Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2478
Prichsenstadt (Landkreis Kitzingen, Unterfranken)
Markgräflicher Freihof
Der markgräfliche Freihof (Freihofgasse 3) wurde in seiner gegenwärtigen Form 1592-1594 auf dem Gelände des Bauhofes des ehemaligen Schlosses erbaut. Im Kern stecken noch ältere Bauteile des Vorgängerbaus, der bis auf das Jahr 1258 zurückgeht (urkundliche Erwähnung). Er diente 1610 als Tagungsort für einen Konvent der fränkischen Reichsstädte. Auch die fränkische Reichsritterschaft tagte im 17. Jh. mehrmals hier. Von 1367 an war das Anwesen ein Freihof, also ein Hof, dessen Besitzer von verschiedenen bürgerlichen Pflichten wie Abgaben (Stadtsteuer, Zehnt, Wachdienst) befreit waren. Der Hof unterstand dem Amtmann, nicht dem Rat der Stadt. Trotz dieser Rechtsform war es eigentlich bis 1745 nur ein landwirtschaftlich genutzter Hof, der von Beamten der Markgrafen verwaltet wurde, die ihre Abgaben an den Landesherrn abführten.
Die in den beiden unteren Ecken auf das Jahr 1592 datierte Tafel im Stil der späten Renaissance trägt die Inschrift: "ALLEIN AVF GOT(T) STHET MEIN VERTRAVEN". Drei (1:2) Wappenschilde sind in die Schmuckbänder integriert. Der obere Schild trägt das Stammwappen der Hohenzollern und ist schwarz-silbern geviert. Er erinnert an die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, denen dieser Hof gehörte. Das 1367 zur Stadt erhobene Prichsenstadt war besitzrechtlich ein Sonderfall, denn es gehörte seit 1366 der böhmischen Krone, wodurch die Stadt ein beliebter Zufluchtsort für Asylsuchende und Verfolgte war, denn sie unterstand der böhmischen Gerichtsbarkeit. Erst 1799 wurde das Asylrecht aufgehoben. Zuvor gehörte der Ort den Fuchs von Dornheim, aber Kaiser Karl IV. kaufte ihnen Prichsenstadt ab, um seinem Sohn Wenzel einen eigenen Ort auf dem Weg von Böhmen nach Luxemburg zu sichern. Erst durch die Integration in das Königreich Bayern gingen die Sonderrechte verloren. 1437 wurde Markgraf Johann IV. von Ansbach Stadtherr von Prichsenstadt; 1457 ging die Stadt durch Verzicht an Markgraf Albrecht Achilles. Nach einer Eroberung durch den Würzburger Fürstbischof 1462 kam die Stadt 1463 im Frieden von Prag wieder an die Markgrafen.
Die beiden unteren Wappenschilde sind ihrem Wesen nach durch Initialen personalisierte bürgerliche Symbole, der heraldisch rechte Schild zeigt unter den Buchstaben "I.C" ein Pferdekummet (unbekannt, möglicherweise für einen in jener Zeit als Besitzer genannten Doktor Kummer, Wortspiel mit dem Kummet? Hinweise willkommen), der linke unter den Buchstaben "B.G." eine gesichtete, mit den Spitzen nach rechts gerichtete Mondsichel, rechts von einem sechszackigen Stern begleitet (unbekannt).
1745 wurde der Hof als privater landwirtschaftlicher Betrieb und Bierbrauerei genutzt. Der Gast- und Braubetrieb wurde 1887 eingestellt. Der 1829 eingerichtete Tanzsaal wurde 1888-1912 als Sakralraum für die jüdische Gemeinde genutzt. Von 1888 bis 1938 und von 1949 bis 2002 bestand hier eine Vieh- und Pferdehandlung, erst von Baruch Frank, dann ab 1949 von Alfons Hyna, nachdem der Hof zwischenzeitlich ab 1938 (Vertreibung der Besitzer) leerstand und dann nach 1945 als Flüchtlingsunterkunft genutzt wurde.
Nach Übernahme des eigentlich schon dem totalen Verfall preisgegebenen und 1992 nur dank des Eingreifens des Landratsamts vor dem Einsturz geretteten Fachwerk-Hofes durch die neuen Eigentümer Richard und Roman Gebert begannen umfangreiche Sanierungs- und Umbaumaßnahmen durch die IEV Betriebs GmbH & Co. KG; seit 2011 wird das Gebäude als Tagungs- und Wellness-Hotel mit Restaurant geführt, und aus einer Ruine war ein Viersternehotel entstanden. Weil das Innenleben so baufällig war, mußten u. a. die durchhängenden Decken bis zu 30 cm angehoben werden und ein stützendes Stahlkorsett eingezogen werden. Prichsenstadt hat seitdem wieder ein Schmuckstück.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps:
https://www.google.de/maps/@49.8178608,10.3532747,17.73z - https://www.google.de/maps/@49.8180826,10.3542125,157m/data=!3m1!1e3
Hinweistafel am Gebäude
Hotelbetrieb: http://www.hotelfreihof.com/
Geschichte des Freihofs: http://www.freihof-prichsenstadt.de/freihof-geschichte.html
und http://www.hotelfreihof.com/#historie
Nächster Halt: Freihof Prichsenstadt, Artikel in der Mainpost
vom 25.3.2012: http://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/Naechster-Halt-Freihof-Prichsenstadt;art769,6693870
Harald Meyer: Neues Hotel in der Altstadt: Vier Sterne in einem
Stahlkorsett, Artikel in der Mainpost vom 30.6.2009: https://www.mainpost.de/regional/kitzingen/Neues-Hotel-in-der-Altstadt-Vier-Sterne-in-einem-Stahlkorsett;art773,5187548
Freihof: https://de.wikipedia.org/wiki/Freihof_(Prichsenstadt)
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