Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2560
Sulzfeld (Landkreis Karlsruhe, Baden)
Die Ravensburg, Stammsitz der Göler
Burg Ravensburg liegt östlich des Dorfes Sulzfeld nördlich des Kohlbachtals auf einem Hügel idyllisch inmitten von Weinbergen, mit phantastischem Blick über den Kraichgau. Sie ist eine der besterhaltenen Anlagen der Region, etwa in einer Liga mit Burg Steinsberg, und eine der bedeutendsten noch erhaltenen Burgen im Kraichgau. Bereits 1212 wird die Ravensburg urkundlich erwähnt; vermutlich wurde um 1220 der Bergfried durch Ravan von Wimpfen begonnen, ein staufischer Reichsministeriale, dessen Besitz bis nach Bad Rappenau reichte. Im Laufe des 13. Jh. wurde die komplette Anlage vollendet. Die ersten Herren der Burg, darunter Ravans Söhne Raban und Dieter von Ravensburg, nannten sich noch zwischen 1213 und 1220 "von Sulzfeld". Diese beiden wurden zu Stammvätern dreier Familien mit ähnlichem Wappen, Raban wurde Stammvater der Göler von Ravensburg und der von Mentzingen, Dieter derjenige der von Helmstatt. Der Beiname "Göler" erscheint bei den Herren der Ravensburg erstmals im Jahre 1247 bei Berthold I., und seine Nachkommen übernahmen den zunächst persönlichen Beinamen als Familiennamen.
Abb.: Blick von Westen auf den Batterieturm der Kernburg, 3 Verteidigungsebenen, links kasemattenartiger Wehrgang mit Schießscharten auf Graben-Niveau.
Die Besitzverhältnisse waren kompliziert, und verschiedene Anteile gehörten verschiedenen Parteien. Ein Teil der Burg scheint Allodialbesitz der Familie gewesen zu sein. Andere Teile waren Lehen. 1364 wurden den Brüdern Albrecht I. und Berthold IV. eigene Anteile der Burg Wilhelm II. Graf von Katzenelnbogen zu Lehen aufgetragen. Andere Anteile wiederum gehörten den Grafen von Oettingen, die auch Lehnsherr für den größten Teil des Ortes Sulzfeld waren. Von diesen und den anderen Eigentümern erhielten die Göler von Ravensburg die namengebende Stammburg als Lehen. Im Laufe der Zeit wurde die Burg mehrfach zerstört, wiederauf- und umgebaut. In fast jeder Epoche wurde etwas zum Baubestand hinzugefügt, so daß das Ensemble ein buntes Nebeneinander verschiedenster Stile bildete. Im 19. Jh. ging sehr viel Originalsubstanz durch Abrisse und Verwendung als Steinbruch verloren, so daß Burg Ravensburg heute eine Teilruine ist.
Abb. links: Bergfried von Westen. Abb. rechts: Halbschalenturm der Vorburg.
Das Burggelände mißt ca. 135 m in der Länge und 77 m an der breitesten Stelle. Ein ca. 10 m breiter Graben trennt Vor- und Hauptburg. Die schwächste Stelle der Verteidigung war die Ostseite, wo der geringste Anstieg ist und die naturräumliche Lage die Burg ohne Geländeschutz läßt, deshalb wurde diese Richtung durch die Vorburg zusätzlich abgesichert. Die Vorburg, deren äußere Mauerzüge noch erhalten sind und die von der Fläche her größer ist als die Kernburg, bildet ein unregelmäßiges Fünfeck mit drei Halbschalentürmen, welche jeweils die östliche und nordöstliche Mauer flankieren. An der Südmauer, wo auch der Zugang erfolgt, stehen zwei Gebäude, links des Zuweges (westlich) das Torwarthaus aus dem ausgehenden 16. Jh. und rechts des Zuweges (östlich) das Meiereigebäude aus älterer Zeit. Der Torweg ist überbaut und mit einem Wehrgang versehen; eine sich nach unten trapezartig verbreiternde Spur in der Mauer zeigt, wie man von oben den Eingang durch das Wurf- und Gußloch verteidigen konnte. Auf dem Gelände der Vorburg befanden sich früher noch ein Meiereihaus, Stallungen und Scheunen - alle diese Gebäude sind verschwunden, weil sie um 1822 abgerissen wurden. Lediglich im Osten des Geländes hat sich inmitten der Freifläche eine rechteckige, in den Boden eingesenkte Viehtränke und Pferdeschwemme erhalten. Zum trennenden Graben hin hat die Vorburg natürlich keine Wehr. Der Graben selbst geht fließend in den um die Kernburg gezogenen Ringgraben über. Am besten ist dieser auf der Südseite erhalten. Im Graben befindet sich ein Direktzugang zu den Kellerräumen unter Palas und Küchenbau, zeitweise vermauert, heute wieder zugänglich gemacht. Die Ringmauer besitzt im unteren Bereich Schießscharten auf Grabenhöhe. Das ist eine große Besonderheit, denn bei der wehrtechnischen Aufrüstung der Anlage wurde hinter der älteren Mauer ein kasemattenartiger unterirdischer Wehrgang angelegt, der die wichtigsten Verteidigungsstrukturen miteinander verband. Er zieht sich im Norden und Westen um die Kernburg; der Zugang liegt nördlich des Bergfriedes. Die Schießscharten weisen viele unterschiedliche Formen auf und weisen auf eine Entstehungszeit um die Mitte des 16. Jh.
Abb.: Ostseite der Kernburg mit Graben und Steinbrücke
Eine Steinbrücke führt über den Graben zur halbrund angelegten Hauptburg; es ist nach wie vor der einzige Zugang zum durch Mauer und Graben geschützten Kernbereich. Die Brücke besitzt zwei ungleich dimensionierte Bögen; früher war der kürzere Abschnitt offen und wurde mit einer hölzernen Zugbrücke überspannt. Der Bereich konnte im Verteidigungsfall sowohl vom Palas aus als auch vom nordöstlichen Eckturm aus bestrichen werden. Im Graben erkennt man nördlich der Brücke die Reste eines Ziehbrunnens; eine zweite Wasserversorgung bestand im Hof der Kernburg in Form eines 47 m tiefen Ziehbrunnens mit einer Zisterne. Markantestes Bauwerk der Kernburg ist der viereckige Bergfried im Zentrum. Die Verwendung von Buckelquadern datiert ihn in das frühe 13. Jh. Seine Mauern sind bis zu 2,80 m dick. Mit 7 m Seitenlänge und 30 m Höhe überragt er alle anderen Gebäude. Der originale, rundbogige und vergleichsweise niedrige Eingang liegt in 11 m Höhe. Oben sind auf allen vier Seiten die Spuren von angebauten, auskragenden Gießlocherkern zu sehen. Der Bergfried wurde 1907-1908 renoviert; dabei wurde auch der ebenerdige Zugang gebrochen.
Beide Abb.: Vielfalt der Schießscharten, Nachrüstungen der mittelalterlichen Burg im 16. Jh.
Ganz im Westen zum Ort hin sichert ein weiterer in die Ringmauer integrierter Turm die Anlage. Dieser westliche Turm wurde als Geschützturm konzipiert. Es handelt sich um einen Batterieturm mit drei Verteidigungsebenen. Nach Nordosten wird die Kernburg durch einen rechteckigen Turm abgesichert. Früher stand hier auch ein runder Halbschalenturm, doch nach einem Einsturz wurde dieser viereckig wiederaufgebaut. Der heutige Gebäudebestand folgt der Südmauer ab deren Mitte nach Osten und knickt dann mit dem Palas nordwärts entlang dem Trenngraben nach Norden ab und endet mit dem Torhaus. Die Südostecke bildet ein polygonales Türmchen. Zum Graben hin ist eine Art Altan mit verzierter Balustrade vorgebaut. Dieser Altan ruht auf einem mächtigen, im unteren Teil geböschten Strebepfeiler, von denen hier mehrere das Wohngebäude zum Burggraben hin abstützen. Am oberen Rand sind unterhalb der Balustrade mehrere sehr schön gearbeitete Kragsteine zu sehen. Die Brüstung hat zur Vorburg hin vier Felder mit ornamentalem Maßwerk in C4-Symmetrie und an den Seiten noch einmal je ein Feld, rechts in C2-Symmetrie, links mit einer einzigen Spiegelebene.
Das 1467 erbaute Torhaus am inneren Ende der Steinbrücke besitzt zwei Öffnungen, ein großes Tor für Wagen und Reiter und eine kleine Pforte links daneben für Fußgänger. Die Fußgängerpforte endet heute blind auf einem halb abgebrochenen Sockel, weil die Begrenzungsmauer der Steinbrücke heute zwischen beiden Toren auf die Außenwand trifft. Somit ist die kleine Pforte heute nicht mehr benutzbar. Am großen Tor ist noch deutlich der Falz für den ehemaligen Anschlag der Zugbrücke zu sehen. Über der kleinen Pforte ist eine Spolie eingebaut, ein erster Wappenstein. Schon die Form verrät, daß er nicht hierhergehört und nachträglich hier eingemauert wurde: Er ist kreisrund mit umlaufender Inschrift und wurde ursprünglich nicht schräg von vorn, sondern von unten betrachtet, denn es handelt sich um einen ehemaligen Schlußstein eines Gewölbes aus einem abgebrochenen Wohnbau. Der Stein mißt ca. 50 cm Durchmesser. Die Kapitalis-Inschrift auf dem schräg abgefasten Rand beginnt unten in der Mitte und ist nur noch ansatzweise lesbar: "HANS FRI(E)DE(RICH GÖLER VON RAVENS)PERG KAT(H)ERINA VON M(ENTZINGEN)". Zwei Schilde, derjenige der Göler von Ravensburg und derjenige der von Mentzingen, sind unter der Göler-Helmzier zusammengestellt (Blasonierung siehe unten).
Abb.: Wappenstein über der Fußgängerpforte, ehemaliger Schlußstein von einem Gewölbe im Palas
Die herrschaftlichen Wohnbauten gliederten sich einst in das Fritzische Schloß und das Bernhardsche Schloß, so benannt nach zwei verschiedenen Bauherren, Onkel und Neffe. Das 1565 erbaute Bernhardsche Schloß, auch Ritterhaus genannt, existiert nicht mehr. Es stand früher zwischen dem Torhaus und dem Bergfried, an dem man noch einen Dachansatz neben weiteren Spuren des einst dort angesetzten Gebäudes sehen kann. Diese Spuren stammen aber nicht von dem Ritterhaus, sondern vom 1457 durch die Spanier zerstörten Vorgängerbau. Das Ritterhaus, ein dreistöckiger Steinbau, füllte die Nordostecke der Kernburg aus. Bauherr war Bernhard II. Göler von Ravensburg (1523-1597), vermählt 1546 mit Maria von Hirschhorn (1528-, selbst wieder eine Göler-Tochter), der beim Tod seines Großonkels Bernhard I. einen Anteil der Güter geerbt hatte. Früher schloß sich im Osten noch ein dreistöckiger Anbau mit Pultdach an, so daß zwischen Torhaus und Bergfried eine geschlossene Fassade zum Hof hin existierte. Im Norden gab es ein Treppenhaus, das teilweise auf der Wehrmauer aufsaß. Das wurde alles 1822 durch Benjamin Göler von Ravensburg abgerissen.
Abb.: Südlicher Teil des Grabens zwischen Vor- und Kernburg. Rechterhand Renaissance-Palas mit vorgebautem Altan.
Abb.: Reich ornamentiertes Maßwerk der Altanbrüstung.
Beide Abb.: die beiden äußeren Kragsteine unter der Altan-Brüstung.
Das 1607 unter Hans Friedrich Göler von Ravensburg (5.3.1565-10.12.1626), markgräflich badischer Geheimer Rat und Obervogt zu Durlach, erbaute Fritzische Schloß ist der Renaissance-zeitliche Palas linkerhand des Torgebäudes. Im Norden und Süden besitzt das Gebäude geschmückte Giebel. Der Korridor und die erhaltenen Räume sind mit Kreuzgewölben ausgestattet. Zu diesem Bau gehört der Altan mit der verzierten Balustrade, diese und weitere Schmuckelemente weisen das Gebäude als repräsentativen Wohnsitz der Burgherren aus. Damals wurde aus der Festung ein Wohnschloß. Eine Besonderheit war die einst hier befindliche, 320 Bände umfassende Bibliothek. Hans Friedrich ließ auch den Großen Keller unter dem Palas erbauen. An der Nordwestecke des Palas stand einst hofseitig ein achteckiger Treppenturm, von dem aber nur noch eine Ruine vorhanden ist. In diesem Palas lebten bis 1846 die letzten Burgbewohner, bevor alles aufgegeben wurde.
Abb. links: Nordeingang zum Palas. Abb. rechts: Detail, rechte Karyatide.
Am Palas befindet sich der beste Wappenstein der ganzen Burg, leider auch in stark beschädigtem Zustand. Der Wappenstein ist integriert in eine nur teilweise erhaltene Aedikula über einem Portal auf der Nordseite des Palas. Von den freistehenden Säulensockeln sind rechts Reste erhalten. Rechts ist noch eine Karyatide erhalten, das Gegenstück auf der linken Seite fehlt.
Die Giebelzone ist mit einem Medaillon geschmückt mit einem Relief der Justitia mit Schwert und Waage zwischen seitlich schräg nach außen gelehnten Gesetzestafeln, die mit "LEX / DIV / INA" bzw. "LEX / (HV / MANA)" - göttliches Gesetz, menschliches Gesetz - beschriftet sind. Die beiden Bücher auf den seitlichen, von Voluten gestützten Konsolen sind "(IVS) / DIVIN/VM" und "IVS / CIVIL / E" beschriftet, göttliches und bürgerliches Recht. Das illustriert die Verankerung der weltlichen Rechtsprechung in der unabänderlichen gottgewollten Ordnung. Um die Justitia ist auf dem Rand eine Inschrift angebracht, die rechts auf besagter seitlicher Konsolen ihre Fortsetzung findet, des Wortlauts: "GERECHTICKEIT DIE HAT . . . . . DIE HEILICKEIT DVRCH CHRISTI BLVOT DAS VNS NICHT / VER(DAM)M/EN DVOT". Auf dem Gesims unter der Justitia ist ein Steinmetzzeichen zu sehen, das auch an vielen anderen Stellen vorkommt.
In der Wappenzone befindet sich die geteilte Jahreszahl 1 60 7, und unter den beiden Vollwappen trägt eine rechteckige Tafel den Wortlaut: "DER HERR DEIN GOT(T) HAT DICH / GESEGNET IN ALLEN WERCKHEN / DEINER HÄNDE IM 5 BVCH / MOYSES AM 2 6". Unter der Kartusche ist ein weiteres Steinmetzzeichen eingeschlagen.
Heraldisch rechts befindet sich das gewendete Wappen der Göler von Ravensburg, in Silber ein schwarzer auffliegender Rabe (hier ungekrönt), auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken Kopf und Hals des schwarzen Raben, aus dem hinten am Hals ein goldener (oder silberner) Kamm hervorkommt mit 5 goldenen (oder silbernen) Spitzen, die meistens mit ebenso vielen Pfauenfedern (Pfauenspiegeln) besteckt sind (Siebmacher Band: Bad Seite: 9 Tafel: 7; Frkft Seite: 5 Tafel: 4, PrE Seite: 84 Tafel: 70 , PrGfN Seite: 9 Tafel: 6).
Heraldisch links ist das im Schild inhaltsgleiche Wappen der Herren von Mentzingen, in Silber ein schwarzer auffliegender Rabe (hier ungekrönt), auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein wachsender silberner Schwan mit goldenem Schnabel, die Flügel mit goldenen Saxen, Schwungfedern des Schwanes schwarz und mit silbernen Sternen, Kreuzchen oder Lindenblättchen belegt (Siebmacher Band: Bad Seite: 11 Tafel: 8). Hans Friedrich Göler von Ravensburg (5.3.1565-10.12.1626 hatte am 16.11.1605 Katharina von Mentzingen (1585-19.10.1635) geheiratet, die Tochter von Bernhard von Mentzingen (11.2.1553-21.5.1628) und Barbara von Neipperg (ca. 1556-24.6.1608). Übrigens - Mentzingen oder Menzingen? Ursprünglich hieß der Ort nach der Familie und die Familie nach dem Ort, die Bezeichnungen waren also gleich. Doch später haben sich beide Namen auseinanderentwickelt. Die Familie schreibt sich heute von Mentzingen, der Ort heißt aber Menzingen. Für beide Ehepartner gibt es auch noch ein Epitaph in der ev. Kirche Sulzfeld. Die Schwester von Katharina von Mentzingen heiratete übrigens den Cousin ihres Mannes.
Alle drei Abb.: Schmuckformen vom Nordportal zum Palas.
An diesem rundbogigen Portal sind auch die ornamentierten Gewände sehenswert, im oberen Teil mit phantasievoll und asymmetrisch verschlungenem Beschlagwerk und Steinmetzzeichen. Auf den seitlichen Wangen sind Ornamente zu sehen, die jeweils aus einem zentralen, mit einer achtzähligen doppellagigen Rosette belegten Ring und daran angesetzten vier Paaren jeweils gegeneinandergesetzter, schneckenförmig eingerollter Formen bestehen. Auf der Mauerstärke des Durchgangs sind sehr schöne rautenförmige und runde Ornamente mit Akanthusblatt-Füllung angebracht.
Es gibt noch einen weiteren Wappenstein im Inneren der heutigen Gebäude, innen an der Eingangswand der Burgschenke. Dieser Stein, der die Bauinschrift "IN ANNO / 1 6 0 7 / HAT HANS FRIEDERICH GÖLER VND KATHARINA GÖLERIN GEBORNE VON MENZINGEN DEN BOW / GETO/N" trägt, war früher an der Südseite des Palas über dem Kellertor angebracht. Die querovale Kartusche trägt ebenfalls die zwei Vollwappen der Göler von Ravensburg und der von Mentzingen. Das gleiche Steinmetzzeichen wie am zuvor beschriebenen Wappenstein taucht auch hier auf.
Abb. links: Wurf- und Gieß-Vorrichtung über dem Eingang zur Vorburg. Abb. rechts: Bergfried und Torhaus der Kernburg von Osten.
Durch den Abbruch etlicher Bauten auf der Ravensburg sind einige Wappensteine und Bauinschriften auch an andere Stellen gekommen, so z. B. zwei an das im Dorf Sulzfeld gelegene, aber erst im 17. Jh. erbaute Landhaus Amalienhof (privat, Zugänglichkeit evtl. im Rahmen der Öffnungszeiten der Zahnklinik). Eine Aedikula aus gelbem Sandstein ist dort an der Nordseite des westlichen Treppenturmes sekundär vermauert. Neben den beiden Wappen wie zuvor beschrieben ist die Bauinschrift "1 6 0 7 / IN ANNO 1607 HAT HANS FRI(E)DERICH GÖL/ER VND KATHERINA GÖLERIN GEBOR(E)NE VON MENZ / INGEN SEIN HAVSFROW HABEN DI(E)SEN BOW GETON" zu lesen. Ein zweiter Stein am Amalienhof ist ein auf der Westseite angebrachtes, auf 1612 datiertes Giebelfragment mit beiden Vollwappen. Auch dieses quadratische Werkstück aus gelbem Sandstein stammt offensichtlich aus der Ravensburg.
Abb.: Vorburg, links Meiereigebäude, Zufahrt verdeckt, rechts Torwarthaus
Südwestlich des Palas zieht sich ein Küchenbau bis zur Mitte der Südseite der Kernburg. In diesem Küchenbau befindet sich heute das Burgrestaurant. Unter dem Küchenbau liegen souterrainartige Gewölbekeller. Wo sich die Terrasse desselben erstreckt, stand früher in der Südwestecke der Kernburg der sogenannte Barockbau, nach seinem Baujahr 1755 so bezeichnet. Noch früher stand hier einst der sogenannte Reitstall. Der Barockbau besaß einen Balkenkeller und Giebel. Der Erbauer war Ludwig Friedrich Göler von Ravensburg (21.9.1707-22.12.1757); nach ihm wurde der Barockbau auch "Haus des Langen Herrn" genannt. Im Jahre 1822 wurde das mittlerweile baufällige Gebäude unter Bernhard Benjamin Freiherr Göler von Ravensburg (31.3.1782-16.2.1834) abgetragen.
Westlich des Bergfriedes stand ein 1486 unter Georg I. Göler von Ravensburg (1446-10.6.1502), kurpfälzischer Vogt in Bretten, errichtetes, längliches und zweistöckiges Gebäude, der sogenannte Steinbau. Das Gebäude wurde wegen seines späteren Bewohners, Johann Friedrich II. Göler von Ravensburg (5.5.1701-19.3.1765), auch "Haus des Dicken Herrn" genannt, zur Unterscheidung vom durch seinen Bruder bewohnten Barockbau. Im Jahre 1807 wurde das Gebäude abgerissen; nur die Fundamente sind übrig.
Dieser Wappenstein ist an der Außenmauer der Vorburg zu finden, wenige Meter links der Durchfahrt neben dem Doppelfenster des mit dem Giebel nach Süden weisenden Gebäudes. Zwei Wappenschilde sind als Ehewappen einander zugeneigt, rechts derjenige der Göler von Ravensburg, links derjenige der Herren von Gemmingen (in Blau zwei goldene Balken). Mit der Original-Jahreszahl 1569 ("1 56 9") über den Wappen läßt sich der Stein Hans III. Göler von Ravensburg (8.11.1526-19.11.1601) und seiner im 1553 angetrauten Frau Anna Maria von Gemmingen (-29.11.1576) zuordnen. Er war der Sohn von Albrecht VI. Göler von Ravensburg (-1542) und Dorothea von Liebenstein (ca. 1500-30.11.1562). Er erbte nach dem Tod seines Großonkels Bernhard I. zusammen mit seinem Bruder die Güter. Sie war die Tochter von Wolf von Gemmingen zu Guttenberg (ca. 1479-14.2.1555) und Anna Marschalk von Ostheim (ca. 1500-27.12.1569). Für das Ehepaar gibt es ein Epitaph in der Sulzfelder ev. Kirche in der Sakristei. Dieser Stein hier wurde, wie die zweite Jahreszahl aussagt, im Jahre 1716 zweitverwendet.
Im Bauernkrieg 1525 wurde die Burg verschont. Aber im Schmalkaldischen Krieg wurde die Burg, deren Herren reformiert waren und auf protestantischer Seite engagiert waren, 1546 von Truppen des Kaisers Karl V. belagert, von Spaniern unter ihrem Führer Liera. Burgherr war damals Bernhard I. Göler von Ravensburg (1480-1554), straßburgischer Amtmann zu Oberkirch, württembergischer Rat und Obervogt in Vaihingen, der erst 1502 mit der Ravensburg belehnt worden war. Er hatte 1522 die Reformation in Sulzfeld eingeführt. Das exponierte ihn noch nicht besonders, weil sich der größte Teil des Kraichgauer Adels der Reformation angeschlossen hatte. Das Problem war vielmehr, daß die Lehnsherrschaft über einen Teil der Ravensburg mit dem Aussterben der Grafen von Katzenelnbogen an deren Erben, die Landgrafen von Hessen übergegangen war. Und Philipp Landgraf von Hessen war einer der Protagonisten des Schmalkaldischen Bundes. Mit der Belagerung der Ravensburg wollte man nicht einen unbedeutenden Landadel treffen, sondern Philipp, eine der Schlüsselfiguren des militärisch tätigen protestantischen Selbstbewußtseins. Schließlich mußte die Burgbesatzung, die nur aus Bernhard I. und seinen Familienangehörigen, vier Söldnern, ein paar Knechten und ca. 20 Bauern bestand, kapitulieren. Die Spanier besetzten und plünderten Dorf und Burg wie das ganze Kraichgau. Bernhard Göler von Ravensburg, bekam mit seiner Familie freies Geleit, dann wurde die Burg geplündert und angezündet.
Bernhard I. war zunächst besitz- und heimatlos, bekam zwar zwei Jahre später seine Burg wieder, aber es kostete einige Anstrengung, sie wieder bewohnbar zu machen. Dabei baute Bernhard I. sie im Rahmen seiner Möglichkeiten zur neuzeitlichen Festung nach neuesten fortifikatorischen Erkenntnissen im Rahmen seiner Möglichkeiten aus. In dieser Zeit entstand der zur Stadt hin gerichtete Geschützturm. Auch legte man zahlreiche unterirdische Zugänge zu den neuen Schießscharten in der Ringmauer an; so entstand der einzige erhaltene unterirdische Wehrgang des Kraichgaus. Den Grabenaushub schüttete man außerhalb als Wall auf.
Abb. links: Südostturm der Kernburg. Abb. rechts: Halbschalenturm der Vorburg.
Da Bernhard I. trotz dreier Ehen (erste Ehe mit Helena von Venningen (-1503), zweite Ehe mit Margaretha von Vellberg (-24.6.1532), dritter Ehe 1536 mit Cunigunde Echter von Mespelbrunn) keine erbberechtigten Nachkommen hatte, ging nach seinem Tod der Besitz anteilig an seine Großneffen Bernhard II. und Hans III. Der Sohn des letzteren, Hans Friedrich Göler von Ravensburg (5.3.1565-10.12.1626) baute um 1600 ff. die Festung zum repräsentativeren Herrensitz um, dabei entstand der Palas. Teilweise opferte man sogar unter dieser nächsten Generation der Burgherren ein paar der neuen Wehreinrichtungen, um die Burg wohnlicher zu machen.
Erneut wurde die Region im Dreißigjährigen Krieg in Mitleidenschaft gezogen: 1620 kamen markgräflich-badische Soldaten ins Dorf. 1632 zogen die Truppen des Generals Tilly durch, und das Dorf wurde ein Raub der Flammen, aber die Burg wurde nicht eingenommen und kam glimpflich davon. Dennoch war mit Zerstörung der Dörfer und Entvölkerung des Landstrichs den Göler von Ravensburg auf lange Zeit die Einkommensgrundlage entzogen worden; nur langsam erholte sich die Region wirtschaftlich wieder. Französische Truppen unter General Mélac besetzten die Burg 1689 während des Pfälzer Erbfolgekrieges, aber sie zerstörten sie nicht.
Abb. links: Schmuckformen des Palas-Portalgewändes. Abb. rechts: Schmuckformen und Steinmetzzeichen an einem Palas-Fenster.
Schon kurz nach 1800 fing Benjamin Göler von Ravensburg an, Gebäude abzubrechen, 1806 den Steinbau, 1822 den Barockbau. Der "Bereiniger" der Burg war Bernhard Benjamin Freiherr Göler von Ravensburg (31.3.1782-16.2.1834), der Sohn von Johann Bernhard Göler von Ravensburg (22.7.1720-1782), holländischer Hauptmann, und er wurde der Begründer des Benjaminischen Astes der Familie. Er war seit 1808 mit Amalie Freiin von Reck (20.10.1785-) verheiratet.
Die Burg Ravensburg wurde bis 1846 genutzt. In der letzten Zeit war das Wohnen auf der Burg zunehmend beschwerlich geworden, zum einen wegen der Baufälligkeit der Gebäude, zum andern war der Brunnen im Burghof versiegt. Da lebte es sich doch bequemer in den drei Herrensitzen unten im Ort Sulzfeld. Mit dem 1849 erfolgten Tod von Johann Friedrich III. Göler von Ravensburg, dem letzten Bewohner, wurde die 1846 schon aufgegebene Burg zum Steinbruch. Dazu kam die Badische Revolution, die gerade in Sulzfeld viel Staub aufwirbelte und den adeligen Grundherren eine nicht einfache Zeit bescherte. Im Jahr 1885 wird die Ravensburg schon als Ruine bezeichnet. Erst 1907-1910 sicherte man die nun als erhaltenswert erkannte Burg und sanierte, was übriggeblieben war.
Burg Ravensburg wird als Weingut geführt. Rings um die Burg liegen im Süden und Westen die Lagen Dicker Franz, Löchle, Husarenkappe und Kapellenberg mit insgesamt 33 ha Anbaufläche. Bis 2009 wurde das Weingut noch von der Familie Göler von Ravensburg geführt, dann an die Heitlinger GmbH verpachtet. 2010 wurde das ganze Weingut für ca. 7 Mio an Heinz Heiler, dem Eigentümer des Weinguts Heitlinger, verkauft. Mitverkauft wurde auch das Rentamt im Ort Sulzfeld, auf dessen Nutzgelände die Verarbeitung der Trauben stattfand. Der Bereich der Kernburg wird seit 1953 gastronomisch durch die Burgschenke im Küchenbau genutzt. Wenig später richtete man im angrenzenden Palas den Rittersaal ein, um ihn für Veranstaltungen, Feiern etc. nutzen zu können. Seit 2006 können hier auch komplette Hochzeiten stattfinden, weil man seit 2006 im historischen Keller eine Traukapelle eingerichtet hat. Die ganze Anlage ist für Besucher frei zugänglich; der Bergfried mit seinem herrlichen Blick über den Kraichgau kann bestiegen werden.
Ausschnitt
aus der Genealogie der Göler von Ravensburg
fett sind für dieses Kapitel
relevante Personen, fett und burgunderrot sind die Besitzer der
hier beschriebenen Wappensteine, rot sind Fundstellen für
Wappen:
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.0997436,8.8734993,15.7z - https://www.google.de/maps/@49.0998135,8.8748177,181m/data=!3m1!1e3
Chronik der Gemeinde Sulzfeld: https://www.sulzfeld.de/die-gemeinde/chronik/
Herren von Mentzingen: https://de.wikipedia.org/wiki/Herren_von_Mentzingen
Göler von Ravensburg: https://de.wikipedia.org/wiki/Göler_von_Ravensburg
Hartmut Riehl: Burgen und Schlösser im Kraichgau, Verlag
Regionalkultur 1997, ISBN 3-929366-51-7, S. 103-104
Zwischen Fürsten und Bauern - Reichsritterschaft im Kraichgau,
hrsg. von Clemens Rehm und Konrad Krimm, Heimatverein Kraichgau,
Sinsheim 1992, 2. Auflage 1993, ISBN 3-921214-04-1
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine
kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN
978-3-9813887-0-1, S. 511
Die Ravensburg bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Ravensburg_(Sulzfeld)
Weingut Burg Ravensburg: http://www.weingut-burg-ravensburg.de/de
Seite des Burgrestaurants: https://www.burgrestaurant-ravensburg.de/de/burgrestaurant-ravensburg - Geschichte: https://www.burgrestaurant-ravensburg.de/de/geschichte
Chronik der Gemeinde Sulzfeld: https://www.sulzfeld.de/die-gemeinde/chronik/
Burg Ravensburg im Burgenarchiv von Darius Lenz: https://burgenarchiv.de/burg_ravensburg_in_baden-wuerttemberg
Deutsche Inschriften 20, Die Inschriften des Großkreises
Karlsruhe, Nr. 365 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in:
www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0036509 - http://www.inschriften.net/karlsruhe/inschrift/nr/di020-0365.html#content
gutgemeinte laienhistorische Seite von Manfred Himmel zur
Ravensburg: http://www.historisches-sulzfeld.de/index.php/zeitreise-zu-den-ehemaligen-ravensburg-bauten.html und http://www.historisches-sulzfeld.de/index.php/portal-zum-palas.html (bitte nicht glauben, was da steht) - grober
Lageplan: http://www.historisches-sulzfeld.de/images/stories/Ravenburg/bilderseiten%20burg002.jpg - wagemutige zeichnerische Rekonstruktionen: http://www.historisches-sulzfeld.de/index.php/zeitreise-zu-den-ehemaligen-ravensburg-bauten.html
Zum Amalienhof: Deutsche Inschriften 20, Die Inschriften des
Großkreises Karlsruhe, Nr. 357 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0035707
-
http://www.inschriften.net/karlsruhe/inschrift/nr/di020-0357.html#content
zeichnerische Rekonstruktion der Burg: https://burgrekonstruktion.de/main.php?g2_itemId=178
Edmund von der Becke-Klüchtzner: Stamm-Tafeln des Adels des
Großherzogthums Baden, ein neu bearbeitetes Adelsbuch
Baden-Baden, 1886: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/beckekluechtzner1886/0172/image ff.
Kindler von Knobloch, Julius (Bearb.) / Badische Historische
Kommission (Hrsg.), Heidelberg, 1898, Oberbadisches
Geschlechterbuch, Band 1: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1898bd1/0455/image ff.
Biedermann: Geschlechts Register der löblichen Ritterschafft im
Voigtlande http://books.google.de/books?id=FCZRAAAAcAAJ
Biedermann: Geschlechts-Register Der Reichs Frey unmittelbaren
Ritterschafft Landes zu Francken Löblichen Orts Ottenwald
(Odenwald) http://books.google.de/books?id=g9JDAAAAcAAJ
Dieter und Ravan Göler von Ravensburg: Die Göler von
Ravensburg, Entstehung und Entwicklung eines Geschlechts der
Kraichgauer Ritterschaft, hrsg. vom Heimatverein Kraichgau,
Sonderdruck Nr. 1, Sinsheim 1979
genealogische Datensammlung von Christoph Graf v. Polier, https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=albrecht&n=goler+von+ravensburg&oc=1 - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=hans&n=goler+von+ravensburg - https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&iz=0&p=hans+friedrich&n=goler+von+ravensburg und abhängige Seiten
Damian Hartard von Hattstein, Die Hoheit des Teutschen
Reichs-Adels, Band 2, http://books.google.de/books?id=rOA-AAAAcAAJ
Einige Daten weichen von den Literaturangaben ab, weil im
Zweifelsfall immer den Daten auf den Epitaphien und Grabplatten
der Vorzug gegeben wurde.
das Rentamt, ehemals Mittleres oder Pforzheimer Schloß - evangelische Kirche, Epitaphien und Grabplatten außen - evangelische Kirche, Epitaphien innen
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
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