Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2363
Ufhausen (zu Eiterfeld, Landkreis Fulda)

kath. Pfarrkirche St. Laurentius in Ufhausen

Das ca. 13 km nordöstlich von Hünfeld gelegene Ufhausen, 1958 durch Zusammenschluß von Oberufhausen und Unterufhausen gebildet, ging 1972 als Ortsteil in der Gemeinde Eiterfeld auf. Einzige Sehenswürdigkeit im Ort ist die kleine Pfarrkirche St. Laurentius, ein schlichter Barockbau, der 1747-1750 errichtet wurde. Der Neubau ersetzte zwar einen Vorgängerbau, wurde aber an einer anderen Stelle als dieser errichtet. Die Pläne für den einfachen und doch eleganten Bau fertigte der Fuldaer Hofarchitekt Andrea(s) Gallasini an; seine Urheberschaft ist durch den erhaltenen Vertrag vom 22.5.1747 gesichert. Weiterhin waren an der Ausführung beteiligt Johann Walck und dessen Sohn Peter Walck als Maurermeister und Martin Heil als Zimmermeister. Der Eingang führt durch den Fassadenturm, der mit einer geschweiften Haube und Laterne versehen ist. Das ist etwas Neues bei Gallasini, denn zum ersten Mal steht der Turm als Dominante mitten in der Fassade, und das, ohne in ein Gesamtkonzept eingebunden zu sein, sondern wie ein Solitär. Das Kirchenschiff hat eine Hausgiebelfassade, deren Seiten aber nicht gerade, sondern schräg an den Turm stoßen. So entsteht der Eindruck, die Fassade qürde praktisch nach vorne aufplatzen, um den Turm herauszulassen, ein interessantes architektonisches Konzept. Oder sehen wir es vom Gesichtspunkt der Perspektive: Durch das Zurückweichen der Seiten wird im Sinne einer optischen Täuschung die perspektivische Verkleinerung zurückliegender Bauteile verstärkt, wodurch der Turm noch dominanter und größer wirkt. Ansonsten wirkt der Außenbau puristisch: Klare Grundformen wie Kreis, Dreieck und Rechteck bestimmen die Fassade. Dynamik entsteht nur wie zuvor beschrieben in der Fassade. Der Chor ist dreiseitig und ist innen durch einen Korbbogen abgetrennt. Die Kirche wurde 1777 geweiht.

 

Über dem Haupteingang befindet sich das Rokoko-Wappen des Fuldaer Fürstabtes Amand von Buseck (1737-1756). Da die Kirche im Außenbau 1747-1750 errichtet wurde, dürfen wir Amand von Buseck noch als Fürstabt ansprechen, denn erst am 5.10.1752 wurde die Fürstabtei durch Papst Benedikt XIV. in den Rang eines Bistums erhoben. Er war also Fürstabt 1737-1752 und Fürstbischof 1752-1756. Sein Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes durchgehendes Kreuz, Hochstift Fulda, Feld 2 und 3: in Gold ein rot gezungter schwarzer Widderkopf, Stammwappen der von Buseck. Auf der reichverzierten Kartusche ist der Fürstenhut zu sehen, schrägrechts hinter dem Schild das gestürzte Schwert, schräglinks der Krummstab.

An der Kirche ist noch ein weiteres Wappen zu finden, an einem modernen Gedenkstein als Ritzzeichnung. Es sei hier nicht nur abgebildet, weil es ebenso ein interessantes heraldisches Zeugnis darstellt wie der historische Wappenstein, sondern weil es sich bei dem Wappenträger um einen berühmten Sohn Oberufhausens handelt und dieses Wappen im Gegensatz zu den ubiquitär zu findenden Fuldaer Fürstäbten eine Rarität darstellt.

Das Wappen ist durch eine eingebogene Spitze in drei Felder geteilt, Feld 1: in Blau eine silberne Schale mit Fuß, aus der ebensolcher Rauch aufsteigt, Feld 2: in Blau ein silberner Bienenkorb (Ufhausen ist ein Imkerdorf), Feld 3: in Silber auf drei (1:2) sich überlappenden grünen Bergen ein schwarzes, kleeblattendiges Patriarchenkreuz mit Ring. Hinter dem Schild steht ein kleeblattendiges Vortragekreuz. Der Galero wird grün mit 2 x 6 grünen Fiocchi geführt. Die Devise lautet: "CRUCE ET REGULA" - mit dem Kreuz und der Regel. Es ist ein Wappenstein, der einen aus der biederen Provinz in die Häßlichkeiten der Weltgeschichte führt.

Es handelt sich dabei um das Wappen des Missionsbischofs Bonifatius Sauer (10.1.1877-7.2.1950), Missionsbenediktiner der Erzabtei St. Ottilien. Josef Sauer, Sohn des Landwirtes Johann Nikolaus Sauer und dessen Ehefrau Franziska, trat, nachdem er zunächst in Münnerstadt, Warburg und Innsbruck abgewiesen worden war, 1899 in den Benediktinerorden in St. Ottilien ein, ein Jahr später legte er am 4.2.1900 die Profeß ab und wählte den Klosternamen Bonifatius. In Dillingen wurde er 26.6.1903 zum Priester geweiht. Er leitete zunächst die in Dillingen neu gegründete Niederlassung der Missionsbenediktiner und wurde 1906 ihr erster Prior. Ab 1909 wirkte er, nachdem er von Erzabt Norbert Weber erwählt wurde, in Seoul zwecks Gründung einer Benediktiner-Missionsstation. Er wurde der erste Prior des 1909 gegründeten Konventualpriorats St. Benedikt. Am 15.5.1913 (Benediktion am 8.6.1913) wurde er der erste Abt der Niederlassung, nachdem diese zur Abtei erhoben worden war. Am 1.5.1921 empfing Bonifatius Sauer in Seoul die Bischofsweihe. Seit dem 25.8.1920 war er auch Titularbischof von Appiaria und Apostolischer Vikar von Wonsan (Hafenstadt in der Nähe von Tokwon), als man die Ausdehnung der Mission nach Norden plante. 1927 wurde die Missionsabtei in den Norden Koreas nach Tokwon verlegt, und Sauer wurde am 12.1.1940 Abt der Territorialabtei Tokwon im noch ungeteilten Korea und ebenfalls am 12.1.1940 Apostolischer Vikar von Hamhung.

Am 15.8.1948 formierte sich die Republik Korea im Süden, und am 9.9.1948 wurde die Koreanische Demokratische Volksrepublik im Norden gegründet, womit die Abtei ein Opfer des kommunistischen Furors wurde. 1949 wurden alle Mönche der Abtei verhaftet und wegen antikommunistischer Sabotage in einem Schauprozeß angeklagt. Bonifatius Sauer starb nach neunmonatiger Kerkerhaft in Pjöngjang an den Folgen seiner Haft als Märtyrer. Die anderen Mönche starben entweder an Entkräftung und Unterernährung im Gefängnis oder später im Lager, oder sie wurden 1950 hingerichtet. Nur wenige Überlebende konnten 1954 nach Europa heimkehren. Bis heute hat sich nichts daran geändert, daß Mission in der Diktatur Nordkorea ein lebensgefährliches Unterfangen ist, wo einen schon der Besitz einer Bibel ins Arbeitslager bringen kann. Für Abtbischof Bonifatius Sauer wurde 2007 ein Seligsprechungsprozeß eingeleitet.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, Band Bistümer, ansonsten wie angegeben
Josef Leinweber: Die Fuldaer Äbte und Bischöfe, Knecht Verlag Frankfurt am Main, 1989, ISBN 3-7820-0585-6, S. 155-157
Amand von Buseck:
https://de.wikipedia.org/wiki/Amand_von_Buseck
Amand von Buseck:
http://www.saarland-biografien.de/Buseck-Amandus-Friedrich-Franz-Ludwig-von
Ufhausen, Landkreis Fulda, im Historischen Ortslexikon
http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/7097
Bistum Fulda; Serie "Kirchen im Bistum Fulda", Dekanat Hünfeld / Geisa
http://www.bistum-fulda.de/bistum_fulda/presse_medien/rundfunk/oeffentlichkeitsarbeit/briefmarken/dekanate/SB_Huenfeld-Geisa.pdf - http://www.bistum-fulda.de/bistum_fulda/presse_medien/rundfunk/oeffentlichkeitsarbeit/briefmarken/n-n/briefmarken1.php
Wappen von Bonifatius Sauer:
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Coat_of_arms_of_Bonifatius_Sauer.svg#filehistory
Bonifatius Sauer:
http://www.orden-online.de/wissen/s/sauer-bonifaz/
Bonifatius Sauer:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bonifatius_Sauer
Bonifatius Sauer: in der Kirche aushängende Biographie
Bonifatius Sauer, in: Biographia Benedictina:
http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Sauer,_Bonifaz
Gottfried Sieber: Bonifaz Sauer (1877-1950), Abt und Bischof in Korea (1921-1950), in: Beständigkeit und Sendung, hrsg. von Godfrey Sieber und Cyrill Schäfer, St. Ottilien, EOS, 2003, S. 351-356.
Johannes Naumann: Barockes Eppelborn, Sitz der Freiherren von Buseck, hrsg. von der Stiftung Kulturgut Gemeinde Eppelborn, Band 4, Edition Schaumberg, Alsweiler 2008, ISBN 978-3-941095-01-4, S. 129-162
Volker Rößner, Sabine Wagner, Sabine Fechter: Andrea(s) Gallasini 1681-1766: Vom Stuckateur zum fürstlichen Baumeister in Fulda, 320 S., Verlag Michael Imhof Verlag, 2018, ISBN-10: 3731907178, ISBN-13: 978-3731907176, S. 278-279

Michael Imhof, Burghard Preusler, Gregor Stasch: Barockkirchen in Fulda und im Fuldaer Land mit dem Geisaer Amt, Dermbach, Hammelburg und Hünfelder Land, mit einem Beitrag von Gerd Weiß, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2020, 496 S., ISBN-10: 3731908050, ISBN-13: 978-3731908050, S. 372-375

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