Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2371
Neidhartshausen (Wartburgkreis, Thüringen)
evangelische Pfarrkirche Neidhartshausen
In dem sehr alten Dorfzentrum von Neidhartshausen steht inmitten der Fachwerkhäuser die aus dem Jahr 1722 stammende Dorfkirche. Das Gebäude ist schlicht mit drei Langhausfenstern auf der Nordseite und zwei auf der Südseite und einem integrierten, verschieferten Turm über der westlichen Giebelseite, der mit einer geschweiften Haube abgeschlossen wird. Die rundbogig abgeschlossenen Fenster sind in der Mitte gespalten durch einen steinernen Pfosten, der nach oben in zwei Teile gegabelt ist und so zwei Lanzetten bildet. Die Kirchen in Dermbach und Unteralba sind in dieser Hinsicht sehr ähnlich und wurden auch etwa zur selben Zeit gebaut. Eine Rarität ist im Innern die 1856 von Georg Markert aus Ostheim eingebaute Orgel. Kanzelaltar und die darüber angebrachte Orgel sind ein typisch lutherisches Gestaltungselement, in dem Evangelium (Altar), Predigt (Kanzel) und musikalisches Gotteslob (Orgel) eine räumliche Einheit bilden sollen. Seit dem 1.7.1999 sind die zum evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Bad Salzungen - Dermbach gehörenden Kirchspiele Neidhartshausen, Brunnhartshausen, Zella, Empfertshausen und Andenhausen zusammengelegt.
Das Wappen des Fuldaer Fürstabtes Konstantin von Buttlar (regierte 1714-1726) ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes, durchgehendes Kreuz, Fürstabtei Fulda, Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Butte mit goldenen Reifen und links zwei goldenen Tragbändern, Stammwappen der von Buttlar. Unterhalb des Wappen ist eine verwitterte Inschriftenzone zu sehen, allerdings sind nur in der unteren Zeile Buchstaben-Fragmente zu erkennen, die sich zu ".....ARCHICANCELLARIUS PER GERMANIAM..." ergänzen lassen, ein Ehrentitel der Fuldaer Fürstäbte, Erzkanzler der Kaiserin. Mehr ist nicht zu rekonstruieren, weil die Verwitterung zu weit fortgeschritten ist.
Das Wappen wird mit drei Helmen geführt, Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken eigentlich auf einem roten Kissen (fehlt hier) in einer Laubkrone ein stehendes schwarzes Kreuz, Fürstabtei Fulda, Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken eine Bischofsmütze, aus der noch zwei Fähnchen schräg herausragen, hier ohne erkennbare Feinstruktur, eigentlich jedes Fähnchen gespalten, vorne in Rot ein grüner Lilienstock mit drei silbernen Blüten und hinten in Gold ein halber schwarzer Adler am Spalt, Fürstabtei Fulda, Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein Jagdhorn mit Band, dessen Farben als golden oder rot beschrieben werden und dessen Mundloch mit drei rot-silbern-rot tingierten Straußenfedern besteckt ist, Stammkleinod der von Buttlar. Hinter dem Schild stecken außen das gestürzte Schwert links und der Krummstab rechts.
Die Besonderheit dieser Kirche ist die Konfessionszugehörigkeit. Hier stiftete ein katholischer Fürstabt den Protestanten ein Gotteshaus. Nicolaus Dietrich, Pfarrer im Amt Fischberg, wechselte 1544 zum protestantischen Glauben über. Der Fuldaer Fürstabt Balthasar von Dernbach versuchte um 1570 eine Rekatholisierung, was zu Spannungen führte. Das Amt Fischbach fiel zeitweise nach dem Dreißigjährigen Krieg an das Herzogtum Sachsen. 1707 kam das Amt zurück an Fulda. Erneut versuchte man die Rekatholisierung. Stützpunkte für diesen beabsichtigten Prozeß waren die nahe Propstei in Zella und das Franziskanerkloster in Dermbach. Auch das war vergebens, das Volk im Ort blieb protestantisch. Also baute der Landesherr hier eine Kirche für die Protestanten. Somit ist diese Kirche wie auch die in Empfertshausen ein Beleg für die vom Fuldaer Fürstabt bestätigte Religionsfreiheit und Toleranz, ebenso wie die Kirchen der Nachbargemeinden, die die gleiche Geschichte haben.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Josef Leinweber: Die Fuldaer Äbte und Bischöfe, Knecht Verlag
Frankfurt am Main, 1989, ISBN 3-7820-0585-6, S. 144-147
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im
Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von
Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer,
Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Konstantin von Buttlar: https://de.wikipedia.org/wiki/Konstantin_von_Buttlar
Konstantin von Buttlar: Hessische Biographien http://www.lagis-hessen.de/pnd/118977717
Kirchenkreis Bad Salzungen - Dermbach: http://www.kirchenkreis-bad-salzungen-dermbach.de/
Pfarrkirche Neidhartshausen: http://salzungen.elkth-online.de:8001/portal/kirche/empfertshausen/neidhartshausen/?open=2137
Georg Voss, Paul Lehfeldt: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens,
Heft XXXVII, Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach:
Verwaltungsbezirk Dermbach: Amtsgerichtsbezirke Vacha, Geisa,
Stadtlengsfeld, Kaltennordheim und Ostheim v. d. Rhön, Verlag
von Gustav Fischer, Jena, 1911, S. 217-219, http://digitalesammlungen.uni-weimar.de/viewer/image/PPN63256699X/1/ - http://goobipr2.uni-weimar.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:gbv:wim2-g-2484283 - http://digitalesammlungen.uni-weimar.de/viewer/content/?action=pdf&metsFile=PPN63256699X.xml&targetFileName=PPN63256699X.pdf
Michael Imhof, Burghard Preusler,
Gregor Stasch: Barockkirchen in Fulda und im Fuldaer Land mit dem
Geisaer Amt, Dermbach, Hammelburg und Hünfelder Land, mit einem
Beitrag von Gerd Weiß, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2020,
496 S., ISBN-10: 3731908050, ISBN-13: 978-3731908050, S. 220-221
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