Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2300
Dierdorf (Landkreis Neuwied)
Das Mausoleum der Grafen von Wied-Runkel
In Dierdorf erinnern heute nur noch der Schloßpark mit dem See und der fast quadratischen Schloßinsel und auf der anderen Seite der Hauptstraße (seit 1850 bestehende Landstraße Koblenz-Olpe, den ehemaligen Schloßpark durchschneidend) das Mausoleum der Grafen von Wied-Runkel an die Geschichte des Ortes als Residenz. Das rechteckige, 5,35 m breite und 8 m lange Gebäude aus verputztem Backstein wurde im frühen neugotischen Stil mit diagonal gestellten Eckstrebepfeilern, krabbenbesetzten Fialen mit abschließenden Kreuzblumen, gußeisernem Maßwerk und umlaufendem Spitzbogenfries in den Jahren 1816-1818 von Fürst Karl Ludwig Friedrich Alexander zu Wied-Runkel (29.9.1763-9.3.1824) als dreijochig gewölbte Grabkapelle für sich selbst in Auftrag gegeben, und hierhin ließ er auch etliche ältere Grabdenkmäler seiner Vorfahren verbringen, insbesondere aus der säkularisierten Prämonstratenserabtei Rommersdorf, der ehemaligen Wallfahrtskapelle Hausenborn und aus dem Koblenzer Stift St. Florin, um sie vor Zerstörung zu bewahren. Die dort versammelten älteren Grabsteine und Epitaphien spiegeln die verflochtene Geschichte der die Region bestimmenden Geschlechter wider; insgesamt ruhen in der Gruft elf Mitglieder des Hauses Wied-Runkel. Normalerweise ist das Innere des Mausoleums unzugänglich. Zwei Grabplatten sind jedoch auf der Außenseite beiderseits des Eingangs eingemauert, aufgrund ihres nicht ganz zur Architektur passenden Formats jedoch beschnitten.
Die erste Grabplatte außen, rechts vom Eingang angebracht, ist für den Grafen Gerlach III. von Isenburg-Grenzau. Dieser schlug erst eine klerikale Laufbahn ein, wurde zunächst 1445 Domherr zu Trier, dann 1450-1454 Domherr zu Köln. Er resignierte später und heiratete Hildegard von Sierck. Am 25.5.1443 war er mit der halben Burg Grenzau belehnt wurden, 1460 wurde er mit der ganzen Burg belehnt. Die Burg Grenzau war eine Gründung der Isenburger. Das edelfreie Geschlecht der Herren von Isenburg hatte seine gleichnamige Stammburg im benachbarten Sayntal. Um 1208 begann Heinrich I. von Isenburg (1153-1222) mit dem Bau seiner eigenen Burg auf einem Bergsporn über dem Brexbachtal im rheinnahen Westerwald und begründete die Linie Isenburg-Grenzau. Die Familie bewohnte über 400 Jahre die Burg Grenzau, die an der alten Handelsstraße Leipzig-Flandern lag, welche von Grenzau ihren Verlauf nach Vallendar nahm, um nach der Rheinüberquerung weiter in die Eifel zu führen.
Das Grabmal befand sich ursprünglich in der ehemaligen, von den Isenburgern im 15. Jh. gestifteten, gotischen Wallfahrtskapelle "Unserer Lieben Frau zu Hausenborn", deren Ruine im Wald versteckt am Ortsausgang von Isenburg in Richtung Bendorf-Sayn nahe dem Zusammenfluß von Iser- und Saynbach liegt. Als Grablege der Isenburger diente eigentlich die nahe Abtei Rommersdorf bei Heimbach-Weis. Gerlach III. von Isenburg-Grenzau wurde dennoch in Hausenborn beigesetzt. Die Wallfahrt nach Hausenborn wurde 1784 vom Fürstbischof untersagt; die Kapelle aufgegeben und dem Verfall überlassen. Gerlachs Grabplatte wurde gerettet und 1802 in den Chor der Isenburger Pfarrkirche versetzt, um dann 1805 gegen den Willen des damaligen Isenburger Pastors Winter unter dem Druck der Gräfin von Walderdorff (die Grafen hatten das Patronatsrecht in Isenburg) an den Hochfürstlich Wied-Runkelschen Hof abgegeben zu werden und erneut nach Dierdorf umzuziehen.
Die schwer und wegen der Vermauerung nur in Teilen lesbare Inschrift lautete einmal: "In dem Jahr da man schreibt M CCCCC (1500) am Freitag nach unserer Lieben Frauen Tag (= 9.9.) starb der edle und wohlgeborene Gerlach zu Isenburch und zu Grensauwe dem Gott gnade." Seine Söhne waren Gerlach IV. Herr zu Isenburg und Grenzau (-9.9.1530), Salentin VII. Herr von Isenburg und Neumagen sowie Wilhelm von Isenburg Herr zu Grenzau (-1525).
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In den vier Ecken der hochrechteckigen Platte befinden sich vier Ahnen-Wappenschilde, jeweils ohne Oberwappen. Graf Gerlach III. von Isenburg-Grenzau war der Sohn von Gerlach II. Graf von Isenburg-Grenzau und Jutta von Eppstein. Seine vier Großeltern waren väterlicherseits Salentin VI. Graf von Nieder-Isenburg (heraldisch oben rechts, in Silber zwei rote Balken) und dessen Frau Adelheid von Isenburg-Büdingen-Grenzau (heraldisch unten rechts, in Silber zwei schwarze Balken) sowie mütterlicherseits Gottfried VII. Graf von Eppstein-Münzenberg (heraldisch links oben, silbern-rot fünfmal gesparrt, kann auch die Form von drei roten Sparren in silbernem Feld annehmen) und dessen Frau Jutta von Nassau-Dillenburg, welche wiederum die Tochter von Adolf Graf von Nassau-Dillenburg (1362-12.6.1420) und Jutta von Dietz (-14.8.1397), der Erbin der halben Grafschaft Dietz, war. Die vier Schilde stehen somit genealogisch nicht ganz richtig nur für die drei erstgenannten Großeltern und für das Dietzer Erbe (heraldisch links unten, in Rot zwei goldene, blau bewehrte, schreitende, hersehende Löwen übereinander), das eine Generation weiter zurückliegend erheiratet wurde.
Die zweite Grabplatte außen, links vom Eingang angebracht, ist für den Grafen Philipp von Wied-Runkel, gestorben 1.6.1535. Dieser war der Sohn von Johann III. Graf von Wied (-1533), Herr zu Isenburg und Runkel, welcher am 21.8.1505 mit seinem Bruder teilte, und von des Erstgenannten Frau, Elisabeth Gräfin von Nassau-Dillenburg (1488-3.6.1559).
Die vier aufgrund der Vermauerung teilverdeckten Vollwappen in den vier Ecken der hochrechteckigen Platte stehen für die vier Urgroßeltern. Heraldisch rechts oben befindet sich das Wappen für den Großvater väterlicherseits, Friedrich IV. Graf von Wied (-31.8.1487); es ist geviert, Feld 1 und 4: in mehrfach rot-golden schräglinksgeteiltem Feld ein natürlicher Pfau, linksgekehrt (Grafschaft Wied), Feld 2 und vermutlich auch Feld 3: in Silber mit zwei roten Pfählen ein rechtes blaues Obereck (Herrschaft Runkel), auf dem Helm mit rot-goldenen Decken der naturfarbene Pfau (Grafschaft Wied). Im frühen 16. Jh. wurden die niederisenburgischen Balken ins Wappen aufgenommen; sie fanden ihren Platz in Feld 3. Dieses ist aufgrund der Vermauerung nicht zu erkennen. Da das Wappen jedoch Teil der Ahnenprobe ist, ist davon auszugehen, daß hier der zum entsprechenden Großvater passende Inhalt zu erwarten ist, also noch ohne die niederisenburgischen Balken. Heraldisch links oben befindet sich das Wappen für den Großvater mütterlicherseits, Johann V. Graf von Nassau-Dillenburg (9.11.1455-30.7.1516); es zeigt im blauen und mit goldenen aufrechten Schindeln bestreuten Feld einen goldenen Löwen, rot gezungt und rot bewehrt, als Helmzier ein schwarzer Flug, üblicherweise belegt mit einem silbernen, gebogenen Schrägbalken, der mit goldenen Lindenblättern bestreut ist (Details hier nicht zu erkennen), Helmdecken blau-golden.
Heraldisch rechts unten befindet sich das Wappen für die Großmutter väterlicherseits, Agnes von Virneburg (-12.3.1478); es zeigt in Gold sieben (4:3) zu zwei Balken aneinandergereihte rote Rauten, Helmzier der Schild zwischen zwei schwarzen Hörnern, die außen mit je drei silbernen Kugeln besteckt sind. Die Helmdecken werden für das Stammwappen im Gruber als schwarz-rot angegeben. Heraldisch links unten befindet sich das Wappen für die Großmutter mütterlicherseits, Elisabeth von Hessen (1466-17.1.1523); es zeigt in Blau einen silbern-rot mehrfach geteilten aufrechten Löwen, golden gekrönt und golden bewehrt, Helmzier zwei Büffelhörner, außen besteckt mit je vier Lindenzweigen, das letzte im Mundloch, Helmdecken rot-silbern.
Die Grafschaft Wied gehörte nacheinander drei verschiedenen Familien bzw. Mannesstämmen; hier handelt es sich um das dritte Grafengeschlecht des Namens aus dem Hause Runkel. Die ersten Grafen von Wied erloschen 1244 in der männlichen Linie. Zwei Töchter erbten Anteile: Die ältere Tochter heiratete Bruno Graf von Isenburg, die jüngere einen Herrn von Eppstein, wobei die zweite Familie 1306 ihren Erbteil an die von Virneburg verkaufte. Über die Erbin Agnes von Virneburg, die Wilhelm I. von Isenburg-Braunsberg Graf von Wied heiratete, kam der Anteil wieder zurück an die Wied-Isenburger. 1338 konnte der gesamte Wied-Besitz wieder vereinigt werden. Die Isenburger wurden mit der Grafschaft Wied belehnt und stellten das zweite Grafengeschlecht des Namens. Sie erloschen aber selbst wiederum 1462 in der männlichen Erbfolge, und die in weiblicher Linie verwandten Herren von Runkel übernahmen als drittes Grafengeschlecht. Alle genannten Familien - Wied, Isenburg und Virneburg - waren durch mehrere Heiraten untereinander verbunden, wie die vorhandenen Grabsteine belegen. Dierdorf gehörte nach einer Teilung im Hause Wied zur oberen Grafschaft Wied mit Runkel und gehörte der älteren Linie Wied-Runkel, die 1824 mit Fürst Karl erlosch und von Wied-Neuwied beerbt wurde. 1701 ff. wurde das Dierdorfer Schloß an der Stelle einer mittelalterlichen Wasserburg der Isenburger errichtet. Die Front wurde über 45 m breit. Nach dem Erlöschen von Wied-Runkel und Erklärung von Neuwied zur alleinigen Residenz geriet Dierdorf in die Bedeutungslosigkeit, und Landstraße und Eisenbahntrasse wurden durch den Schloßpark gebaut. 1870/71 diente das verlassene Schloß als Lazarett. Im Jahre 1902 wurde das Schloß wegen Baufälligkeit gesprengt und abgetragen. Aus den Steinen wurde 1903-1904 die neoromanische evangelische Kirche erbaut.
Literatur,
Quellen und Links:
Wilhelm
Groß: Aus alter Zeit
I - Chronik von Dierdorf Neuauflage der Originalausgabe von 1900.
Verlag Reinhard Zado, Niederhofen, ISBN 3-936256-02-0.
Heimat-Jahrbücher 1989 und 1990 Landkreis Neuwied, hrsg. vom
Landkreis Neuwied
Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler -
Rheinland-Pfalz, Saarland. Deutscher Kunstverlag, München
1984,
ISBN 3-422-00382-7.
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen
Länder - die
deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H.
Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Geschichte der Burg Grenzau: http://www.wwv-hg.de/bugre_gk1.htm
Gesellschaft für Geschichte und Heimatkunde Bendorf: http://www.bendorf-geschichte.de/bdf-0083.htm#2
Eugen Wasser: Die Wallfahrtskapelle Hausenborn, in:
Geschichtsbroschüre Hausenborn, hrsg. vom Förderkreis
"Wallfahrtskapelle Hausenborn" e.V. , 56271 Isenburg
Heinrich Neu, Hans Weigert, Karl Heinz Wagner: Die
Kunstdenkmäler des Kreises Neuwied, Düsseldorf 1940,
S. 165-166
Mausoleum Dierdorf: https://de.wikipedia.org/wiki/Mausoleum_der_Grafen_von_Wied-Runkel
Mausoleum: http://www.dierdorf.de/leben-09.htm
Dierdorf: Mausoleum der Grafen von Wied-Runkel, Pfarrkirche St.
Clemens, Jüdische Gemeinde Dierdorf, Verbandsgemeinde
Dierdorf,
ISBN-10: 1158794703, ISBN-13: 978-1158794706
Sehenswürdigkeiten in Dierdorf: http://www.vg-dierdorf.de/vg_dierdorf/Ortsgemeinden/Stadt%20Dierdorf/Wissenswertes/
Mausoleum: http://www.royaltyguide.nl/countries/germany/dierdorf/mausoleum.htm
Grafschaft Wied: http://wiki-de.genealogy.net/Grafschaft_Wied
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Entwicklung des Hessischen Wappens
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Das
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