Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2454
Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis)

Deutschordenskommende Weinheim

Die ehemalige Deutschordenskommende Weinheim ist ein freistehender, zweistöckiger Zweiflügelbau in der Weinheimer Altstadt am Amtshausplatz, westlich der Hauptstraße, eingerahmt von der Amtsgasse im Süden und dem Schlossergäßchen im Norden. Ein langgestreckter Südflügel ist an einen kurzen, aber erheblich breiteren Ostflügel angesetzt. An der Südostecke besitzt das Gebäude im Obergeschoß einen Erker zur Hauptstraße hin.

Das barocke Gebäude wurde 1710 durch Hoch- und Deutschmeister Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg für ca. 9000 fl. errichtet, nachdem in zwei großen Kriegen vom Ende des 17. Jh. französische Truppen des Königs Ludwigs XIV. unter General Melac Weinheim verwüstet hatten. Der Deutsche Orden war aber schon viel länger in Weinheim ansässig, mindestens seit 1273, denn in diesem Jahr wird eine Kommende erstmals urkundlich erwähnt. Vor 1272 hatte der spätere Hochmeister Gebhard von Hirschberg seine Weinheimer Güter dem Deutschen Orden geschenkt. 1277 findet ein Hauskomtur erstmals Erwähnung. Die erste Niederlassung lag jenseits, d. h. nördlich der Weschnitz in der Nähe der heutigen Kapellenstraße, also vor der damaligen Stadt und außerhalb der Mauern.

Die Stadt war damals zweigeteilt in Altstadt und Neustadt, mit zwei unterschiedlichen Landesherren: Im Hemsbacher Schiedsspruch wurden 1264 die Burg Windeck und die Neustadt dem Pfalzgrafen bei Rhein zugesprochen. Die Altstadt blieb unter der Herrschaft des Erzbischofs von Mainz. Pfalzgraf Ludwig II. gewährte dem Deutschen Orden eine Niederlassung im Gewann Kapellenäcker. Die Deutschherren wurden 1308 gegen jährliche Zahlungen von 2 Pfund Heller als Bürger der Neustadt aufgenommen, nachdem im selben Jahr ein Vergleich zwischen Kurmainz und Kurpfalz auch die Altstadt Weinheim dem Pfalzgrafen zugesprochen hatte, und bekamen das Grundstück, auf dem heute das Deutschordenshaus steht. Der Orden konnte das Grundstück 1310 durch eine ihm vom Pfalzgrafen verliehene angrenzende Hofstätte erweitern. Später kaufte man von den Ulner noch Grundfläche hinzu. Die Anlage war früher größer mit einer 1350 eingeweihten Kapelle (erbaut von Komtur Wolfram von Nellenburg, der die Weinheimer Kommende als Altersruhesitz zugewiesen bekommen hatte) und Wirtschaftsgebäuden, die aber nach Auflösung des Ordens 1809 abgebrochen wurden (die Fundamentreste der alten Kapelle, die das Deutschordensareal umgebende Mauer und das Portal zur Amtsgasse wurden erst 1955 zwecks Anlage des Parkplatzes abgerissen). 1454 wurden Altstadt und Neustadt zu einer einzigen Stadt zusammengefügt.

Der rechtliche Status der Kommende Weinheim innerhalb des Ordens war geprägt von einer weitgehenden Eigenständigkeit, weil sie seit 1438 als Kammerkommende dem Deutschmeister direkt unterstellt war, also eine Kommende des Deutschmeistertums war. Ihre Einnahmen flossen also direkt dem Deutschmeister zu, und es gab keine übergeordnete Landkommende. Der Deutschmeister hatte insbesondere im Rhein-Main-Neckar-Raum einige ihm direkt unterstellte Ordenshäuser, allen voran Burg Horneck, dann Sachsenhausen, Stadtprozelten, Mainz, Heimerzheim, Weinheim, Speyer, Waldbreitbach, weiterhin Weißenburg im Elsaß und das 1371 verkaufte Ramersdorf bei Bonn. In Analogie zur hochmeisterlichen Kammerbildung mit seinen Kammerballeien entstand im 14. Jh. aus diesen Kommenden das "Deutschmeistertum" mit seinen Kammerkommenden. Der Deutschmeister verzichtete oft auf Einsetzung eines Landkomturs und verwaltete seine Kommenden selbst, wodurch er die Einkünfte behalten konnte. Aufgrund der räumlichen Nähe ergab sich ein enger Kontakt zur Ballei Franken, wie auch die Deutschmeister fast immer aus Franken kamen. Innerhalb der Kommenden dieser Ordensprovinz gab es jedoch wechselnde Abhängigkeitsverhältnisse zu den Kommenden in Frankfurt-Sachsenhausen und Horneck. Von 1472 bis 1589 gehörte Weinheim zur Kommende Sachsenhausen. Manchmal saß vor Ort in Weinheim nur ein Trappierer (Trappier, ein Verwaltungsamt), unterstützt von Schreiber und Gesinde, während als Komtur der aus Sachsenhausen diente. Trotz episodenhafter Eingliederung in die Verwaltung der beiden genannten Kommenden im 14., 15. und 16. Jh. war die Weinheimer Kommende die meiste Zeit ihres Bestehens eigenständig. 1797 gab es unter Hochmeister Maximilian Franz von Österreich eine Verwaltungsreform, wodurch die Kommenden Heidelberg und Weinheim zur "Amtsverwaltung Weinheim" zusammengeschlossen wurden.

 

Wirtschaftlich war die Kommende eher klein, innerhalb des Deutschmeistertums im Mittelfeld, ordenspolitisch eher unbedeutend, so daß die Weinheimer Kommende von den Ordensrittern als Karrierestufe gesehen wurde: Wer sich hier in jungen Jahren bewährte, durfte auf eine weitere Ordenslaufbahn in der Ballei Franken und im Deutschmeistertum hoffen; Weinheim war praktisch seit dem 16. Jh. eine Durchgangsstation für hoffnungsvolle Ordensritter. Die Weinheimer Kommende besaß im 14. Jh. das Patronat über Hohensachsen, Hilsbach und Weingarten (1393 Übertragung der beiden letztgenannten Patronate an die Kommende Horneck), nur das über Hohensachsen blieb bestehen.

In der Nähe des Erkers befindet sich in die Außenwand eingelassen das undatierte Hochmeister-Wappen des Walter von Cronberg, der ab 1508 Komtur zu Frankfurt und später Hochmeister des Ordens war. Die symmetrische Renaissance-Kartusche mit zwei Lanzenruhen stammt noch von einem Vorgängerbau und ist stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Inhalte sind aber noch klar zu erkennen: Geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz (Deutscher Orden), Feld 2 und 3: geviert, Feld a und d: ledig und rot, Feld b und c: in Silber 4 (2:2) blaue Eisenhütlein (blau-silberner pfahlförmig angeordneter Eisenhutfeh). Das Ganze ist belegt mit einem Hochmeisterkreuz (auf einem schwarzen Kreuz ein goldenes Glevenkreuz (Lilienkreuz), in der Mitte belegt mit einem Herzschild, der in Gold den schwarzen Reichsadler zeigt). Das Wappen ist hier ohne Helme dargestellt, möglich wären drei: Helm 1 (Mitte): zu schwarz-silbernen Decken ein silbernes Schirmbrett, belegt mit einem Hochmeisterkreuz, außen mit goldenen Kugeln und daran schwarzen Hahnenfedern oder Pfauenfedern besteckt (Hochmeistertum), Helm 2 (rechts): zu schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit einem durchgehenden schwarzen Kreuz (Deutscher Orden), Helm 3 (links): zu rot-silbernen Decken ein Flug, von Rot und in Silber 4 (2:2) blauen Eisenhütlein (silbern-blauer pfahlförmig angeordnetem Eisenhutfeh) geviert (Cronberg).

Der Baumeister des neuen Deutschordenshauses war Peter Elias Berthold aus Neckarsulm. Über dem Portal des Deutschordenshauses befindet sich das Wappen des Bauherrn, des Hoch- und Deutschmeisters Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg. Das Sandsteinrelief wurde von Georg Martin Bitterich angefertigt, einem Bildhauer aus Mannheim. Ein linksgewendeter Löwe hält eine Inschriftentafel in den Vorderpranken mit folgendem Wortlaut: "VON GOTTES / GNADEN FRANZ / LVDWIG PFALZ/GRAF BEY RHEIN / ZV GVLCH (= Jülich), CLEV (= Cleve) V(N)D PERG (= Berg) / HERZOG DER ZEIT HOCH VND TEVTSCH/MEISTER pp / NEY ERBAVET / 1710". Eine zweite, zur Unlesbarkeit verwitterte Bauinschrift befindet sich am Erker auf dem ovalen Brüstungsmedaillon.

 

Die Kartusche darüber zeigt das Wappen in einer Form, wie sie 1694-1716 geführt wurde. Das hochmeisterliche Wappen ist aufgeteilt in Hauptschild, Mittelschild, Hochmeisterkreuz und Herzschild hat also rein formal 4 Ebenen übereinander. Der Hauptschild enthält das Familienwappen, also amtsunabhängige Komponenten, die auch während der Lebenszeit des Wappenträgers nicht verändert wurden. Der Mittelschild enthält Amtswappen, die im Laufe seiner Karriere Änderungen erfuhren. Zwischen Mittelschild und Herzschild liegt das Hochmeisterkreuz, der Herzschild mit dem schwarzen Adler in Gold gehört zu ihm. Die Datierung ergibt sich durch das Fehlen einer fünften Ebene, die ab 1716 hinzukam, denn im Jahr 1716 wurde er Erzbischof und Kurfürst von Trier und 1729 Erzbischof und Kurfürst von Mainz, aber das war lange nach dem Neubau der Weinheimer Kommende.

Hauptschild: Familienwappen der Herzöge von Pfalz-Neuburg, geviert, Feld 1: zweimal gespalten, rechts von Silber und Blau schräg gerautet, Haus Wittelsbach, Herzogtum Bayern, Mitte: in Schwarz ein goldener Löwe, rot gekrönt, gezungt und bewehrt, Pfalzgrafschaft, links in Gold ein schwarzer Löwe, Herzogtum Jülich, Feld 2: gespalten, rechts in Rot mit silbernem Herzschild ein goldenes Glevenrad, Herzogtum Kleve, links in Silber ein roter Löwe, golden bewehrt, blau gekrönt, doppelschwänzig, Herzogtum Berg, Feld 3: gespalten, rechts: in Silber ein blauer Löwe, golden bewehrt und golden gekrönt, Grafschaft Veldenz, links in Gold ein silbern-rot geschachter Balken, Grafschaft Mark, Feld 4: gespalten: rechts in Silber drei rote Sparren, Grafschaft Ravensberg, links in Gold ein schwarzer Balken, Grafschaft Moers.

Der Mittelschild enthält ausschließlich geistliche Ämter. Er ist geviert: Feld 1: im schwarzen, mit eigentlich goldenen, hier falsch silbernen Schindeln belegten Feld ein schräglinks aufwärts gerichteter silberner Schlüssel, Hochstift Worms, Feld 2: in Silber eine goldene Prälatenmütze, gefürstete Propstei Ellwangen, Feld 3 und 4: Fürstbistum Breslau-Schlesien, Feld 3: in Gold ein schwarzer Adler, auf der Brust belegt mit einem silbernen Mond (Schlesien, als Bischof von Breslau war er kaiserlicher Statthalter von Ober- und Niederschlesien), Feld 4: in Rot sechs (üblicherweise 3:2:1, hier 3:3) silberne Lilien (Fürstentum Grottkau-Neiße, dessen Wappen seit dem 13. Jh. die Breslauer Bischöfe als Herren dieses Landes geführt haben).

Die dritte und vierte Ebene des Wappens bildet das über alles gelegte Hochmeisterkreuz, ein schwarzes durchgehendes Kreuz, belegt mit einem goldenen Lilienkreuz. Der Herzschild ist golden und zeigt als Figur einen schwarzen Adler. Auf der barocken Kartusche ruht oben ein Fürstenhut; hinter ihr steckt schrägrechts ein gestürztes Schwert und schräglinks ein Krummstab.

1803 fiel die Stadt Weinheim durch den Frieden von Lunéville an das Großherzogtum Baden. Die direkt dem Hochmeister unterstellten Besitzungen waren jedoch zunächst von der Säkularisation ausgenommen. Die Kommende Weinheim unterstand aber seit dem 3.12.1805 der badischen Verwaltung. Dieser Schwebezustand wurde 1809 durch die Aufhebung des Deutschen Ordens in den Rheinbundstaaten beendet. Erst am 6.2.1809 erfolgte daher die Säkularisation und Auflösung der Kommenden Weinheim und Heidelberg durch das Großherzogtum. Die Kapelle wurde auf Abbruch versteigert. Einen Teil der Steine bekam die lutherische Gemeinde in Lützelsachsen zum Bau ihrer Kirche (heute Haus Wintergasse 77). Die Ausstattung der Kapelle ging z. T. an die katholische Kirche in Hohensachsen. In das Deutschordenshaus zog das Bezirksamt ein, danach das Untersteueramt. Seit 1934 ist das Gebäude im Besitz der Stadt Weinheim. Aus der zuvor in der Gewerbeschule und seit 1939 hier untergebrachten Sammlung des 1906 von Karl Zinkgräf (1873-1939) und anderen heimatgeschichtlich interessierten Personen gegründeten und 1938 aufgelösten Altertumsvereins entwickelte sich das 1948 eröffnete Heimatmuseum. 1986 wurde es in "Museum der Stadt Weinheim" umbenannt. 1992-1993 erfolgte eine Außenrenovierung des ehemaligen Deutschordenshauses unter Wiederherstellung der originalen Farbigkeit; dabei wurde auch das Sandsteinrelief aufwendig restauriert. Ein Umbau 1996-1998 im Innern ließ das Museum auf 4 Etagen mit 1000 m2 Ausstellungsfläche expandieren.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps: https://www.google.de/maps/@49.5468993,8.6726522,20.25z - https://www.google.de/maps/@49.5468857,8.6727108,47m/data=!3m1!1e3
Jörg Seiler: Deutschordenskommende Weinheim:
https://www.leo-bw.de/detail-gis/-/Detail/details/DOKUMENT/labw_kloester/143/Deutschordenskommende+Weinheim
Deutschordenskommende Weinheim:
https://www.kloester-bw.de/kloster1.php?nr=143 - Geschichte: https://www.kloester-bw.de/klostertexte.php?kreis=&bistum=&alle=&ungeteilt=&art=&orden=&orte=&buchstabe=&nr=143&thema=Geschichte
Deutschordenshaus:
https://www.wnoz.de/Lokales/Weinheim/Wo-der-Deutsche-Orden-zuhause-ist-cc70982c-8ec4-4024-a3f3-326e60115221-ds
Quellen zum Deutschen Orden in Weinheim:
http://www.museum-weinheim.de/geschichte/deutscher_orden.htm
Liste der Kommenden des DO:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kommenden_des_Deutschen_Ordens
Damian Hungs: Kommenden des Deutschen Ordens:
http://damian-hungs.de/data/documents/DO-Kommenden.pdf
Museum der Stadt Weinheim:
http://www.museum-weinheim.de/
Stadtgeschichte Weinheim:
http://www.weinheim.de/,Lde/Startseite/Stadtthemen/Stadtgeschichte.html
Wappenstein:
http://www.museum-weinheim.de/foerderkreis/wappen.htm
Jürgen Sarnowsky: Der Deutsche Orden, C. H. Beck Verlag 2007, ISBN 978-3-406-53628-1
Deutschordenskommende Weinheim (GSN: 20102), in: Germania Sacra,
http://klosterdatenbank.germania-sacra.de/gsn/20102
Geschichte des Deutschen Ordens in Weinheim:
http://www.museum-weinheim.de/geschichte/zeittafel.htm
Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg:
http://www.franzludwig.de/ - http://www.franzludwig.de/wp-content/uploads/2010/02/Spuren_als_HM.pdf - http://www.franzludwig.de/wp-content/uploads/2010/02/bautaetigkeit.pdf - http://www.franzludwig.de/wp-content/uploads/2010/02/FranzLudwigHochm.Regiment.pdf
Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Ludwig_von_Pfalz-Neuburg
Leopold von Eltester: Franz Ludwig, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 7, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 307 f. -
https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Franz_Ludwig_(Erzbischof_von_Trier_und_Mainz)
Anton Brück: Franz Ludwig Pfalzgraf von Neuburg, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 369 f. -
https://www.deutsche-biographie.de/gnd11897131X.html#ndbcontent - http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016321/images/index.html?seite=385

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