Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2057
Euerbach (Landkreis Schweinfurt, Unterfranken)

St. Cosmas und Damian in Euerbach (1):
Epitaph für Wolff v. Steinau gen. Steinrück

Betritt man die Kirche St. Cosmas und Damian durch das Hauptportal, gelangt man zunächst in einen Vorraum unterhalb des Turmes, ehe man ins Kirchenschiff gelangt. Dieser Vorraum hat rechterhand ein Epitaph für Wolff von Steinau gen. Steinrück (-10.11.1564). Dieser war insgesamt dreimal verheiratet, zuerst mit Apollonia von Münster (-1531), ihr Epitaph befindet sich gegenüber. Danach war er mit Ursula von Rosenberg (-1547) verheiratet, ihr Epitaph befindet sich links vom Chorbogen in der Nähe des Taufsteines. Nach deren Ableben heiratete Wolff von Steinau noch ein drittes Mal, diesmal Ursula Truchseß von Wetzhausen (-6.1.1585), deren Epitaph befindet sich in der Krypta der Kirche. Diese letzte seiner drei Ehen blieb kinderlos. Das Epitaph für Wolff von Steinau gen. Steinrück befand sich früher ebenfalls in der Nähe des Taufsteines, wurde aber in den Vorraum versetzt. Der Verstorbene ist barhäuptig in Rüstung dargestellt, mit Schwert an der linken und Dolch an der rechten Seite, und zu seinen Füßen ist ein Löwe dargestellt. Die erhobene, gepanzerte Rechte erscheint heute etwas zusammenhangslos, früher hielt die Hand eine Lanze, die verlorengegangen ist.

 

Das über dem Kopf der Standfigur angebrachte Inschriftenfeld mit roten, individuell verzierten Initialbuchstaben der Wörter enthält folgenden Wortlaut: "Anno D(omi)ni 1564 Uff Freytag Den 10. Novembris Umb 7 uhr Nach Mit(t)ag starb Der Edel Und E(h)r(e)nvest Wolff Von steinau Genan(n)t Steinruck Zu Euerbach Dem Gott Genedig sei Ame(n)."

Im oberen Teil des Epitaphs befindet sich auf den beiden seitlichen Wandvorlagen eine Ahnenprobe mit insgesamt acht Wappenschilden, vier auf jeder Seite. Unterhalb dieser Zone sind die Wandvorlagen mit Renaissance-Ornamentik geschmückt. Auf der optisch linken, heraldisch rechten Seite zeigt der oberste Schild das Wappen der von Steinau gen. Steinrück, in Silber drei (2:1) schwarze Wagenräder. Hier steht der Schild für den Vater des Verstorbenen, Bernhard von Steinau gen. Steinrück, den Großvater väterlicherseits, Johannes von Steinau gen. Steinrück zu Burglauer und Euerbach, sowie für dessen Vater, Heinrich von Steinau gen. Steinrück zu Poppenhausen (Ahnenabfolge nach Biedermann).

Der zweite Schild ist das Wappen der von Bibra. Es steht für die Großmutter väterlicherseits des Probanden, Margaretha von Bibra, lt. Biedermann Tochter von Ritter Georg von Bibra. Der einwärts gewendete Schild zeigt in Gold einen schwarzen Biber mit geschupptem Schwanz (Detailaufnahme unten).

Der dritte Schild von oben zeigt das einwärts gewendete Wappen der Rotenhan, in Silber ein roter Wellenschrägbalken, im linken Obereck ein roter, hier fünfstrahliger Stern (Detailabbildung unten). In den genealogischen Tafeln von Biedermann taucht kein Vorfahr dieses Namens an passender Stelle für die Großmutter väterlicherseits des Vaters des Probanden auf. Der vierte Schild zeigt in Rot einen silbernen Widder, wie ihn z. B. die Voit von Rieneck führen, ungeklärt, Hinweise zur genauen Zuordnung willkommen. Auch hier ist bei Biedermann keine passende Angabe zu finden.

Ohne gesicherte personelle Zuordnung sind wir auf der optisch rechten, heraldisch linken Seite der Ahnenprobe. Der erste Schild zeigt in der heutigen Farbfassung in Blau einen silbernen, mit drei roten Rosen belegten Schrägbalken. Bei genauem Hinsehen erkennt man aber, daß der Schrägbalken nur aufgemalt ist und ohne Entsprechung im Relief des Schildes. Vielmehr ist dort eine durchgehende Damaszierung zu sehen, was die heutige Farbfassung grundsätzlich in Frage stellt: Hier war vom Steinmetz kein Schrägbalken vorgesehen. Nach Biedermann ist die Mutter des Wolff von Steinau gen. Steinrück nämlich Margarethe von Miltz, Tochter von Georg von Miltz. Dieses paßt, denn die von Miltz führten in Rot drei silberne, golden bebutzte Rosen schrägbalkenweise. Die Helmzier wäre auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein hoher roter Hut, oben mit drei Straußenfedern besteckt, einer roten zwischen zwei silbernen, der Schaft beiderseits mit einer halben silbernen Rose besteckt (lt. Aschaffenburger Wappenbuch).

Mangels genauer genealogischer Unterlagen (die genealogischen Tafeln der Familie von Miltz bei Biedermann helfen hier nicht weiter), können nur die Familiennamen der drei folgenden Schilde zugeordnet werden: Der zweite Schild zeigt erneut das Wappenbild der von Bibra, der dritte das der Truchseß von Wetzhausen, in Gold zwei silbern-rot in zwei Reihen geschachte Balken. Der dritte Schild zeigt einen Schwanenkopf mit Hals, am Rücken mit Federn besteckt, wie ihn z. B. die von Schwanfeld oder die von Schwaigern (in Blau ein silberner Schwanenhals mit pfauenfederbestecktem Rückenkamm) führten (Hinweise zur genauen Zuordnung willkommen).

Epitaph für Apollonia von Münster

Gleichfalls im Kirchenvorraum unterhalb des Turmes befindet sich gegenüber des zuvor beschriebenen Epitaphs das von Apollonia von Steinau gen. Steinrück, geborene von Münster. Sie war die erste Ehefrau des Wolff von Steinau gen. Steinrück, und nach ihrem Tod 1531 heiratete dieser erneut. Die Verstorbene kniet links in betender Stellung, und vor ihr sind insgesamt neun Kinder in zwei Reihen zu sehen, fünf in der vorderen und vier in der hinteren Reihe, alle zum Gebet niederkniend mit zusammengelegten Händen. Von Apollonias Händen hängt ein Rosenkranz herab. 1531 war zwar schon die Reformation in Euerbach eingeführt worden, dieser Rosenkranz deutet jedoch darauf hin, daß sie noch dem alten katholischen Glauben anhing. Sie selbst trägt einen Mantel mit Hängeärmeln und eine Haube mit Kinnband. Das Epitaph ist so aufgestellt, daß Apollonia in Richtung auf das Kirchenschiff blickt.

 

Die Inschrift ist eine rechteckige Tafel, die oberhalb der beiden seitlichen Pfeiler die ganze Breite der Platte einnimmt. Der Text lautet: "Anno d(o)m(ini) m ccccc xxxi (1531) auf sambstag nach sebastian starb die edele e(h)renveste fraw appollonia von steinaw ein(e) gepor(e)ne von minster der got(t) genedig und barmhertzig sey amen". Insgesamt befinden sich fünf Wappenschilde an dem Epitaph, zwei rechts und links des Kopfes der Verstorbenen auf den Kapitellen der seitlichen Pfeilervorlagen, und drei auf dem schräg nach unten abfallenden Sockelbereich. Dabei gehört der Wappenschild unten in der Mitte zu ihrem Ehemann, und die anderen vier Schilde bilden eine Ahnenprobe.

Nach Biedermann ergeben sich folgende Vorfahren für Apollonia von Münster:

Eltern:
  • Engelhard von Münster jr. zu Niederwerrn
  • Dorothea von Giech

Großeltern:

  • Andreas von Münster zu Niederwerrn
  • Dorothea von Lichtenstein
  • Onuphrius von Giech (?)
  • Apollonia von Rotenhan (?)
  Urgroßeltern:
  • Engelhard von Münster sen. zu Niederwerrn
  • Adelheid von Hassens
  • Hartung von Lichtenstein zu Dingoltshausen
  • Kunigunde (Cunegunda) von Streitberg a. d. H. Streitberg
  • Dietrich von Giech zu Kröttendorf und Wiesentfels (?)
  • (?)
  • Matthäus von Rotenhan zu Rotenhan und Rentweinsdorf
  • Martha Barbara Förtsch von Thurnau

Heraldisch oben rechts sieht man das vermehrte Wappen der von Giech, in einer Form, wie es ab 1482 geführt wurde, nämlich geviert, Feld 1 und 4: in Silber zwei aufrecht gestellte, rote Schafscheren nebeneinander (Stammwappen Giech), Feld 2 und 3: in Rot ein silberner Schwan (Vermehrung, Motiv entstammte einer Helmzier). Nicht dargestellt sind die beiden dazu geführten Helme, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein rot gewandeter, gekrönter Frauenrumpf wachsend, mit langem, manchmal wehenden Haar, zwischen zwei rot-silbern übereck geteilten Büffelhörnern, Helm 2: auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein auffliegender silberner Schwan, die Flügel jeweils mit einer roten Schafschere belegt. Hier steht das Wappen für die mütterliche Stammlinie, nämlich für die Mutter Dorothea von Giech, den Großvater mütterlicherseits, nach Biedermann ist das Onuphrius von Giech, nach anderen Quellen ist es Bernhard von Giech, sowie für dessen jeweiligen Vater. Man bemerke, daß hier auf der Position, in der normalerweise das väterliche Stammwappen ist, das mütterliche Wappen der Probandin zu sehen ist. Dieser Wechsel von Schwert- und Spindelseite setzt sich bei den unteren Schilden fort. Onuphrius von Giech hatte übrigens lt. Biedermann 1490 geheiratet, seine Tochter Dorothea im Jahr 1520. Sein Vater war lt. Biedermann Dietrich von Giech zu Kröttendorf und Wiesentfels, der dreimal verheiratet war. Die genaue personelle Zuordnung muß vorbehaltlich verläßlicherer Unterlagen offen bleiben.

Gegenüber befindet sich auf der heraldisch linken Seite der Schild der väterlichen Stammlinie, der der Herren von Münster zu Niederwerrn, in Blau ein rot-silbern übereck geteilter Adlerflug. Nicht dargestellt ist das Oberwappen, das wäre auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein rot-silbern übereck geteilter Adlerflug. Dieser Schild steht für den Vater der Probandin, Engelhard von Münster jr. zu Niederwerrn, würzburgischer Amtmann zu Ebenhausen, für den Großvater väterlicherseits, Andreas von Münster zu Niederwerrn, sowie für dessen Vater, Engelhard von Münster sen. zu Niederwerrn, würzburgischer Amtmann zu Zabelstein.

In der unteren Reihe sind die Schilde teilweise beschädigt. Der mittlere Schild zeigt das Wappenbild des Ehemannes Wolff von Steinau gen. Steinrück, in Silber drei (2:1) schwarze Wagenräder, wobei die obere Schildhälfte verlorengegangen ist. Das heraldisch rechte Wappen ist im heutigen Zustand siebenmal blau-silbern gespalten mit einem roten Wellenschrägbalken darüber, einwärts gewendet. Dies wäre das Wappen der von Redwitz oder auch der Marschalk von Ebneth, das aber gar nicht zur Ahnenliste nach Biedermann passen will: Die Großmutter mütterlicherseits war lt. Biedermann Apollonia von Rotenhan, Tochter von Matthäus von Rotenhan zu Rotenhan und Rentweinsdorf und seiner Frau Martha Barbara Förtsch von Thurnau. Besagte Apollonia von Rotenhan führte jedoch in Silber einen roten Wellenschrägbalken, oben begleitet von einem roten Stern. Andere Quellen listen als Eltern der Dorothea von Giech jedoch Bernhard von Giech und Petronella von Marschalk auf, und dieses würde zu dem Wappen passen. Die genaue Zuordnung muß also vorbehaltlich verläßlicherer Unterlagen offen bleiben, zumal das Relief nur den Wellenschrägbalken deutlich hervortreten läßt und die Teilungen aufgemalt sind. Der dritte Schild heraldisch links unten ist wiederum eindeutig, es handelt sich um ein Lichtenstein-Wappen, von Silber und Rot im Zackenschnitt (Spitzenschnitt, Zahnschnitt) geviert. Er steht für die Großmutter väterlicherseits, Dorothea von Lichtenstein, Tochter von Hartung von Lichtenstein zu Dingoltshausen und dessen Frau Kunigunde (Cunegunda) von Streitberg a. d. H. Streitberg.

Literatur, Links und Quellen:
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Genealogie von Steinau gen. Steinrück: Biedermann, Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Rhön und Werra
http://books.google.de/books?id=j9JDAAAAcAAJ
Genealogie von Giech: Biedermann, Genealogie der hohen Grafen-Häuser im fränkischen Crayse.- Erlangen, J. Fr. Becker 1745-1771
http://books.google.de/books?id=3CVRAAAAcAAJ
Genealogie von Münster: Biedermann, Geschlechts-Register der Reichs-Frey unmittelbaren Ritterschafft Landes zu Francken, löblichen Orts Steigerwald
http://books.google.de/books?id=5tJDAAAAcAAJ
Johannes Krüger et al., 750 Jahre Euerbach 1251-2001, Kirche St. Cosmas & Damian in Euerbach, Kirchenführer zum Jubiläum
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Pfarrer Andreas Duft und den Kirchenvorstand von St. Cosmas und Damian für die freundliche Publikationserlaubnis vom 20.1.2014.
Kirche:
http://de.wikipedia.org/wiki/St._Cosmas_und_Damian_(Euerbach)
Genealogie von Miltz: Biedermann, Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Baunach
http://books.google.de/books?id=ayZRAAAAcAAJ

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