Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2230
Bruneck (Brunico, Italien, Provinz Bozen, Region Trentino-Südtirol)

Oberragen 21

Das Anwesen am Oberragen (Via Ragen di sopra) Nr. 21 ist ein dreistöckiges Wohnhaus mit vier Fensterachsen und einem großen, steinernen Rundbogenportal zwischen der 3. und der 4. Fensterachse und einer Steinbank daneben. Das Haus bildet eine bauliche Einheit mit der Hausnr. 21a mit einer einzigen Fensterachse in größerem Abstand zu den anderen Fenstern sowie einem eigenen Rundbogeneingang. Auf dem Scheitelstein des Portalbogens des Hauses Nr. 21 befindet sich neben der Inschrift "MEA" und der Jahresangabe 1695 die von zwei Palmwedeln eingefaßte Darstellung des Wappenschildes der Familie von Winkelhofen. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bay Seite: 64 Tafel: 69 und im Band: Tir Seite: 19 Tafel: 22; eine weitere Erwähnung im Zusammenhang mit einer namensgleichen Familie findet sich im Band: SchlA2 Seite: 144 Tafel: 86. 

Die Familie Winkelhofen kam um das Jahr 1500 aus Schwaben, wo sie in Augsburg, Ulm und Ehingen nachweisbar ist, nach Tirol. Georg Winkelhofen (-1545), 1498 bis 1538 bischöflich-brixnerischer Amtmann und Richter in Anras, hatte Dorothea Prack von Asch aus einem ladinisches Adelsgeschlecht geheiratet, und so gelangte die Familie in das Pustertal. Sein Sohn hieß Joachim von Winkelhofen. Vater und Sohn liehen 1542 Christoph von Madruzzo, 1542-1578 Fürstbischof in Brixen und Kardinal, gegen Verpfändung des Zolls in Bruneck 1000 Gulden.

 

Am 19.6.1545 wurden die Winkelhofer von Kaiser Ferdinand zu Worms geadelt. Nach Siebmacher Band: Tir Seite: 19 Tafel: 22 wurde das Wappen seit 1545 in folgender Form geführt: Geviert, Feld 1 und 4: in Silber einwärts ein roter Löwe, Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Lilie. Im Jahre 1563 erlangte die Familie die tirolische Landstandschaft. Kaiser Rudolf II. erhob sie 1598 in den Ritterstand, und 1671 erhob Kaiser Leopold Andreas von Winkelhofen in den Freiherrenstand. Nach der gleichen Quelle wurde das Wappen 1671 erweitert: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Silber einwärts ein roter Löwe, Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Kugel (von Arnold), Herzschild: in Rot eine silberne Lilie.

Das hier nicht dargestellte Oberwappen wäre beim Wappen von 1545 auf dem Helm mit rot-silbernen Decken wachsend ein silberner Engel mit roter Stola und einem roten Kreuzchen auf dem Kopf und mit goldenen Flügeln, in der Rechten ein Schwert haltend. Das freiherrliche Wappen von 1671 besitzt zwei Kleinode, Helm 1 (rechts): Stammkleinod, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken eine silberne Kugel, oben mit drei Straußenfedern besteckt, einer silbernen zwischen zwei roten (von Arnold).

Soweit der Neue Siebmacher Tirol. Die Dokumente der Fischnaler-Wappenkartei sagen jedoch etwas anderes: Das Wappen ist nach den dortigen Unterlagen geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Silber einwärts ein schwarzer Löwe, Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Kugel (Wappen der erloschenen von Arnold), Herzschild: in Blau eine goldene Lilie (Stammwappen der von Winkelhofen). Für den Engel, dessen Tingierung zuvor nach dem Neuen Siebmacher Tirol angegeben wurde, sind in der Fischnaler-Wappenkartei jedoch andere Tingierungsvarianten verzeichnet, vor allem solche mit blau-goldener Kleidung, goldenen, golden-blau geteilten oder golden-blau übereck geteilten Flügeln und goldenem Kreuz, sowie mit blauer Stola auf goldenem Gewand, was alles besser zu den Tinkturen des Stammwappens paßt und viel plausibler ist. Und auch die Helmdecken sind natürlich blau-golden, wie beim Stammwappen. Auch das im Siebmacher angegebene Schwert kann weder auf den Grabplatten der Familie noch in den anderen Dokumenten verifiziert werden, vielmehr handelt es sich um ein Zepter, das sowohl in der Rechten als auch in der Linken gehalten werden kann. Das Stammwappen der Familie ist zudem in ihrer Heimatstadt Ehingen belegt, auch dort sind die Farben Blau und Gold für das Lilienwappen dokumentiert.

Deshalb muß entgegen dem Neuen Siebmacher Tirol korrigierend formuliert werden: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Silber einwärts ein schwarzer Löwe, Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Kugel (von Arnold), Herzschild: in Blau eine goldene Lilie. Zwei gekrönte Helme, Helm 1 (rechts): zu blau-goldenen Decken ein wachsender goldener Engel mit blauer Stola oder blauen, über der Brust überkreuzten Bändern und einem goldenen Kreuzlein auf dem Kopf und mit golden-blau geteilten oder übereck geteilten Flügeln, in einer Hand ein goldenes Zepter haltend (Stammhelm), Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken eine silberne Kugel, oben mit drei Straußenfedern besteckt, einer silbernen zwischen zwei roten (von Arnold).

Den von Winkelhofen gehörte seit ca. 1580 der sog. Rote Turm in Toblach, außerdem gehörte ihnen der Winkelhof (auch Karlsburg genannt) in Milland bei Brixen. An letzterem befindet sich ein weiteres Wappen der Familie aus dem Jahr 1631, ein Allianzwappen von Carl Hannibal von Winkelhofen mit dem Wappen der Schurff (Feuerstahl) für seine Frau. Bei dieser Darstellung werden auch die Oberwappen gezeigt. Eine weitere Darstellung mit Oberwappen ist auf einem Grabstein für Heinrich von Winkelhofen im alten Friedhof von Brixen zu sehen (weiterführende Links dort), ebenso auf einem Grabstein für Christophorus von Winkelhofen am selben Ort. In Schwäbisch Hall kann man auf einem Epitaph an der Kirche St. Michael das Stammwappen sehen (siehe entsprechendes Kapitel).

In Übereinstimmung mit den Fischnaler-Dokumenten wird das vermehrte Wappen mit drei anders angegebenen Farben und mit dem Hinweis auf eine Erhebung in den Freiherrenstand am 20.6.1717 durch Kaiser Karl VI. unter dem Namen "Winkelhofen zu Engläß, Krakoffel und Neidenstein" im Siebmacher Band: Bay Seite: 64 Tafel: 69 aufgeführt, was auf der Farbgebung im Siebmacher IX Suppl. 7 beruht: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Silber einwärts ein schwarzer Löwe, Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Kugel (von Arnold), Herzschild: in Blau eine goldene Lilie. In genau diesen Farben wird das Wappen auch in den Tyroffschen Wappenbüchern für die "Freiherren von Winkelhofen zu Engles, Krakoffel und Neidenstein" gelistet. Zwei gekrönte Helme, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein wachsender Engel in goldenem Gewand mit blauer Stola, auf dem Kopf ein Kreuz, in der Rechten ein goldenes Zepter (vgl. in anderen Beschreibungen: Schwert) haltend, die Linke eingestemmt, auf der Brust mit einer goldenen Lilie belegt und mit einem golden-blau geteilten Flügelpaar, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken auf einer silbernen Kugel drei Straußenfedern, eine silberne zwischen zwei roten. Rietstap hat seinerseits ebenfalls die Angaben aus dem betreffenden Siebmacher übernommen, so daß auch dort die anderen Farben auftauchen.

Literatur, Quellen und Links:
Liste der Baudenkmäler in Bruneck: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Bruneck
Stadtrundgang durch Bruneck:
http://www.kronplatz.net/kultur/brauchtum/historischer-rundgang-bruneck/
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Rietstap/Rolland
Roter Turm in Toblach
http://www.burgen-adi.at/ansitz_herbstenburg/herbstenburg_sehensw.htm
Winkelhof in Milland:
http://www.burgen-adi.at/ansitz_karlsburg/karlsburg_geschichte.htm
Ehewappen mit Schurff an der Karlsburg
http://www.burgen-adi.at/ansitz_karlsburg/index_htm_files/13678.jpg

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