Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2058
Euerbach (Landkreis Schweinfurt, Unterfranken)
St.
Cosmas und Damian in Euerbach (2):
Epitaph für Ursula von Rosenberg
Das dritte hier vorgestellte Epitaph befindet sich linkerhand im Kirchenschiff an der Wand, links vom Chorbogen in der Nähe des Taufsteines. Dieses Epitaph weist keine Inschrift mehr auf, doch die Zuordnung ergibt sich aus dem genealogischen Kontext, der durch die Ahnenprobe aufgespannt wird. Es handelt sich um Ursula von Steinau gen. Steinrück, geborene von Rosenberg. Sie war die zweite Ehefrau des Wolff von Steinau gen. Steinrück, die jener geheiratet hatte, nachdem seine erste Frau 1531 gestorben war. Die Verstorbene kniet links in betender Stellung, und im rechten Teil ist der Gekreuzigte zu sehen, am Fuß des Kreuzes sind insgesamt acht Kinder in zwei Reihen zu sehen, sieben Söhne (durch den vorne offenen Schulterumhang ausgewiesen) und eine Tochter (die in der hinteren Reihe ganz links, an der anderen Kleidung zu erkennen). Ursula von Steinau besitzt einen Mantel mit lang herabhängenden Ärmeln, die oben geschlitzt sind, und sie trägt eine Haube mit einer Kinnbinde, die zu beiden Seiten herabhängt und künstlerisch einen Gegenbogen zu dem Hängeärmel aufspannt, letzteren unterschneidend. Auffallend ist die fein herausgearbeitete goldene Halskette mit rautenförmigem Anhänger und der ebenfalls golden abgesetzte Ehering am rechten Zeigefinger.
Diese asymmetrische Komposition besitzt eine aus acht Wappenschilden bestehende Ahnenprobe, die sich auf die zwei Pfeiler des Epitaphs verteilt. Aufgrund der Anordnung der Figur links wird der Leerraum unten auf dem rechten Pfeiler mit Ornamenten ausgefüllt. Die vier väterlichen Ahnen befinden sich optisch links (die beiden linken Abb. unten), und die vier mütterlichen Ahnen befinden sich auf der optisch rechten Seite (die beiden rechten Detailausschnitte unten).
Nach Biedermann ergeben sich folgende Vorfahren für Ursula von Rosenberg (teilweise unzutreffend, siehe Untersuchung von Gräser):
Eltern:
Großeltern:
|
Urgroßeltern:
|
Im Vergleich zu der Ahnenprobe am Epitaph ergeben sich einige Diskussionspunkte, die nun Schild für Schild besprochen werden sollen. Unstrittig ist die Zuordnung des ersten Schildes der optisch linken Reihe zu ihrem Vater, Zeisolf von Rosenberg zu Haltenbergstetten (-23.6.1538), brandenburg-ansbachischer Amtmann zu Crailsheim, ihrem Großvater väterlicherseits, Friedrich von Rosenberg, sowie zu dessen Vater, Conrad IX. von Rosenberg (-1458), der ein Sohn von Cuntz VI. von Rosenberg und Ketterlin Landschadin von Steinach war. Der Rosenberg-Schild ist rot-silbern geteilt und fünfmal gespalten. Der zweite Schild wäre in einer Ahnenprobe typischerweise der Großmutter väterlicherseits zuzurechnen. Diese ist Elisabeth von Wolmarshausen (Wollmershausen), Ehefrau des Friedrich von Rosenberg (zweite Ehe, erste Ehe mit Konrad von Aufseß). Diese Familie führt jedoch als Wappenbild in Rot zwei silberne Balken, hier sind drei silberne Balken zu sehen, zudem ist die Feldfarbe grün, was dem Wappen der von Fleckenstein entspräche. Die Farben können geändert worden sein, doch die in Stein gehauenen drei Balken deuten zunächst darauf hin, daß es sich tatsächlich nicht um das Wappen Wolmarshausen handelt. Tatsächlich ist im Stammbaum eine Else von Fleckenstein vorhanden, von der die genannte Ketterlin Landschadin von Steinach als Tochter abstammt und damit in der fünften Generation auch die Probandin. Else von Fleckenstein war die Tochter von Heinrich IX. von Fleckenstein gen. von Hunsingen Herr von Dagstuhl und dessen Frau Johanna vom Haus, und sie war die Frau von Contz Landschad von Steinach. Die Logik einer typischen Ahnenprobe würde hier verlassen werden, vor allem wäre es unlogisch, weil das dazwischen auftretende Landschad-Wappen nicht repräsentiert ist, ebenfalls nicht das wichtigere Wappen der von Hirschhorn, das eine Generation weiter zurück auf der selben Vorfahrenebene in der männlichen Stammfolge auftritt. Es ist hier durchaus möglich, daß bei der Anfertigung des Epitaphs weit entfernte Vorfahren jenseits der sonst üblichen strengen Logik großzügig kombiniert wurden, ebenso wäre es möglich, vermutlich sogar wahrscheinlich, daß das Wolmarshausen-Wappen gemeint war, aber fehlerhaft dargestellt wurde.
Der dritte Schild auf der heraldisch rechten, optisch linken Seite ist wiederum eindeutig und der Logik typischer Ahnenproben entsprechend: Er steht für die Großmutter väterlicherseits des Vaters, das war Maria Margaretha von Seinsheim-Schwarzenberg (-11.4.1468), die Tochter von Erkinger I. Freiherr v. Seinsheim (1362-11.12.1437) und dessen erster Frau Anna v. Bibra (-4.3.1418). Erkinger hatte danach in zweiter Ehe Barbara v. Abensberg (-2.11.1448) geehelicht. Maria Margaretha heiratete den Ritter Conrad IX. von Rosenberg (-1458). Der Wappenschild (Detailaufnahme oben) zeigt hier in Silber vier blaue Pfähle, typischer sind für die Seinsheimer 5 Spaltungen und für die Schwarzenberger zur Unterscheidung 7 Spaltungen, mit sehr viel Toleranz bei historischen Darstellungen. Der vierte Schild wiederum zeigt das Wappen der von Adelsheim, in Silber ein schwarzes Widderhorn, mit offener Position im Stammbaum, üblicher Logik zufolge müßte es sich hierbei um die Großmutter mütterlicherseits des Vaters der Probandin handeln, die bei Biedermann jedoch Elisabeth von Seckendorff ist, mit unverwechselbar anderem Schildbild, während er Georg von Wolmarshausen zu Amlishagen mit Margaretha von Adelsheim als Ehefrau verknüpft. Eine plausiblere Darstellung findet sich bei Gräser: Elisabeths Eltern sind Burkhard IV. von Wollmershausen (1421-1477) und Margret (Margaretha) von Adelsheim. Burkhard IV. war der Sohn von Burkhard I. von Wollmershausen und Anna von Treuchtlingen.
Wechseln wir auf die optisch rechte Seite: Der oberste Schild zeigt in Rot zwei silberne Schrägbalken. Tatsächlich ist die Mutter der Probandin jedoch Ursula von Hutten (-19.12.1529), Tochter von Ludwig von Hutten (-1517), würzburgischer Rat und Amtmann zu Trimburg, und Enkelin von Konrad von Hutten (-1502), würzburgischer Amtmann zu Trimberg, Rat und Oberhofmeister, so daß dieser Schild korrekt anders tingiert sein müßte, nämlich mit zwei goldenen Schrägbalken in rotem Feld. Der zweite Schild von oben (Detailabbildung oben) zeigt das Wappen der Speth von Zwiefalten, in Rot drei übereinander liegende silberne Schlüssel mit gezähntem Bart. Die Großmutter mütterlicherseits der Probandin war Margarethe Speth von Hohenegk und Steingebronn (-1503/1505), deren Eltern, Caspar Speth von Hohenegk und Steingebronn (-30.4.1460), gefallen bei Winzerhausen in der Fehde Württembergs mit der Pfalz, und Maria Agatha Speth von Neidlingen, Tochter des Dietrich I. Speth von Neidlingen, hier beide das Speth-Wappen zugeordnet bekommen.
Der dritte Wappenschild von oben zeigt das Wappenbild der von Rechberg, hier in Silber zwei aufspringende Löwen Rücken an Rücken (Detailabbildung oben, da Linie Hohenrechberg, müßte das Feld golden sein). Dieser Schild paßt zu Anna von Rechberg, Tochter des Wilhelm von Rechberg und dessen Frau Jolanthe von Hirschhorn. Anna von Rechberg war die erste Ehefrau von Conrad von Hutten zu Frankenberg (-1502), würzburgischer Amtmann zu Trimberg, Rat und Oberhofmeister. Anna war die Großmutter väterlicherseits der Ursula von Hutten zu Frankenberg (Mutter der Probandin). Epitaphien für Anna von Rechberg und ihren Mann Conrad von Hutten befinden sich in der Kirche Maria Sondheim in Arnstein (Unterfranken).
Die Kanzel und das Taufbecken von St. Cosmas und Damian:
Ein weiteres Wappen findet sich in der Kirche an der Kanzel, die rechts vor dem Chorbogen zu finden ist. Die Kanzel, die aus einem eckigen Korpus auf runder Säule besteht, wurde im Jahre 1546 angefertigt. Die ins Kirchenschiff gerichtete Vorderfläche zeigt über einer Darstellung des Gekreuzigten das Wappen der von Steinau gen. Steinrück, in Silber drei (2:1) schwarze Wagenräder. Diese Fläche wird flankiert von den Bildern der vier Evangelisten, jeweils zwei übereinander pro Fläche. Die Flächen ganz außen zeigen Protagonisten der Reformation: Luther und Melanchthon.
Das Renaissance-Taufbecken steht linkerhand vor dem Chorbogen. Auf der reichverzierten Säule ist als Jahreszahl der Anfertigung 1574 eingeschlagen. Darunter befinden sich ringsum Gesichter, aus deren Mündern florale Verzierungen hervorkommen, die ein das Gesicht jeweils einrahmendes Oval bilden. Am Fuß sind zwei Wappenschilde in Rollwerkkartuschen zu sehen, heraldisch rechts das Wappen der von Steinau gen. Steinrück, in Silber drei (2:1) schwarze Wagenräder, heraldisch links das Wappen der von Bibra, in Gold ein schwarzer Biber mit geschupptem Schwanz.
Diese beiden Schilde stehen nicht als Allianzwappen für eine Ehe, Johannes von Steinau und Margarethe von Bibra waren 1574 schon lange Geschichte. Vielmehr sind es die Wappen der beiden Familien, die sich die Dorfherrschaft in Euerbach teilten.
Literatur,
Links und Quellen:
Genealogien: Prof. Herbert
Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener
Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Genealogie von Hutten: Biedermann, Geschlechtsregister Der
Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken
Löblichen Orts Baunach http://books.google.de/books?id=ayZRAAAAcAAJ
Genealogie von Adelsheim und von Wolmarshausen: Biedermann,
Geschlechts-Register Der Reichs Frey unmittelbaren Ritterschafft
Landes zu Francken Löblichen Orts Ottenwald (Odenwald) http://books.google.de/books?id=g9JDAAAAcAAJ
Genealogie von Seinsheim: Biedermann, Genealogie der hohen
Fürstenhäuser im Fränkischen Crayse http://books.google.de/books?id=cNFDAAAAcAAJ
Genealogie von Steinau gen. Steinrück: Biedermann,
Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft
Landes zu Franken Löblichen Orts Rhön und Werra http://books.google.de/books?id=j9JDAAAAcAAJ
Johannes Krüger et al., 750 Jahre Euerbach 1251-2001, Kirche St.
Cosmas & Damian in Euerbach, Kirchenführer zum Jubiläum
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Pfarrer Andreas Duft und den
Kirchenvorstand von St. Cosmas und Damian für die freundliche
Publikationserlaubnis vom 20.1.2014.
Kirche: http://de.wikipedia.org/wiki/St._Cosmas_und_Damian_(Euerbach)
Hans Gräser: Die Niederadelsfamilie von Wollmershausen, vom
Ortsadel zum Reichsrittertum, hrsg. vom Crailheimer Historischen
Verein e. V., 2014, online:
https://crailsheimer-historischer-verein.de/workspace/media/documents/wollm11_zz3_www-5bca5f1ab910d.pdf
Arthur Freiherr von Speth-Schülzburg: Stammbaum der Freiherren
von Speth, 1903 - https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&cqlMode=true&query=idn%3D115040096X - https://portal.dnb.de/bookviewer/view/115040096X#page/1/mode/2up - download am besten über http://d-nb.info/115040096X/34. Cave, der Stammbaum enthält etliche Fehler.
St. Cosmas und Damian (1) - Grenzsteine - Bibra-Brunnen - St. Cosmas und Damian (3) - kath. Kirche St. Michael
Die Wappen der Freiherren, Grafen und Fürsten von Schwarzenberg
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2014
Impressum