Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1095
Pirna
(Sachsen)
Postdistanzsäule in Pirna
Die
Pirnaer Postdistanzsäule
Pirna besaß einst drei
Postmeilensäulen, nur eine auf 1722 datierte Torsäule ist
erhalten. Der ursprüngliche Standort war am Dohnaischen Tor
(heute Kreuzung Breite Straße / Königsteiner Straße). 1834
wurde sie an den Brotkorbweg umgesetzt, Anfang des 20. Jh. wurde
sie wiederum nach einer Restaurierung an den Tischerplatz
umgesetzt, Mitte des 20. Jh. in die Grünanlagen am Eingang der
Jacobäerstraße versetzt, wo sie noch heute zu finden ist.
Anläßlich der Restaurierung im Jahr 1905 bekam die Säule neue
Inschriften, deren Inhalte nicht mehr mit dem Original
übereinstimmten. 1945 fiel die Spitze ab, die wurde durch eine
zu kurze ersetzt. Zwei weitere Erneuerungen in den Jahren 1955/56
durch die Pirnaer Bildhauerwerkstatt Manke und zuletzt 1984 gaben
der Säule ihr heutiges Gesicht. Ein Gesicht, das durchaus
erneuten Renovierungsbedarf erkennen läßt.
Blick auf die unterschiedlichen Eck-Konstruktionen: Über dem Schriftblock folgt die Wappenzone bzw. das Wappenstück als separat zugehauener Stein, denn hier legte der Landesherr großen Wert auf Repräsentation. Die Darstellung seines Wappens war auch angemessen, denn die Post war ein Regal, das nicht ohne landesherrliche Erlaubnis ausgeübt werden durfte. In der Regel besitzt jede Säule vier Wappen, jeweils die Kombination aus übereck einander zugeneigten barock verzerrten Wappenschildkartuschen mit polnisch-litauischen und kursächsischen Inhalten. Dadurch, daß sich jeweils zwei dieser Kartuschen einander zuneigen und am Eck mit einer Volute miteinander verbinden, überhöht von einer Krone, wird hier der ansonsten quadratische Querschnitt der Säule ins Längliche gezogen. Da sich beide Schilde einander zuneigen, ergibt sich unter deren Verbindungspunkt eine Zone am Eck, die für die Anbringung von Initialen genutzt wurde: Diese Zone ist blau angestrichen und trägt die verbundenen goldenen Buchstaben AR - Augustus Rex, König August. Das Ganze kommt zweimal an gegenüberliegenden Ecken vor.
Funktionsverlust
der Säulen im 19. Jh.
Eine Markierung ist nur
solange etwas wert, wie ihr Maß Akzeptanz genießt. 1815 kam es
durch den Wiener Kongreß zu einem gewaltigen Gebietsverlust
Sachsens, mehr als die Hälfte ging verloren, der Löwenanteil an
Preußen. Dadurch stand auf einmal ein Viertel aller Postsäulen
in preußischem Gebiet, in dem ein anderes Längenmaß galt.
Einige wenige Säulen arbeitete man um und ersetzte die
sächsischen Streckenlängen durch preußisches Maß.
Viel einschneidender war aber die Angleichung der sächsischen Meile an die Einheit der Nachbarländer im Jahr 1840 - die sächsische Meile war nun nicht mehr 9,062 km lang, sondern nur noch 7,5 km. Damit hatten sich die Postdistanzsäulen überlebt und waren ohne Funktion, schlimmer noch, die Angaben waren zunehmend irreführend. Es bestand also kein Interesse mehr an Instandhaltung, und die Wegmarkierungen waren dem Verfall preisgegeben.
Ein weiterer Faktor war die Expansion der alten Städte im 19. Jh., die vielerorts zum Abriß von Stadtmauern und Stadttoren führte. Da gerade die Postdistanzsäulen in räumlicher Einheit mit den Stadttoren aufgestellt waren, standen sie den sich jetzt dort bildenden größeren Verkehrskreuzungen im Wege und wurden entfernt. Mehr oder minder folgenreiche Kollisionen mit Fuhrwerken oder später mit LWKs trugen weiter zur Beschädigung der Säulen und zur Erhöhung ihres Störfaktors bei.
Erst im 20. Jh. erwachte das Interesse an diesen einzigartigen Zeitzeugen kursächsischer Postgeschichte, und vor allem dem Engagement des Vereins "Forschungsgruppe Kursächsische Postmeilensäulen e.V." ist es zu verdanken, daß die vorhandenen Säulen geschützt und restauriert wurden und bei gesicherter Quellenlage auch Rekonstruktionen dieses Denkmal präsent halten.
Die
Entfernungsangaben auf der Pirnaer Säule
Nur zwei Seiten sind mit
Entfernungsangaben beschriftet, wie bei Torsäulen üblich. Alle
vier Seiten zeigen die Jahreszahl 1722 und das goldene Posthorn.
Die angegebenen Strecken:
Die horizontale Linie kennzeichnet den Beginn einer neuen Streckenbeschreibung:
Zweite Seite der Säule:
Horizontallinie, neue Route:
Horizontallinie, neue Route:
In diesem Fall zeigt sich hervorragende Übereinstimmung damaliger und heute berechneter Wegangaben.
Das Wappen
Augusts des Starken
Das Wappen spiegelt eine
spezielle geschichtliche Konstellation wider, die nur für zwei
Herrscher zutraf: August der Starke war gleichzeitig als
Friedrich August I. Kurfürst von Sachsen (1694-1733) und August
II. König von Polen (1697-1704 und 1709-1733, unterbrochen durch
die Niederlage gegen Schweden im Großen Nordischen Krieg). Nach
ihm galt für seinen Sohn das Gleiche (Friedrich August II.,
Kurfürst von Sachsen 1733-1763) und als August III. König von
Polen (1733, 1736-1763).
Darüber die polnische Königskrone. Es handelt sich um eine Bügelkrone, die oben mit einer mit einem Kreuz besetzten Kugel abschließt.
Literatur
Dr. Siegfried Rühle,
Überarbeitung durch Friedrich H. Hofmann unter Mitwirkung von
André Kaiser und Frank Ringleb, Postsäulen und Meilensteine,
herausgegeben von der Forschungsgruppe Kursächsische
Postmeilensäulen e. V., 3. Auflage 2007, Schütze, Engler, Weber
Verlags GbR, Dresden 2007, ISBN 978-3-936203-09-7
http://www.kursaechsische-postmeilensaeulen.de/
Lexikon Kursächsische Postmeilensäulen, transpress Verlag
Berlin 1989, ISBN-10: 3344002643, ISBN-13: 978-3344002640
Verein für sächsische Postgeschichte und Philatelie: http://www.postgeschichte-sachsen-vsp.de/
Gustav Schäfer, Geschichte des Sächsischen Postwesens vom
Ursprung bis zum Übergang in die Verwaltung des Norddeutschen
Bundes, Dresden 1879
Kurt Krebs: Das kursächsische Postwesen zur Zeit der
Oberpostmeister Johann Jakob Kees I und II, Berlin und Leipzig
1914
http://de.wikipedia.org/wiki/Kursächsische_Postmeilensäule
http://de.wikipedia.org/wiki/Galerie_der_Sächsischen_Postmeilensäulen
http://de.wikipedia.org/wiki/Dresden-Teplitzer_Poststraße
Postdistanzsäule in Dresden - unter spezieller Berücksichtigung der
Maßeinheiten und alternativer Wappendarstellungen
Postdistanzsäule in Meißen - unter spezieller
Berücksichtigung der Geschichte der Markierungen
Postdistanzsäule in Moritzburg - unter spezieller
Berücksichtigung des Aussehens des Markierungssystems
Postdistanzsäule in Königstein - unter spezieller
Berücksichtigung der heutigen Standorte der Säulen
Postdistanzsäule in Stolpen - Postdistanzsäule in Leisnig
Pirna: Rathaus - Bürgerhäuser (1) - Bürgerhäuser (2)
Motive: Rautenkranz - Vytis
Sächsische Wappen (1), Ernestinische Linie - Sächsische Wappen (2), Albertinische Linie
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