 1485, woraus
sich die Notwendigkeit einer repräsentativen Residenz im neuen
Residenzort der Ernestiner ergab. Leider ist von diesem Schloß
aufgrund zweier Brände 1619 und 1774 nicht mehr als das Torhaus
übriggeblieben. Zum Glück für uns spielten die im Südwesten
vorgelagerten Bauteile, die Bastille und der Schloßturm, bei
allen folgenden Um- und Neubaukonzepten im wahrsten Sinne außen
vor, deshalb ist das malerische Ensemble erhalten geblieben.
Sächsische
Geschichte: Die große Teilung 1485
Mit dem Aussterben der
Askanier bekamen die Wettiner nicht nur die Kurwürde, sondern
auch das Kurland und den Namen Sachsen. Die Kurwürde war an das
Kurland Wittenberg gebunden. Der Name Sachsen wurde jetzt auch
auf die Gebiete Meißen, Lausitz, Thüringen übertragen. Wer
also Wittenberg regierte, war Kurfürst und Reichserzmarschall.
Das Herzogtum war zwar noch klein, aber wichtig. Das Gebiet wuchs
jedoch schnell: Es kamen hinzu 1423 Stollberg (Erzgebirge), 1425
Finsterwalde, 1427 Weida (Thüringen), 1439 Burggrafschaft
Meißen, 1443 Hohnstein, 1448 Senftenberg, 1451 Wildenstein, 1466
Plauen und Kern des Vogtlandes, 1472 Sagan, 1477 Storkow etc. Das
Kurfürstentum wuchs damit im wesentlichen nach Osten und Süden.
Dieses neue große Herzogtum und Kurfürstentum wurde am
9.11.1485 zwischen zwei Brüdern geteilt. Es wurde eine
unwiderrufliche Teilung, die auf immer ernestinische Linie und
albertinische Linie voneinander scheiden sollte. Ernst bekam das
Kurland, also Sachsen-Wittenberg, dazu den größten Teil
Thüringens mit Weimar, Eisenach, Gotha, ferner die
Reichsgrafschaften Reuß, Gleichen, Kirchberg, z. T. Schwarzburg.
Weiterhin konnte er sich über den Erhalt von Altenburg, Zwickau,
Schwarzenberg, Coburg, Plauen, Grimma, Borna, Leisnig und
Eilenburg freuen. Sein Bruder Albert hingegen bekam die
östlichen Landesteile, die Markgrafschaft Meißen, wobei die
Hauptorte Dresden und Freiberg waren, mit den Ämtern Leipzig,
Zörbig und Delitzsch-Landsberg. Albert gehörte ferner die
Pfalzgrafschaft Sachsen. Einige Gebiete und Schutzherrschaften
wurden von beiden Brüdern sogar gemeinsam beherrscht. Von da an
entwickelten sich beide Gebiete total unterschiedlich. Die
ernestinische Linie machte Geschichte durch unglaublich viele und
unübersichtliche Teilungen und Aufsplitterungen, deren
verschiedene Linien werden im folgenden näher beleuchtet. Die
albertinische Linie dagegen teilte sich eigentlich gar nicht,
dafür wurde sie politisch groß und wichtig.
Ein
ernestinisches Wappen vor dem Verlust der Kurwürde
Dieses Wappen an der sog.
Bastille, dem Torbau der alten Burg in Weimar, ab 1539 im Stile
der Renaissance umgestaltet, über dem südwestlichen, äußeren
Eingangsportal, zeigt ein Wappen, wie es von der ernestinischen
Linie bis 1547 in Gebrauch war:
Drei Helme:
Helmdecken rechts rot-silbern, links schwarz-golden.
Man beachte, daß diese Darstellung eine der zeitlich ersten ist, bei der das Kleinod des Erzmarschallamtes im Wappen erscheint. Eine noch frühere Darstellung ist von Münzen aus dem Jahre 1535 bekannt. Interessant ist ferner, wie dabei platzsparend zwei Helmzieren miteinander kombiniert werden, Sachsen und Kurwürde/Erzmarschallswürde. Diese enge Verquickung trägt auch der Tatsache Rechnung, daß die Ämter an das Kurland Sachsen-Wittenberg und seinen Besitz gebunden ist, von daher ist es ein legitimer Anspruch.
Komponente:
Die Burggrafschaft Magdeburg im Wappen
Das Symbol der Burggrafschaft
Magdeburg ist ein gespaltener Schild, vorne in Rot ein halber,
goldenbewehrter und -gekrönter silberner Adler am Spalt, hinten
siebenmal von Silber und Rot geteilt. Helmzier je nach
Darstellung eine liegende silberne Mondsichel mit aufrechten
Spitzen, an jedem Horn mit drei schwarzen Straußenfedern
besteckt und in der Höhlung mit drei einzelnen schwarzen
Straußenfedern besteckt, oder ein Paar Büffelhörner, wie das
linke Feld bezeichnet (so in Gotha am Schloß Friedenstein).
Helmdecken rot-silbern. In den sächsischen Wappen erscheint
dieses Feld erstmals 1535 ff.
Eine Abbildung des Vollwappens findet sich im Konstanzer Wappenbuch. Die Burggrafschaft Magdeburg darf nicht mit dem Erzbistum oder gar dem Herzogtum Magdeburg verwechselt werden. Die Burggrafschaft war die Statthalterschaft im Namen des Kaisers, seit Kaiser Otto I verbunden mit der Vogtei über das neu gegründete Bistum Magdeburg. Zuerst hatten Mitglieder der Familien Walbeck und Plötzke die Burggrafschaft inne, dann kam sie 1118 an den Grafen Wiprecht von Groitzsch, danach an dessen Sohn Heinrich von Groitzsch, Markgraf der Lausitz. Nach dessen Tod kam sie 1136 an Burkhard von Querfurt, bei dessen Familie sie bis 1269 blieb. 1269 kam die Burggrafschaft an die Herzöge von Sachsen-Wittenberg (Askanier!), sie gehört damit zu den ältesten Besitzungen der Herzöge von Sachsen, und noch 1425 belehnte der Kaiser den frischgebackenen Kurfürsten Friedrich den Streitbaren (Wettiner!) "mit Burggrafschaft und Grafgeding zu Magdeburg und Hall". Zurück zum Jahr 1269: Die Verhältnisse drehten sich, denn Erzbischof Konrad II. kaufte das Burggrafentum mit dem damit verbundenen magdeburgischen Erzschenkenamt und den burggräflichen Rechten zu Magdeburg und Halle sowie den Ämtern Gommern, Ranis, Elbenau und Grottau von dem Grafen Burkhard zu Mansfeld und gab es den Herzögen Johann von Lauenburg und Albrecht II. von Wittenberg als Lehen des Erzstifts. 1294 wurde es noch komplizierter, das Burggrafentum wurde wieder an das Erzstift zurückverpfändet, bis es 1538 Kurfürst Johann Friedrich, Rechtsnachfolger der Askanier, mit erheblichen Kosten auslöste, um es zugunsten der Evangelischen gegen Albrecht V. geltend zu machen. Später gelangte diese Burggrafschaft zwar an Brandenburg, doch man hielt an dem Schildbild bis zum Ende des Kurfürstentums fest (vgl. Vertrag aus dem Jahre 1579, Magdeburger Permutationsrezeß zu Eisleben zwischen Kurfürst August von Sachsen und dem Erzstift Magdeburg, Beibehaltung von Titel und Wappen für Sachsen, Abtretung des meisten Gebietes an Mansfeld, Verzicht des Kurfürstentums auf die Ausübung des Burggrafentums, Behalten der oben genannten vier Ämter).
Komponente:
Die Kurwürde im Wappen
Die Kurwürde und das
Reichserzmarschallamt (Archimareschallus) wird als Herzschild
oder als Feld durch folgendes Bild dargestellt: In von Schwarz
und Silber geteiltem Feld zwei schräggekreuzte rote Schwerter.
Helmzier zwei schwarz-silbern geteilte Büffelhörner, die außen
mit je fünf (früher auch nur drei) blauen Fähnchen an roten
Stangen besteckt sind, das letzte jeweils in der Hornmündung,
Helmdecken schwarz-silbern.
Obwohl die Wettiner die Kurwürde seit 1423 innehatten und die Kurschwerter als Herzschild schon im 15. Jh. geführt wurden, erscheint sie als Helmzier erstmals 1535.
Zur Erläuterung der anderen Komponenten vgl. bitte die ausführliche Darstellung beim Kapitel über das Rote Schloß in Weimar.
Der
Übergang der Kurwürde
Eine wichtige Änderung ergab
sich durch die Niederlage und Gefangennahme Johann Friedrichs des
Großmütigen (15321547) von der ernestinischen Linie im
Schmalkaldischen Krieg in der Schlacht b. Mühlberg in der
Lochauer Heide 1547. Er war bis zum 2.10.1552 in Gefangenschaft.
Karl V. nahm ihm zur Strafe die Kurwürde weg und übertrug sie
samt Kurland an Moritz von Sachsen von der albertinischen Linie,
offizieller Verzicht Johann Friedrichs des Großmütigen auf die
Kurwürde am 19.5.1547.
Genealogie der Wettiner bis zum Übergang der Kurwürde:
Dieser Torbogen mit seinem Schmuck ist eines der letzten Zeichen der Kurwürde in Weimar. Ab 1539 wurde die Burg im Stile der Renaissance umgebaut, und 1547 ging die Kurwürde verloren. Die Symbolik hier im Scheitel des Torbogens hatte also nur noch wenige Jahre Bestand. Als der Bauherr dieses herrlichen Bogens mit üppiger Renaissance-Ornamentik in Gefangenschaft geriet, mußte er Kurland und Kurwürde an die Albertinische Linie übertragen und selbst darauf verzichten.
Liste der Landgrafen von Thüringen
Position des auf dieser Seite besprochenen Wappensteines:
Literatur
Siebmachers Wappenbücher
(insbes. Bände Fürsten, Landesfürsten)
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die
deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H.
Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage
2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897,
Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
Die Herrscher Sachsens: Markgrafen, Kurfürsten, Könige
1089-1918. Hrsg. v. Frank-Lothar Kroll. Becksche Reihe, Verlag C.
H. Beck 2007, ISBN 978-3-406-54773-7.
Joachim Menzhausen: Kulturgeschichte Sachsens, Edition Leipzig
2007, ISBN 978-3-361-00628-7
Informationstafeln am Schloß
Rolf Bothe: Dichter, Fürst und Architekten, das Weimarer
Residenzschloß vom Mittelalter bis zum Anfang des 19.
Jahrhunderts, hrsg. von den Kunstsammlungen zu Weimar,
Ostfildern-Ruit 2000.
Lothar Hyss: Johann Wolfgang Goethe und das Residenzschloß zu
Weimar. Die Geschichte vom Wiederaufbau des Weimarer
Residenzschlosses in den Jahren 1789-1803, Meckenheim 1997.
Residenzschloß Weimar: http://www.burgen-und-schloesser.net/409/home.htm
Residenzschloß Weimar: http://www.architekten24.de/projekt/residenzschloss-weimar/uebersicht/index.html
Burggrafschaft Magdeburg: http://www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html?id=110751
Burggrafschaft Magdeburg: http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Magdeburg+%5B1%5D
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