Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2995
Herrieden (Landkreis Ansbach)

Die mittelalterliche Stadtbefestigung von Herrieden

Die mittelalterliche Stadtbefestigung von Herrieden ist fast vollständig erhalten. Sie umschließt ein Oval parallel zur Altmühl von ca. 400 m (längs) bzw. 280 m (quer) Durchmesser, dem außen ein großzügiger Grüngürtel vorgelagert ist, wo sich früher der Graben befand, der heute Grünanlagen und Gärten gewichen ist. Die ehemals vorhandene Verdachung der Mauer fehlt, von den beiden einstigen Toren ist eines verschwunden, doch der Mauerzug an sich ist größtenteils und bis auf drei neue Straßendurchbrüche fast lückenlos intakt. Er folgt vom Storchenturm ausgehend den Straßen Turmstraße, Vordere Gasse, An der Stadtmauer, Herrenhof und Deocarplatz. Straßendurchbrüche gibt es im Nordwesten für die Neunstetter Straße, im Norden neben der Fronveste für die Fronvestestraße und im Südosten für die Bahnhofstraße. Zwei dieser Durchbrüche sind komplett neu, einer folgt einer alten, früher mit Tor gesicherten Wegführung. Für die Stadtbefestigung können zwei Bauphasen unterschieden werden, in einer ersten Ausbauphase entstand 1340-1344 die komplette Mauerumgürtung, und im späten 15. Jh. wurde dieser Gürtel in einer zweiten Phase verstärkt.

 

Aus der ersten Ausbauphase stammt der Storchenturm im Süden. Hier führt die Straße aus südwestlicher Richtung über die historische Brücke über die Altmühl und nach Passieren des mittelalterlichen Stadttores direkt auf den Markplatz. Auf dem am Rande des äußeren Grabens verlaufenden Weg Altmühlhaag kann man sich die erhaltenen Befestigungen gut von außen ansehen; der Weg führt bis zu den beiden neueren Straßendurchbrüchen im Südosten und im Nordwesten. Der um 1340 entstandene Torturm (Marktplatz 6) ist bis zu 3/4 der Höhe aus Haustein unter Verwendung von Buckelquadern gemauert und besitzt eine spitzbogige Durchfahrt. Das steile Walmdach trägt seit Jahrhunderten ein Storchennest; Störche sind in Herrieden reichlich vorhanden und allgegenwärtig. Der Turm hatte einen Vorläufer, der 1316 durch Ludwig den Bayern zerstört wurde. Der Eichstätter Fürstbischof Heinrich V. Schenk von Reicheneck (amtierte 1329-1344) ließ ihn 1340 wieder aufbauen.

Über der Durchfahrt ist feldseitig ein Wappenstein angebracht, unter einer Mitra sind zwei separate Schilde einander zugeneigt, der rechte mit dem Hochstiftswappen (in Rot ein silberner Krummstab), der linke mit einem Schildhaupt. Es handelt sich dabei aber nicht um das Wappen der Schenken von Reicheneck, Ministerialen des Bistums Bamberg, denn die führten eine rote Rose. Ein Schildhaupt und unten gespalten, dieses Motiv kommt nur bei einem einzigen Eichstätter Fürstbischof vor, bei Friedrich II. von Parsberg (-28.6.1246, amtierte 1237-1246). Die aus der Oberpfalz stammenden von Parsberg führten ein rotes Schildhaupt, darunter schwarz-silbern gespalten. Der Bischof entstammte der Linie zu Beratzhausen. Der Stein erweckt jedoch nicht den Anschein, aus dieser Zeit zu stammen. Wahrscheinlich ist es eine Neuanfertigung eines alten Wappensteines aus der Zeit des zweiten Ausbaus, und der Schild hätte so aussehen sollen wie der nachfolgend vorgestellte, und das Schildbild ist vermutlich ein Artefakt.

Ein lohnenderes Wappen ist am entgegengesetzten Ende der Altstadt zu finden, an der Fronveste (Fronveststraße 12). Das ist ein festungsartiger, vierstöckiger Bau in der Mitte der Nordflanke der Stadtmauer, wo die Fronvestestraße auf die Münchener Straße jenseits des ehemaligen Grabens führt. Ursprünglich war das einmal ein runder Turm der Stadtbefestigung, der 1492 durch Fürstbischof Wilhelm von Reichenau umgebaut wurde, als dieser die Stadtmauer verstärkte. Die Wandstärke beträgt im Bereich des Turmes 2 m. 1747 wurde in der Barockzeit an den Wehrturm ein rechteckiger Wohnanbau angesetzt, dazu ein Stallgebäude. An der Westseite sieht man gut den Übergang, wo der ehemalige Rundturm nach innen einbiegt. Dieser wichtige Teil der Stadtbefestigung blieb bis zur Säkularisation in fürstbischöflichem Besitz. Danach diente die festungsartige Fronveste 1803-1901 als Landgerichtsgefängnis, anschließend 1901-1960 als Polizeiwache. Seit 1960 befindet sich das Gebäude in Privatbesitz. 2003 gab es einen Eigentümerwechsel; im Jahre 2004 wurde die Fronveste vom neuen Besitzerehepaar, Stefan und Martina Ubl, grundlegend saniert. Sie wird in den oberen Etagen als Wohnung genutzt; unten befindet sich ein Ladengeschäft (Fees Orthopädie-Schuhe).

Der an der östlichen Feldseite zu findende Wappenstein an der runden Außenseite der Fronveste gehört zum Eichstätter Fürstbischof Wilhelm von Reichenau (lebte ca. 1425-18.11.1496, regierte 1464-1496). Sein Wappen besteht aus zwei unter einer Mitra mit zwei heraushängenden und seitlich zu einer Schlinge hochgezogenen Infuln zusammengestellten und einander zugeneigten Schilden, rechts in Rot ein korrekterweise silberner (nicht golden wie hier) aufrechter Krummstab (Bischofsstab) für das Hochstift Eichstätt, links dreimal rot-silbern-schwarz-silbern geteilt, für die Familie von Reichenau. Der Stein besitzt eine schmale Verdachung und winzige Schmuckelemente aus Blendmaßwerkzwickeln in den beiden oberen Ecken.

 

Das Wappen wird von diesem Fürstbischof auch in gevierter Form geführt. Weitere Beispiele für bauplastische Wappen dieses Fürstbischofs sind das Stadttor in Dollnstein, das mittlere Tor in Berching, der Gemmingenbau der Willibaldsburg und Schloß Hirschberg. Das ist Beleg seiner regen Bau- und vor allem Befestigungstätigkeit, so war er auch in Ornbau, Greding, Sandsee, Beilngries, Nassenfels und Mörnsheim in dieser Hinsicht tätig und um Ausbau und Verstärkung der Wehrarchitektur bemüht. Weitere Wappen für diesen Fürstbischof befinden sich im Eichstätter Dom und im Mortuarium.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: Fronveste: https://www.google.de/maps/@49.2346853,10.4980044,21z - https://www.google.de/maps/@49.2346853,10.4980044,42m/data=!3m1!1e3, Storchenturm: https://www.google.de/maps/@49.2322147,10.4970014,20z - https://www.google.de/maps/@49.2322524,10.4970041,46m/data=!3m1!1e3
Storchenturm auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Storchenturm_(Herrieden)
Fronveste auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Fronveste_(Herrieden)
Hinweistafeln an den Gebäuden
Johanna Säuberlich: Herriedener Familie wohnt im Gefängnis, Artikel vom 15.10.2011 in Nordbayern:
https://www.nordbayern.de/region/herriedener-familie-wohnt-im-gefangnis-1.1564374
Wilhelm von Reichenau auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_von_Reichenau

die ehemalige Stadtburg (Vogtei) - die Gebäude rings um den Marktplatz

Die Wappen der Fürstbischöfe von Eichstätt - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3)

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