Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 625
Neckarbischofsheim
im Kraichgau
Das Alte Schloß in Neckarbischofsheim
Das Alte Schloß in Neckarbischofsheim wird auch "Steinernes Haus" genannt. Es liegt in einem weitläufigen Park in unmittelbarer Nachbarschaft des Neuen Schlosses (heute Schloßhotel, auf dem Gelände der ehemaligen Vorburg 1829 entstanden) und der Stadtpfarrkirche von Neckarbischofsheim am Rand des mittelalterlichen Städtchens.Vom Typ her ist es eine in sumpfigem Gelände auf einem Pfahlrost aus in den Untergrund gerammten Eichenstämmen gegründete Wasserburg, oder vielmehr der übriggebliebene Palas der alten Wasserburg der Herren von Helmstatt, erbaut unter den Brüdern Raban III. und Wiprecht dem Alten ca. 1368 als Vergrößerung der ersten, kleineren Burg. Denn die Burg war einst viel größer und nahm vermutlich mit Vorburg das gesamte heutige Parkgelände ein. An die Wassergräben erinnert heute nur noch der Teich unmittelbar neben dem einstigen Palas. Als Stadtburg war sie ein Ministerialenansitz der Herren von Helmstatt und später ein Reichslehen der Bischofsheimer Linie derer von Helmstatt. Die ältesten Teile datieren aus der ersten Hälfte des 13. Jh. Erstmals wurde die Burg 1274 urkundlich erwähnt. Im dritten Obergeschoß befindet sich eine auf 1368 datierte Bohlenstube. Von der Wasserburg aus hochmittelalterlicher Zeit blieb im wesentlichen der turmartige Palas von drei Geschossen (ursprünglich viergeschossig) auf rechteckigem Grundriß erhalten, die restlichen Gebäude wurden im 19. Jh. niedergelegt.
Heute präsentiert sich das Gebäude in perfekt restauriertem Zustand, das verdanken wir zwei Instandsetzungen in den Jahren 1976-78 und 1985-89. Die Seiten sind mit Eckbuckelquadern verziert, an der einen Seite, die früher dem Hofe zugewandt war, wurde 1546 ein Renaissance-Treppenturm angebaut. Das entsprach dem neuen Stil und dem neuen Lebensgefühl, den zwar sicheren, aber unbequemen früheren Zugang aufzugeben, man erkennt das vermauerte Portal noch auf Höhe des Erkers. Auch andere Details der Burg wurden zeitgemäß verändert, wie die Wappen des gleichen Bauherren-Ehepaares im Rittersaal zeigen. Der Erker ist spätgotisch und wurde im 15. Jh. dem Palas hinzugefügt. An den Schmalseiten kann man noch erkennen, daß hier einst andere Gebäude angebaut waren, die heute spurlos verschwunden sind. Aus der Zeit der Renaissance stammt noch ein prächtiges Portal von 1590, gefertigt von Adam Wagner aus Heilbronn, das jetzt zusammenhangslos im Park steht, einziges sonstiges Relikt der Gesamtanlage. Der heutige Dachabschluß hat als nicht authentisch zu gelten, noch im 18. Jh. hatte das Alte Schloß ein viertes Obergeschoß, in Fachwerk ausgeführt.
Ursprünglich war der Besitz Teil des Wimpfener Reichsforstes, dem Kaiser zugehörig. Otto III verlieh 988 diesen Teil desselben dem Bistum Worms in der sog. "Wildbannurkunde". Die Herren von Helmstatt, seit 1229 mit Heinrich von Helmstatt hier nachweisbar, wurden von den Wormser Bischöfen mit dem Ort belehnt und errichteten die Burg, oder vielmehr die erste der Neckarbischofsheimer Burgen. So ganz war nicht geklärt, wer die Oberhoheit über das Gebiet hatte, denn Dieter von Helmstatt erhielt 1274 von Kaiser Rudolph von Habsburg die Burg von Neckarbischofsheim und die zugehörigen Besitzungen als direktes Reichslehen. Auch die Bischöfe von Speyer vermeinten Eigentumsrechte an dem und Lehenshoheit über den Ort zu haben. Die Herren von Helmstatt hatten jedoch ununterbrochen das Lehen inne, wenn auch in verschiedenen Linien. So ist ab 1358 eine eigene Neckarbischofsheimer Linie nachgewiesen, die 1793 ausstarb und von der Hochhäuser Linie sukzediert wurde. 1806 fiel Neckarbischofsheim an Baden. Den Zusatz "Neckar-" führt der Ort übrigens erst seit diesem Zeitpunkt, zur Unterscheidung von Tauberbischofsheim und Rheinbischofsheim, welche ebenfalls zu Baden gehörten. Der Volksmund lästert, Neckarbischofsheim sei die "Drei-Lügen-Stadt" - erstens gäbe es keinen Neckar (15 km entfernt), zweitens keinen Bischof, und drittens - ähm, auch kein brauchbares Heim". Spaß beiseite, Neckarbischofsheim ist die einzige erfolgreiche Stadtgründung des Kraichgauer Niederadels, als Gründer gilt Wiprecht der Ältere (gest. 1408).
Nun zu dem Wappenstein am Treppenturm: Die Inschrift über dem Eingang erwähnt Philipp von Helmstatt und seine Frau Margarethe von Neipperg als Erbauer.
Bestes Licht zum Photographieren ist vormittags.
Inschrift: Unten: "Alß man zalt nach cristi geburt / 1546 ward schneck gebaut / vom philipsen von helmstat / und margret von neypperg" "schneck" ist die Schnecke, der Wendeltreppenturm. Oben finden sich noch die Worte "Lust tut viel. P. v. H." Interessant ist an den vier weiteren Schilden, daß jeder von denen ein gespaltenes Wappen darstellt.
Details aus dem großen Wappenstein. Man achte einerseits auf den mit feinem Maschenwerk gefüllten Zwischenraum zwischen den großen Bügeln des Helmes, die eigenwillige kreisförmige seitliche Öffnung, sowie auf die Liebe zum Detail beim Federkleid des Raben.
Der große Wappenstein sitzt etwas nach außen versetzt über dem Eingang zu ebener Erde, dessen Steinbogen im Scheitel ebenfalls von einem Helmstatt-Schild geziert wird, auch gewendet, obwohl ohne Pendant.
Die Herren von Helmstatt gehören zum schwäbischen Uradel und zur reichsunmittelbaren Ritterschaft im Ritterkanton Kraichgau und waren in der Gegend reich begütert: Neckarbischofsheim, Helmstatt, Oberöwisheim, Waibstadt, Obergimpern, Hasselbach, Oberbingelhof, Kälbertshausen, Fürfeld, Hochhausen etc. Weitere (häufig durch Heirat erworbene) Besitzungen waren Handschuhsheim nördlich von Heidelberg (wo sie die Herren von Handschuhsheim ablösten), Neckarsteinach (siehe dort), die Lothringer Grafschaft Mörchingen (ab 1740, Grafentitel). Stammsitz aber ist Helmstatt bei Sinzheim. Sie sind eines Stammes mit den Göler von Ravensburg und den Herren von Mentzingen, alle drei führen das Rabenwappen, aber unterschiedliche Helmkleinode. Die Herren von Helmstatt sind 1956 im Mannesstamme ausgestorben. Zuletzt wohnten sie wieder auf dieser ihrer Stammburg, dem Steinernen Haus, ehe es städtischer Besitz wurde.
Berühmte Mitglieder der Familie sind Raban von Helmstatt, 1396 Bischof von Speyer, 1420 auch Erzbischof und Kurfürst von Trier; Jakob von Helmstatt, Hofmeister des Fürstbischofs von Metz, danach kurpfälzischer Hofmeister, gest. 1522. Der Grafentitel kam an eine Linie derer von Helmstatt, als Freiherr Franz Ludwig von Helmstatt (17.10.1752-3.4.1841) Karoline de Broglie heiratete und die Grafschaft Mörchingen in Lothringen erhielt, Reichsgrafenstand 1792.
Heute gehört das Steinerne Haus der Stadt, es wird für kommunale Zwecke genutzt, für Ausstellungen und Repräsentationszwecke, u. a. der Rittersaal im 1. Obergeschoß für Trauungen, eines der schönsten Trauzimmer Deutschlands, dazu beherbergt der alte Palas der ehemaligen Burg ein kleines Museum über die Geschichte der Stadt und der Herren von Helmstatt.
Literatur
und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Hartmut Riehl: Burgen und Schlösser im Kraichgau, Verlag
Regionalkultur 1997, ISBN 3-929366-51-7
Zwischen Fürsten und Bauern - Reichsritterschaft im Kraichgau,
hrsg. von Clemens Rehm und Konrad Krimm, Heimatverein Kraichgau,
Sinsheim 1992, 2. Auflage 1993, ISBN 3-921214-04-1
http://www.schlosshotelneckarbischofsheim.de/
http://www.neckarbischofsheim.de/html/body_altes_schloss.html
http://www.neckarbischofsheim.de/
http://www.huegel-web.de/nbheim.htm
http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=1377
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine
kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN
978-3-9813887-0-1, S. 347
Die Kunstdenkmäler des
Grossherzogthums Baden, hrsg. von Franz Xaver Kraus, Band 8,1: Adolf
von Oechelhäuser: Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim,
Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg), Tübingen, 1909 - http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kdm8bd1, S. 31 ff., S. 59 ff.
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