Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1822
Neckarbischofsheim (Rhein-Neckar-Kreis)
Evangelische Stadtkirche, Westportal
Die drei Portale sind sehr ungleich behandelt. Die Prunkstücke sind das Westportal zum Schloß hin (dieses Kapitel) und das Süd-Portal zum Marktplatz hin (vorheriges Kapitel), jedoch das Nordportal (ohne Abb.) ist wesentlich schlichter gehalten. Während die beiden erstgenannten jeweils ein großes Doppelwappen haben, ist im Norden nur eine große Inschriftenzone zu finden. Das liegt auch an der baulichen Enge im Norden, denn hier befindet sich in nächster Nähe die alte Scheuer von 1570, so daß hier nur wenig Raum bleibt, so daß eine aufwendige bauplastische Repräsentation hier nicht zur Geltung kommt.
In diesem Abschnitt wird das westliche Portal, das Hauptportal an der Giebelseite, beschrieben. Die beiden Wappenschilde sind durch die Angabe von Initialen auf der Schildfläche persönlich zuzuordnen. Der heraldisch rechte Schild trägt die Buchstaben V(ALENTIN) V(ON) H(ELMSTATT); der heraldisch linke Schild die Initialen H(ELENA) M(ARIA) V(ON) H(ELMSTATT) G(EBORENE) V(ON) M(ASSENBACH). Einen weiteren, nicht schlüssigen Schriftzug gibt es unter dem rechten Engelskopf, er lautet MIEPE - wofür diese Abkürzung steht, erschließt sich nicht. Valentin von Helmstatt (1578-1637) hatte Helena Maria von Massenbach (1598-1625) geheiratet und begründete den neuen Bischofsheimer Zweig der Familie. Er ist der Bruder des Carl Ludwig von Helmstatt, der auf dem Südportal verewigt ist. Unter dem linken Engelskopf befindet sich ein arg verwittertes Chronostichon, das das Baujahr 1612 ergibt.
Heraldisch rechts sehen wir das Wappen der von Helmstatt, in Silber ein schwarzer, auffliegender Rabe, jeweils einwärts gerichtet, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein schwarzes und ein silbernes Büffelhorn. Gegenüber befindet sich das Wappen der von Massenbach, in Blau zwei goldene Balken, auf dem Helm mit blau-goldenen Decken zwei wie der Schild mit zwei goldenen Balken belegte blaue Büffelhörner. Das Wappen ist identisch mit dem der v. Gemmingen, mit denen sie stammesverwandt sind, und wird beschrieben im Siebmacher Band: Na Seite: 8 Tafel: 8, weiterhin unter den Einträgen zu v. Gemmingen, und außerdem sind die Freiherren von Massenbach mit ihrem Wappen seit dem 5.1.1982 eingetragen in der Deutschen Wappenrolle DWR Band: XL Seite: 55, unter der Nummer: 7896/82, auf Antrag des Agnaten Karl-August Frhr. v. Massenbach, Kaufmann und Landwirt in Schwaigern. Der erste Nachweis dieses Wappens ist in Conrad Grünenbergs Wappenbuch 1483, weitere Belege sind Grabplatten in der Kirche zu Massenbach.
Beiden Allianzwappen ist gemeinsam, daß die Kleinode proportional verkümmert wirken. Hier beginnt sich schon abzuzeichnen, daß es in der Folgezeit immer mehr zu einer Disproportionierung der Komponenten kommt und die darstellerische Bedeutung der Kleinode schwindet. Dazu paßt auch, daß die Feinstukturierung der Hörner des Massenbach-Wappens fehlt.
Die in lateinischen Distichen abgefaßte Inschrift im Gebälk des Portales ist schwer zu entziffern, weil sie kaum erkennbare Lücken zwischen den einzelnen Wörtern aufweist. Diese Photos geben einen inzwischen überholten Zustand wieder; eine zwischenzeitlich erfolgte, unangemessene Restaurierung hat sie verdorben.
Der linke Teil der Inschrift mit einer kunstvollen Alliterationsreihe am Anfang lautet: "VIVA VALENTINO VERBI VIS VERA VOLVPTAS / INGREDITVR QVOTIES LIMINA SANCTA DOM(VS) / QVOD CONTESTATVM TEMPLI AEDIFICATIO RED(DIT) / QVAM MAGNVM EST CVM RE NOMEN HABERE DEC(VS) / VIVITE CONCORDES ANIMIS PAR NOBILE FRATRV(M)".
Der rechte Teil der Inschrift lautet: "ET CHRISTO SANCTAM CONSTRVITOTE DOMV(M) / SIC RES VESTRA DOMI CRESCET RES CRESCET in agris / CRESCET VBIQ(VE) OMNIS DENIQ(VE) CENSVS OPVM / CRESCET ET IN MVLTA(M) SOBOLE(M) HELMSTADIA CORnix / ARDVA Q(VAE) VESTRVM NOMEN AD ASTRA VEHAT" . Zwei schwer lesbare Stellen sind in Kleinbuchstaben gehalten. Interessant ist die Erwähnung des Wappentieres der von Helmstatt als "cornix" (Rabe, Krähe).
Das Westportal besitzt zwei allegorische Karyatiden von herausragender bildhauerischer Qualität, die Liebe und Glaube (mit Kelch und Buch) darstellen sollen.
Wie beim südlichen Portal gibt es auch am Westportal in den Bogenzwickeln aus flachem, ornamentalem Beschlagwerk vollplastisch hervorkommenden Portraitköpfe, die aufgrund ihrer individuellen Züge vermutlich den Bauherren Valentin von Helmstatt und seine Frau Helena Maria von Massenbach darstellen sollen.
Literatur,
Links und Quellen:
von
Helmstatt: http://de.wikipedia.org/wiki/Helmstatt
Edmund von der Becke-Klüchtzner, Stamm-Tafeln des Adels des
Großherzogthums Baden: ein neu bearbeitetes Adelsbuch
Baden-Baden, 1886, darin: Stammtafeln v. Helmstatt http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/beckekluechtzner1886/0186 ff.
Die
Kunstdenkmäler des
Grossherzogthums Baden, hrsg. von Franz Xaver Kraus, Band 8,1: Adolf
von Oechelhäuser: Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke
Sinsheim,
Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg), Tübingen, 1909 - http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kdm8bd1, S. 49 ff.
Zwischen Fürsten und Bauern - Reichsritterschaft im Kraichgau,
hrsg. von Clemens Rehm und Konrad Krimm, Heimatverein Kraichgau,
Sinsheim 1992, 2. Auflage 1993, ISBN 3-921214-04-1
Siebmachers Wappenbücher
Wappen Massenbach: Deutsche Wappenrolle DWR Band: XL Seite: 55
Stadtkirche Neckarbischofsheim: http://de.wikipedia.org/wiki/Stadtkirche_St._Salvator_%28Neckarbischofsheim%29 und http://www.ev-kirche-neckarbischofsheim.de/html/stadtkirche344.html
Jürgen Blänsdorf: Die Portalinschriften der Kirche
St. Salvator
in Neckarbischofsheim, oder: Textverderbnis durch Restaurierung,
in: Neulateinisches Jahrbuch, hrsg. von Marc Laureys und Karl
August Neuhausen, Band 17, Olms-Weidmann Verlag, Hildesheim, 2015
Die Inschriften des Rhein-Neckar-Kreises (II), gesammelt und
bearb. von Renate Neumüller-Klauser untzer Mitarbeit von
Anneliese Seeliger-Zeiss, Die Deutschen Inschriften 16,
München
1977, Nr. 329, Nr. 330.
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