Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2364
Kranlucken (zu Schleid, Wartburgkreis)

kath. Pfarrkirche "Heiligste Dreifaltigkeit" in Kranlucken

Im Ortszentrum von Kranlucken steht in direkter Nähe zum Kohlbach die katholische Pfarrkirche "Heiligste Dreifaltigkeit". Die seit 1737 von der Mutterpfarrei Schleid abgetrennte und seitdem eigenständige Pfarrei, zu der die Filialen Zitters und Gerstengrund gehören, ist Teil des Pastoralverbundes St. Elisabeth - Ulster-, Felda- und Werratal. Im Ort gab es den Ortsadel "von Kranlucken", aus dem es ein Mitglied sogar an die Spitze der Fürstabtei Fulda schaffte: Der 1303 geborene Heinrich von Craluc wurde am 22.9.1353 zum Fürstabt gewählt. Die spätbarocke Pfarrkirche wurde 1751-1753 errichtet; als Urheber gilt Andrea(s) Gallasini. An der Ausführung waren ferner beteiligt Peter Walck als Maurermeister, Johann Adam Hobert (Hubert) als Zimmermeister und Johann Georg Wagenfeller als Bildhauer für das Wappen an der Fassade. Der Bauherr, Fürstabt Amand von Buseck, weihte die Kirche wenige Monate vor seinem Tod, am 5.9.1756. Innen war dabei wohl nich nicht alles fertig ausgestattet.

Die Kirche brannte zusammen mit fast dem gesamten Ort nach einem Blitzschlag am 18.7.1793 bis auf die Grundmauern ab und wurde 1796 wiederhergestellt. Die Baulietung hatte der damalige fuldaische Baumeister Carl Philipp Arndt. Deshalb spiegelt nur noch die Giebelfassade den Entwurf Gallasinis wider; innen ist es zweifelhaft, ob man beim Wiederaufbau dem ursprünglichen Konzept folgte. 1910 wurde die Kirche renoviert, aber kurz darauf 1913 bei einer verheerenden Flut des Kohlbaches schwer beschädigt - das Wasser stand bis zum Altar, so daß erneut renoviert werden mußte.

Das Langhaus besitzt auf jeder Seite vier Fenster; der Chor, über dem sich der kleine Turm mit geschweifter Haube wie ein Dachreiter erhebt, ist außen nicht abgesetzt und wird dreiseitig abgeschlossen. Der Giebel ist im Vergleich zum Kirchlein dahinter gewaltig und repräsentativ und spielt gestalterisch in der selben Liga wie die Pfarrkirche in Großenlüder und die Heilig-Geist-Spitalkirche in Fulda. Die aus sorgsam behauenen Sichtquadern errichtete Fassade besitzt streng gegliederten barocken Schmuck. Vier große Wandvorlagen bilden eine Portikusfront mit toskanischer Ordnung, rhythmisieren die Fassade und tragen das kräftige Gebälk und Abschlußgesims, über dem sich der eingeschweifte Giebel mit einem abschließenden Segmentbogengiebel erhebt. Der Schmuck ist klassisch und sparsam. An den Seiten werden die Schneckenabschlüsse von je einer Vase überhöht. In der Mittelachse befinden sich in vertikaler Linie über der Tür zwei verschieden große Rundfenster, eines davon im Giebel. Die beiden seitlichen Fassadenfelder enthalten Figurennischen mit Statuen des St. Johannes von Nepomuk links und des St. Bonifatius rechts.

 

Über dem Haupteingang befindet sich das nicht farblich gefaßte Rokoko-Wappen des Fuldaer Fürstabtes Amand von Buseck (2.2.1685-4.12.1756, regierte 1737-1756). Er war Fürstabt 1737-1752 und Fürstbischof 1752-1756, weil die Fürstabtei am 5.10.1752 durch Papst Benedikt XIV. in den Rang eines Bistums erhoben wurde. Das Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes durchgehendes Kreuz, Hochstift Fulda, Feld 2 und 3: in Gold ein rot gezungter schwarzer Widderkopf, Stammwappen der von Buseck. Auf der reichverzierten Kartusche ist der Fürstenhut zu sehen, schrägrechts hinter dem Schild der Krummstab, schräglinks das gestürzte Schwert.

Amand von Buseck entstammte der katholischen, im Saarland im Herrenhaus von Calmesweiler ansässigen Linie des alten hessischen Adelsgeschlechtes und war der älteste Sohn von Philipp Franz Edmund von Buseck, Herr der Herrschaft Eppelborn (-1700) und dessen Frau Maria Antonia von Fechenbach zu Sommerau (-1693). Er wurde als Friedrich Franz Ludwig von Buseck geboren. Er kam nach Fulda, weil sein Großonkel Bonifatius von Buseck dort Stiftskapitular und gleichzeitig Propst der Propstei Johannesberg war. Ab 1693, also nach dem Tod seiner Mutter, wurde er durch seinen Großonkel in Fulda erzogen. Ab 1697 besuchte er das Fuldaer Jesuitenkolleg. Als Adalbert von Schleifras 1700 zum neuen Fürstabt gewählt worden war, übernahm er den fünfzehnjährigen Verwandten seines Propstes als Pagen. So wurde Friedrich Franz Ludwig von Buseck vom Schicksal in seine Laufbahn geschoben, und 1704 trat er in das Stift Fulda ein, um am 1.11.1705 die Profeß abzulegen - so begann seine Klosterkarriere, die ihn schließlich zum Bischofsamt führte.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, Band Bistümer, ansonsten wie angegeben
Josef Leinweber: Die Fuldaer Äbte und Bischöfe, Knecht Verlag Frankfurt am Main, 1989, ISBN 3-7820-0585-6, S. 155-157
Amand von Buseck:
https://de.wikipedia.org/wiki/Amand_von_Buseck
Amand von Buseck:
http://www.saarland-biografien.de/Buseck-Amandus-Friedrich-Franz-Ludwig-von
Kranlucken:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kranlucken
Geschichte von Kranlucken:
http://kranlucken.lima-city.de/geschichte/
Johannes Naumann: Barockes Eppelborn, Sitz der Freiherren von Buseck, hrsg. von der Stiftung Kulturgut Gemeinde Eppelborn, Band 4, Edition Schaumberg, Alsweiler 2008, ISBN 978-3-941095-01-4, S. 129-162
Georg Voss, Paul Lehfeldt: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens, Heft XXXVII, Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach: Verwaltungsbezirk Dermbach: Amtsgerichtsbezirke Vacha, Geisa, Stadtlengsfeld, Kaltennordheim und Ostheim v. d. Rhön, Verlag von Gustav Fischer, Jena, 1911, S. 106-108,
http://digitalesammlungen.uni-weimar.de/viewer/image/PPN63256699X/1/ - http://goobipr2.uni-weimar.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:gbv:wim2-g-2484283 - http://digitalesammlungen.uni-weimar.de/viewer/content/?action=pdf&metsFile=PPN63256699X.xml&targetFileName=PPN63256699X.pdf
Volker Rößner, Sabine Wagner, Sabine Fechter: Andrea(s) Gallasini 1681-1766: Vom Stuckateur zum fürstlichen Baumeister in Fulda, 320 S., Verlag Michael Imhof Verlag, 2018, ISBN-10: 3731907178, ISBN-13: 978-3731907176, S. 266-267

Michael Imhof, Burghard Preusler, Gregor Stasch: Barockkirchen in Fulda und im Fuldaer Land mit dem Geisaer Amt, Dermbach, Hammelburg und Hünfelder Land, mit einem Beitrag von Gerd Weiß, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2020, 496 S., ISBN-10: 3731908050, ISBN-13: 978-3731908050, S. 382-385

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