Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2078
Würzburg (Unterfranken)

Die Don Bosco-Kirche (Schottenkirche) in Würzburg

Eine Kirche mit drei Namen: Die Schottenkirche, Kirche St. Jakob oder Don Bosco-Kirche befindet sich im Würzburger Mainviertel und gehört zum Salesianerkloster am Schottenanger 15. Die 46,5 m lange und 16,5 m breite Kirche ist südwestlich an eine mächtige Vierflügelanlage angebaut, die hier in einem Kranzstück von vier ehemaligen Barockbastionen steht, deren Verlauf man noch gut im Straßenbild erkennen kann und von denen sich noch etliche Mauerzüge erhalten haben. Die drei Namen erklären sich aus der Geschichte der Kirche: St. Jakob ist klar, weil sie dem Heiligen Jakobus dem Älteren geweiht ist, Apostel und Märtyrer. Für die Bezeichnung Schottenkirche gibt es gleich zwei Gründe: Der wichtigste Frankenheilige ist Kilian, denn die ältesten Wurzeln des Bistums liegen in der ersten iroschottischen Mission im 7. Jh., und zu St. Kilian pilgerten auch viele Gläubige aus dessen ehemaliger Heimat, Irland. Man differenzierte die Menschen gälischer Herkunft nicht und nannte sie einfach "Scoti", Schotten. Zur Versorgung der irischen Pilger wurde von Mönchen benediktinischer Ausrichtung um 1134 eine Herberge gegründet, und schließlich kurze Zeit später ein entsprechendes Kloster gestiftet. Das geschah nicht nur in Würzburg so, sondern auch andernorts, z. B. in Regensburg, wo das dortige Kloster irischer Benediktiner eine Initiativrolle bezüglich der Würzburger Gründung übernahm, und geschah im Zuge der zweiten Welle irisch-gälischer Klostergründungen. Die Leitung übernahm der erste Abt namens Makarius. Das Kloster besaß eine große Selbständigkeit, und erst 1268 erhielt der Würzburger Bischof das Visitationsrecht. Das Kloster war stets eng mit Irland verbunden, hatte sogar mit dem Priorat Roscabery (Ross) in der Grafschaft Cork ein eigenes Filialkloster. Erst 1417 wurden nicht-irische Novizen aufgenommen. Nachdem das Kloster nach einer Niedergangszeit und einer Plünderung und Brandschatzung während des Würzburger Bürgeraufstands von 1398 schließlich im Jahre 1498 aufgegeben worden war, und ein Versuch zur Wiederbelebung der mönchischen Gemeinschaft 1504 auch schon wieder 1547 ein Ende fand, kam das Kloster unter die Verwaltung des Domkapitels, das die Einkünfte zur Bezahlung der Weihbischöfe verwendete. Erst Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn siedelte 1595 hier wieder eine "schottische" Mönchsgemeinschaft an, wiederum diente das Regensburger Schottenkloster als Spender von Mönchen, und diesmal war sein Bemühen von Erfolg gekrönt: Dieser Konvent bestand bis zur Säkularisation. Für den Neuaufschwung war auch nicht ganz unbedeutend, daß England sich der Reformation zuwandte und viele dortige Mönche eine neue Bleibe auf dem Kontinent suchten. Und der dritte Name kommt daher, daß die nach dem zweiten Weltkrieg übriggebliebenen kläglichen Ruinen dem Orden der Salesianer Don Boscos übereignet worden sind. Sie besaßen einst den Burkardushof, der war enteignet worden und schließlich den Bomben zum Opfer fiel, und als Wiedergutmachung bekam die Ordensgemeinschaft nun das ehemalige Schottenkloster. Diese sicherten die Ruinen, bauten wieder auf, was noch zu retten war, und richteten ein Jugendheim und eine Sonderberufsschule ein, dazu ein Berufsbildungswerk mit Internat.

Baulich ist nicht viel Altes geblieben, und die einst romanische, 1156 fertiggestellte Klosterkirche ist nur Erinnerung. Lediglich im Erdgeschoß des Südturmes kann man noch romanische Spuren finden. Die Kirche liegt auf einer kleinen Anhöhe, und der neue Befestigungsgürtel der Stadt zog unmittelbar daran vorbei; deswegen war die Kirche 1699 um ihren mittelalterlichen Westbau verkürzt worden. Bei der Barockisierung hatte die Kirche eine neue, repäsentative und auf Fernwirkung hin konzipierte Westfassade erhalten, ferner eine neue Westempore sowie neue Fenster- und Türgewände. Die Kirche war am 16.3.1945 schwerst von Bomben getroffen und beschädigt worden. Aber dennoch war die Südseite mit den barocken Fenbstergewänden erhalten geblieben, und auch die Westfassade war fast unversehrt geblieben. Man hätte also mit recht viel originaler Bausubstanz restaurieren können. Dennoch wurde alles bis auf das Südportal abgebrochen. Die Schottenkirche, die durchaus in ihrem alten Aussehen hätte wiederhergestellt werden können, wurde ein Opfer der Abrißwut der Nachkriegsarchitekten.

Das bis 1956 hergestellte (bitte nicht "wiederhergestellte") Äußere bewahrte die Form von Kirche und Türmen, innen ist die Gestaltung völlig modern, dabei wurde eine flachgedeckte, 12 m hohe Hallenkirche anstelle einer einst dreischiffigen Basilika gebaut. Alt sind noch die steinernen Fensterrahmen im gotischen Stil im halbrunden Chor (wenn auch mit moderner Verglasung von Künstler Jupp Gesing) und dieses Portal auf der Südseite, das an die grundlegende Renovierung der romanischen Basilika mit entsprechender Barockisierung unter dem Würzburger Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths und dem Abt Maurus II. Strachan (einst mit mehreren Wappendarstellungen vertreten) durch den Baumeister Joseph Greissing von 1716 (Amtsantritt des Abtes) bis spätestens 1719 (Tod Greiffenclaus) erinnert, aber in seiner zeittypischen Lebhaftigkeit und Üppigkeit der Formen so gar nicht zu den nüchternen und klotzigen Fenstern der Moderne (Johannes Mack: "Langhausneubau vom architektonischen Charme eines Gaswerks") passen will und den Verlust des Altbestandes durch die künstlerische Leere ringsum besonders schmerzlich macht. Die beiden Türme bekamen 1987 ihre echterzeittypischen Turmhauben zurück.

Das prächtige Südportal der Kirche ist ein Musterbeispiel des Greissing-Stils, Typisch sind die schräg gestelten seitlichen Pilaster und diein Bewegung versetzten Profile. Das Barockportal zeigt die für Würzburger Bauten so typische Mischung aus rotfarbenem und honigfarbenem Sandstein, wie wir es auch am Priesterseminar, an St. Peter etc. sehen können. Die großen Gestaltungselemente wie Türsturz und Dreiecksgiebel, der darüber liegende Segmentbogengiebel und die Pilaster sind aus dem roten Sandstein gefertigt, und die Füllungen, so auch das Wappen, heben sich hell und grau-gelblich davon ab. Früher besaß das Portal noch zwei allegorische Liegefiguren auf den Seitenteilen des Bogens; die sind seit 1945 verloren.

Hier ist das Wappen des Würzburger Fürstbischofs Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths (lebte 13.2.1652-3.8.1719, amtierte 1699-1719), der den barockisierenden Umbau vermutlich mit bedeutenden Summen gefördert hat, in seiner vollständigsten und üppigsten Form zu sehen, mit Oberwappen und mit Schildhaltern. Der Schild ist geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: erneut geviert: Feld a und d: silbern-blau geteilt, darüber ein goldenes Glevenrad, Stammwappen von Greiffenclau-Vollraths, Feld b und c: in Schwarz ein silberner Schräglinksbalken, Herrschaft Ippelbrunn, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine (von der Stange aus gesehen) rot-silbern gevierte, schräglinksgestellte und an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg.

Das Wappen wird mit drei Helmen dargestellt: Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit blau-silbernen Decken eine goldene Greifenklaue mit silbern-blauer Befiederung, Stammwappen von Greiffenclau, Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein Paar Büffelhörner, jeweils im Spitzenschnitt rot-silbern geteilt, Herzogtum zu Franken, Helm 3 (links): auf dem mit einem Fürstenhut gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken drei Straußenfedern in den Farben Silber, Rot und Blau zwischen zwei rot-silbern gevierten Standarten mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Zwei widersehende Greifen, Darstellungen des Wappentieres der Familie, dienen als Schildhalter, und außen neben den Helmen sind noch die fürstbischöflichen Insignien zu sehen, schrägrechts das gestürzte Schwert, schräglinks der Krummstab.

Von diesem Fürstbischof gab es im Inneren der Kirche und am Äußeren früher mehrere Darstellungen seines Wappens, was für eine erhebliche Involvierung durch Finanzierung und Einflußnahme spricht, wobei alle anderen Wappen beim Stadtbrand 1945 und dem darauffolgenden Abriß der stehen gebliebenen Wände verloren gingen. Somit ist dieses Greiffenclau-Wappen das einzig verbliebene.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.7957741,9.9206072,20z?hl=de - https://www.google.de/maps/@49.7957741,9.9206072,81m/data=!3m1!1e3?hl=de
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Don Bosco allgemein:
http://www.donbosco.de/
Norbert Wolff SDB, Salesianer Don Boscos, in: Historisches Lexikon Bayerns
http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44802
Don Bosco-Kirche:
http://wuerzburgwiki.de/wiki/Don-Bosco-Kirche
Salesianerkloster:
http://wuerzburgwiki.de/wiki/Salesianerkloster
Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths:
http://wuerzburgwiki.de/wiki/Johann_Philipp_von_Greiffenclau
Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths:
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Philipp_von_Greiffenclau_zu_Vollraths
Günter Christ, Johann Philipp von Greiffenklau-Vollraths, in: Karl Bosl (Hrsg.): Bosls bayerische Biographie. Pustet, Regensburg 1983, ISBN 3-7917-0792-2, S. 272 f., online:
http://rzblx2.uni-regensburg.de/blo/boslview/boslview.php?seite=288&band=1
Markus Schütz, Christian Lankes, das Würzburger Schottenkloster &ndash die Landsleute des heiligen Kilian, in: Klöster in Bayern
http://www.hdbg.eu/kloster/web/index.php/detail?id=KS0452 - Geschichte: http://www.hdbg.eu/kloster/web/index.php/detail/geschichte?id=KS0452
Erich Schneider, Klöster und Stifte in Mainfranken, Würzburg 1993, S. 69-72
Josef Hemmerle, die Benediktinerklöster in Bayern (= Germania Benedictina Bd. 2), München 1970, S. 349-353
Johannes Mack: Der Baumeister und Architekt Joseph Greissing, mainfränkischer Barock vor Balthasar Neumann, hrsg. von der Gesellschaft für fränkische Geschichte, VIII. Reihe: Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte, c/o Verlag PH. C. W. Schmidt, 1. Auflage 2009, 797 S., ISBN-10: 3866528167, ISBN-13: 978-3866528161, S. 398-400, S. 653

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