Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1881
Leonberg (Landkreis Böblingen)
Schloß Leonberg (2), Westflügel (Amtsgericht)
Auch wenn das Schloß Leonberg im wesentlichen unter Herzog Christoph von Württemberg (12.5.1515-28.12.1568) errichtet und genutzt wurde und damit von der Stuttgarter Hauptlinie der Württemberger, hat der heraldische Bauschmuck am langen Westflügel, bestehend aus dem eigentlichen Wohnschloß und dem ehemaligen Fruchtkasten, einen Bezug zu der Mömpelgarder Linie, die die Stuttgarter Linie nach deren Aussterben mit Ludwig III. Herzog v. Württemberg (1.1.1554-1593), Sohn des Schloßerbauers, beerbte und in der Regierung ablöste.
Friedrich
I. Herzog von Württemberg:
Friedrich
I. Herzog v.
Württemberg (19.8.1557-29.1.1608) wurde in Mömpelgard
geboren
und wurde schon im Folgejahr aufgrund des Todes seines Vaters in
Mömpelgard Graf. Sein Vater Georg wurde dies im Jahre 1526;
1535
wurde er Statthalter in Mömpelgard, 1542 jedoch abgesetzt und
sogar in die Acht gesetzt, am 4.5.1553 wurde er jedoch wieder
Landesherr von Mömpelgard. Das blieb er dann bis zu seinem Tod
1558. Sein Sohn Friedrich wurde am Stuttgarter Hof erzogen. 1581
übernahm er die Regierungsgeschäfte in seiner
Grafschaft
Mömpelgard. Erst 1593 folgte er in der Stuttgarter Residenz
als
sechster Herzog von Württemberg nach und vereinigte dadurch
wieder beide Gebiete in einer Hand, nachdem sein Vorgänger,
Ludwig III., der Fromme, am 28.8.1593 verstorben war. Dieser war
1568 Herzog geworden, war zweimal verheiratet, das erste Mal mit
Dorothea Ursula v. Baden-Durlach (20.6.1559-19.5.1583), das
zweite Mal mit Ursula Pfalzgräfin bei Rhein zu Veldenz
(24.2.1572-5.3.1635), aber beidesmal wollte es nicht so recht mit
Nachkommen gelingen. Da Ludwigs Eltern, Christoph Herzog v.
Württemberg (12.5.1515-28.12.1568, seit 1550 Herzog) und
Markgräfin Anna Maria v. Brandenburg-Ansbach
(28.12.1526-20.5.1589) ansonsten zwar acht Töchter in die Welt
gesetzt hatten, aber die drei anderen Söhne, Eberhard,
Maximilian und Ulrich, alle bereits verstorben waren, mußte
man
einen Erben für das Herzogtum in der Nebenlinie suchen, die
bisher die Grafen von Mömpelgard waren: Friedrich war der
Enkel
von Ludwigs Urgroßvater, und die Mömpelgarder Linie
löste die
Stuttgarter Hauptlinie ab. Politisch löste Herzog Friedrich
Württemberg aus österreichischer Lehnsherrschaft und
wandelte
sein Herzogtum durch den Prager Vertrag vom 24.1.1599 gegen eine
entsprechende, an das Haus Habsburg gezahlte Abfindung wieder in
ein Reichslehen um. Friedrich hatte große Pläne zum
städtebaulichen Ausbau seines Herzogtums, er schuf ab 1599 die
Planstadt Freudenstadt, die anstelle von Stuttgart die neue
Residenzstadt Württembergs werden sollte. Dabei spielte vor
allem die Überlegung eine Rolle, daß die neue Stadt
näher an
Mömpelgard lag. Da Friedrich bereits 1608 verstarb, wurde
dieses
Vorhaben letztendlich nicht umgesetzt. Unter seiner Herrschaft
war Württemberg-Mömpelgard im Gesamtherzogtum
Württemberg
aufgegangen, nun aber trennten sich unter seinen Söhnen wieder
mehrere Linien ab: Sein Erstgeborener Johann Friedrich
(1582-18.7.1628) setzte die Hauptlinie zu Stuttgart fort, aber
Ludwig Friedrich (29.1.1586-26.1.1631) wurde zum Begründer der
jüngeren Seitenlinie Württemberg-Mömpelgard,
und Julius
Friedrich (1588-25.4.1635) begründete die Seitenlinie
Württemberg-Brenz-Weiltingen (Julianische Linie). Für
Leonberg
bedeutete Friedrichs Tod ein Wiedererwachen aus der
Vergessenheit, denn das Schloß wurde Witwensitz.
Von Herzog Friedrich I. von Württemberg und seiner Frau gibt es zwei Wappenpaare am Leonberger Schloß. Das zuerst hier vorgestellte Wappenpaar befindet sich unten an der schrägen Basis des hofseitigen zweistöckigen Erkers, im Bild rechts am höheren der beiden Gebäudeteile.
Genealogie des Ehemannes, Friedrich I. Herzog von Württemberg:
Wappenschild
des Ehemannes, Friedrich I. Herzog von Württemberg:
Der
württembergische Wappenschild wird hier in einer Form
verwendet,
wie er 1495 unter Graf Eberhard in Gebrauch kam und bis 1707
verwendet wurde. Der Schild ist geviert:
Sibylla
von Anhalt: von der Äbtissin zur Leonberger Witwe:
Die in
Bernburg an der Saale
geborene Sibylla v. Anhalt (28.9.1564-1614) machte erst eine
geistliche Laufbahn. Sie war ein erst 13 Jahre altes Kind, als
ihr Vater sie ins Kloster steckte und zur Äbtissin des freien
weltlichen Stiftes Gernrode und Frose wählen ließ,
eine
beliebte Methode, um Damen aus fürstlichem Hause zu
"parken". Aus diesem Kloster wurde sie erst durch ihre
Hochzeit mit Friedrich I. Herzog v. Württemberg
(19.8.1557-29.1.1608) befreit, während als Äbtissin
ihre
Schwester Agnes Hedwig v. Anhalt nachfolgte, aber auch hier ist
offensichtlich, wer die Strippen zog und die Ehe arrangiert
hatte: Ihre eigene Mutter war schon gestorben, als Sibylla 5
Jahre alt war, und die Stiefmutter wurde Eleonore v.
Württemberg
(22.3.1552-12.1.1618), die wiederum damit ihrem eigenen
Großonkel eine Frau verschafft hatte, denn ihr Vater
Christoph
Herzog v. Württemberg (12.5.1515-28.12.1568) war der Cousin
des
Herzogs Friedrich I, und deren beider Großvater war er:
Heinrich
Herzog v. Württemberg Graf v. Mömpelgard
(7.9.1448-16.4.1519).
Als Sibylla heiratete, war sie erst 16 Jahre alt, und ihr Mann
war trotz des Generationenversatzes nur sieben Jahre älter.
Aus
der Äbtissin wurde eine Gebärmaschine: In 15 Jahren
hatte sie
15 Kinder, wovon viele schon im Kleinkindesalter verstarben. In
der Politik ihres nach absolutistischer Auffassung regierenden
Mannes spielte sie keine Rolle, und auch sonst hatten die beiden
wenig gemeinsam und wenig miteinander geteilt. Ihr Hobby war die
Pharmakobotanik, damals freilich Kräuterkunde an der Grenze
zur
Alchemie. Als ihr Mann, der sie zudem unzählige Male mit
Geliebten betrogen hatte, am 29.1.1608 starb, zog sie sich auf
Schloß Leonberg abseits des Stuttgarter Hofes zurück
und genoß
die letzten wenigen Jahre, die ihr bis zu ihrem eigenen Tod im
Jahre 1614 noch verblieben. In dieser Zeit ließ sie sich das
alte Schloß nach ihren Wünschen durch den Baumeister
Heinrich
Schickhardt (5.2.1558-14.1.1635) herrichten, dem damals
wichtigsten Baumeister der Renaissance in Südwestdeutschland,
der beim württembergischen Hofbaumeister Georg Beer gelernt
hatte und 1608 zum herzoglich-württembergischen Landbaumeister
ernannt wurde. Das Innere des Schlosses wurde neu gestaltet. An
der Südseite des Schlosses wurde ein Altan auf vier Arkaden
angebaut, sich auf die alte ehemalige Stadtmauer stützend. Aus
dieser Zeit stammt auch der Renaissancegarten, der sog.
Pomeranzengarten, denn Schickhardt war ein Universalbaumeister,
der sich nicht nur um das Schloß und seine
zeitgemäßen
Verschönerungen, sondern auch um die Landschaftsarchitektur
außenherum kümmerte.
Wappenschild
der Ehefrau, Sibylla von Anhalt:
Das Wappen
der Herzöge von
Anhalt hat einen gespaltenen Herzschild und einen zweimal
gespaltenen und zweimal geteilten Hauptschild. Im einzelnen sind
das die Felder:
Das zweite hier nachfolgend vorgestellte Wappenpaar von Herzog Friedrich I. von Württemberg und seiner Frau Sibylla v. Anhalt befindet sich hofseitig über dem Haupteingang zum Leonberger Schloß, im obigen Bild links im Schatten.
Genealogie der Ehefrau, Sibylla von Anhalt:
Kleinode
des Ehemannes, Friedrich I. Herzog von Württemberg:
Der
Wappenschild ist der gleiche wie zuvor beschrieben (s. o.), hier
wird aber ein Vollwappen dargestellt mit zugehörigen drei
Helmen. Das Oberwappen in dieser Form kam 1593 in Gebrauch, weil
Herzog Friedrich I. von Württemberg als Vertreter der
Mömpelgarder Linie genau dieses Element betonen wollte und
durch
die Aufnahme dieser Mömpelgarder Helmzier, zudem an zentraler
und damit wichtigster Position, zeigen wollte, daß die
Mömpelgarder Linie die Stuttgarter Linie 1593 beerbt hatte. So
kommt es zu der im Grunde unlogischen Reihenfolge, denn auf dem
hochwertigsten Platz steht eine Helmzier einer Grafschaft,
während die beiden Kleinode für die beiden
Herzogtümer außen
stehen, auf den nachrangigen Plätzen. Wegen der politischen
Bedeutung von Mömpelgard zu jener Zeit rückt das
Kleinod jedoch
in die Mitte.
Die
Bauinschrift:
Die
Bauinschrift im unteren Bereich lautet: "V(ON) G(OTTES)
G(NADEN) SIBILLA HERTZOGI(N) ZV WIRT(T)EMBERG V(N)D TECKH
GRÄVIN
ZV MÜMPPELGART E(TC) GEBOR(E)NE FÜRSTI(N) ZV ANHALT
GRÄVIN ZV
ASCANIE(N) FRAVWE ZV ZERBST VND BERNBVRG E(TC) W(ITIB) HAT
DI(E)SE(N) KÜRCHGANG ZV BAWE(N) ANGEFANGE(N) DE(N) XV
MÄRZ
A(NN)O MDCX".
Kleinode
der Ehefrau, Sibylla von Anhalt:
Zum
beschriebenen
neunfeldrigen Schild mit Herzschild werden drei Helme geführt:
Die Helmdecken sind hier eine unklare Mischung aus Farben, es sollen wohl rechts rot-silberne und links schwarz-goldene Decken dargestellt werden. Das ist ein leider oft (auch im Siebmacher) zu findender Usus, der die Farben der beiden Spalthälften des Herzschildes nach außen projiziert, denn die rechte Hälfte hat die Farben rot-silbern, die linke die Farben schwarz-golden. Tatsächlich passen diese Farben jedoch nicht zu den geführten Kleinoden, und korrekt muß es wie oben angegeben sein (siehe Ströhl).
Spätere
Geschichte von Schloß Leonberg:
Nach dem
Tod von Herzogswitwe
Sibylla von Anhalt wurde das Schloß noch zweimal als
Witwensitz
genutzt:
Nach 1742 hatte das Haus Württemberg keinerlei Interesse mehr an Schloß Leonberg. Das Schloß wurde vernachlässigt, der Pomeranzengarten verwilderte. Carl II. Eugen Herzog v. Württemberg (11.2.1728-24.10.1793), der 1737 unter Vormundschaft Herzog wurde, aber erst am 3.2.1744 die Regierung antrat, versuchte, das Schloß zu Geld zu machen, aber die Leonberger Bürgerschaft hatte kein Interesse am Kauf. So wurde das Schloß im späten 18. Jh. bereits Sitz von Ämtern, außerdem wurden Beamtenwohnungen eingerichtet. Der völlig überwucherte Pomeranzengarten wurde am Anfang der 1970er Jahre wiederentdeckt, als beim Abholzen die Fundamente zutage traten. Bis 1980 wurde er auf der Grundlage von Originalplänen Heinrich Schickhardts vollständig restauriert und steht heute dem Publikum offen, und zur 400 Jahr-Feier 2009 wurde die Restaurierung noch einmal nachgebessert und perfektioniert.
Literatur,
Links und Quellen:
Schloß
Leonberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Leonberg
Schloß Leonberg: http://www.schloesser-magazin.de/Startseite/348343.html - Geschichte: http://www.schloesser-magazin.de/de/schloss-leonberg/Zeitleiste/348436.html - berühmte Personen: http://www.schloesser-magazin.de/de/schloss-leonberg/Beruehmte-Personen/348546.html - Baugeschichte: http://www.schloesser-magazin.de/de/schloss-leonberg/Schloss/348406.html
Sibylla von Anhalt: http://de.wikipedia.org/wiki/Sibylla_von_Anhalt
Friedrich I. Herzog v. Württemberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_I._%28W%C3%BCrttemberg,_Herzog%29
Paul Friedrich von Stälin: Herzog Friedrich I. von
Württemberg, in: Allgemeine Deutsche Biographie,
Band 8,
Duncker & Humblot, Leipzig 1878, S. 45-48, online: http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Friedrich_I._%28Herzog_von_W%C3%BCrttemberg%29
Altstadt Leonberg: http://www.leonberg1.de/Galerie_Alt-Leonbg/Alt-Leonbg/alt-leonbg.html
Leonberg als Witwensitz: http://www.adv-boeblingen.de/zrbb/leonb/leonb/wtwnsitz.html
Der Pomeranzengarten in Leonberg: http://www.zeitreise-bb.de/leonb/leonb/pomer.htm und http://www.landeskunde-online.de/schwaben/schloesser/leonberg/pomeranzengarten.pdf und http://www.schloesser-magazin.de/de/schloss-leonberg/Pomeranzengarten/348453.html
Anekdoten: http://www.schloesser-magazin.de/de/schloss-leonberg/Anekdoten/348559.html
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere die Bände
Fürsten und
Landesfürsten
Heinrich Schickhardt: http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Schickhardt
Schloß Leonberg (1): Ostflügel - Seestraße 1 - Schelling-Haus - Marktbrunnen
Die
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